Einleitung
Die seit über zehn Jahren geführte Debatte um die Notwendigkeit und Angemessenheit einer "Ökonomisierung des Sozialen" sowie ihrer praktischen Auswirkungen legt den Gedanken nahe, "Soziales" und "Wirtschaft" als bis dato strikt voneinander getrennte Sphären zu betrachten. Dabei ist es keineswegs so, dass die Begriffe "Effizienz" und "Effektivität", "Qualität" und "Wirkung" innerhalb der Fachlichkeit Sozialer Arbeit vorher keine Rolle gespielt hätten. Gleiches gilt für das Thema "Geld". Regelmäßig wird der Vorwurf erhoben, dass im Sozialbereich - anders als inder Wirtschaft, wo"Geld verdient" wird- , öffentliche Finanzmittel "verschwendet" würden. Dies sei vor allem auf den "funktionalen Dilettantismus"
Für die Soziale Arbeit ergab sich von diesem außerfachlichen Ausgangspunkt der Ökonomisierungsdebatte, "[...] dass sie eben nicht primär durch die Intention einer Steigerung der professionellen Qualität sozialpädagogischer Angebote ausgelöst und bestimmt wurde, sondern vielmehr ein Folgeeffekt der finanziellen Engpässe des Systems sozialer Sicherung im allgemeinen und personenbezogener sozialer Dienste im speziellen ist".
Soziale Dienste und Einrichtungen als Teil der öffentlichen Wohlfahrtspflege
Die gültigen Funktionsprinzipien sozialer Dienste und Einrichtungen - etwa das Selbstkostendeckungsprinzip anstelle einer vorrangigen Gewinnerzielungsabsicht - verweisen auf einen wesentlichen Unterschied: Soziale Arbeit war und ist vorrangig sachzielorientiert, das heißt ihr Beweggrund ist nicht wirtschaftlicher (Soziale Arbeit ist nicht auf das Formalziel "Gewinn" orientiert), sondern überwiegend "altruistischer" oder "moralisch-weltanschaulicher" Natur. Dies gilt selbst vor dem Hintergrund, dass Wohlfahrtsforscher unabhängig von möglichen ideologischen Differenzen inzwischen flächendeckend die Durchsetzung eines primär betriebswirtschaftlich ausgerichteten Sozialmanagements konstatieren bzw. für nötig befinden.
Das Sachziel "Bedarfsdeckung" in der Sozialen Arbeit
Für den sozialen Sektor folgte daraus bisher, dass die Nachfrage nach sozialen Diensten und Einrichtungen im Wesentlichen staatlich gestiftet ist. Zugleich stellen die produzierten Dienstleistungen öffentliche bzw. meritorische Güter dar: Für sie soll das für private Güter charakteristische Ausschlussprinzip explizit nicht gelten.
Die Steuerung von Produktion, Verteilung und Finanzierung sozialer Dienste findet nach wie vor nach (sozial-)politischen Vorgaben im Rahmen korporatistischer Arrangements zwischen dem staatlichen Finanzier, der deshalb oft monopolistischer Nachfrager ist, und - in Deutschland - auf Grundlage des Subsidiaritätsprinzips statt. Weil der Markt- und Wettbewerbsmechanismus in diesem Bereich "versagen",
Hinzu kommt, dass in einer sozialpolitisch begründeten Dienstleistungsproduktion Konsument und Kostenträger nicht identisch sind("nicht-schlüssige Tauschbeziehungen"). Damit werden eine Reihe von Rückkopplungsmechanismen außer Kraft gesetzt, welche Marktbeziehungen üblicherweise kennzeichnen. So unterliegt der Nachfrager/Nutzer keiner Budgetristriktion, da er für die Leistungen nicht zahlt: "Auf der anderen Seite kann der Kostenträger (also etwa das örtliche Jugendamt), da er die Leistung weder selbst konsumiert noch erbringt, die tatsächliche Qualität und Sachgerechtigkeit der erbrachten Leistung nicht ohne Weiteres kontrollieren, was die Wahrscheinlichkeit von Leistungsmängeln erhöht. (...) Im Gegensatz zu 'schlüssigen Tauschbeziehungen' auf Märkten, bei denen die Nachfrage der 'Kunden' durch ihre Bedürfnisse und verfügbaren Zahlungsmittel bestimmt wird, gilt für das Angebot an sozialpädagogischen Dienstleistungen, dass es sogar in gewisser Weise relativ unabhängig von aktuellen Präferenzen potenzieller Nutzer(-gruppen) bestimmt wird".
