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Auswärtige Kulturpolitik und Propaganda in den USA

Andreas Elter

/ 17 Minuten zu lesen

In den USA wird Auswärtige Kulturpolitik als soft power verstanden und ist zum Bestandteil der Außenpolitik geworden. Die Grenzen zwischen Propaganda und Auswärtiger Kulturpolitik verschwimmen.

Einleitung

Mit Politik kann man keine Kultur machen, aber vielleicht kann man mit Kultur Politik machen." Mit diesen Worten erklärte Theodor Heuss 1920 die Kulturpolitik der Weimarer Republik zum Instrument gesellschaftlicher Veränderung. In den USA wird Auswärtige Kulturpolitik inzwischen als soft power verstanden und ist zum wichtigen Bestandteil der Außenpolitik geworden. Ihr Ziel ist es - und das gilt nicht nur für die USA -, dem Ausland ein positives Image des eigenen Landes zu vermitteln.



Die Grenzlinien zu anderen Bereichen der Auswärtigen Politik sind kaum zu ziehen: So wird in Zusammenhang mit Auswärtiger Kulturpolitik - zum Teil sogar synonym - von Public Diplomacy, Public Relations, Public Affairs oder in jüngster Zeit häufiger vom Nation Branding gesprochen. Historisch gesehen war Auswärtige Kulturpolitik zudem immer eng mit Propaganda verbunden. Propaganda und Public Diplomacy sind Teil der Political Communications. Darunter fallen sämtliche staatliche und semi-staatliche Versuche, die Politik oder die Meinung der Bevölkerung anderer Staaten zu beeinflussen oder mit anderen Staaten in Kontakt zu treten. Insofern sind transnationale Interaktionen hier einzuschließen.

Auf die umfassende Bedeutung der politischen Kommunikation haben bereits 1952 Phillips W. Davison und Alexander L. George hingewiesen. Im Allgemeinen wird die Beeinflussung - Davison und George sprechen sogar von Manipulation - als legitimes Recht eines Staates verstanden, seine Politik im Ausland zu erklären oder zu rechtfertigen. Doch wo liegen die Unterschiede zwischen legitimer Aufklärung bzw. Information über ein Land und Propaganda? "Außer der semantischen Unterscheidung ist (...) keine andere saubere Trennung möglich." Schon in den 1950er Jahren listete Ronald Perusse insgesamt 18 untereinander austauschbare Begriffe für politische Kommunikation auf. Die gängigste und meist zitierte Definition für Public Diplomacy und Auswärtige Kulturpolitik versteht sie als "a government's process of communicating with foreign publics in an attempt to bring about understanding for its nations ideas and ideals, its institutions and culture, as well as its national goals and current politics". Dieser Ansatz schließt auf der Adressatenseite die Bevölkerung anderer Staaten ein und sieht darin den Unterschied zur "normalen" Diplomatie, die sich nur an staatliche Vertreter richtet. Ziel von Public Diplomacy ist hingegen, auf die Bevölkerung zuzugehen, um gegenseitiges Vertrauen und Interesse für die eigene Sache zu fördern.

Absender der entsprechenden Botschaften sind in den USA das Außenministerium, die United States Information Agency (USIA), das Weiße Haus und in Teilen die CIA. Nun definiert sich Auswärtige Kulturpolitik in den USA aber gerade dadurch, dass sie die "Werte" des Landes nach außen transportieren will. Insofern sind auf der Sender- wie auf der Adressatenseite nichtstaatliche Akteure beteiligt. Gerade in den USA, wo Kultur ursprünglich nicht als staatliche Aufgabe verstanden wurde, spielen semistaatliche Organisationen und private Stiftungen eine bedeutende Rolle. Darüber hinaus wird das Bild der USA im Ausland wesentlich durch die Populärkultur bestimmt. Der Filmindustrie in Hollywood kommt eine entscheidende Rolle zu. Es steht außer Zweifel, dass Kinofilme und die Unterhaltungs- und Musikindustrie dabei einen starken Einfluss ausüben.

