Das Eigentum ist ein vielschichtiges, historisch geprägtes Phänomen, mit dem sich Denker und Forscher verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen seit über 2000 Jahren beschäftigen. Dies verdeutlicht ein Blick auf die schillernde und nuancenreiche Ideengeschichte des Eigentums. Sie ist geprägt von einem breiten Spektrum philosophischer, ökonomischer, staatstheoretischer und theologischer Theorien, die aus unterschiedlichen Epochen gespeist werden. Einige dieser Konzepte und Theorien prägen das Verständnis über die Bedeutung und Eigenart des Eigentums bis in die Gegenwart.
So machte man sich bereits in der antiken Philosophie über die Entstehung und das Wesen des Eigentums Gedanken. Nach Cicero (106–43 v. Chr.) gab es im ursprünglichen Naturzustand kein privates Eigentum. Die Menschen seien aber in unbewohnte Gebiete gekommen, hätten diese dauerhaft besiedelt und dadurch zu ihrem Eigentum gemacht. Eigentum entstand demnach durch einen Akt der Okkupation.
Der Ansatz von Locke ist für das heutige Eigentumsverständnis auch deshalb relevant, weil er den engen Zusammenhang zwischen Eigentum und Freiheit verdeutlicht: Das Eigentum gibt dem Menschen die notwendige Unabhängigkeit und Freiheit, um das Leben eigenverantwortlich zu gestalten. Es ist Ausdruck und Mittel der individuellen Selbstverwirklichung. Die Freiheit des Individuums bliebe ohne das Eigentum eine leere Formel, weil dem Menschen die materiellen Voraussetzungen selbstständiger und eigenverantwortlicher Daseinsgestaltung fehlen würden. Eigentum lässt sich insoweit auch als "vergegenständlichte" beziehungsweise "materialisierte" Freiheit beschreiben. Es ist Ausprägung der Freiheit auf dem Gebiet der Güterordnung.
Zum Begriff des Eigentums
Die wissenschaftlichen Debatten beleuchten das Eigentum aus unterschiedlichen Perspektiven, haben aber keine allgemeingültige Definition entwickelt, was unter "Eigentum" exakt zu verstehen ist. In einem allgemeinen Sinne ist Eigentum "eine qualifizierte Form des Habens oder Besitzens eines Etwas".
Im juristischen Sprachgebrauch ist zwischen dem Eigentumsbegriff im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und dem Eigentumsbegriff im Sinne des Verfassungsrechts zu unterscheiden. Das BGB versteht in römisch-rechtlicher Tradition unter "Eigentum" ein umfassendes Herrschaftsrecht an einer Sache. Der Eigentümer vereinigt alle Herrschaftsbefugnisse an einer Sache in sich.
Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff unterscheidet sich vom Eigentumsbegriff im Sinne des BGB. Der Eigentumsbegriff, der in Artikel 14 Grundgesetz (GG) verwendet wird, ist in einem weiten Sinne zu verstehen und erfasst prinzipiell alle vermögenswerten Rechtspositionen, "die Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass sie die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zum privaten Nutzen ausüben dürfen".
Rechtlicher Rahmen
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Eigentumsordnung der Bundesrepublik werden sowohl durch das internationale und europäische wie auch durch das nationale Recht bestimmt. Auf völker- und europarechtlicher Ebene verbürgen namentlich die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die EU-Grundrechtecharta (GRCh) das Eigentum als Freiheitsrecht. Nach Artikel 1 Absatz 1 Erstes Zusatzprotokoll zur EMRK hat jede natürliche oder juristische Person das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Der Entzug des Eigentums ist nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. Die Eigentumsverbürgung in Artikel 17 Absatz 1 GRCh gibt jeder Person das Recht, ihr rechtmäßig erworbenes Eigentum zu besitzen, zu nutzen, darüber zu verfügen und es zu vererben. In Artikel 17 Absatz 2 GRCh wird ausdrücklich das geistige Eigentum geschützt. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Grundrechtecharta einschließlich des europäischen Eigentumsgrundrechts beachten, wenn sie Unionsrecht durchführen, also beispielsweise eine europäische Richtlinie in nationales Recht umsetzen.
Im deutschen Verfassungsrecht wird das Eigentumsrecht als Grundrecht garantiert. Das Grundgesetz ordnet in Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 an: "Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet." Gleichzeitig wird der Gesetzgeber beauftragt, den Inhalt und die Schranken des Eigentums zu bestimmen (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG). Dem Auftrag des Grundgesetzes an den parlamentarischen Gesetzgeber liegt der Gedanke zugrunde, dass das Eigentum im Kern die Zuordnung eines Rechtsgutes an einen Rechtsträger darstelle und insoweit rechtlich ausgestaltet werden müsse, um im Rechtsverkehr praktikabel zu sein.
Der Gesetzgeber hat die Rechtsstellung des Eigentümers durch die Vorschriften des Privat- und des öffentlichen Rechts näher ausgestaltet.
