Einleitung
Im Jahr 1977 veröffentlichte der britische Soziologe Jeremy Tunstall das Buch "The Media are American". Während in Europa viele technische und kulturelle Innovationen im Bereich der Massenmedien stattfanden, wurden diese in den USA erfolgreich industrialisiert - war das Hauptargument des Autors. Rund 30 Jahre später, nämlich 2008, erschien nun Tunstalls Buch "The Media were American". Die Kernthese dieses Buchs lautet, dass sich seit den 1980er Jahren so viel im Hinblick auf Medien in ihrem globalen Kontext geändert hat, dass das Argument, die Medien seien amerikanisch, nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. So hat man eine Zunahme kulturübergreifender Kommunikation - kurz: transkultureller Kommunikation
In der Fernsehserienproduktion haben beispielsweise Lateinamerika (durch die dortigen Telenovelas) oder Europa (mit seinen Fernsehformaten wie Big Brother oder Who wants to be a Millionaire) bzw. Indien (mit seiner Filmproduktion) gegenwärtig international einen größeren Stellenwert als amerikanische Produkte in diesen Ländern. Eine besondere Rolle spricht Jeremy Tunstall allerdings digitalen Medien (WWW, E-Mail, Mobiltelefon etc.) zu, wenn er formuliert: "Telecommunications (not mass media) has the most global potential - since the Internet, consumer credit, and plain old phone calls use telecommunications networks."
Globalisierung der Medienkommunikation
In diesem Beitrag möchte ich die bemerkenswerte Entwicklung, auf die Tunstall hier Bezug nimmt, zum Ausgangspunkt nehmen, um auf Herausforderungen der Globalisierung der Medienkommunikation und der transkulturellen Kommunikation einzugehen. Die einleitenden Bemerkungen machen dabei deutlich, dass ich 'neue Medien' und 'Internet' nicht isoliert betrachten möchte, sondern im Ensemble mit den 'traditionellen' Medien. Dahinter steht der Gedanke, dass sich unsere alltägliche Aneignung von Medien nicht auf Einzelmedien bezieht, sondern dass wir beispielsweise im Internet die Webseiten zu Big Brother in Bezug auf die gleichnamige Fernsehsendung nutzen oder wir uns per E-Mail oder am (Mobil)Telefon sowohl über unseren Alltag als auch über die Inhalte einer letzten Soap Opera oder Nachrichtensendung austauschen. Wir können also die digitalen Medien weder losgelöst von unserem weiteren Handeln noch von weiteren traditionellen elektronischen Medien sehen. Dies trifft gerade dann zu, wenn wir uns für soziale Beziehungen interessieren, für die Medienkommunikation ja nur ein Aspekt ist.
Doch was können wir uns genau unter 'Globalisierung der Medien' und 'transkulturelle Kommunikation' vorstellen? Wenn wir mit dem Ausdruck Globalisierung der Medien(kommunikation) beginnen, so helfen die zitierten Überlegungen von Jeremy Tunstall bereits weiter. Fasst man seine Argumente im Kern zusammen, so bedeutet Globalisierung mit Bezug auf Medien nicht, dass hier einzelne (beispielsweise amerikanische) Medien(konzerne) 'die Welt kontrollieren'. Eher geht es um 'Vernetzung' oder 'Konnektivität durch Medienkommunikation'. Entsprechend können wir Globalisierung der Medienkommunikation verstehen als den vielschichtigen Prozess einer fortschreitenden Zunahme weltweiter Kommunikationsbeziehungen.
