Einleitung
Die Rente mit 67 ist beschlossen. Außerdem wurde das gesetzliche Rentenniveau abgesenkt. Angesichts dieser veränderten Bedingungen für den zukünftigen Renteneintritt sind die Beschäftigten gezwungen, länger erwerbstätig zu bleiben, wenn sie massive Abstriche bei den Alterseinkommen vermeiden wollen. Die Betriebe stehen vor der Herausforderung, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die den Beschäftigten einen längeren Verbleib im Erwerbsleben ermöglichen. Dieses Ziel ist ambitioniert. Denn bislang liegt das durchschnittliche Renteneintrittsalter noch gut sechs Jahre vom zukünftigen Zielwert entfernt. Bei isolierter Betrachtung der Renteneintritte infolge verminderter Erwerbsfähigkeit wächst der Abstand dramatisch auf fast 17 Jahre. Das Bild hellt sich auf, wenn man nur die Renteneintritte aus Altersgründen in den Blick nimmt, die 2006 durchschnittlich im Alter von 63,4 Jahren erfolgten. Aber auch dieser vergleichsweise günstige Wert liegt noch gut dreieinhalb Jahre von der zukünftigen gesetzlichen Altersgrenze entfernt.
Nur ein breites und gut aufeinander abgestimmtes Bündel an Maßnahmen ist geeignet, die Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern und die Differenz zwischen gesetzlicher Ruhestandsgrenze und tatsächlichem Renteneintrittsalter spürbar zu verringern. Der Gestaltung der Arbeitszeit fällt dabei eine Schlüsselrolle zu. Sie hat starken Einfluss auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten und damit auf deren Möglichkeiten, überhaupt im Erwerbsleben verbleiben und weiterhin eine Tätigkeit ausüben zu können. Die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit setzt ferner lebenslanges Lernen voraus, wofür nicht nur Geld, sondern auch Zeit während des gesamten Erwerbslebens aufzubringen ist.
Gemessen an diesen Anforderungen kann die aktuelle Arbeitszeitentwicklung nicht als alternsgerecht bezeichnet werden. Sollten sich die Arbeitszeittrends der vergangenen Jahre fortsetzen, werden sich die Bedingungen für einen längeren Verbleib im Erwerbsleben weiter verschlechtern. Vollzeitbeschäftigte arbeiten wieder länger. Gleichzeitig gewinnen belastende Arbeitszeiten während der Nacht und im Wechselschichtsystem an Bedeutung. Beide Entwicklungen zusammen erhöhen kumulativ den Grad der Belastungen. Ein alternsgerechtes Arbeitszeitkonzept erfordert dagegen ein Arbeitszeitregime, dessen Belastungen die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigen, sondern einen Verbleib im Erwerbsleben bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze sichern. Dazu gehört auch mehr Zeit für Weiterbildung, verteilt über die gesamte Erwerbsbiografie.
Im nachfolgenden Beitrag sollen erstens die These der nicht alternsgerechten Arbeitszeit näher ausgeführt und erhärtet und zweitens Ansätze für eine alternsgerechte Arbeitszeitgestaltung diskutiert werden. Dabei bleibt der Aspekt der Weiterbildungszeit ausgeblendet. Zunächst wird erörtert, welchen Einfluss die Arbeitszeit auf die Verweildauer im Erwerbsleben hat, bevor die aktuellen Trends in der Arbeitszeitentwicklung skizziert werden. Anschließend wird aufgezeigt, welche Risiken sie für alternsgerechtes Arbeiten bedeuten, und es werden einige Ansätze für ein alternsgerechtes Arbeitszeitregime diskutiert.
Arbeitszeit und Arbeitsfähigkeit
Die Arbeitszeit ist eine wichtige Stellgröße für die Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten. Sie entscheidet mit über den Verbleib im Erwerbsleben bzw. über den Zeitpunkt, wann der Eintritt in den Ruhestand erfolgt oder erfolgen muss. Geht man vom augenblicklichen Stand der Arbeitsfähigkeit aus, so stehen die Zeichen für einen längeren Verbleib im Erwerbsleben nicht gut. Eine empirische Untersuchung zeigt,
Aus der arbeitswissenschaftlichen Forschung ist der Zusammenhang zwischen Arbeitszeitdauer und Belastung empirisch gut belegt. Die Effizienz der Arbeitsleistung nimmt jenseits etwa der achten Stunde deutlich ab, das Unfallrisiko steigt.
