Historiker*innen haben Jubiläen ausführlich in ihrer Entwicklung untersucht und uns vielfältige Einblicke in die historische Festkultur verschafft. Will man Jubiläen nicht nur in ihrer historischen Dimension, sondern auch als Gegenwartsphänomen verstehen, muss der Analyserahmen weiter gespannt werden – man greift sozusagen in eine andere Werkzeugkiste. Dafür eignen sich Public History und Angewandte Geschichte, die sich mit Geschichte in der Öffentlichkeit und ihrem Gegenwartsbezug befassen.
Beide Begriffe prägen gegenwärtig den Diskurs um öffentliche Geschichtsdarstellungen im deutschsprachigen Raum. Hierzulande sind die Termini noch relativ jung, neu sind sie jedoch nur bedingt. Public History und Angewandte Geschichte haben eine Geschichte, die mehrheitlich Bezüge in den englischsprachigen Raum aufweist; in der deutschsprachigen Diskussion sind sie seit etwa 15 bis 20 Jahren in unterschiedlichen Konstellationen und wechselnder Intensität in Verwendung. Die aktuelle Präsenz beider Termini innerhalb und außerhalb deutscher Universitäten sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich in eine bereits bedeutend länger andauernde Auseinandersetzung mit der Gegenwart des Vergangenen in der Öffentlichkeit einreihen. Diese wurde bis dato jedoch meist unter Verwendung anderer Begrifflichkeiten, etwa im Rahmen der Geschichtsdidaktik, geleistet.
Geschichtskultur und Erinnerungskultur
Zur Analyse der Repräsentationen von beziehungsweise des Umgangs mit Geschichte in der Öffentlichkeit etablierten sich im deutschsprachigen geschichtsdidaktischen Diskurs zwei Kategorien: Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur. Karl-Ernst Jeismann prägte im Nachgang des Historikertages in Mannheim 1976 den Begriff "Geschichtsbewusstsein", der zum Paradigma für die Disziplin wurde und inzwischen kanonischen Charakter hat. Das auf das Individuum bezogene Geschichtsbewusstsein wurde später um die Kategorie "Geschichtskultur" ergänzt, die die kollektive Auseinandersetzung und das Aushandeln von historischen Repräsentationen in den Vordergrund rückt. Jörn Rüsen prägte den Begriff in besonderer Weise und versteht darunter den "Inbegriff aller kulturellen Praktiken, in denen im Rückgriff auf die Vergangenheit Orientierungsprobleme in der Gegenwart angegangen und gelöst werden. Damit werden Zukunftsperspektiven für menschliches Handeln eröffnet."
Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur haben sich zwar für die Analyse des öffentlichen Umgangs mit Geschichte innerhalb der Geschichtsdidaktik etabliert, jedoch als Expertendiskurs die Disziplinengrenzen kaum überschritten. Dabei umfasste der sich seit den 1990er Jahren dynamisch entwickelnde Begriff "Erinnerungskultur" ähnliche Überlegungen zur Analyse von Geschichte in der Öffentlichkeit, etwa als politisches Argument zur Legitimation von (Macht-)Verhältnissen beziehungsweise der Konstruktion von Gruppenidentitäten. Ähnlich der geschichtsdidaktischen Kategorie der Geschichtskultur wurde Erinnerungskultur in den Kulturwissenschaften zum Paradigma. Zu einem fruchtbaren Austausch oder zu Überlappungen zwischen den beiden sehr ähnlichen Konzepten kam es jedoch kaum; eine genaue Abgrenzung des inhaltlichen Geltungsbereiches zwischen beiden fällt daher nicht leicht. Während Erinnerungskultur für einige Diskursteilnehmer*innen weitgehend "synonym mit dem Konzept der Geschichtskultur" ist, gibt es auch Stimmen in der Diskussion, die in der Konkurrenz beider Begriffe eine "konstruktive wissenschaftliche Auseinandersetzung über konkrete Forschungsprobleme" behindert sehen.