Propaganda ist von Public Diplomacy zunächst theoretisch abzugrenzen. Denn erstens wird sie fast immer von staatlichen Akteuren betrieben bzw. vergeben staatliche Akteure wie das Pentagon Aufträge an Außenstehende. Zweitens wird sich der Propaganda vor allem in Kriegszeiten bedient, während Public Diplomacy vor allem in Friedenszeiten virulent ist. Und drittens nutzt die Propaganda auch geheime, nicht identifizierbare Kommunikationskanäle. Deswegen wird in der Forschung zwischen weißer, grauer und schwarzer Propaganda unterschieden: "Weiße Propaganda" hat einen eindeutig feststellbaren Sender, die Informationen sind überprüfbar und können gegebenenfalls als unwahr identifiziert werden. Bei "grauer Propaganda" sind Wahrheitsgehalt und Absender nicht mehr eindeutig zu bestimmen. Von "schwarzer Propaganda" spricht man, wenn bewusst falsche Sender angegeben werden bzw. sich der Initiator tarnt und Lügen verbreitet. Auswärtige Kulturpolitik dagegen bedient sich keiner expliziten Propagandatechnik, sondern der Mittel der Öffentlichkeitsarbeit.

Propaganda und Public Diplomacy

In der Praxis verschwimmen die Grenzen zwischen Propaganda und Auswärtiger Kulturpolitik. Dies zeigte sich zum Beispiel bei einer Rede des US-Präsidenten Harry S. Truman 1950, in der er eine psychologische Offensive forderte, um der sowjetischen Propaganda entgegenzutreten. Einer seiner Berater gab zu bedenken, dass die Benennung Probleme berge und Negativschlagzeilen provozieren könne. Schließlich betrieben die USA keine Propaganda. Er schlug alternativ vor, von einer Wahrheitskampagne zu sprechen, und so entstand die Campaign of Truth, die ein neues Kapitel der amerikanischen Auslandswerbung einleitete.

Die Anfänge der amerikanischen Auslandskulturpolitik datieren auf die Zeit des Ersten Weltkriegs. Das Committee on Public Information (CPI) entwarf und koordinierte ab 1917 die Presse- und Informationspolitik der Regierung - somit ebenfalls die Auswärtige Kulturpolitik. Es war der erste staatliche Propagandaapparat in den USA. Seine Hauptaufgabe bestand darin, den politischen Konsens in Richtung Kriegsunterstützung zu lenken. Am 14. April 1917 bewilligte Präsident Woodrow Wilson dem CPI einen Jahresetat von fünf Millionen US-Dollar. Das Selbstverständnis des Komitees und seines Leiters, des ehemaligen Journalisten George Creel, war durch einen idealistischen Wertekanon bestimmt. Der Anspruch, die freie Welt vor Unterdrückung und Sklaverei zu schützen und die Demokratie zu verteidigen, hatte nicht nur für die amerikanische Bevölkerung erhebliche Bedeutung. Für die Auslandswerbung war dies das ideologische Fundament.

Das CPI war nicht zuletzt aus der Überlegung heraus entstanden, ein Gegengewicht zu den Propagandamaschinerien der Kriegsgegner zu schaffen. Wichtig war dabei der spezifisch amerikanische Weg: "Wir haben es nicht Propaganda genannt, weil jeder dieses Wort mit Korruption und Hinterlist verbunden hätte. Unser Ansatz war ein bildungspolitischer, wir wollten informieren. Wir hatten ein so starkes Vertrauen in unsere Sache, dass wir der festen Überzeugung waren, wir bräuchten gar kein anderes Argument, als die Fakten einfach, klar und sauber zu präsentieren." Die Arbeit des CPI bestand aber nicht nur darin, Fakten zu präsentieren und die Bevölkerung objektiv zu unterrichten. Vielmehr ging es darum, Meinungen zu steuern. Dies räumte Creel ein: "Was wir auf jeden Fall brauchten, war mehr als eine oberflächliche Einheit. Stattdessen wollten wir in den USA und außerhalb das Gefühl der Zuversicht, der einzigartigen Bestimmung unseres Volkes und der Unterordnung unter ein gemeinsames Ziel herbeiführen. Der Kriegswille, der Wille zu gewinnen, hängt in einer Demokratie davon ab, wie stark diese in der Lage ist, den Einzelnen für eine gemeinsame Sache zu gewinnen - ihm klar zu machen, dass er sich eingliedern muss und bereit sein muss, sich für ein einheitliches Ziel zu opfern."

