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Gleichheit ist nicht verhandelbar | Freie Rede | bpb.de

Freie Rede Editorial Die Sprachkäfige öffnen. Gedanken zur Bedeutung von "freier Rede" Gefährdete Meinungsfreiheit? Zwei Perspektiven Keine Meinungsfreiheit ohne ein Klima der Freiheit Gleichheit ist nicht verhandelbar Meinungsfreiheit und ihre Grenzen Politisch korrekte Sprache und Redefreiheit Streitkompetenz als demokratische Qualität – oder: Vom Wert des Widerspruchs Faktum = Meinung?

Gleichheit ist nicht verhandelbar

Sabine Hark

/ 12 Minuten zu lesen

    Das Desaster ruiniert alles und lässt doch alles bestehen.

Maurice Blanchot, 1980

Zu den unverhandelbaren Prinzipien unserer demokratischen Grundordnung zählt die Achtung vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, allen voran die Achtung vor der durch Artikel 1 Grundgesetz geschützten Würde jedes einzelnen Menschen. Auch das "Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten", wie es Artikel 5 Absatz 1 GG festlegt, gehört zu diesen unverhandelbaren Prinzipien. Daraus leiten nicht wenige die absolute Freiheit der Rede ab und insinuieren immer wieder gezielt, die Meinungsfreiheit sei beispielsweise auch dort gefährdet, wo Minderheiten auf angemessener sprachlicher Berücksichtigung beharren oder die Verwendung gewaltförmiger und verletzender Rede anprangern, wo Feminist*innen Sexismus skandalisieren und rassistisch Diskriminierte diese Diskriminierung bekämpfen, wo Schüler*innen für Klimaschutz streiken und Studierende Vorlesungen stören, wo Menschen auf geschlechtlich angemessenen Pronomen und Anreden bestehen und keine rassistischen Vokabeln in Kinderbüchern lesen wollen.

Wie wenig plausibel die Behauptung einer gefährdeten oder eingeschränkten Meinungsfreiheit allerdings ist, darauf hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede anlässlich der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz in Hamburg im November 2019 noch einmal hingewiesen: "Die Behauptung, man dürfe in Deutschland seine Meinung nicht (mehr) frei aussprechen, ist ein längst ausgeleiertes Klischee aus der reaktionären Mottenkiste." Es gebe weder eine "staatliche Meinungszensur" noch eine "staatliche Sprachpolizei", so Steinmeier entschieden. Wer das behaupte, lüge und führe Menschen gezielt in die Irre; wer das glaube, falle "auf eine bewusste Strategie interessierter verantwortungsloser Kräfte herein". Und wer schließlich versuche, "Verständnis aufzubringen für die angeblich gefühlte Freiheitsbeschränkung, die doch in Wahrheit nur eine massiv eingeredete" sei, besorge "schon das Geschäft der Scharfmacher". Unmissverständliche Worte des Bundespräsidenten, die an Klarheit nichts zu wünschen übrig lassen. Gefährdete Meinungsfreiheit? Weit gefehlt. Wer dies dennoch behauptet, schadet der Demokratie selbst.

Aus Steinmeiers Rede lässt sich freilich noch eine andere, vielleicht sogar gewichtigere Einsicht gewinnen. Nicht jede Meinung ist grundgesetzlich geschützt. Wer andere sprachlich verunglimpft, diskriminiert, wer ihre Würde verletzt oder ihnen gar nach Leib und Leben trachtet, kann sich nicht auf das Recht der freien Rede berufen. Einen "Freibrief für die Verbreitung von rücksichtslosen Beleidigungen und für ungebremsten Hass auf alle, die anders leben, anders denken, anders aussehen, anders lieben", könne es in der Demokratie nicht geben. Meinungsfreiheit, so Steinmeiers eindeutige Botschaft, darf niemals als Legitimation für sprachliche und andere Gewalt dienen. Kürzer gesagt: Hass ist keine Meinung. Und er ist nicht grundgesetzlich geschützt.