Noch deplazierter wirkt der Begriff der "Marktsteuerung" bei solchen Leistungen, die als "gesellschaftlicher Auftrag" (Normalisierungsfunktion) und damit aus einem übergeordneten öffentlichen Interesse heraus einen Eingriffs- und Kontrollcharakter besitzen. Sie werden deshalb teilweise gegen den Willen der Betroffenen "geleistet" und müssen von diesen in Anspruch genommen werden (etwa Straffälligenhilfe und Heimunterbringung), womit keine "exit"-Option besteht. Neben der Rolle des Finanziers vonSozialleistungen (Gewährleistungs- und Durchführungsfunktion
Diese Art der "zwangsweisen Kundenbindung" kann ein kommerzielles Dienstleistungsunternehmen nicht betreiben, vielmehr soll der Kunde hier wegen der Vorzüge des eigenen Preis-Leistung-Verhältnisses wiederkommen. Anders im Bereich öffentlich finanzierter sozialer Dienstleistungen, bei denen "[...] die auf der Basis politisch-fiskalischer Umverteilung zur Verfügung stehenden Mittel nach den Grundsätzen der Sparsamkleit und Wirtschaftlichkeit einzusetzen und tendenziell zu minimieren (sind). Der Klient, Patient etc. soll, nach der Therapie, möglichst nicht wiederkommen."
Weiterhin ist die Produktion von Dienstleistungen anders als die von Sachgütern auch nur eingeschränkt rationalisierbar. Viele aus der Industrie stammende Rationalisierungsverfahren eignen sich entweder sachlich nicht, weil Methoden der "Massenproduktion" und der "Standardisierung" nicht zu den beschriebenen individuellen Leistungsvoraussetzungen und -umständen Sozialer Arbeit passen. Oder ihre Anwendung ist möglich, aber im Hinblick auf ihre Auswirkungen nicht erwünscht, weil sich die beabsichtigte Steigerung der Arbeitsproduktivität und -intensität und damit die Reduzierung der "Produktionszeit" der Dienstleistung, so etwa die Kritik an der "Minutenpflege", sowohl aufseiten der Beschäftigten (Überarbeitung) als auch aufseiten der Klienten bzw. Patienten (Mangelversorgung) unmittelbar negativ auf die Prozess- und Ergebnisqualität auswirken:
Auslöser der Ökonomisierung Sozialer Arbeit
Die "Vermarktlichung des Sozialstaats" vollzieht sich zugleich in drei parallel existierenden Dimensionen: "Erstens die interne Vermarktlichung von Sozialstaaten durch Schaffung von Wohlfahrtsmärkten, zweitens die externe Vermarktlichung, in der die Sozialstaaten untereinander zu Wettbewerbern werden, und drittens die subjektbezogene Vermarktlichung, die 'Erziehung zur Marktlichkeit'".
Erstens: In der Sozialgesetzgebung der letzten Jahre lässt sich ein Trend beobachten, den man als Auflösung und Eliminierung der bedingten Vorrangstellung der Träger der Freien Wohlfahrtspflege (z.B. § 10 BSHG) bei der sozialen Dienstleistungserstellung einstufen muss. Ziel ist es, die Trägerlandschaft zu pluralisieren, um "Trägerkonkurrenz"
Zentrales Instrument der Herbeiführung von Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehungen ist das so genannte Kontraktmanagement zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern. Vereinbart werden nicht nur Leistungen und darauf bezogene Preise, sondern auch Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistungen sowie Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität. Zwar ist dieser Finanzierungsmodus bundesrechtlich bisher nur für stationäre und teilstationäre Leistungen vorgeschrieben. In der Praxis wird aber auch für ambulante Leistungen zunehmend auf eine Finanzierung über Fachleistungsstunden zurückgegriffen. Fasst man die zentralen Zielsetzungen dieser Veränderungen zusammen, so zielen sie darauf, durch Wettbewerb und Ökonomisierung Leistungsreserven bei den Leistungserbringern (Anbietern) freizusetzen und die Kosten der sozialen Dienstleistungserbringung insgesamt zu senken. Durch Leistungs- und Kostenvergleiche soll eine Markttransparenz hergestellt und auf diese Weise das öffentlich finanzierte bzw. den Klienten zugängliche Angebot gesteuert werden. Dabei wird der durch Hoffnung auf Kostenersparnis motivierte Gedanke des Wettbewerbs in den letzten Jahren zunehmend durch eine entsprechende Entwicklung des Europäischen Gemeinschaftsrechts flankiert. Dieses ist durch die Prinzipien der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gekennzeichnet und tendiert dazu, nicht zwischen der Produktion von Gütern und sozialen Dienstleistungen zu unterscheiden und damit auch die traditionelle Differenzierung zwischen frei-gemeinnützigen und privatgewerblichen Anbietern aufzuheben.