Die Zeitungen neutraler Länder wurden mit USA-freundlichen Informationen versorgt; Ausstellungen und Plakate genauso wie Bücher, die in diesen Ländern verbreitet wurden, sollten ein positives Licht auf die USA werfen. Das CPI finanzierte hunderttausende Redner, Schriftsteller, Journalisten, Karikaturisten, Werbeagenten und Regierungsbeamte. Insgesamt bestand es in seiner Hochphase aus 23 Abteilungen und dem Foreign Service. Allein die Heimatabteilung war in 19 Unterabteilungen gegliedert. Jede hatte einen eigenen Propagandaansatz oder Adressaten, durch den sie sich von den anderen Divisionen unterschied. Die Division of Syndicated Features (Abteilung für Textbeiträge) beispielsweise rekrutierte bekannte Journalisten und Schriftsteller, die Kurzgeschichten und Essays für die Wochenendbeilagen der Tageszeitungen schrieben. Die Division of Pictorial Publicity (Abteilung für Bilddarstellungen) wiederum nahm die bekanntesten und berühmtesten Zeichner, Illustratoren und Cartoonisten der Zeit in ihre Dienste. In zahlreichen Flugschriften, auf Plakaten oder in Büchern verbreiteten sie nationale Klischees und verstärkten Vorurteile gegen den Kriegsgegner Deutschland. Diese Produkte wurden nicht nur für den Einsatz in den USA hergestellt, sondern ins befreundete Ausland und an die Alliierten weitergegeben. Beim CPI sind die ersten Ansätze für eine Auswärtige Kulturpolitik auf staatlich institutionalisierter Ebene zu sehen. Der Krieg war gewissermaßen der Lehrmeister für die Public Diplomacy der Zukunft.

Die Experten der Divison of Films (Filmabteilung) des CPI stimulierten mit Auftragsproduktionen für Propagandafilme die noch junge Hollywood-Industrie. Eine der bekanntesten Produktionen war der Film "Pershings Crusaders". Die Werbebroschüre für die Erstaufführung in der Chicago Orchestra Hall trifft den Ton der meisten Propagandafilme des CPI und Hollywoods: "Der erste offizielle amerikanische Kriegsfilm zeigt die unerbittliche Bereitschaft der US-Regierung, mit ihren Kriegsanstrengungen fortzufahren und das Kaisertum auszuradieren. Unsere Jungs werden in vorderster Front begleitet. Sie sehen Amerikaner, die die feindlichen Linien durchbrechen. Sie sehen unseren Kriegsminister Baker und General Pershing, wie sie die Mobilmachung in Frankreich beobachten. Sie sehen die ersten deutschen Soldaten, die unsere mutigen Burschen gefangen genommen haben - zwei Dutzend geschlagene, herzlose Boches`. Die zweite Hälfte des Films ist ausschließlich den Aktivitäten unserer Jungs da drüben in Europa gewidmet."

Dieser und andere Filme wurden später im Ausland gezeigt. Auf die enorme Bedeutung Hollywoods für die Auslandswerbung und Auswärtige Kulturpolitik der USA wurde mehrfach verwiesen. Thomas Guback konstatiert, dass der Film über sein ökonomisches Potenzial hinaus ein wichtiger Vermittler von Werten und Mythen sei. Der damalige Generalmanager der Paramount Studios Sidney Kent stellte 1927 fest: "Kinofilme sind stille Propaganda, völlig unabhängig davon ob hinter ihnen eine politische Intention steckt. Stellen Sie sich allein den Einfluss auf Menschen vor, die auf der Leinwand konstant amerikanische Rollenvorbilder sehen - und sei es nur in Bezug auf die Lebenswelt, die Mode oder die Art zu reisen."

Das CPI veränderte den weiteren Verlauf der Geschichte der Auswärtigen Kulturpolitik und der Propaganda nachhaltig. Denn die Wilson-Administration hatte den Bedeutungsinhalt der "nationalen Sicherheit" und der "nationalen Interessen" der USA erheblich ausgedehnt. Eine breite Öffentlichkeit war nun der Überzeugung, dass sich amerikanische Interessen auf die ganze Welt beziehen können. Damit war der Grundstein für eine spätere Fortführung einer staatlichen Auswärtigen Kulturpolitik gelegt, deren Sinn und Zweck nicht mehr grundsätzlich bezweifelt wurde. In Ermangelung eines Bedarfs betrieben die USA allerdings bis zum Ende der 1930er Jahre zunächst keine aktive auswärtige Kultur- und Informationspolitik.