Bei einer Betrachtung von transkultureller Kommunikation geht es nun um eine Auseinandersetzung mit kulturübergreifenden Kommunikationsbeziehungen in diesem zunehmend globalen Kommunikationsnetzwerk. Dass hierbei nicht einfach von interkultureller oder internationaler Kommunikation gesprochen wird, verweist darauf, dass mit der Globalisierung der Medienkommunikation verschiedene Kommunikationsräume entstanden sind, die sich gerade nicht auf Staaten oder Nationalkulturen herunterbrechen lassen. Exemplarisch kann man hier an den Kommunikationsraum Europa denken - der, sofern man in ihm eine transnationale europäische Öffentlichkeit ausmacht, zentral für die Legitimation der EU bei den Bürgerinnen und Bürgern ist. Oder man kann an den Kommunikationsraum von Diaspora-Gemeinschaften denken, also von Migrantinnen und Migranten, die über verschiedene Länder hinweg verstreut leben und eine eigenständige Vergemeinschaftung ("Deutschtürken", "britische Asiaten" usw.) bilden. 'Transkulturell' hebt an dieser Stelle also darauf ab, dass kulturelle Kommunikationsräume jenseits traditioneller Nationalkulturen betrachtet werden, die transnational sein können (beispielsweise den Kommunikationsraum Europas), aber auch von Nationen abkoppelnde kulturelle Phänomene (Diasporagemeinschaften).
Wie zentral eine Beschäftigung mit solchen Fragen der transkulturellen Kommunikation ist, verdeutlichen die genannten Beispiele: In der Politik wie auch in der Ökonomie haben wir seit vier Jahrzehnten eine fortschreitende Europäisierung. Gleichzeitig wird der Entwicklung einer europäischen Öffentlichkeit aber eine deutliche Trägheit unterstellt.
Doch wie will man solche komplexen Zusammenhänge systematisch betrachten? Eine Möglichkeit ist, bei den Vergemeinschaftungen als dauerhafte soziale Beziehungen selbst anzusetzen - Nationalgemeinschaften, Migrationsgemeinschaften etc. -, denen wir uns zugehörig fühlen. Durch Medien ist es allgemein einfacher geworden, solche Vergemeinschaftungen 'translokal' - also über den eigenen lokalen Lebenskontext hinaus - aufrechtzuhalten. Dadurch, dass medienvermittelte translokale Kommunikationsräume durch die nationalen Sendegebiete des Rundfunks und nationalen Verbreitungsgebiete von Zeitungen bis in die 1970er Jahre hinein insbesondere national-territorial waren, galt und gilt für viele Menschen die Nation bis heute als die zentrale translokale, unter anderem durch Medien vermittelte Vergemeinschaftungsform. Mit der Globalisierung der Medienkommunikation ist diese Situation allerdings wesentlich komplexer geworden. Dies lässt sich anhand von Abbildung 1 veranschaulichen (vgl. PDF-Version).
Abbildung 1 verdeutlich, dass zwar auch in Zeiten der Globalisierung von Medienkommunikation die Nation eine entscheidende Bezugsgröße bleibt. Das betrifft insbesondere den Bereich der politischen Kommunikation, in dem territoriale Nationalstaaten ein nach wie vor zentraler Referenzpunkt für politische Entscheidung sind. Daneben haben aber auch andere Formen der translokalen Vergemeinschaftung an Relevanz gewonnen. Hierunter finden sich auch die bereits angeführten Beispiele, nämlich zum einen die EU als Nationenbund und der ihr entsprechende Kommunikationsraum, zum anderen die Migrationsgemeinschaften der Diaspora: Gruppen, die trotz ihrer Verstreuung über verschiedene Territorien eine (nicht selten medial vermittelte) gemeinsame ethnische Identität wahren. Um einen tieferen Einblick in Fragen der transkulturellen Kommunikation zu erhalten, sollen im Weiteren beide Beispiele näher betrachtet werden.