Zweitens: Beschleunigt wird diese Entwicklung durch das auf kommunaler Ebene in immer umfassenderer Weise durchgesetzte Neue Steuerungsmodell (NSM). Ziel ist der Umbau der Verwaltung von einer Behörde zu einem Dienstleistungsunternehmen. Unter Rückgriff auf Konzepte des in der Privatwirtschaft erfolgreichen Lean Managements will man verschiedene strategische Ziele erreichen:
Zur Erreichung dieser Ziele der Verwaltungsmodernisierung enthält das NSM eine Vielzahl struktureller und prozessualer Elemente und Instrumente, von denen einige multifunktional sind und damit zur gleichzeitigen Umsetzung mehrerer Ziele benutzt werden können. Die unternehmensorganisatorische Umgestaltung der Verwaltung soll durch Kontraktmanagement, Budgetierung und dezentrale Ressourcenverantwortung erreicht werden, wobei zentrale Steuerungs- und Controllingfunktionen sicherstellen sollen, dass sich die autonomen Fachbereiche nicht verselbstständigen und von den "Konzernzielen" verabschieden, die im Kontrakt zwischen Politik und Verwaltungsspitze verbindlich festgeschrieben sind. Die output- bzw. ergebnisorientierte Steuerung geht davon aus, dass im "Dienstleistungsunternehmen Stadt"
Drittens: Forciert wird die Ökonomisierung der Sozialen Arbeit auch durch modifizierte sozialstaatliche Zielsetzungen, die insbesondere die bisherige staatliche Definition des Hilfebedarfs und der damit verbundenen Rolle/Aufgabe des Hilfeempfängers betreffen. Im Rahmen der "Ökonomisierung des Leistungsempfängers" wird der Klient nach dem Politikmodell des "aktivierenden Sozialstaats" vor allem durch soziale Dienstleistungen weitergebildet oder qualifiziert und mittels Casemanagement durch die Klippen versäulter Versorgungssysteme gelotst. Die neue Arbeitsmarktpolitik nach "Hartz" spielt hier eine Vorreiterrolle: Bei Langzeitarbeitslosigkeit und Sozialhilfebezug sollen die Probanden durch (Verhaltens-)Training und Arbeitsgelegenheiten auf die möglichst schnelle Wiedereingliederung in die Arbeitswelt vorbereitet werden. Die dabei nach wie vor notwendigen Geldtransfers zur Sicherung des Lebensunterhalts sind, da nur noch von begrenzter Dauer, von untergeordneter Bedeutung und sollen durch die rasche dienstleistungsvermittelte Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt reduziert bzw. überflüssig gemacht werden.
Im Vordergrund der neuen sozialstaatlichen Intervention steht zum einen die "Erhöhung der Beschäftigungschancen",
Dadurch verändert sich notwendig das Handeln sozialer Organisationen auf der Mesoebene, das heißt auf der Ebene der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege: Ihre Beziehungen zu den öffentlichen Trägern werden (betriebs-)wirtschaftlich restrukturiert. Hierunter fallen Strategien der Verbetrieblichung der Freien Wohlfahrtspflege, also einer Stärkung der einzelbetrieblichen Ebene der Leistungserbringung, die Neuordnung der Geschäftsfeldpolitik der Träger, unter anderem durch die Tendenz zur Bildung größerer Geschäftseinheiten im Rahmen von Netzwerken und Fusionen. Zugleich kommen Ausgliederungsstrategien ("Outsourcing") und die Nutzung neuer, privatwirtschaftlicher Rechtsformen (GmbH- und Holding-Lösungen) zum Tragen.
