Die Konjunktur rechtspopulistischer Ideen und die zunehmend offen vorgetragenen menschenfeindlichen und revisionistischen Einstellungen haben die politische Bildung in den vergangenen Jahren vor wachsende Herausforderungen gestellt. Was bedeutet die Verschärfung der gesellschaftspolitischen Debatten für Lehrende in Schulen und außerschulischen Bildungseinrichtungen? Wie können und sollen sich Pädagoginnen und Pädagogen zu gesellschaftlichen und politischen Konfliktlagen positionieren? Wann ist Zurückhaltung geboten? Und wann gilt es, eine klare Haltung für oder gegen etwas zu zeigen?
Mit den Grund- und Menschenrechten, dem Beamtenrecht sowie den Schulgesetzen aller Bundesländer existiert ein juristischer Handlungsrahmen, der (partei)politische Werbung sowie Indoktrination ausschließt und der politischen Bildung zugleich vielfältige Handlungsperspektiven für den Umgang mit rassistischen und populistischen Positionen eröffnet – auch wenn diese in oder von Parteien vertreten werden. Er basiert auf unverhandelbaren, normativen Grundsätzen wie der Menschenwürde, der Meinungsfreiheit und der freiheitlich-demokratischen Ordnung. Eine wohlfeile Forderung nach vollständiger "Neutralität" von Lehrenden ist damit nicht in Einklang zu bringen, ein Neutralitätsgebot dieser Lesart ein Mythos.
Über den Bereich der Rechtsetzung und -sprechung hinaus ist die Frage, mit welchen didaktischen Leitprinzipien, Konzepten und Praktiken Menschen zur Teilhabe an einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft befähigt werden können, weder neu noch auf Deutschland beschränkt. Um pädagogisches Handeln auch bei gesellschaftspolitischer Polarisierung zu ermöglichen, müssen Lehrende gegen etwaige Einschüchterungen gewappnet sein. Denn in Schulen und außerschulischen Bildungsinstitutionen werden nicht allein Fähigkeiten, Wissensbestände und Werte vermittelt, sondern zugleich die Grundlagen unseres zukünftigen Zusammenlebens ausgehandelt.