So legt der Gesetzgeber zum Beispiel durch Bestimmungen des Bau- und Planungsrechts fest, unter welchen Voraussetzungen der Grundstückseigentümer ein Grundstück bebauen, also das dem Eigentumsrecht immanente Recht auf Baufreiheit ausüben darf. Der Gesetzgeber stellt zudem Regeln für die Fälle auf, in denen es zwischen Grundstücksnachbarn zu Nutzungskonflikten kommt, etwa ein Nachbar das Grundstück eines anderen Eigentümers beeinträchtigt. Im Mietrecht wird festgelegt, unter welchen Bedingungen ein Wohnungseigentümer ein bestehendes Mietverhältnis kündigen oder den vereinbarten Mietpreis erhöhen darf.
Eigentumsrelevante Regelungen enthält ferner das Denkmalschutzrecht, indem es dem Eigentümer eines denkmalgeschützten Gebäudes Beschränkungen auferlegt, wenn er beispielsweise ein solches Gebäude beseitigen will. Im Polizeirecht wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen die Polizei eine Sache, zum Beispiel eine Waffe, sicherstellen und damit in fremdes Eigentum eingreifen kann. Und im Rentenversicherungsrecht normiert der Gesetzgeber die Bedingungen, unter denen ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Altersrente hat.
Insgesamt zeigen diese Beispiele, dass die Eigentumsordnung der Bundesrepublik rechtlich breit gefächert und sehr ausdifferenziert ist. Sie betrifft eine Vielzahl von Lebensbereichen und rechtlich relevanten Vorgängen. Das Eigentumsgrundrecht wirkt in unterschiedliche Rechtsgebiete hinein und prägt deren Struktur.
Eigentum als Grundrecht
Das Grundgesetz garantiert das Eigentum in Artikel 14 Absatz 1 als Freiheitsrecht.
Das grundgesetzliche Eigentum hat unterschiedliche Schutzrichtungen. Als Freiheitsrecht ist das Eigentum ein subjektives öffentliches Abwehrrecht gegen den Staat.
Neben der abwehrrechtlichen Dimension garantiert Artikel 14 Absatz 1 GG auch das Eigentum als Rechtseinrichtung (Institutsgarantie). Diese Garantie "sichert einen Grundbestand von Normen, die als Eigentum im Sinne dieser Grundrechtsbestimmung bezeichnet werden". Sie verbietet, dass "solche Sachbereiche der Privatrechtsordnung entzogen werden, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören, und damit der durch das Grundrecht geschützte Freiheitsbereich aufgehoben oder wesentlich geschmälert wird".
Das Eigentumsgrundrecht beinhaltet – wie andere Grundrechte auch – zudem eine objektive Grundentscheidung der Verfassung, die für alle Rechtsbereiche gilt. Neben der vertikalen Schutzrichtung im Staat-Bürger-Verhältnis hat die Eigentumsgarantie auch Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen zwischen Bürgern. Angesprochen ist die horizontale Schutzrichtung des Eigentumsgrundrechts.
Staatliche Eingriffe ins Eigentumsrecht
Das Grundgesetz verbürgt auf der einen Seite das Eigentum als Grundrecht. Auf der anderen Seite sieht es unterschiedliche Mechanismen vor, durch die der Gesetzgeber aus Gründen des Gemeinwohls in das Eigentumsgrundrecht eingreifen und die Befugnisse des Eigentümers beschränken kann. Ausdrücklich geregelte Eingriffsarten sind die Inhalts- und Schrankenbestimmung, die Enteignung und die Sozialisierung. Bei diesen Eigentumseingriffen muss der Gesetzgeber bestimmten verfassungsrechtlichen Vorgaben genügen.
Der Gesetzgeber kann – erstens – den Inhalt und die Schranken des Eigentums näher bestimmen (Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG) und dabei in das Eigentum eingreifen. Inhalts- und Schrankenbestimmungen legen generell-abstrakt die "Rechte (…) und Pflichten durch den Gesetzgeber hinsichtlich solcher Rechtsgüter" fest, "die als Eigentum im Sinne der Verfassung zu verstehen sind". Sie sind die bereits erwähnten Rechtssätze des Privat- oder öffentlichen Rechts, die die Rechte und Pflichten des Eigentümers begründen und damit den Inhalt des Eigentumsrechts allgemein bestimmen.
Die Verfassung setzt der Beschränkung durch den Gesetzgeber wiederum Grenzen. Dieser kann das Eigentumsgrundrecht nicht beliebig verkürzen. Inhalts- und Schrankenbestimmungen müssen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Der Gesetzgeber muss mit dem Eigentumseingriff einen legitimen Zweck verfolgen. Der Eingriff muss zudem geeignet, erforderlich und angemessen sein. Legitime Zwecke beziehungsweise Gemeinwohlbelange sind etwa der Natur- und Landschaftsschutz, die öffentliche Wasserversorgung oder der Denkmalschutz. Der legitime Zweck muss mit den schutzwürdigen Interessen des Eigentümers "in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis" gebracht werden. "Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse müssen vom jeweiligen Sachbereich her geboten und auch in ihrer Ausgestaltung sachgerecht sein." Der Eingriff darf "gemessen am sozialen Bezug und an der sozialen Bedeutung des Eigentumsobjekts sowie im Blick auf den Regelungszweck" nicht "zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer im vermögensrechtlichen Bereich unzumutbar treffen".