Das für das deutsche Sozialmodell fundamentale Subsidiaritätsprinzip verliert darüber allmählich seine sozialpolitische Ordnungsfunktion, die sich vor allem darin äußerte, dass die Fortentwicklung der sozialen Infrastruktur nicht nur als partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freigemeinnützigen Trägern vonstatten ging, sondern darüber hinaus dem Prinzip der bedarfsorientierten Planung sozialer Infrastruktur verpflichtet war. Folglich wird "[...] die - für das alte Subsidiaritätsprinzip konstitutive - Gesamtverantwortung des Staates (bestehend aus seiner Finanzierungs-, Planungs- und Letztverantwortung) merklich ausgedünnt."
Die freigemeinnützigen Träger vor Ort stehen damit in einer zunehmenden Preis- und Kostenkonkurrenz untereinander und parallel zu neuen privatgewerblichen Anbietern. Auf der Mikroebene des konkreten betrieblichen Handelns setzt sich deshalb eine primär betriebswirtschaftlich ausgerichtete Strategie des operativen Geschäfts auf Kosten der bisher eher ideologischen Prägung sozialer Dienstleistungserbringung durch.
Auswirkungen der "Ökonomisierung der Sozialen Arbeit" auf die Leistungsbedingungen im Sozialsektor
Die Qualität sozialer, das heißt "interpersoneller" Dienstleistungen als "Interaktionsprodukte" ist, wie erläutert, der Sache nach stark abhängig vom Wollen und dem daraus erwachsenden gegenseitigen praktischen Zusammenwirken, also der Qualität des persönlichen Verhältnisses von Dienstleister/Helfer und Klient/Patient. Zugleich macht sich diese Personenzentriertheit betriebswirtschaftlich - je nach Handlungsfeld unterschiedlich - in der deutlichen Überrepräsentanz des Faktors "Personal" bemerkbar.
Die Reorganisation innerbetrieblicher Arbeitsabläufe wirkt sich gleichzeitig auf die betriebliche Aufbau- und Ablauforganisation aus. Betriebliche Umstrukturierungen machen sich im Neuzuschnitt von Aufgabenbereichen bemerkbar; die Folge ist eine veränderte Arbeits(ver)teilung. Sie führt zur Ausdifferenzierung von Berufsbildern bei gleichzeitiger Polarisierung der Beschäftigungsbedingungen und einer verstärkten - oft geschlechtsspezifisch geprägten - Unterscheidung in (dispositive) Managementfunktionen und (objektbezogene) ausführende Tätigkeiten.
Für viele Segmente der personen- und haushaltsbezogenen Dienstleistungen ist eine Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft (Sonntags-, Nacht- und Schichtarbeit) konstitutiv. Die Absicht, verfügbare Personalkapazitäten möglichst optimal zu nutzen, führt verstärkt zur Einführung von Arbeitszeitmodellen, mit deren Umsetzung ein noch höheres Maß an Flexibilität angestrebt wird. Das aus der industriellen Massengüterfertigung stammende Organisationsideal der "atmenden Fabrik" - einer zeitlich und vom Arbeitsvolumen her möglichst frei einsetzbaren Belegschaft, die den schwankenden Konjunkturen und wechselnden Auslastungen, beispielsweise durch Arbeitsbereitschaft auf Abruf ("just-in-time") ständig flexibel angepasst werden kann - erhält damit auch in den Sozialunternehmen zunehmende Bedeutung.
Mittlerweile sind soziale Dienstleistungsunternehmen durch ein breites Spektrum verschiedenster Arbeitsverhältnisse mit höchst unterschiedlicher institutioneller Absicherung charakterisiert. Dazu gehört neben der Befristung einer abnehmenden Zahl von Voll- und der parallelen Zunahme von Teilzeitstellen auch die forcierte Einführung atypischer, respektive "prekärer" Beschäftigungsformen (Leiharbeitsverhältnisse, geringfügige Beschäftigung in Mini- und Midijobs, (schein)selbstständige Tätigkeiten im Rahmen von Ich-AGs, auf Basis von Honorarverträgen etc.).