Transkulturelle Großregion: Europäische Öffentlichkeit als Beispiel
Kontextualisiert man das Beispiel Europas weiter im Hinblick auf Fragen der Globalisierung von Medienkommunikation, so wird - jenseits aller bestehenden Besonderheiten Europas - ein Muster deutlich: Mit der Globalisierung geht weniger die Etablierung einer 'Weltkommunikation' oder 'Weltöffentlichkeit' einher, wie es manche Theoretiker vermuten,
Doch wie konkretisiert sich transkulturelle Kommunikation innerhalb solcher Großregionen? Will man diese Frage beantworten, so wird es notwendig, einzelne Großregionen im Detail anzuschauen. Dies möchte ich im Weiteren in Bezug auf den Kommunikationsraum Europa tun und dies weiter konkretisieren, nämlich im Hinblick auf die öffentliche europäische politische Kommunikation - kurz: im Hinblick auf die Etablierung einer transnationalen europäischen Öffentlichkeit. Die Ergebnisse der empirische Forschung, auf die ich mich dabei stütze, werden im Rahmen des Forschungsprojekts "Die Transnationalisierung von Öffentlichkeit am Beispiel der EU" erhoben, das Teil des Bremer Sonderforschungsbereichs "Staatlichkeit im Wandel" ist.
Insgesamt weisen unsere Forschungsergebnisse auf den widersprüchlichen Befund einer segmentierten europäischen Öffentlichkeit hin. Konkret wird diese in einer standardisierten inhaltsanalytischen Auswertung der Meinungsbeiträge (Leitartikel, Kommentare, Kolumnen, Gastbeiträge, Interviews und sonstige Beiträge mit meinungsbezogenem Inhalt) führender Qualitätszeitungen aus den Ländern Deutschland (FAZ), Großbritannien (The Times), Frankreich (Le Monde), Österreich (Die Presse) und Dänemark (Politiken). Die Inhaltsanalyse umfasst den Zeitraum von 1982 bis 2003, wobei in Siebenjahresintervallen je zwei künstliche Wochen der Berichterstattung ausgewertet wurden. Die Kodierung erfolgte im Hinblick auf (a) die Thematisierung nationaler, europäischer und darüber hinausgehender inter-/supranationaler Institutionen bzw. die Aufmerksamkeit, die diese genießen; (b) die wechselseitige Beobachtung der Untersuchungsländer; (c) die Herkunft der Sprecher sowie (d) die Wir-Bezüge als Indikatoren von geteilter kollektiver Identität.
Im Kern fasst die Formulierung "segmentierte europäische Öffentlichkeit" den Befund, dass sich zwar eine transnationale europäische Öffentlichkeit konstituiert, diese aber gleichwohl über die höheren kommunikativen Verdichtungen nationaler Öffentlichkeiten stark segmentiert bleibt. Die Befunde im Einzelnen werden im Folgenden in Stichpunkten formuliert (vgl. Abbildung 2 der PDF-Version).
1. Brüssel beobachten: Für den Untersuchungszeitraum lässt sich zeigen, dass sich die öffentliche Aufmerksamkeit für EU-Politik über alle Untersuchungsländer hinweg von 2 auf 9 Prozent der meinungshaltigen Artikel verdreifacht hat. Gleichzeitig bleibt der Fokus auf nationale Politik bei rund 35 Prozent konstant, der Fokus auf weitergehende internationale Politik sinkt leicht von 15 auf gut 10 Prozent. Wenn man weitere Befunde wie die steigende Thematisierung von EU-Politiken als Nebenthema einbezieht, so lässt sich argumentieren, dass sich durch einen ,geteilten Blick` nach Brüssel eine transnationale Öffentlichkeit konstituiert. Im Vergleich dazu fällt allerdings auch auf, dass der nationale Selbstbezug einen deutlich höheren und auch konstanten Stellenwert hat. Die Transnationalisierung von Öffentlichkeit führt also nicht zu einem "Abbau" nationaler Öffentlichkeit.