Doch bereits zu Beginn der 1930er Jahre setzte ein Sinneswandel ein. Auslandswerbung und Propaganda wurden in den USA nicht mehr ausschließlich als Mittel autokratischer Systeme verurteilt. In gefestigten Demokratien sei Propaganda unbedenklich. Lediglich in Diktaturen würde sie gefährlich. Als Beispiel wurde die Propaganda der Nationalsozialisten unter der Ägide von Joseph Goebbels genannt. In der Zwischenkriegszeit betonten die Befürworter zudem, Propaganda sei unvermeidlich im Zeitalter der Massenmedien, in dem politische Botschaften gar nicht mehr anders zu vermitteln seien. Dieses Argument wurde vor allem von Vertretern der damals noch jungen akademischen Disziplin der Kommunikationswissenschaft ins Feld geführt. Bereits in den 1920er Jahren hatten sich die Publizisten und Politologen Walter Lippmann und Harold Laswell mit der Arbeit des CPI wohlwollend auseinandergesetzt. Schließlich waren sie selbst für das CPI tätig gewesen. In den späten 1930er Jahren kamen sie zu dem Schluss: "Wenn die öffentliche Meinung so eine machtvolle Kraft in der Welt ist, in einer Welt, in der unser Überleben gefährdet ist, dann sollten wir daran interessiert sein, diese Meinung in unserem Sinne zu beeinflussen."

Präsident Franklin D. Roosevelt teilte diese Auffassung. 1938 ermöglichte er die Gründung einer Behörde, welche die Auslandskulturpolitik und damit die Auslandswerbung der USA koordinierte. Das Interdepartmental Committee on Cooperation with the American Republics wurde als unmittelbare Reaktion auf deutsche Propaganda in Lateinamerika gegründet. Hinzu kam eine neue Unterabteilung des Außenministeriums, die auf Privatinitiative beruhende, transnationale Programme unterstützte. Im August 1940 wurde Nelson D. Rockefeller von Roosevelt zum Koordinator der kulturellen und kommerziellen Beziehungen zwischen den USA und den lateinamerikanischen Ländern ernannt. Rockefeller leitete seitdem das Kultur- und Handelsbüro, das Bibliotheken und Kulturzentren einrichtete sowie Kontakte zu Meinungsführern der jeweiligen Länder pflegte.

Kulturpolitik und Propaganda im Zweiten Weltkrieg

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs passte die Regierung die Arbeit der verschiedenen Abteilungen der Kultur- und Informationspolitik den veränderten strategischen Bedingungen an. Dabei wurden erneut explizit propagandistische Aktivitäten betont. 1940 setzte Roosevelt das nach seinem Vorsitzenden Harold Ickes benannte Ickes Committee on National Moral ein. Dieses Komitee diente zur Vorbereitung einer nationalen Propagandabehörde, was zu diesem Zeitpunkt der Öffentlichkeit aber noch verheimlicht wurde. Im Folgenden kristallisierten sich dort zwei Positionen heraus: Während Ickes ein defensiv orientiertes Propagandakonzept für die Heimatfront befürwortete, forderte der spätere Hochkommissar in Deutschland John McCloy den Einsatz meinungsverändernder Techniken im In- und Ausland. McCloy verband Auslandswerbung und Propaganda zugleich mit einem möglichen neuen Kriegseinsatz der USA.

Im Juni 1942 wurde das Office of War Information (OWI) als bundesstaatliche Behörde per Erlass des Präsidenten gegründet. Sein Leiter Elmer Davis war, wie Creel im Ersten Weltkrieg, ein ehemaliger Journalist. Davis' Meinung nach gab es zu viele verschiedene Administrationseinrichtungen, welche die offizielle Sicht Washingtons über den Krieg an die Bevölkerung und das Ausland weitergaben. Dieses Defizit sollte durch eine zentralistische Ausrichtung des OWI ausgeglichen werden. Probleme gab es aus Davis' Sicht vor allem im Bereich der Auslandsarbeit. Hier überschnitten sich die Kompetenzen des OWI mit denen anderer Regierungsstellen, was zu Konflikten führen musste. Das Außenministerium und vor allem der neue Kriegsgeheimdienst Office of Strategic Services (OSS, Vorgänger des CIA) legten dem OWI Steine in den Weg. Es bestanden grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Art der Propaganda angewandt werden sollte.