Public History und Angewandte Geschichte
Ähnlich schwer voneinander abzugrenzen wie Geschichts- und Erinnerungskultur sind die Begriffe "Public History" und "Angewandte Geschichte". Die Bezeichnung "Angewandte Geschichte" könnte als "deutsches Äquivalent" des englischen "Public History" fungieren. Applied history wäre jedoch die korrekte Übersetzung, und dieser Begriff ist im angloamerikanischen Diskurs auch anzutreffen. Rückgriffe auf Übersetzungen können die Verwobenheit der beiden Begriffe daher nur bedingt lösen – dies ist sicherlich einer der Gründe, weshalb die Termini seit ihrem Aufkommen über einen längeren Zeitraum häufig parallel verwendet werden. Die Bezeichnung der Arbeitsgemeinschaft für Angewandte Geschichte/Public History des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, die sich im September 2012 konstituiert hat, kann dafür als Indiz gelten, ebenso die Denomination der Professur Angewandte Geschichtswissenschaft – Public History in Heidelberg, die seit 2012/13 besetzt ist.
Die mangelnde Trennschärfe bei der Verwendung der Termini "Public History" und "Angewandte Geschichte" ist kaum abzustreiten, dennoch zeichnet sich im akademischen Feld eine deutliche Präferenz für den Begriff "Public History" ab. "Angewandte Geschichte" hingegen findet häufiger im außerakademischen Bereich Verwendung, etwa bei Vermittlungs- und Bildungsangeboten oder im History Marketing. Agenturen, die Unternehmensgeschichte recherchieren und schreiben, gebrauchen "Angewandte Geschichte" heute ebenso selbstverständlich wie zivilgesellschaftliche Vereine. In diesen Agenturen und Vereinen sind es meistens Historiker*innen, die außerhalb der Universität mit Geschichte arbeiten. In den USA wurde der Begriff applied history 1909 von Benjamin Shambaugh, Professor für Politikwissenschaften an der University of Iowa, eingeführt. Im Vordergrund stand die Idee, mit geschichtswissenschaftlichen Erkenntnissen Gegenwartsprobleme zu lösen und den Anwendungsgedanken in die Ausbildung von Historiker*innen zu integrieren. Im deutschsprachigen Raum hat der Begriff "Angewandte Geschichte" jedoch eine problematische Vorgeschichte, denn die Vorstellung einer spezifischen "Anwendung" von Geschichte war im Rahmen völkischer Ideologien im frühen 20. Jahrhundert verbreitet. In dieser Vorgeschichte könnte ein Grund für die Präferenz von Public History im deutschen Kontext liegen.
Neuerliche Impulse zu einer konzeptionellen Entwicklung des Begriffes "Angewandte Geschichte" jenseits des History Marketing entstanden im Umfeld des Instituts für Angewandte Geschichte. Diese zivilgesellschaftliche Initiative mit starken Wurzeln in der kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina wurde Mitte der 2000er Jahre in Frankfurt an der Oder gegründet. Sowohl der interdisziplinär-kulturwissenschaftliche Hintergrund der Mitglieder als auch ihr grenzüberschreitendes Agieren im deutsch-polnischen Grenzland prägen den Frankfurter Ansatz Angewandter Geschichte. Mit ihrem zivilgesellschaftlichen Anker legt dieser seinen Fokus auf den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft und zielt auf einen partizipativen und pluralistischen Aushandlungsprozess historischen Wissens zwischen Akteuren der Fachwissenschaft, der Geschichtskultur und der Zivilgesellschaft ab.
Die konzeptionellen Unterschiede zwischen einer so verstandenen Angewandten Geschichte und Public History sind gering. Entscheidend unterschiedlich ist der Hintergrund, aus dem sich beide Begriffe in Deutschland entwickelten. Angewandte Geschichte im beschriebenen Sinne kommt einer Bottom-up-Initiative näher, trotz ihrer Bindung an wissenschaftliche Methoden und ihrem Vermittlungsanspruch zwischen Akademie und Gesellschaft. Denn für die Angewandte Geschichte setzt die Beschäftigung mit Geschichte "vor Ort" an, sie ist also in der Lebenswelt der Menschen an einem spezifischen Ort verankert.