2. Grenzüberschreitend diskutieren: Ein anderer Befund ergibt sich, wenn man in den Vordergrund rückt, wie sich die wechselseitige Beobachtung der nationalen Öffentlichkeiten in den verschiedenen Zeitungen artikuliert. Hier zeigt sich in der Inhaltsanalyse, dass bis 2003 keine Zunahme der Diskussion über andere europäische Länder in den meinungshaltigen Artikeln zu verzeichnen war (ca. 20 Prozent gegenüber ca. 50 Prozent Berichterstattung über das eigene Land). Ähnliche Aussagen (auch im Hinblick auf Prozentanteile) können für den Bezug auf Meinungen und Positionen von Sprechern aus anderen europäischen Staaten gemacht werden. Letztlich ist über diesen Befund das Konzept der Segmentierung europäischer Öffentlichkeit hergeleitet: Während der "Blick nach Brüssel" zunimmt, stagniert der 'Austausch' untereinander.
3. Mit Europa identifizieren: Eine Analyse der Repräsentation von Identität in der Meinungspresse mittels standardisierter inhaltsanalytischer Verfahren ist methodisch nicht unproblematisch. Eine mögliche Operationalisierung besteht in der Auswertung von Wir-Bezügen im Hinblick einerseits auf die eigene Nation, andererseits auf Europa, das heißt die Selbstpositionierung der Sprecher entweder als Angehörige einer Nation oder als Europäer. Hier lassen sich im Untersuchungszeitraum geringfügige Veränderungen einer leichten Abnahme nationaler Wir-Bezüge (von ca. 43 auf 37 Prozent) bei einer gleichzeitigen leichten Zunahme europäischer Wir-Bezüge (von unter einem auf ca. 5 Prozent) ausmachen. Die Tendenz der Entwicklung einer europäischen Identität ist - zumindest im Hinblick auf die Wir-Bezüge in der untersuchten Meinungsberichterstattung - also nur gering ausgeprägt.
Der bereits angeführten fortschreitenden Europäisierung von Wirtschaft und Politik geht folglich nicht in gleichem Maße mit der Entstehung einer transnationalen europäischen Öffentlichkeit einher. Um das in der Segmentierung europäischer Öffentlichkeit aufscheinende Beharrungsvermögen nationaler Öffentlichkeiten im Bereich politischer Kommunikation zu erklären, wird in der Forschung auf soziokulturelle Differenz verwiesen, oder wie es Bernhard Peters formuliert: "Öffentlichkeiten haben einen sozialen und kulturellen Unterbau, der nicht allein aus Medienmärkten und Medienorganisationen besteht."
Deterritoriale Vergemeinschaftungen: Das Beispiel kommunikativer Mobilität in Diasporas
Das zweite Beispiel für Prozesse transkultureller Kommunikation - die Medienkommunikation in Migrationsgemeinschaften der Diaspora - ist gänzlich anders gelagert, erscheint aber ebenso zentral für ein Verständnis der Globalisierung der Medien bzw. der transkulturellen Kommunikation. Innerhalb der bisherigen Migrationsforschung standen Massenmedien im Hinblick darauf im Zentrum, welchen Beitrag sie für die ,Integration von Migranten in Nationen leisten.
1. Transmedialität der Vernetzung: Von uns bisher geführte qualitative Interviews und qualitative Netzwerkkarten - Zeichnungen, wie Migrantinnen und Migranten ihre kommunikative Vernetzung mit digitalen Medien selbst sehen (Abbildung 3) - zeigen, dass aus dem Blickwinkel der Befragten unterschiedliche Gruppen von Kommunikationspartnern der zentrale Bezugspunkt der kommunikativen Vernetzung sind. Es geht um deren persönliche Kommunikationsnetzwerke, nicht um die Grenzen unterschiedlicher Medien. Die kommunikative Konnektivität zu den unterschiedlichen Gruppen von Menschen ist transmedial in dem Sinne, dass sie über verschiedene Medien realisiert wird. Einzelne Medien haben hierfür unterschiedliche Potenziale.
