Einleitung
Auch wenn viele Beobachter es anders einschätzten: Das eigentliche Problem des Kurswechsels in der Außen- und Europapolitik unter der rot-grünen Koalition lag keinesfalls ausschließlich im politischen Stil und der Antikriegshaltung der Bundesregierung während des Irak-Krieges. Gewiss, die Methode, mit der Bundeskanzler Gerhard Schröder diesen Kurswechsel während dieser Krise einleitete und das transatlantische Verhältnis auf eine neue, gleichberechtigte Basis zu stellen suchte, entsprach kaum den gewohnten diplomatischen Usancen in den bilateralen Beziehungen. Doch sein am 13. September 2002 vor dem Parlament formulierter Anspruch, über die "existentiellen Fragen der deutschen Nation" - also auch und gerade über die Frage von Krieg und Frieden - in Berlin zu entscheiden, signalisierte das gewandelte Selbstverständnis der Republik und stellte es zugleich als logische und überfällige Konsequenz aus der fundamental geänderten weltpolitischen Lage Deutschlands und Europas seit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch der alten Weltordnung dar.
Seit den Tagen Konrad Adenauers war zwar im europäischen Einigungsprogramm stets auch eine latente bis offene Ambivalenz gegenüber den USA angelegt. Immer waren die Regierungen aber gleichsam um einen annähernden Gleichklang zwischen Europa- und Amerikapolitik bemüht. Mit dem Zusammenbruch der alten Ordnung wurden jedoch zwangsläufig auch das Ende des transatlantischen Zeitalters und der Beginn einer neuen ordnungspolitischen Rolle Deutschlands in Europa eingeläutet. Auch wenn die anfängliche Furcht vor der dominanten Zentralmacht schon bald der Sorge um den kriselnden Patienten Europas wich, wurde von der Bundesrepublik nunmehr eben auf Grund ihrer geographischen Lage, Größe und Wirtschaftskraft umso mehr die Übernahme einer entsprechenden Führungsrolle als europäische Mittelmacht auch in globalen Fragen erwartet.
Nationale Interessen als globale Interessen
Wird Deutschland diesem Anspruch bislang gerecht? Und wenn ja, heißt dies, dass deutsche Außenpolitik damit zwangsläufig ziel- und interessenorientierter wird? Zu den vermeintlichen Paradoxien deutscher Außenpolitik gehört es zunächst, trotz völlig veränderter Rahmenbedingungen an den Leitlinien der erfolgreichen bundesdeutschen Außenpolitik festhalten zu wollen.
Allenfalls das transatlantische Verhältnis als Mittel zur Bestimmung des "deutschen Interesses" hat sich zwar nicht überholt, aber doch zumindest insofern relativiert, als sich die Grundlagen für die Beziehungen seit 1989/90 tatsächlich fundamental verändert haben. Die sonstige Bilanz der Regierungen Helmut Kohl und Gerhard Schröder sieht so aus, dass Deutschland nicht nur plausible Interessen formuliert, sondern durchaus auch (mit) durchgesetzt hat; dies gilt insbesondere für die Prozesse der Vertiefung und Erweiterung der EU, es gilt aber auch - bedingt - für die Beiträge auf dem Balkan, nachdem das Bundesverfassungsgericht 1994 den Weg frei gemacht hatte für "out-of-area"-Einsätze der Bundeswehr bei Zustimmung des Bundestages, sowie später zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und im Rahmen der Konsolidierung der Nachkriegsgesellschaft in Afghanistan.