Die nach außen hin sichtbaren Außenbüros des OWI in den Gastländern in Übersee nannten sich United States Information Service (USIS). Ihre Aufgabe bestand darin, "die feindliche Moral zu unterminieren und zu zerstören, in jedem besetzen Land die Hoffnung auf Befreiung aufrecht zu erhalten, den Widerstand zu stimulieren, in neutralen Ländern moralische Unterstützung zu gewinnen und die Bevölkerung vom Sieg der Alliierten zu überzeugen und in den verbündeten Ländern, die gegnerische Propaganda zu entlarven und zu neutralisieren sowie ein besseres Verständnis für die USA zu befördern". In die Zeit des Zweiten Weltkriegs fällt auch die Gründung der amerikanischen Auslandssender. Im Februar 1942 wurde die Voice of America (VOA) ins Leben gerufen. Heute sendet die VOA in 44 Sprachen auf der ganzen Welt (Stand 2007).

Nach Ende des Krieges setzte eine Debatte darüber ein, wie effizient die Arbeit des OWI im Ausland tatsächlich gewesen sei. Sie endete ohne eindeutiges Ergebnis. Das OWI wurde Ende August 1945 abgeschafft, allerdings, anders als nach dem Ersten Weltkrieg, nicht ersatzlos. Denn Präsident Truman beauftragte eine Kommission damit, auszuloten, wie und in welchem Umfang Informations- und Kulturprogramme in Übersee fortzusetzen seien. Zusammenfassend kann für den Zweiten Weltkrieg konstatiert werden, dass unabhängig von der Effizienzdebatte Propagandatechniken als legitimes Mittel zur Selbstdarstellung der USA akzeptiert worden waren.

Die USIA und der Kalte Krieg

1948 wurde das Public Law 402, der Smith-Mundt-Act, vom Kongress verabschiedet. Senator Alexander Smith und der Abgeordnete Karl Mundt setzten sich dafür ein, dass die USA einen offensiven Auslandsinformationsdienst betreiben sollten, eine "erste gesetzliche Regelung zur Public Diplomacy".

Aufgrund innenpolitischer Spannungen und Widerstände dauerte es noch fünf Jahre, bis eine neue zentrale Einrichtung der Auslandswerbung auf den Weg gebracht wurde. Dem waren mehrere Schritte vorausgegangen. Bereits im Jahr 1946 wurde im Außenministerium das Office of International Information and Cultural Affairs (OIC) eingerichtet. Der Name der Behörde verweist darauf, dass Kultur- und Informationspolitik nicht mehr als zwei verschiedene Bereiche galten - sie wurden inhaltlich und organisatorisch miteinander verknüpft. Fünf verschiedene Abteilungen waren für die Auslandsinformation zuständig. Sie kümmerten sich um die Aufgabengebiete Presse und Publikationen, Rundfunk, Film, Personenaustausch und auswärtige Kulturprogramme, Kunst sowie Bibliotheken und Institute. Diese Betätigungsfelder sind bis heute die Kerngebiete der Auswärtigen Kulturpolitik geblieben.

Am 1. Juni 1953 rief Präsident Dwight D. Eisenhower die United States Information Agency (USIA) ins Leben. Bei der Gründung der USIA spielten Überlegungen und Bedenken eine Rolle, die schon Davis in Bezug auf die Gründung des OWI gehegt hatte. Eine den Präsidenten beratende Studiengruppe der Woodrow Wilson Foundation hatte die Notwendigkeit einer solchen zentralen Organisation wie folgt begründet: "Wir legen ebenfalls Nachdruck darauf, dass kein moderner Staat ohne bessere Zentralisierung seiner Informationsdienste wirksam funktionieren kann. Trotz aller natürlichen Scheu in einer Demokratie vor einer solchen Behörde würde ein ständiges Informationsbüro, ähnlich dem Office of War Information während des Krieges, von Nutzen sein - nicht um Informationen herzustellen, sondern einfach, um sie zu koordinieren. Die heutigen unkoordinierten Informations- und Propagandamethoden tragen ernsthaft zur allgemeinen Verwirrung bei."