"Public History" hingegen stammt und bezieht sich auf den Geltungsbereich der Geschichtswissenschaften und bezeichnet eine Erweiterung des historischen Kerngeschäftes. Sie beschreibt als umfassender "umbrella term" die Öffnung der Geschichtswissenschaft hin zu einer außerakademischen Öffentlichkeit. Darüber hinaus wird "Public History" aber auch als Sammelbegriff für jegliche Geschichtsdarstellungen in der Öffentlichkeit verwendet. Dazu gehören beispielsweise Historienfilme, Computerspiele mit Geschichtsbezügen, historische Museen oder Reenactments aus Anlass von Jahrestagen einer Schlacht. Als Subdisziplin der Geschichtswissenschaften setzt sich die Public History mit diesen Geschichtsdarstellungen "in unterschiedlichen Medien, Institutionen und Formen auseinander". Die Etablierung der Public History an deutschen Hochschulen folgt dabei überwiegend dem US-amerikanischen Modell und setzt in der Ausbildung auf eine Verbindung geschichtswissenschaftlicher Elemente mit Praxisfragen der Geschichtsvermittlung in der Öffentlichkeit. In den USA hat Public History eine längere Tradition, hier wurde bereits in den 1960er und 1970er Jahren von der Public-History-Bewegung darauf aufmerksam gemacht, dass die Geschichtswissenschaft selbstreferenziell agiere und den Kontakt zur Öffentlichkeit außerhalb der universitären Mauern verloren habe. Darüber hinaus sollten neben den traditionellen Tätigkeitsfeldern für Historiker*innen neue Berufsmöglichkeiten erschlossen werden. Public-History-Studiengänge zielten darauf ab, Historiker*innen auszubilden, die Geschichte einem nicht geschichtswissenschaftlich vorgebildeten Publikum vermitteln können. Da der englischsprachige Public-History-Diskurs die Geschichtsdidaktik in seinen Definitionen nicht beziehungsweise nur randständig mit einbezieht, überlagerte der Transferprozess an deutsche Hochschulen den älteren geschichtsdidaktischen Diskussionsstrang zu Geschichte in der Öffentlichkeit, der bereits in den 1970er und 1980er Jahren eine hohe Intensität erreicht hatte.
Mittlerweile ist die Public History an deutschen Universitäten institutionalisiert, auch wenn sie sich inhaltlich, konzeptionell und disziplinär weiter ausgestaltet. Das zeigt sich etwa an Diskussionen über die zu erforschenden Inhalte der Public History ebenso wie an der Frage nach den theoretischen Ansätzen und Methoden zur Analyse beziehungsweise Dekonstruktion von Geschichte in der Öffentlichkeit. Während das Prozedere der Rekonstruktion der Vergangenheit – also das Kerngeschäft der Geschichtswissenschaft – nach der historischen Methode und Quellenkritik verläuft, reicht diese für die Analyse des Umgangs mit Vergangenheit nicht aus. Methodische Anleihen werden bei anderen kulturwissenschaftlichen Wissenschaftszweigen gesucht. Spezifisch für die Public History in Deutschland ist außerdem ihre Bindung an die Zeitgeschichte. Diese epochale Engführung sollte trotz des offensichtlichen Interesses der Öffentlichkeit an zeitgeschichtlichen Themen kritisch hinterfragt werden. Auch weiter zurückliegende Epochen generieren öffentliches Interesse – die ausgeprägte Mittelalter-Szene im Bereich Reenactment und Living History ist eines der eindrücklichsten Beispiele dafür.
Debatten über die konzeptionelle Ausrichtung der Public History beschäftigen sich außerdem mit den Vorgängen der Wissensgenerierung und des Wissenstransfers in inner- und außerwissenschaftliche Kontexte. Anstelle des Modells der Vermittlung in Form einer Einbahnstraße setzen sich zunehmend Ideen der Koproduktion von Wissen und damit der Gedanke der shared authority in Bezug auf die Entstehung historischen Wissens durch. Dadurch rückt die Vermittlung historischer Wissensbestände in den Hintergrund zugunsten eines Modells der Zusammenarbeit zwischen Historiker*innen und geschichtswissenschaftlichen Laien. Der Anspruch, Autorität zu teilen, verändert die Rolle der Historiker*innen im Wissensbildungsprozess – sie werden von Expert*innen zu Moderator*innen. Dieser Rollenwandel setzt nicht nur voraus, dass sich Fachwissenschaftler*innen verstärkt selbst reflektieren, sondern erfordert auch andere (soziale) Fähigkeiten als die der methodisch abgesicherten Wissensgenerierung. Das Prinzip der shared authority ist der Angewandten Geschichte sehr nahe, die das gemeinsame Aus- und Verhandeln historischen Wissens zwischen verschiedenen geschichtskulturellen Akteuren in den Mittelpunkt rückt. Der Umgang mit Geschichte wird so als partizipatives Projekt verstanden und dementsprechend von Laien und Wissenschaftler*innen zusammen gestaltet.