Auch die Lage der Arbeitszeit kann zu Belastungen führen. Nachtarbeit und Wechselschichtarbeit gefährden die Gesundheit.
Schließlich hängt der Grad der gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch von der Verteilung der Arbeitszeit ab.
Die drei Dimensionen der Arbeitszeit, Dauer, Lage und Verteilung beeinflussen jeweils für sich den Grad gesundheitlicher Belastungen. Je nachdem, in welcher Kombination sie auftreten, verstärken sie die Belastungen kumulativ, und umgekehrt schwächen sie sie ab. Schicht- und Nachtarbeit kombiniert mit langen täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeiten potenzieren die Belastungen, erhöhen die gesundheitlichen Risiken und beeinträchtigen die Arbeitsfähigkeit kumulativ. Und umgekehrt können kurze Arbeitszeiten die Belastungen mildern, die durch ungünstig gelegene Arbeitszeiten entstehen. Geldzuschläge für Nacht- und Schichtarbeit oder auch für überlange Arbeitszeiten kompensieren dagegen die Belastungen nicht. Sie üben vielmehr einen finanziellen Anreiz aus, solche Arbeitszeiten zu wählen.
Eine Gesamtbilanz der Belastungen lässt sich erst ziehen, wenn sämtliche Arbeitszeitdimensionen erstens in ihrer Kombination erfasst und bewertet und zweitens in der Lebenslaufperspektive betrachtet werden. Für die Arbeitsfähigkeit entscheidend ist, mit welchen Arbeitszeiten und welchen Belastungsgraden über welche Zeitspannen im gesamten Erwerbsleben gearbeitet wird. Beide Anforderungen scheitern an der augenblicklichen Datenlage. Sie erlaubt nicht, Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit zu einem dreidimensionalen Arbeitszeitprofil zu kombinieren. Nicht möglich ist bislang ferner, die Arbeitszeiten im Hinblick auf ihre Belastungen in der erwerbsbiografischen Perspektive zu bewerten, da der empirisch gesicherte Erkenntnisstand einen derartig langen Beobachtungszeitraum nicht abdeckt. Analysen zur Belastung und Beanspruchung von Arbeitszeiten beziehen sich auf kürzere Zeiteinheiten (Tag, Woche, Monat). Plausibel erscheint jedoch die Annahme, dass sich Belastungen, die für kurze Zeiträume beobachtet werden, mit zunehmender Dauer des Bezugszeitraumes verstärken. Vermutlich dürfte der Zusammenhang nicht nur ein linearer sein, sondern eher eine exponentielle Kurve beschreiben.
Entwicklung der Arbeitszeit nicht alternsgerecht
Die Entwicklung der Arbeitszeit während der vergangenen Jahre passt nicht zu dem politischen Vorhaben, das tatsächliche Renteneintrittsalter hinauszuschieben und möglichst nah an die gesetzliche Altersgrenze heranzuführen. Die aktuellen Arbeitszeittrends fördern die Arbeitsfähigkeit nicht, sondern beeinträchtigen sie. Sollte es nicht gelingen, alternsgerechte Arbeitszeiten durchzusetzen, wird die Zahl der Beschäftigten zunehmen, die infolge verminderter Erwerbsfähigkeit in Rente geht. Die rückläufige Entwicklung bei den Rentenzugängen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, auf die 2006 gut 17 Prozent und zehn Jahre zuvor sogar knapp 25 Prozent aller Rentenzugänge entfielen, könnte sich dann wieder umkehren.
Die Arbeitszeiten sind in starker Bewegung, die in unterschiedliche Richtungen führt. Sie werden durchschnittlich länger, aber auch kürzer, auf jeden Fall flexibler. Bei der Dauer der Arbeitszeit ist der langjährige Trend zur Verkürzung in ein polarisiertes Entwicklungsmuster umgeschlagen. Vollzeitbeschäftigte arbeiten durchschnittlich wieder länger, gleichzeitig ist der Trend zur Teilzeitarbeit ungebrochen. Bei der ersten Gruppe hat die durchschnittliche Dauer der Wochenarbeitszeit zwischen 2002 und 2006 um 0,7 auf 40,3 Stunden zugenommen. Vollzeitbeschäftigte Männer arbeiten mit 40,7 Stunden gut eine Stunde länger als Frauen. Ein nicht unerheblicher Teil der Beschäftigten (28,9 Prozent) - überwiegend Männer - leistet überlange Wochenarbeitszeiten von 42 und mehr Stunden.