Obwohl die USIA und Auslandssender wie die Voice of America nicht mit den Propagandaapparaten der Kriegszeit gleichzusetzen sind, ist ihre Gründung nicht ohne die Erfahrungen der beiden Weltkriege und des Kalten Krieges zu erklären. So verwundert es kaum, dass die Arbeitsweisen und Aufgabenstellungen des USIA auffallende Parallelen zu denen des OWI zeigen. Ein Beispiel dafür sind die Propagandaaktionen der USIA während der Kuba-Krise 1962: "Die USIA hat sofort mehr als 50 000 Kopien von Fotos und Negativen an 225 befreundete Stellen auf dem ganzen Globus verbreitet, um für die Weltöffentlichkeit die Vorgänge bildlich zu dokumentieren und um die amerikanische Haltung zur Kubakrise darzustellen. Die Kopien wurden mit Luftexpress umgehend an lokale Regierungen auf der ganzen Welt gesandt und Verlegern und Herausgebern von Zeitungen zur Verfügung gestellt. Sie dienen dazu, eindeutig zu belegen, dass die Sowjetunion auf Kuba geheime Raketenstationen aufbaut."

Bemerkenswert ist, dass sowohl Befürworter als auch Gegner der USIA mit denselben Argumenten operierten wie schon die Befürworter und Gegner des OWI. Das Fundament des neuen nationalen Konsenses, der durch die USIA ins Ausland transportiert wurde, war ein politischer und ideologischer Antikommunismus. Dabei spielte die CIA eine bedeutende Rolle: "Während der Hochphase des Kalten Krieges investierte die US-Regierung enorme Summen in ein geheimes Programm, das der kulturellen Propaganda in Westeuropa diente. Ein zentrales Element dieses Programms bestand darin, die Beteuerung der Regierung, kein derartiges Programm zu unterhalten, nach außen hin glaubhaft zu machen. Gesteuert wurde es unter strengster Geheimhaltung von Amerikas Spionagemacht, der CIA."

Telling America's Story to the World

Die Strukturen der USIA blieben bis zur Präsidentschaft Jimmy Carters im Wesentlichen erhalten. In seine Amtszeit fällt die Namensänderung in United States International Communications Agency (USICA). Fungierte die Behörde bis dahin nur als Instrument für die Auslandswerbung, sollte sie nun auch in den USA Verständnis für andere Kulturen und Staaten wecken. Der Aspekt der interkulturellen Kommunikation stand im Vordergrund. Doch bereits unter Präsident Ronald Reagan wurde dieser Ansatz wieder zurückgefahren, die USICA wieder in USIA "umgetauft" und auf die Auslandswerbung verpflichtet. Über dem Eingang des neuen USIA-Gebäudes, das 1983 eingeweiht wurde, prangte nicht zufällig der Schriftzug "Telling America's Story to the World".

Mit dem Ende des Kalten Krieges fiel es der USIA zunehmend schwerer, ihre Aktivitäten gegenüber dem Kongress zu begründen und Budgeterhöhungen durchzusetzen. Der Vorsitzende des Foreign Affairs Committee, Jesse Helms, forderte sogar, die USIA abzuschaffen. Unter der Präsidentschaft Bill Clintons wurde der außenpolitische Apparat umstrukturiert und neu organisiert. Die Aufgaben der Auswärtigen Kulturpolitik wurden jetzt vor allem unter dem Fokus der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der nationalen Sicherheit gesehen. Mit den Anschlägen vom 11. September 2001 erlebte die politische Kommunikation einen starken Auftrieb. Das Budget für die Öffentlichkeitsarbeit wurde um neun Prozent erhöht. Die Mittel flossen vor allem in Länder des Nahen Ostens - in die auswärtige Informations- und Kulturpolitik, wobei die Reihenfolge nicht zufällig umgekehrt wurde. Denn die Information über das politische Vorgehen der USA, oder besser gesagt die Rechtfertigung dafür, nahm den größten Raum ein.