Die Frage ist nur: Inwieweit sind die aus den globalen Herausforderungen und Bedrohungszusammenhängen heraus formulierten Interessen tatsächlich plausibel und angemessen im Sinne einer für Deutschland unmittelbaren Betroffenheit? Oder ist die deutsche Außenpolitik mit der sukzessiven Ausweitung ihres geostrategischen Aktionsradius zur Unterstützung von internationalen Friedensmissionen dazu übergegangen, deutsche Interessen stillschweigend mit globalen Interessen gleichzusetzen? Die heutige Beteiligung der Bundeswehr an dem so genannten Hybrideinsatz von Vereinten Nationen (UN) und Afrikanischer Union in Darfur, an den UN-Militärbeobachtermissionen in Südsudan (Unmis), Georgien (Unomig) und Äthiopien (Unmee) sowie an der UN-Truppe im Libanon (Unifil), schließlich das deutsche Engagement in den NATO-geführten Missionen unter UN-Mandat im Kosovo (Kfor, 2230 Soldaten) und in Afghanistan (Isaf, derzeit 3825 Soldaten), unterstreichen zwar den Willen zur Übernahme von globaler Verantwortung, zeugen aber von diesem Dilemma. In einer Welt, in der sich plausibel Szenarien konstruieren lassen, in denen asymmetrische (vor allem terroristische) Bedrohungen, damit verbundene Prozesse des Staatszerfalls und der Auflösung von Macht auch die deutsche Sicherheit bedrohen (können), wird es zunehmend schwieriger, außenpolitische Prioritäten zu definieren und die internationale Ordnung im Sinne eigener Interessen zu beeinflussen. Dies gilt gleichermaßen für andere Staaten, deren Interessen in der Regel identisch oder kompatibel mit denen Deutschlands sind und die, selbst im Falle der USA, ebenso wenig in der Lage sind, diese autonom durchzusetzen.
Das Ergebnis ist, dass sich auf diese Weise die deutschen Interessen an sicherheitspolitischen Zielen orientieren, anstatt umgekehrt. Eben dies verrät der Hinweis des neuen Verteidigungsweißbuchs aus dem Jahr 2006, wonach die Bundeswehr als Armee im Einsatz definiert und für die Wahrnehmung deutscher Interessen die permanente Berücksichtigung der Entwicklung in "Gemeinschaften und Bündnissen", also des globalen "Gemeinwohls" gefordert wird.
Unabhängig davon zwingen die Rechtfertigungsnöte, die aus dieser Unsicherheit im internationalen System heraus entstehen, die deutsche Außenpolitik zunehmend zu einem stärkeren Kosten-Nutzen-Denken. Bedingt durch eine mehrheitlich kritische Öffentlichkeit in Bezug auf die deutsche Beteiligung an Militäreinsätzen hat Deutschland sein finanzielles Engagement in Krisengebieten mittlerweile erheblich reduziert.
Rückwirkungen auf die Europapolitik
Dies gilt auch auf europäischer Ebene: Gerhard Schröder hatte sich bereits vor dem EU-Gipfel in Nizza im Jahr 2000 das französische Konzept von der "Macht Europa" ("Europe puissance") zu eigen gemacht und für eine gemeinsame europäische Antwort auf die globalen Herausforderungen in Form verstärkter deutsch-französischer (und nach Möglichkeit eben auch erweiterter intergouvernementaler) Anstrengungen bei der sicherheits- und verteidigungspolitischen Kooperation plädiert. Eine Entsprechung fand dieser verstärkte, erweiterbare Bilateralismus auf gesamteuropäischer Ebene durch Berlins starke Personalisierung vor allem der Russland-Politik in dieser Phase. Mit dieser doppelten Fixierung auf die "Großen", welche im Falle Frankreichs durch die Beschädigung der deutsch-amerikanischen Beziehung geradezu zwangsläufig verstärkt wurde, weckte die Regierung nicht nur unter "Altmitgliedern" wie Italien, Spanien oder Großbritannien, sondern auch und vor allem bei den "Neumitgliedern" größtes Unbehagen und historisch belastete Assoziationen. Die