Die Entwicklung der Arbeitszeitdauer geht aber auch in die entgegengesetzte Richtung. Ein wachsender Anteil der Beschäftigten leistet Teilzeitarbeit; 2006 waren es 26,2 Prozent. Bei den Frauen liegt die Teilzeitquote mittlerweile bei 46 Prozent. Teilzeitarbeit entwickelt sich allmählich zur neuen Normalarbeitszeit für Frauen. Außerdem arbeiten 15 Prozent der Beschäftigten (überwiegend Frauen) auf der Basis von Mini-Jobs (400-Euro-Jobs).
Das skizzierte Entwicklungsmuster setzt gegensätzliche Vorzeichen für einen längeren Verbleib im Erwerbsleben. Teilzeitarbeit wirkt sich negativ auf die zukünftige Rentenhöhe aus und dürfte deshalb die Notwendigkeit, länger im Erwerbsleben zu verbleiben, untermauern. Denn ein wachsender Teil der Beschäftigten erzielt in doppelter Hinsicht vergleichsweise niedrige Einkommen. Bei einer durchschnittlich auf 18 Stunden verringerten Arbeitszeit fällt auch das Einkommen entsprechend niedriger aus. Hinzu kommt, dass Teilzeitbeschäftigte in aller Regel geringere Stundenlöhne als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte erhalten.
Zeitgleich zu den Veränderungen bei der Dauer der Arbeitszeit setzt sich die Zunahme belastender Arbeitszeitlagen während der Nacht und im Schichtbetrieb fort. Zwischen 1991 und 2006 stieg der Anteil der Beschäftigten mit Wechselschichtarbeit von 13 auf 16 Prozent und jener mit Nachtarbeit von 13 auf gut 15 Prozent. Unter gesundheitlichen Aspekten gelten beide Arbeitszeitformen als risikoreich. Dieser Zusammenhang ist arbeitswissenschaftlich gut belegt.
Neben der Dauer und der Lage vollzieht auch die dritte Dimension der Arbeitszeit, die Verteilung, einen markanten Wandel: Die Arbeitszeit wird variabler. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten organisiert diese mit Hilfe von Arbeitszeitkonten. Diese erlauben, die vereinbarte durchschnittliche Arbeitszeit variabel zu verteilen. Bislang dominieren Kurzzeitkonten, die einen Ausgleich der Zeitguthaben innerhalb eines Jahres vorsehen. Langzeitkonten sind noch wenig verbreitet, gewinnen aber, wie repräsentative Befragungen von Betriebsräten zeigen, allmählich an Bedeutung. Ende 2007 waren sie in 14 Prozent der Betriebe mit Betriebsrat und mindestens 20 Beschäftigten eingeführt,
Diese neuen Zeitmodelle eröffnen Chancen, sind aber auch nicht ohne Risiken. Sie können den Beschäftigten im Vergleich zu gleichförmiger Normalarbeitszeit Möglichkeiten zu etwas mehr selbst bestimmter Zeitgestaltung bieten und helfen, Zeitkonflikte zwischen betrieblichen und außerbetrieblichen Zeitanforderungen zu mindern, Zeitnot und Zeitstress abzubauen. Aber auch das genaue Gegenteil kann der Fall sein, wenn sich die Verteilung der Arbeitszeit ausschließlich nach den Marktrhythmen richtet und keine Rücksicht auf private Zeitbelange genommen wird.
Diese Gestaltungsambivalenz bestätigen empirische Befunde.
Ein altersspezifisches Arbeitszeitmodell stellt schließlich die Altersteilzeit dar. Ursprünglich sollte sie den Weg zu einem gleitenden Übergang in den Ruhestand ebnen, durch verkürzte Arbeitszeit die Belastungen verringern und so einen längeren Verbleib im Erwerbsleben ermöglichen. Die tatsächliche Nutzung läuft jedoch überwiegend auf eine vorzeitige Beendigung des Arbeitslebens und nicht auf einen längeren Verbleib Älterer im Erwerbsleben hinaus.