Bereits im Zuge der Restrukturierung unter Clinton war die USIA am 1. Oktober 1999 organisatorisch dem Außenministerium zugeschlagen worden. Für gezielte Kampagnen engagierte die Regierung professionelle Werbeagenturen oder ehemalige Angestellte der PR-Industrie. Im Oktober 2001 übernahm Charlotte Beers den Bereich "Public Diplomacy" im Außenministerium. Beers hatte ihre Karriere als Produktmanagerin für Uncle Ben's Rice begonnen. In ihrer neuen Funktion startete sie bereits vor dem Irakkrieg die Kampagne "Gemeinsame Werte". Diese PR-Aktion verfügte über ein Budget von 15 Millionen US-Dollar. Kernbestandteil war eine Hochglanzbroschüre, die über Saddam Husseins Giftgasattacken in den 1980er Jahren berichtete. Diese Kampagne zeigte exemplarisch, wo fortan die Schwerpunkte der Auswärtigen Kulturpolitik lagen.

Parallel dazu wurde im Pentagon auf Initiative von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld 2002 das Office of Strategic Influence ("Büro für strategischen Einfluss") gegründet. Es sollte eine Behörde für Zersetzungspropaganda und Desinformation werden, Mittel der "schwarzen Propaganda" waren explizit vorgesehen. Nach zahlreichen Protesten wurde Rumsfelds Plänen ein Riegel vorgeschoben. Das Büro musste geschlossen werden.

Am 21. Januar 2003 gab Präsident George W. Bush die Gründung eines neuen Apparats bekannt - des Office of Global Communications ("Büro für globale Kommunikation"). Es wurde unmittelbar dem Weißen Haus unterstellt. Die Aufgaben des Büros waren durch eine Anordnung des Präsidenten definiert: "a) Das Büro entwickelt Methoden und Strategien für die US-Regierung (...), um Informationen an ein Publikum in Übersee zu übermitteln (...). b) (...) Das Büro wird die Gestaltung seiner Arbeit eng und regelmäßig mit dem Präsidenten für Nationale Sicherheitsangelegenheiten koordinieren und aufeinander abstimmen. c) Das Büro soll mit geeigneten Agenturen zusammenarbeiten, um -zeitlich begrenzt - gemeinsame Teams von Experten zusammenzustellen, um kurzfristig in Gebieten von hohem globalem Medieninteresse eingreifen zu können (...). d) Das Büro soll den Gebrauch von Medien, die auf dem neuesten Stand der Technik sind, befördern und die Regierung darüber informieren, welche Ereignisse, Technologien oder Kommunikationsmittel zu Verfügung stehen, um Informationen zu transportieren."

Das Office of Global Communications vergab Aufträge an die Werbeagentur Rendon Group. Diese operierte in einigen Fällen jenseits der Wahrheit, bediente sich also der "grauen" und der "schwarzen" Propaganda.

Ein Beispiel dafür war die Behauptung, Saddam Hussein habe 1998 die internationalen Waffeninspekteure aus dem Land geworfen. Richtig war, dass Chefinspekteur Richard Butler sein Team aus dem Irak abzog, weil er von den bevorstehenden US-Bombenangriffen Kenntnis hatte. Ebenso der "grauen" Propaganda zuzurechnen sind die Behauptungen über Biowaffenlabors im Irak, mit denen der Irakkrieg 2003 legitimiert wurde. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss kam im April 2005 zu dem Schluss, dass die Behauptungen nichts mit der Realität zu tun hatten. Die ihnen zugrunde liegenden Geheimdienstinformationen waren falsch. Damit stellte sich der offizielle Kriegsgrund als frei erfunden heraus. Zu einem Aufschrei der Empörung führte dies nicht mehr.

Dass die falschen Behauptungen vorher von Werbeagenturen zum Teil mit Mitteln für die Auswärtige Kulturpolitik und vom Office of Global Communications gesteuert worden waren, zeigt indes einmal mehr, dass Auswärtige Kulturpolitik und Propaganda - nicht nur in den USA - nicht immer voneinander zu trennen sind.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zit. nach: Andrei S. Markovits/Simon Reich, Das deutsche Dilemma. Die Berliner Republik zwischen Macht und Machtverzicht, Berlin 1998, S. 302.

  2. "Hard Power" bezeichnet z. B. wirtschaftliche Macht und Abhängigkeit oder militärische Stärke.

  3. Vgl. Thomas Klöckner, Strukturanalyse der Organisation und Strategien der United States Information Agency und des United States Information Service in Deutschland, Phil. Diss., Berlin 1992, S. 28, Fn. 24. Vgl. auch Udo M. Metzinger, Hegemonie und Kultur, Phil. Diss., Frankfurt/M. 2004, S. 67, Fn. 244.