Angst vor einem deutsch-französischen Direktorium, das in Europa die Richtung vorgeben wolle, und einer möglichen Verlängerung der Achse nach Moskau, wie sie sich im Irak-Konflikt abzeichnete, löste unter den mittel- und osteuropäischen Ländern antihegemoniale Reflexe aus - erst recht, als das exklusive deutsch-russische Vorhaben einer gemeinsamen Gasleitung durch die Ostsee bekannt wurde. Auch in Washington gab es den Verdacht, Paris und Berlin arbeiteten an einer Gegenpolbildung zur amerikanischen Macht. Befördert wurden solche Bedenken durch das Bestreben der Bundesregierung, in den Verhandlungen zum Vertrag über eine Verfassung für Europa die Rolle Deutschlands in der EU zu stärken. Mit der Idee der Aufwertung des Europäischen Rates und des Prinzips der "doppelten Mehrheit" für Mehrheitsvoten im Ministerrat entstand der Eindruck, dass Deutschland gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien versuche, die Kommission faktisch als verlängerten Arm des Europäischen Rates zu instrumentalisieren. Die Bundesregierung knüpfte damit an ihre Grundhaltung während der ersten deutschen Ratspräsidentschaft an, als sie ihre Amtszeit mit Forderungen nach einer Reduzierung des deutschen EU-Haushaltsbeitrages begann, die Altautorichtlinie ein halbes Jahr lang blockierte und deutsche Europaparlamentarier unter Druck setzte, die seit elf Jahren vorbereitete Übernahmerichtlinie abzulehnen.
Die Große Koalition versuchte nun dieses Bild von einer zu sehr an den nationalen Interessen ausgerichteten Außen- und Europapolitik, welche Deutschland bisweilen in den Rang eines gleichberechtigten Akteurs im Konzert der Großmächte erhoben hatte, zu korrigieren. Zu den vordringlichsten Aufgaben gehörte zunächst die Verbesserung der transatlantischen Beziehungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel bekundete bei ihrem Antrittsbesuch in Washington die Bereitschaft zu einem Neuanfang, aber auch den Willen, nicht in eine Position der bedingungslosen Gefolgschaft zurückzufallen. Ebenso löste sich die Große Koalition aus der nahezu vorbehaltlosen Frankreich-Fixiertheit und dem Bilateralismus mit Moskau.
Auf der anderen Seite aber hatte der vorübergehende Einsatz der Bundesregierung für den Verfassungsvertrag und eine Fortführung des Ratifizierungsprozesses über das Jahr 2006 hinaus wohl eher Symbolcharakter und diente vor allem als Signal, dass wieder stärker mit einem deutschen Engagement für Europa und für die Vertiefung der Integration zu rechnen sei. Der Vertrag von Lissabon würde die Union aus der Sicht Berlins zwar insgesamt effizienter machen, da in vielen Fällen der Zwang zur Einstimmigkeit wegfiele und Kommission und Parlament verkleinert würden. Zudem erhielte die EU einen auf zweieinhalb Jahre ernannten Ratspräsidenten sowie einen Hohen Repräsentanten für die Außenpolitik. Aber das Prinzip der "doppelten Mehrheit", das allerdings erst in den Jahren 2014 bis 2017 wirksam sein soll, würde den Machtzuwachs der Vertreter der drei Großen (Frankreich, Deutschland und Großbritannien) bei der Herstellung von qualifizierten Mehrheitsbeschlüssen weiter verstärken und den Ministerrat als intergouvernementales Organ der Union als eigentliche Machtzentrale der Gemeinschaft belassen. Bei allem Bekenntnis zu europäischem Engagement hält somit auch die Bundesrepublik heute eine nüchterne Perspektive für den weiteren Vertiefungsprozess parat: Da weitere große Integrationssprünge derzeit nicht gewünscht werden, betreibt sie eine pragmatische Politik der kleinen Schritte und notwendiger Korrekturen. Dies gilt im Übrigen auch für die EU-Erweiterung.