Elemente alternsgerechter Arbeitszeiten
Konzeptionell sind zwei Ansätze zu unterscheiden, mit denen Arbeitszeitpolitik den längeren Verbleib im Erwerbsleben fördern kann. Die Gestaltung der Arbeitszeit kann sich entweder auf die gesamte Erwerbsphase richten oder aber nur auf Abschnitte beschränken, so vor allem die Altersphase. Im ersten Fall handelt es sich um alternsgerechte und im zweiten um altersgerechte Arbeitszeitpolitik. Der erste Ansatz ist prozessorientiert, hat präventiven Charakter und versucht frühzeitig, mögliche Langfristfolgen belastender Arbeits- und Arbeitszeitbedingungen zu vermeiden. Der Grundgedanke besteht darin, das Lebensarbeitszeitvolumen bei reduzierter täglicher/wöchentlicher Arbeitszeit über eine längere Lebensspanne zu strecken.
Ideal wäre zweifellos eine Arbeitszeitgestaltung, die sich an den wechselnden Anforderungen der individuellen Lebensbiographien orientiert und flexibel wechselnden und ex ante nicht immer absehbaren Belastungsphasen Rechnung trägt. Es wird versucht, dieser Idealvorstellung durch Überlegungen zu einem lebensphasenorientierten Konzept zu entsprechen, das als Leitbild für einen Orientierungsrahmen gedacht ist.
Als weiteres Element einer lebensphasenorientierten Arbeitszeitgestaltung werden Langzeitkonten bzw. Lebensarbeitszeitkonten vorgeschlagen, wie sie in einigen Tarifbereichen bereits vereinbart sind.
Noch fehlen Erfahrungswerte über das An- und Entsparen von Langzeitguthaben. Vorstellbar ist, dass Langzeitguthaben nicht nur für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben, sondern auch für reduzierte Arbeitszeiten in der Altersphase genutzt werden. Denkbar ist aber auch, dass sie vorzeitig immer wieder angezapft werden, um Weiterbildungsaktivitäten zu ermöglichen, um die Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern. Zu berücksichtigen ist ferner, dass nicht alle Beschäftigtengruppen gleichermaßen in der Lage sind, größere Zeitguthaben zu bilden. Vor allem Frauen leisten durchschnittlich weniger Überstunden und verfügen deshalb über ein geringeres Zeitsparpotenzial als Männer. Und überall dort, wo aufgrund ungünstiger Arbeitszeitlagen wie nachts oder in Wechselschicht der Belastungsgrad bereits bei gegebener Regelarbeitszeit hoch ist, sind längere Arbeitszeiten kontraproduktiv. Unter diesen Bedingungen kommen für das Ansparen von Zeitguthaben eher die in Zeit umwandelbaren Geldzuschläge in Frage.
Einige weitere Elemente eines lebensphasenorientierten Modells existieren bereits in rudimentärer Form. Sie räumen den Beschäftigten einen gewissen Spielraum für Arbeitszeitoptionen ein. Hierzu gehört das Teilzeit- und Befristungsgesetz, das allerdings keinen Rechtsanspruch auf Rückkehr zu Vollzeitarbeit bietet. Die Optionen sind asymmetrisch. Darüber hinaus sehen einige Tarifverträge reduzierte Arbeitszeiten für Ältere vor, die entweder in Form einer altersgestaffelten Reduktion der Wochenarbeitszeit vereinbart sind (chemische Industrie und im Kraftfahrzeuggewerbe) oder zusätzlichen Urlaub oder freie Tage (öffentlicher Dienst, Hotel- und Gaststättengewerbe) bieten. Nur ein Teil dieser Regelungen ist einkommensneutral und schmälert nicht die Rentenbezüge. Der zuvor skizzierte Vorschlag einer öffentlich subventionierten Wahlarbeitszeit zielt darauf, diese Schwachstelle auszugleichen.