Historische Perspektive auf Jubiläen erweitern
Historiker*innen, die sich in Agenturen, Museen oder Vereinen an der Ausrichtung von historischen Jubiläen beteiligen, sind bedeutende Akteure der öffentlichen Geschichte. Im Rahmen der Public History und Angewandten Geschichte können Historiker*innen aber auch die historische Perspektive auf Jubiläen erweitern. Analysiert man Jubiläen als Phänomene von Geschichte in der Öffentlichkeit, drängen sich Fragen nach der Art und Weise auf, wie mit Vergangenheit umgegangen wird – etwa welche Funktionen Jubiläen erfüllen und welche Akteure diese Ereignisse wie und mit welchen Intentionen gestalten. Public History und Angewandte Geschichte interessieren sich also nicht nur für die historische Entwicklung von Jubiläen, sondern fragen danach, wie im Rahmen von Jahrestagen Geschichte praktiziert, inszeniert und öffentlich wirksam wird. Dies kann nur durch einen fächerübergreifenden Ansatz erfolgen, wofür die historische Methode durch Rückgriffe auf Ansätze aus der Ethnologie, Soziologie, Kommunikationswissenschaft oder den Performance Studies erweitert wird.
Um Jahrestage nicht nur als geschichtskulturelle "Hypes" zu beschreiben, sondern auch vertieft zu analysieren, wie es der Geschichtsdidaktiker Marko Demantowsky fordert, können im Rahmen von Public History und Angewandter Geschichte beispielsweise Inszenierungsstrategien als Aspekte der Theatralität hinterfragt werden, wie es in den Performance Studies üblich ist. Erweiterte Einsichten in ihre Funktionen lassen sich erreichen, indem Jubiläen aus ganz unterschiedlichen Bereichen in die Analyse eingeschlossen werden. Anthropologisch betrachtet, sind Jubiläen allgegenwärtiger Bestandteil der menschlichen Kultur. Das wesentlichste Charakteristikum von Festtagen liegt darin, dass sie sich vom Alltag abheben und Haltepunkte der menschlichen Orientierung in der Zeit bilden. Die Kulturanthropologin Aleida Assmann schlug dafür die Bezeichnung "Denkmäler in der Zeit" vor.
Neben ihrer Funktion als Orientierungsmarken in der Zeit dienen Jubiläen der Bestätigung und Bewahrung von Bindungen. Blickt man etwa auf Arbeitsjubiläen, wird deutlich, dass Jahrestage als eine Art Treuesystem funktionieren, das die Bindung und Identifikation der Arbeiter*innen mit dem Unternehmen fördern kann. So lässt sich die Jubiläumskultur als Treuekultur verstehen. Dieser Befund ist auch auf Bindungsmodelle im privaten Bereich (Hochzeitsjubiläen) oder in der öffentlichen Kultur (Nationalfeiertage) übertragbar. Historiker*innen betonen das identitätsstiftende Potenzial von Jahres- und Gedenktagen, kritisieren gleichwohl, dass die affirmative Sinnstiftung "von oben" dank kalendarischer Logik die Menschen schwer erreiche, da der lebensweltliche Bezug meistens zu kurz komme. Insbesondere die Angewandte Geschichte könnte die lebensweltlichen Anker der Jubiläumskultur stärken, etwa, indem sie anlässlich eines Firmenjubiläums die Mitarbeiter*innen in Oral-History-Interviews zu ihren Erfahrungen befragt und diese Perspektiven in eine Ausstellung über die Firmengeschichte einbettet.