Deutschlands Beitrag im Rahmen der GASP und ESVP
Während das Projekt eines bundesstaatlichen, föderalen Europas zumindest vorläufig aufgegeben scheint, vertraut die Bundesregierung in dem zentralen Politikbereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) offensichtlich auf ein Mehr an Integration und Zusammenarbeit - ohne am Anspruch auf nationale Souveränität in diesem sensiblen Politikfeld zu rütteln. Jedenfalls plädieren die beiden großen Volksparteien explizit für eine Präzisierung und Einbettung des militärischen Instrumentariums der deutschen Sicherheitspolitik in den Gesamtzusammenhang der GASP.
Deutschland hat auf diesem Weg unter allen Regierungen seit der Wiedervereinigung entsprechend deutlichere Akzente bezüglich der Ausgestaltung der GASP/ESVP gesetzt. Es folgte damit zum einen der Erkenntnis, dass die GASP und ESVP echte Alternativen zu einzelstaatlichen Initiativen darstellen, zum anderen der Einsicht, dass die EU - bedingt dadurch, dass Europa seinen Status als herausragendes Handlungsfeld der USA verloren hat - mehr denn je gezwungen ist, sich eigenständig zu positionieren. Bereits unter Helmut Kohl folgte die deutsch-französische Gründung des Eurokorps (1992) der Idee der differenzierten Integration. Vier Jahre später unterbreiteten die damals zuständigen Außenminister Klaus Kinkel und Hervé de Charette im Vorfeld der Amsterdamer Regierungskonferenz den Vorschlag einer "verstärkten Zusammenarbeit" auf dem Gebiet der GASP und die Idee, dass der Europäische Rat vorrangige Bereiche der GASP ("Gemeinsame Strategien") definieren könne, die schließlich im Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit umgesetzt würden. Dieser Vorschlag ging gleichsam auf eine Initiative Kohls und Chiracs vom Dezember 1996 zurück; weder Frankreich noch Großbritannien waren bereit, in ähnlicher Weise zu einer Stärkung der GASP beizutragen. Darüber hinaus akzeptierte die Bundesrepublik in dieser Phase Frankreichs Vorschlag der Einsetzung eines Hohen Repräsentanten für die Außenpolitik, der wiederum den intergouvernemental organisierten Rat stärken würde.
Mit ihrer Politik signalisierte die Bundesrepublik die Hinwendung zu einem pragmatischen Ansatz, der dem integrationspolitischen Ideal einer vertieften außen- und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit aller Mitgliedstaaten zwar weiter verpflichtet blieb, bei dem es aber zunächst um eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU als internationalem Akteur ging. Da diese aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten nicht in einem größeren Rahmen möglich war bzw. ist, orientierten sich alle Bundesregierungen bis zum Gipfel von Nizza und darüber hinaus an den Ideen einer flexiblen Integration - allerdings nach Möglichkeit im Rahmen der bestehenden Verträge und nicht im Sinne unkoordinierter Initiativen verschiedener Gruppen von Mitgliedstaaten. Auch während der Verhandlungen zum Verfassungsvertrag blieb diese Linie eines "rationalisierten Intergouvernementalismus" ein zentrales Anliegen Berlins - und zwar auch und besonders im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Nachdem das ursprüngliche Ziel des Aufbaus Europäischer Streitkräfte von 60 000 Mann bis 2003 im Grunde gescheitert war, war es vor allem der Initiative Berlins zu verdanken, dass die Forderungen nach einer starken sicherheits- und verteidigungspolitischen Rolle der EU bei dem umstrittenen Treffen der Staats- und Regierungschefs Belgiens, Deutschlands, Frankreichs und Luxemburgs am 29. April 2003 in Brüssel ("Pralinengipfel") wieder aufgegriffen wurden. Im Kern ging es um die Einrichtung einer Zelle (oder wie Kritiker meinten, eines EU-Hauptquartiers) im belgischen Tervuren zur kollektiven Planung und Führung autonomer Einsätze der Union. Mit einer solchen verband sich nicht nur die Idee einer Avantgardegruppe für die ESVP, sondern auch die Vorstellung von einer größeren Unabhängigkeit von den USA. Entsprechend spaltete der Vorschlag die EU-Mitgliedstaaten und drohte auch die NATO zu schwächen. Dass Berlin daraufhin wieder zugunsten von Planungs- und Kommandostrukturen innerhalb des Bündnisses einlenkte, zeigte, wie sehr die Überlegungen zunächst von den erheblichen Irritationen im transatlantischen Verhältnis und innerhalb der Gemeinschaft im Zusammenhang mit der Irak-Krise geprägt waren.