Als weiteres Element ließe sich folgender Vorschlag in das Konzept der lebensphasenorientierten Arbeitszeitgestaltung integrieren: Er basiert auf dem Prinzip des Freizeitausgleichs, das das dominierende Prinzip der Geldzuschläge ganz oder teilweise ersetzen sollte. Dieser Ansatz stellt den Präventionsaspekt in den Vordergrund. Ziel ist es, Belastungen durch lange und ungünstige Arbeitszeiten zu verringern, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten und damit den längeren Verbleib im Erwerbsleben zu sichern. Als Nebeneffekt verspricht dieser Ansatz positive Beschäftigungswirkungen. Verschiedene Varianten sind in der Diskussion und vereinzelt bereits auch in Anwendung:
Belastungen infolge langer (Überstunden) und ungünstiger Arbeitszeiten während der Nacht und im Wechselschichtrhythmus ließen sich reduzieren, würde man die für diese Arbeitszeitformen gezahlten Geldzuschläge in entsprechenden Freizeitausgleich umwandeln. Für die Unternehmen wäre das Prinzip des Freizeitausgleichs weitgehend kostenneutral. Die betroffenen Beschäftigten tauschen Geld gegen Freizeit, Belastungen gegen Regeneration. In der langfristigen Perspektive ist ein neutraler oder sogar positiver Einkommenseffekt keineswegs ausgeschlossen. Hiermit ist zu rechnen, wenn eine sozialverträgliche Arbeitszeitgestaltung dazu beiträgt, die Gesundheitskosten und Kosten aufgrund von Erwerbsminderung zu reduzieren, den Verbleib im Erwerbsleben zu verlängern und dadurch das Lebensarbeitseinkommen zu steigern. Vereinzelt bieten Betriebe bereits Möglichkeiten, die Zuschläge für Nacht-, Wochenend- und Mehrarbeit auf Zeitkonten zu buchen und in Form zusätzlicher freier Tage zu nutzen.
Das Prinzip des Zeitausgleichs hat allerdings eine Kehrseite. Bleibt das Gesamtvolumen der nachts oder im belastenden Wechselschichtrhythmus geleisteten Arbeitsstunden konstant, werden zusätzliche Arbeitskräfte benötigt. Die individuellen Belastungen nehmen ab und verteilen sich zu Lasten einer steigenden Zahl an Personen, die diesen Arbeitszeiten ausgesetzt sind. Positiv zu Buche schlagen erhöhte Beschäftigungswirkungen infolge kostenneutral verkürzter Arbeitszeiten.
Fazit
Ohne eine umfassende Neugestaltung der Arbeitszeit werden sich die Voraussetzungen für einen durchschnittlich deutlich späteren Renteneintritt nicht grundlegend ändern. Eine alternsgerechte Arbeitszeitpolitik kann einen wesentlichen Beitrag dazu liefern, Belastungen zu reduzieren und die Arbeitsfähigkeit nachhaltig zu verbessern. Primär geht es darum, den Trend zu längeren Arbeitszeiten zu stoppen und möglichst umzukehren, zeitnahe Ausgleiche für kurzfristig längere Arbeitszeiten zu organisieren und vor allem belastungsärmere Modelle für Schicht- und Nachtarbeit einzuführen. Einen Ansatzpunkt bieten kürzere Arbeitszeiten nach dem Prinzip des Zeitausgleichs an Stelle der bisherigen monetären Zuschläge. In weitergehende Überlegungen sind natürlich auch Zeiten für berufliche Weiterbildung einzubeziehen.
Da die Arbeitsfähigkeit nicht allein von der Arbeitszeit beeinflusst wird und sich auch zukünftig nicht sämtliche Belastungsfaktoren werden ausschalten lassen, werden Arbeitszeit- und Beschäftigungspolitik nicht auf Exit-Optionen verzichten können. Denkbar sind differenzierte Ansätze, die bei spezifischen Belastungsfaktoren wie langjähriger Nacht- und Schichtarbeit vorzeitigen abschlagfreien Renteneintritt oder verminderte Arbeitszeiten ab bestimmter Altersgrenzen ermöglichen. Dabei bieten sich Kombinationen mit der Teilrente an. In Frage kommt auch die vorgestellte modifizierte Altersteilzeit. Ähnlich wie bei der Altersteilzeit bietet es sich an, öffentliche und tarifliche Leistungen zu kombinieren.