Der Gesetzgeber greift – zweitens – in das Eigentum des Bürgers ein, indem er ihn enteignet. Die Befugnis des Staates zur Enteignung ist in Artikel 14 Absatz 3 GG vorgesehen. Die Enteignung ist der staatliche Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen, der auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter, durch das Eigentumsgrundrecht geschützter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter Aufgaben gerichtet ist. Zudem setzt die Enteignung eine sogenannte Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst durch die Enteignung Begünstigten voraus.
Eine Enteignung ist nur dann mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen: Die Enteignung kann nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen (Artikel 14 Absatz 3 Satz 2 GG). Erfolgt die Enteignung unmittelbar und ohne weiteren behördlichen Vollzugsakt durch Gesetz, spricht man von einer "Legalenteignung". Erfolgt die Enteignung auf gesetzlicher Grundlage durch eine behördliche Maßnahme (zum Beispiel durch einen Enteignungsbescheid der Behörde), liegt eine "Administrativenteignung" vor. Die Enteignung ist nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig (Artikel 14 Absatz 3 Satz 1 GG) und muss verhältnismäßig sein. Als schwerster Eigentumseingriff darf die Enteignung prinzipiell nur als letztes Mittel zur Anwendung kommen.
Der Gesetzgeber kann – drittens – auch durch Sozialisierung in bestimmte Eigentumsrechte eingreifen. Nach Artikel 15 Satz 1 GG können Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Die Sozialisierung ist kein Unterfall der Enteignung, sondern eine zusätzliche, an den Gesetzgeber adressierte Ermächtigung zu Eingriffen in das grundgesetzlich garantierte Eigentum.
In der Praxis hat es bislang keinen Fall der Sozialisierung nach Artikel 15 GG gegeben. Gleichwohl wird die Diskussion über die Anwendung des Sozialisierungsartikels mitunter neu angestoßen, zuletzt bei der plebiszitären Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen". Diese Initiative beabsichtigt entgegen dem insoweit missverständlichen Titel keine Enteignung, sondern die Vergesellschaftung der in Berlin befindlichen Immobilien von Unternehmen, die Eigentümer von mindestens 3000 Wohnungen sind. Ob dieses Vorhaben den Vorgaben des Grundgesetzes entspricht, ist noch nicht abschließend geklärt.
Sozialpflichtigkeit des Eigentums
Das Grundgesetz enthält nicht nur die freiheitliche Garantie des Eigentumsrechts. Es erweitert in Artikel 14 Absatz 2 das verfassungsrechtliche Bild des Eigentums um eine zusätzliche Perspektive: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Mit diesen Sätzen bringt das Grundgesetz die "Sozialpflichtigkeit" oder "Sozialbindung" des Eigentums zum Ausdruck und erteilt eine "Absage an eine Eigentumsordnung, in der das Individualinteresse den unbedingten Vorrang vor den Interessen der Gemeinschaft hat".
Da das Grundgesetz den Gesetzgeber beauftragt, den Inhalt und die Schranken des Eigentums zu bestimmen, nimmt die überwiegende Auffassung im Staatsrecht an, dass der Gesetzgeber der Adressat der Sozialbindungsklausel des Artikel 14 Absatz 2 GG ist. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts hat der Gesetzgeber die Aufgabe, "das Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und andererseits aus der verbindlichen Richtschnur des Art. 14 Abs. 2 GG ergeben".
Nicht selten wird mit Blick auf den Satz "Eigentum verpflichtet" die Frage aufgeworfen, inwieweit grundgesetzlicher Anspruch und Wirklichkeit in der Rechtspraxis auseinanderklaffen. Dabei wird kritisiert, dass die Politik sich immer weniger um die Verwirklichung der Sozialbindungsklausel kümmere.
Fazit
Das Eigentum ist eines der zentralen Freiheitsrechte des Grundgesetzes. Es ermöglicht dem Bürger materielle Unabhängigkeit und eigenverantwortliche Lebensgestaltung. Der Verfassungsstaat hat das Eigentum des Bürgers zu achten, darf es also nicht willkürlich entziehen oder sonst ungerechtfertigt beeinträchtigen. Gleichzeitig hat der Staat – in Gestalt des Gesetzgebers – die rechtlichen Rahmenbedingungen der Eigentumsordnung festzulegen. Dabei hat er sowohl der freiheitsrechtlichen Schutzrichtung wie auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums Rechnung zu tragen. Zwischen den beiden Eckpfeilern des Eigentumsverfassungsrechts, der Freiheitlichkeit und der Sozialpflichtigkeit, existiert kein unversöhnlicher Gegensatz. Die Rechtspraxis zeigt vielmehr, dass der Gesetzgeber in vielen Konstellationen einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen privatnützigem und sozialgebundenem Eigentumsgebrauch geschaffen und damit für Rechtsfrieden gesorgt hat.