So werden unterschiedliche Medien dazu verwendet, verschiedene Aspekte lokaler Mobilität zu gestalten. Beispielsweise werden E-Mail, WWW und das Telefon tendenziell dazu gebraucht, biografische lokale Mobilität (örtliche Mobilität im Lebensverlauf) zu managen: Diese Medien machen es einfacher, auch bei bestehenden räumlichen Distanzen insbesondere mit Familienmitgliedern und Freunden in Kontakt zu bleiben, entweder auf der Ebene personaler Kommunikation (E-Mail, Telefon) oder auf der Ebene von gemeinschaftsbezogener Kommunikation (beispielsweise über so genannte WWW-Ethno-Portale). Zusammen mit dem Medium E-Mail erscheint das Mobiltelefon als das Medium, mit dem situative lokale Mobilität (örtliche Mobilität im Tages-, Wochen- und Monatsverlauf) gemanagt wird, indem es die Möglichkeit eröffnet, direkt mit Leuten in Kontakt zu sein während man in Bewegung ist. Eine weitreichende lokale Mobilität, wie wir sie bei Migrantinnen und Migranten finden, wird erleichtert durch die Aneignung verschiedener Medien, um eigene Kommunikationsnetzwerke und damit auch Vergemeinschaftungen translokal aufrecht halten zu können.
2. Druck kommunikativer Mobilität: Wenn wir die unterschiedlichen, von uns bisher untersuchten Fälle vergleichen, bekommen wir einen erstaunlichen Einblick, erfahren, was Druck zur kommunikativen Mobilität heißt. Es fällt auf, dass jede interviewte Person seine oder ihre eigene Motivation, digitale Medien und hierin insbesondere das Mobiltelefon zu besitzen, als durch andere vermittelt beschreibt. Bei diesen kann es sich um die unmittelbare Familie handeln - die gerade in Migrantengruppen nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Druck kann aber auch etwa von Mitgliedern der Migranten-Hip-Hop-Jugendkultur kommen oder aus dem beruflichen Umfeld.
Wenn wir diese Ergebnisse auf unsere Überlegungen zur kommunikativen Mobilität rückbeziehen, wird deutlich, in welchem Maße die Aneignung des Mobiltelefons an lokale Mobilität gebunden ist. Hier geht es zuerst einmal um ganz allgemeine Aspekte, wie den, dass das heutige Berufsleben zunehmend durch Mobilität und die damit verbundene Notwendigkeit der Erreichbarkeit in Bewegung gekennzeichnet ist. Darüber hinaus scheinen aber auch weitere Aspekte des Drucks kommunikativer Mobilität für die interviewten Angehörigen der türkischen Diaspora zu bestehen, die mit deren kultureller Zugehörigkeit zusammenhängen: Das Mobiltelefon ist für diese auch eine Technologie, die es ihnen ermöglicht, mit der Familie bzw. (Migranten-)Jugendkultur in einer intensiven kommunikativen Verbindung zu bleiben - und ein gewisser Druck dazu wird in diesem kulturellen Kontext mit dem Mobiltelefon verbunden. Insgesamt kommt dem Verbunden-Sein durch das Mobiltelefon eine wichtige Rolle im Alltagsleben der von uns Befragten zu. Digitale Medien sind als Technologien gerade auch verbunden mit der Erwartung, innerhalb von Diaspora-Gemeinschaften kommunikativ vernetzt zu sein, in denen biografische Mobilität wie auch lokale Mobilität vergleichsweise hoch sind.
3. Segmentierte kommunikative Vernetzung: Im Hinblick auf Gesamtfragen der kommunikativen Vernetzung verweisen die Ergebnisse unserer bisherigen Forschung darauf, welchen Stellenwert kommunikative Mobilität für jeden der Interviewten hat: Sie wollen in Verbindung bleiben, insbesondere mit ihren Freunden, Familien und anderen Mitgliedern ihrer Diaspora, die verstreut über Deutschland und andere Länder leben. Mit verschiedenen digitalen Medien wird dieses in Verbindung bleiben zunehmend einfach gestaltbar.