Diese Flexibilisierungswelle stellt eine Reaktion auf die zunehmenden Risiken im Gefolge der Umstellung von der Trägervollfinanzierung (Jahresbudgets) auf personenbezogene Finanzierungsmodelle (z.B. Pflegesätze) dar, womit diskontinuierliche Refinanzierungsstrukturen (Programm- und Projektförderung statt Regelförderung) in vielen Bereichen zur Normalität geworden sind. Die neuen, im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) kodifizierten "leistungsbezogenen Entgeltsysteme" sollen leistungssteigernd und kostendämpfend wirken und zugleich das betriebliche Personalwesen im Sinne einer bedarfs- und auslastungsgerechten Planung des Personalumfangs und -einsatzes flexibilisieren.
Tarifpolitisch nahm der Wohlfahrtssektor dabei schon immer eine Sonderstellung ein. Im Unterschied zum Geltungsbereich des BAT im öffentlichen Dienst, beruhte die Anlehnung an den BAT im sozialen Dienstleistungssektor stets auf der freien Entscheidung der Verbände und Einrichtungen. Bis vor wenigen Jahren galt der Flächentarifvertrag des öffentlichen Sektors dennoch auch hier relativ unangefochten als "Leitwährung". Durch die einsetzende "Erosion des BAT",
Ausblick
Aus den geschilderten Entwicklungen ergibt sich eine einheitliche Tendenz der "Ökonomisierung" sozialer Dienste und Einrichtungen, die sich als "Vermarktlichung" ihrer Erbringungskontexte zeigt. Diese Situation des Übergangs ("halbierte Modernisierung") wird daran deutlich, dass derartige Vorhaben insgesamt noch nicht abgeschlossen und zugleich in den verschiedenen Bereichen des sozialen Dienstleistungssektors unterschiedlich weit fortgeschritten sind. Die Bandbreite reicht dabei von "staatlich gelenkten Märkten", über "Semi-Markt-Systeme", in denen Bereiche staatlicher Steuerung mit Elementen einer überwiegenden bis vollständigen Marktsteuerung kombiniert sind, bis hin zu - mit Ausnahme des Gesundheitswesens - aktuell (noch) eher randständigen Bereichen einer ausschließlichen Marktsteuerung, in denen es um Marktanteile, das heißt die Konkurrenz um die privat zahlungsfähige Nachfrage von Kunden geht. Gerade bezüglich der letzten beiden Optionen übernimmt der volkswirtschaftlich bedeutende Gesundheitssektor eine Trendsetterfunktion. Diese betrifft sowohl die Steuerungsmodalitäten (z.B. das Fallpauschalensystem in den Krankenhäusern und der mit dem SGB XI etablierte "Pflegemarkt") als auch die im Zuge der Umsetzung zwischenzeitlich eingetretenen Folgen für die betroffenen Klienten/Patienten sowie die in diesen Bereichen Beschäftigten.
Für die freigemeinnützigen Träger sozialer Dienste zeichnet sich eine rasante Fahrt in eine immer ungewissere Zukunft ab, und die Planungsrisiken für Träger wie für Beschäftigte werden - insbesondere im Zusammenhang mit vermehrten, europaweiten Ausschreibungsverfahren - noch deutlich zunehmen. Freie Träger verlieren auf dem Weg in die Sozialwirtschaft ihre ursprüngliche Identität und tragen dabei ein erhöhtes wirtschaftliche Risiko - bis zur Insolvenz. Die Kommunen als Gewährleister sozialer Dienste und Hilfen vor Ort könnten sich deshalb - gerade durch den Vollzug ihrer Spar- und Effizienzprogrammatik - künftig mit höheren Kosten für die Dienstleistungserstellung konfrontiert sehen, wenn die ehemaligen Sozialpartner "vom Markt verschwinden" und durch transnationale Sozialkonzerne ersetzt werden.
Für die Beschäftigten zeichnet sich der "Weg in die Dienstleistungsgesellschaft" damit recht deutlich ab: Der international zu beobachtende Trend von stetig steigenden professionellen Anforderungen an die soziale Dienstleistungserbringung - ablesbar etwa an einer fortschreitenden Akademisierung sozialer Berufe - bei gleichzeitig sinkenden Einkommen, kennzeichnet auch den deutschen Entwicklungspfad in die Sozialwirtschaft.