Am Ende einigte sich die EU auf dem Brüsseler Gipfel im Dezember 2003 auf einen von Deutschland und Frankreich gemeinsam mit Großbritannien präsentierten Vorschlag zur Einsetzung einer kleinen Zelle mit zivilen und militärischen Komponenten innerhalb des bereits bestehenden EU-Militärstabs. Damit signalisierte die Union den Willen, zumindest auf dem Weg zu einer größeren Eigenständigkeit auf militärischem Gebiet fortzufahren - vorübergehend auch auf Kosten der Geschlossenheit der EU insgesamt. Dieser Prozess könnte vor allem durch die zunehmende Kooperation der drei Großen beschleunigt werden, wie sie sich auch bei der Initiative Frankreichs und Großbritanniens Anfang 2004 zur Aufstellung so genannter "battle groups" abzeichnete. Mittlerweile beteiligen sich daran 18 von 27 Mitgliedstaaten, was zeigt, dass die im neuen Reformvertrag vorgesehene "strukturierte Zusammenarbeit" auch in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bereits praktiziert wird. Berlin schloss sich diesem Konzept umgehend an und plädierte in diesem Zusammenhang für eine Umschichtung der europäischen Rüstungsausgaben zugunsten kleinerer und mobilerer Eingreiftruppen in den Mitgliedstaaten. Damit bestätigte die Bundesregierung lediglich den seit Anfang des Jahrhunderts erkennbaren Trend zu einer weltweiten Präsenz der Bundeswehr.
Begleitet wird diese zunehmende europäische Selbstbehauptung und "Balancepolitik" (Werner Link) von einer längst praktizierten Eigenständigkeit der Union im politisch-diplomatischen Bereich, deren konzeptioneller Rahmen sich in der Europäischen Sicherheitsstrategie vom Dezember 2003 ablesen lässt. Dies geschieht in weitgehender Kongruenz zur Nationalen Sicherheitsstrategie Washingtons bezüglich der Benennung der (geo)strategischen Interessen bzw. Herausforderungen, aber doch mit deutlich unterschiedlichen Akzenten hinsichtlich der ordnungspolitischen Vorstellungen und Instrumente.
Ausblick
Nach wie vor gilt, dass deutsche Außenpolitik ihren internationalen Einfluss primär über die EU und das NATO-Bündnis vermittelt. Auch künftig lässt sich das Problem der "kritischen Größe" Deutschlands am besten über das Schicksal der Union lösen. Allerdings ist Berlin auch zusehends bemüht, die Grenzen eigener oder deutsch-französischer Initiativen - der Irak-Krieg hat dies deutlich gemacht - auszuloten. Europäisches Engagement wird nun einmal im Wettstreit nationaler Interessen innerhalb der Union bestimmt. Bei den daraus abgeleiteten Kompromissen wird der Einfluss deutscher Akzente gemäß des größer gewordenen diplomatischen Gewichts der Bundesrepublik - ähnlich wie im Falle der Wirtschafts- und Währungsunion - auch im Rahmen der GASP/ESVP geradezu zwangsläufig zunehmen. Insofern wird es für die Bundesrepublik darauf ankommen, der wachsenden Skepsis hinsichtlich weiterer Vertiefungsschritte der EU in der Gesellschaft zumindest vorläufig durch eine verstärkte strategische und problemorientierte Zusammenarbeit im kleineren Kreis zu begegnen, bei der sich durchaus auch die eigenen Interessen widerspiegeln.