  4. Vgl. Robert O. Keohane/Joseph S. Nye (eds.), Transnational Relations and World Politics, Cambridge, MA 1973.

  5. Vgl. Phillips W. Davison/Alexander L. George, An Outline for the Study of International Political Communications, in: Public Opinion Quarterly, 16 (1952/53) Winter, S. 501ff.

  6. Holger Ohmstedt, Von der Propaganda zur Public Diplomacy, Phil. Diss., München 1993, S. 22.

  7. Vgl. Ronald Perusse, Psychological Warfare Reappraised, in: William E. Daugherty/Morris Janowitz, A Psychological Warfare Casebook, Baltimore 1958, S. 25 - 34.

  8. Hans N. Tuch, Communicating with the World. U.S. Public Diplomacy Overseas, New York 1990, S. 3.

  9. Zum Einfluss der CIA auf die Kulturpolitik der USA im Kalten Krieg vgl. Frances Stonor Saunders, Wer die Zeche zahlt, Berlin 2001.

  10. Zum CPI vgl. Andreas Elter, Die Kriegsverkäufer, Frankfurt/M. 2005, S. 25 - 56.

  11. Vgl. George Creel, Selling the War, zit. in: http://web.mala.bc.davies/H324War/Creel.
    Selling.War.1920 htm (31.1. 2008); wie die folgenden Zitate Übersetzung des Verfassers.

  12. Ebd. Vgl. auch Creels Memoiren: How we advertised America, New York 1920. Der Titel verweist auf den werblichen Aspekt von Auswärtiger Kulturpolitik und Public Diplomacy, die bis heute eine Nähe zu Public Relations aufweist bzw. deckungsgleich mit dieser ist und sich Marketingstrategien bedient.

  13. National Archives, Maryland, RG63, CPI A-5, Box 34, Folder 6.

  14. Vgl. z.B. Georg Schmid, Die Figuren des Kaleidoskops. Über Geschichte(n) im Film, Salzburg 1983, sowie Elliott Shore, Übersetzung als Gewinn. Hollywood-Filme und deutsches Publikum, in: Frank Trommler (Hrsg.), Deutsch-amerikanische Begegnungen. Konflikt und Kooperation im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart-München 2001, S. 355 - 362.

  15. Vgl. Thomas Guback, Hollywood's International Market, in: Timo Balio (ed.), The American Film Industry, Madison 1985, S. 463 - 486, bes.S. 465.

  16. Zit. nach: ebd., S. 473.

  17. Zit. nach: Stephens Oren, Facts to a Candid World, Stanford, CA 1955, S. 36.

  18. Für eine Definition des Begriffes Propaganda und die Unterteilung in weiße, graue und schwarze Propaganda vgl. Kenneth A. Osgood, Propaganda, in: Alexander DeConde et. al. (eds.), Encyclopedia of American Foreign Policy, vol. 3., New York 2002, S. 239 - 254.

  19. Charles A. Thomson, Overseas Information Service of the US Government, New York 1972, S. 40.

  20. Während die US-Propaganda in Deutschland verpufft sei, habe sie in Italien und Frankreich den Widerstand stark mobilisiert, lautete ein Befund.

  21. Udo M. Metzinger, Hegemonie und Kultur, Frankfurt/M. 2005, S. 80.

  22. Study Group of the Woodrow Wilson Foundation, zit. in: William Weissman, Kultur- und Informationsaktivitäten der USA in der Bundesrepublik Deutschland, Pfaffenweiler 1990, S. 39.

  23. 50 000 USIA Prints Expose Cuban Buildup, in: U.S. Information Agency Press Bulletin Nr. 56 vom 30.10. 1962.

  24. F. S. Saunders (Anm. 9), S. 13.

  25. Vgl. U. M. Metzinger (Anm. 21), S. 93.

  26. U.S. Government News Releases, Executive Order: Establishing the Office of Global Communications vom 21.1. 2003.

Dr. phil., geb. 1968; Historiker und Medienwissenschaftler, Professor für Journalistik, macromedia-Fachhochschule Köln.
E-Mail: E-Mail Link: mail@a-elter.de