Als in der Nacht zum 21. August 1968 Kampftruppen aus der Sowjetunion, Bulgarien, Ungarn und Polen die Grenzen zur Tschechoslowakei überschritten, wurde ein ehrgeiziges Experiment gewaltsam beendet: der reformkommunistische Umbau einer Staats- und Gesellschaftsordnung mit Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit.
Alexander Dubceks "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" hatte nicht nur im Ostblock Hoffnungen geweckt, die Machthaber im Kreml indes alarmiert. Reformgegner im Politbüro der KPC baten schließlich die Bruderländer um "allseitige Hilfe". Die als "Normalisierung" bezeichnete Phase mündete in die Restauration der realsozialistischen Verhältnisse. Erst zur Zeitenwende 1989/90 brachen sich die Ideen des "Prager Frühlings" von 1968 wieder Bahn. Doch für einen neuen Anlauf war es zu spät. Die "Samtene Revolution" beendete alle Vorstellungen von einem "Dritten Weg". Die Tschechoslowakei zerfiel in zwei unabhängige Staaten, die im Mai 2004 der Europäischen Union beitraten.
Die historische Erinnerung an die Ereignisse vor 40 Jahren ist in Tschechien wie in der Slowakei stark von der Vorstellung geprägt, es habe sich vor allem um einen innerkommunistischen Machtkampf gehandelt, der die Agonie des Sowjetimperiums hinauszögerte. Das blutige Ende des Frühlings in Prag markiert in erster Linie den Abschied von allen Illusionen über die Reformierbarkeit des Staatssozialismus sowjetischer Prägung. Eine Generation Intellektueller in der DDR war entsetzt, hatte doch die SED am schärfsten auf eine militärische Beendigung der "Konterrevolution" gedrängt. Mit guten Gründen ist den Reformern von damals als Freiheitsrevolutionären zu gedenken, denen ein Platz im gesamteuropäischen Gedächtnis gebührt.