Vor diesem Hintergrund können wir - und dies ist der Punkt, der an dieser Stelle insbesondere interessiert - die oben bereits angesprochenen Tendenzen zu einer Segmentierung der kommunikativen Vernetzung ausmachen. Gemeint ist damit, dass die kommunikative Vernetzung nicht fokussiert ist auf einen globalen Kosmopolitismus, der als (eine) mögliche Folge einer gerade mit den digitalen Medien fortschreitenden Globalisierung der Medienkommunikation gerne diskutiert wird.
Folgerungen: Herausforderungen transkultureller Kommunikation
Wie lassen sich nun solche unterschiedlichen Forschungsergebnisse, wie sie bisher referiert wurden, insgesamt einordnen? Sie verweisen zunächst einmal auf die Komplexität gegenwärtiger transkultureller Kommunikationsbeziehungen: Es reicht nicht mehr aus, sich damit auseinanderzusetzen, wie durch Medien eine kommunikative Integration in einen Nationalstaat erfolgen kann bzw. wie zwischen Nationalstaaten kommuniziert wird. Mit der Globalisierung der Medienkommunikation haben wir vielfältige transkulturelle Kommunikationsbeziehungen, die es in ihrem Kontext kritisch zu betrachten gilt. Dabei haben wir gesehen, dass es in Bezug auf Vergemeinschaftung nicht sinnvoll ist, digitale Medien isoliert zu betrachten. Wir kommen weiter, wenn wir deren Analyse in die Auseinandersetzung mit anderen Medien einbetten. Oder bezogen auf den Titel des Themenhefts "Neue Medien - Internet - Soziale Beziehungen" formuliert: In dem Moment, wo wir Fragen der "sozialen Beziehungen" im Hinblick auf die Globalisierung der Medien in den Fokus rücken, sind wir gezwungen, die Betrachtung neuer Medien und des Internets weiter zu kontextualisieren.
Die bisherigen Argumente verweisen aber auch auf konkrete Herausforderungen, die es im Hinblick auf transkulturelle Kommunikation geben (kann). So besteht eine grundlegende Herausforderung darin, existierende kulturübergreifende Kommunikationsbeziehungen in ihrer Vielfalt ernst zu nehmen und zu erfassen. Dabei hat transkulturelle Kommunikation ein großes Potenzial, ist doch mit ihr die Möglichkeit verbunden, kulturenübergreifende Kommunikationsräume zu schaffen. Diese bieten beispielsweise - etwa in Bezug auf die europäische Öffentlichkeit - Möglichkeiten transkultureller Verständigung oder - in Bezug auf Diasporas - die Möglichkeit der Stabilisierung ethnischer Vergemeinschaftung, während man selbst in Bewegung sind. Umgekehrt kann transkulturelle Kommunikation aber auch Probleme bereiten - angefangen von (einfachen) Missverständnissen bis hin zu ausgewachsenen (Kommunikations)Konflikten. Ein prominentes Beispiel hierfür war im Jahr 2006 die Karikaturen-Serie "Muhammeds ansigt" ("Das Gesicht Mohammeds") in der dänischen Tageszeitung "Jyllands-Posten", die - verbreitet über ein im Internet und persönliche Netzwerke zirkulierendes Dossier - in verschiedenen muslimischen Ländern, aber auch in Europa Proteste auslöste. An diesem Beispiel wird das Konfliktpotenzial deutlich, das dadurch entsteht, dass auch an regionale bzw. nationale Publika adressierte Medienprodukte prinzipiell transkulturell verfügbar sind. Gerade solche Konflikte zeigen uns, dass wir Medienkommunikation nicht (mehr) in einem engen nationalen Rahmen denken dürfen. Vielmehr ist ein sorgfältiger Blick auf transkulturelle Kommunikation notwendig, wenn man den mit der Globalisierung der Medien einhergehenden Herausforderungen angemessen begegnen möchte.