Eine weitere Funktion von Jubiläen war und ist die Repräsentation von Macht sowie die Inszenierung der Verfügbarkeit über die Zeit. Historisch betrachtet, folgten Jubiläen in der christlichen Kultur ursprünglich nicht der heute üblichen Kalenderlogik. Nicht eine runde Zahl im Kalender war ausschlaggebend, sondern die Entscheidung des Papstes, der seit 1300 das alte jüdische Jubeljahr in die christliche Ablasspraxis integriert hatte und frei bestimmte, wann das Heilige Jahr ausgerufen und den Rompilger*innen ihre Sünden erlassen werden sollten. Der Zusammenhang von Jubiläen und Machtrepräsentation erklärt auch die historisch gewachsene thematische Engführung auf Kriege, Staaten und Städte, große Persönlichkeiten (meistens Männer). Um diesen Feier- und Gedenkkanon zu erweitern, könnte der Shared-Authority-Ansatz wirksam gemacht werden, bei dem Historiker*innen der Public History die Moderation übernehmen.
Schwieriger als die Perspektivenerweiterung unter dem Stichwort "Jubiläum" sind Einsichten in die Wirksamkeit der Geschichtsinszenierungen bei den Rezipient*innen, die jedoch zu einer Analyse eines Jahrestages dazugehören. Dabei fragen Public History und Angewandte Geschichte nicht nur nach der kognitiven Wirkung der Geschichtsvermittlung, sondern berücksichtigen auch die emotionale Dimension von (historischer) Sinnbildung. Soziologische und kommunikationswissenschaftliche Ansätze können dabei helfen, abzuschätzen, inwiefern Jubiläen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Geschichte beitragen oder die oft beklagten affirmativen Setzungen bestätigen.
Der für die Public History und Angewandte Geschichte zentrale Gegenwartsbezug legt besonderen Wert auf die Frage nach den Akteuren. Waren Kirche, Universitäten und später das Bürgertum für die Entwicklung der Jubiläumskultur einst die prägendsten Institutionen, sind die Akteure im Bereich Jubiläen heute weitaus vielfältiger. Nicht mehr nur Geistliche, Staatsmänner oder später Wissenschaftler*innen und Bildungsbürger*innen, sondern auch Verlage, Unternehmen und weitere kommerzielle Akteure, etwa im Bereich Tourismus und Stadtmarketing, sowie zivilgesellschaftliche Interessengruppen setzen nun die "Denkmäler in der Zeit". Akademische Historiker*innen sind folglich gegenwärtig nur ein Teil des Diskurses, der die Themensetzung und Ausgestaltung von Jubiläen bestimmt.
Außerdem werden Jubiläen immer mehr zu "Events", die marktwirtschaftlichen Prinzipien und medialen Logiken folgen. Die Ausrichtung von Jahrestagen und Jubiläen verantworten oft Agenturen, in denen auch Historiker*innen als Dienstleister*innen an der Konzeption beteiligt sein können und ihre fachliche Expertise einbringen. Dafür schulen Public-History-Studiengänge beispielsweise ihre Studierenden. Dass mit Geschichte Geschäfte gemacht werden, muss gleichwohl nicht zwangsläufig zur Preisgabe ihres Aufklärungspotenzials führen; vielmehr sind das Selbstverständnis, der Anspruch und die Kommunikationsfähigkeiten der marktwirtschaftlich tätigen Historiker*innen ausschlaggebend.
Die Jubiläumskultur nicht nur im Sinne der Angewandten Geschichte und des Shared-Authority-Ansatzes mitzugestalten, sondern auch als Phänomen der öffentlichen Geschichte zu untersuchen, könnte ertragreich sein. Indem die Public History Einsichten über die Funktionen von Jubiläen, ihre Akteure, deren Intentionen und Inszenierungsstrategien generiert, leistet sie einen Beitrag dazu, Geschichte in der Öffentlichkeit besser zu verstehen. Ein besseres Verständnis von Jubiläen wiederum kann dazu beitragen, die Jubiläumskultur so mitzugestalten, dass dabei auch historisches Lernen ermöglicht wird.