Der Schutz des Eigentums gehört zu den zentralen Grundrechten einer jeden liberalen Demokratie. In einem aufsehenerregenden Urteil zum "Containern" hat das Bundesverfassungsgericht kürzlich entschieden, dass sogar Lebensmittelabfälle Eigentum im Sinne des Artikels 14 GG sein können. Die Strafbarkeit des Entwendens von verzehrfähigen Lebensmitteln aus Abfallcontainern eines Supermarkts, so das höchste deutsche Gericht, diene dem Schutz des Eigentums als "Rechtsgut von Verfassungsrang". So weit, so gut. Aber verheißt Artikel 14 nicht ebenso, dass "Eigentum verpflichtet" und sein "Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen" soll? Was Eigentum genau umfasst und wo die Grenzen seines Gebrauchs liegen, scheint heute umstrittener denn je.
Ein Blick auf die Eigentumsverhältnisse in Deutschland zeigt, dass Vermögen hierzulande so ungleich verteilt ist wie in kaum einem anderen Land des Euroraums. Ursächlich hierfür sind, neben Unterschieden im Erwerbseinkommen, nicht zuletzt ungleich verteiltes Wohneigentum und eine unterschiedliche Betroffenheit von Erbschaften. Folgt daraus ein Auftrag an den Gesetzgeber, der Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums mehr Aufmerksamkeit zu schenken – etwa in Form einer höheren Besteuerung von Vermögen und Erbschaften, einer Deckelung von Mieten oder gar einer Enteignung und Vergesellschaftung von Eigentum?
Die Geschichte der Enteignungen spricht nicht unbedingt dafür, hierin ein Allheilmittel zur Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse zu sehen. Auch scheint die Gefahr durchaus real, dass aus einer vermeintlichen oder tatsächlichen Enteignungseuphorie heraus dem Wesensgehalt eines zentralen Grundrechts ernsthaft Schaden zugefügt wird. Allerdings eröffnet das Grundgesetz hier, wie so oft, demokratischer Politik eine große Chance: Indem es dem Gesetzgeber aufgibt, Inhalt und Schranken der Eigentumsgarantie zu bestimmen, ermöglicht es eine permanente demokratische (Selbst-)Verständigung über ihren Gehalt. Es könnte schlimmer stehen um ein so umstrittenes wie zentrales Konzept liberaler Demokratie.