Der demografische Wandel wird die deutsche Gesellschaft in absehbarer Zeit vor große Herausforderungen stellen. Es droht nicht nur die Überalterung, sondern auch ein beträchtlicher Fachkräftemangel. Schon heute beklagen Vertreter der Wirtschaft die unzureichende Auswahl an gut ausgebildeten Spezialisten - im Juli 2009 habe der Bedarf bereits bei über 60 000 Fachkräften gelegen.
Doch im internationalen Wettstreit um die "besten Köpfe" könnte Deutschland den Anschluss verlieren. Eines der Kernprobleme liegt darin, dass es für Zuwanderer, insbesondere für solche aus Nicht-EU-Staaten, sehr schwierig ist, ihre im Ausland erworbenen Bildungsabschlüsse anerkannt zu bekommen. Zwar hat es unter anderem mit der Green Card Initiative (2000), dem Zuwanderungsgesetz (2005), dem Nationalen Integrationsplan (2007) und der "Dresdner Erklärung" (2008) immer wieder Schritte in Richtung einer besseren Anerkennungspraxis gegeben, aber noch immer wird viel Potenzial vergeudet. Der zugewanderte Ingenieur, der hierzulande als Taxifahrer über die Runden kommen muss, ist keine Seltenheit.
Wie demografischer Druck dazu führen kann, dass Einwanderungspolitik aktiv gestaltet und zu einem zentralen Bestandteil der Wirtschafts- und Sozialpolitik gemacht wird, zeigt das Beispiel Kanada. Dort werden die Zuwanderer mit Hilfe eines Punktsystems ausgesucht - streng orientiert an ihrem volkswirtschaftlichen Nutzen. Ungeachtet dessen, ob dieses Modell für Deutschland wünschenswert wäre oder nicht, zeigt sich jedoch auch in Kanada, dass gesetzliche Regelungen kein Allheilmittel sind. Migrantinnen und Migranten werden ihr Potenzial nur dann zum Wohle der Gesamtgesellschaft ausschöpfen können, wenn ihnen vorurteilsfrei begegnet wird und sie sich - unabhängig von ihrer ökonomischen "Verwertbarkeit" - willkommen fühlen.