Wer nun annimmt, damit sei alles zum Thema gefährdete Meinungsfreiheit und zum Unterschied zwischen Zensur einerseits und der Kritik an Hassrede andererseits gesagt, muss sich wieder und wieder eines Besseren belehren lassen. Denn die Behauptung, die Meinungsfreiheit sei bedroht – eine Behauptung im Übrigen, die mindestens indirekt oft so tut, als sei sie das einzig schützenswerte Gut, das unsere Verfassung kennt –, tritt noch in einer anderen, nicht ganz so leicht erkennbaren Variante auf. Sie lässt sich als weiche Version der "Hufeisentheorie" beschreiben: die politikwissenschaftlich zwar haltlose, gleichwohl immer wieder aufs Neue aktivierte Theorie, einer bürgerlichen Mitte stünden sich am linken und rechten Ende des Hufeisens zwei extreme, den Rechtsstaat und jene Mitte gleichermaßen bedrohende politische Kräfte gegenüber. In dieser weichen Variante wird zwar durchaus ein Unterschied zwischen rechter Hassrede und linker Kritik an diskriminierender Sprache eingeräumt, gleichwohl ist es in beiden Fällen die mit "der Demokratie" implizit gleichgesetzte "bürgerliche Mitte", die als die eigentlich bedrohte Gruppe ausgemacht wird. Hier heißt es folglich, nicht die Meinungsfreiheit an sich sei gefährdet, sondern jene bürgerliche Mitte werde durch linke und feministische Sprechdiktate derart eingeschüchtert, dass sie sich nicht mehr traue, zu reden, wie sie es kenne oder wolle, wie ihr also "der Schnabel gewachsen" sei, so eine Formulierung der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek. Sie hatte kurz vor Steinmeiers Hamburger Rede in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" dergestalt vor einer von links betriebenen Verengung des politischen Diskurses besonders an den Hochschulen und Universitäten gewarnt: "Es geht nicht, dass sich Studenten oder Aktivisten als Meinungszensoren aufspielen." Zu viele säßen "auf einem moralischen Thron", und all diejenigen, die sich "nicht voll gendergerecht" ausdrückten, dürften "nicht gleich runtergemacht werden".

Ähnlich besorgt um die Möglichkeiten der bürgerlichen Mitte, sich ungehemmt äußern zu können, zeigte sich jüngst auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Wie es der politische Zufall wollte, sprach Grütters just am 5. Februar 2020 – dem Tag, an dem erstmals bei einer Ministerpräsidentenwahl Stimmen der AfD den Ausschlag gaben – in Weimar zum Thema "Die Macht der Worte: Wieviel Freiheit braucht die Demokratie – und wieviel Freiheit verträgt die Demokratie?" In einem Radiointerview im Vorfeld ihres Auftritts machte auch sie jene bürgerliche Mitte als das wahre Opfer der Forderung nach geschlechtergerechten Sprechweisen und der Ächtung rassistischer Begriffe aus. Solche Forderungen und Gebote schüchterten diese über Gebühr ein und produzierten selbst bei eigentlich wohlmeinenden bürgerlichen Politikern und Politikerinnen vor allem Angst. Und das wiederum führe dazu, dass diese sich, um nur ja in kein Gender-Fettnäpfchen zu treten, lieber gar nicht mehr äußerten, als sich den Angriffen von rechts entgegenzustellen. Wortreich beklagt die Ministerin eine "hysterische Political Correctness", die "viel Raum" frei mache "für das, was dann an den Rändern sich tut". Es gehe dabei, insinuiert sie, "manchen wirklich nicht um Verständigung", sondern darum, "Andersdenkende" zum Verstummen zu bringen. Auf die Frage, ob "Demagogie, Sprachgewalt im negativen Sinne des Wortes, die Einschüchterung", denn immer nur von rechts komme, antwortet die Ministerin: "Nein, die kommt natürlich auch von links. Also ich sage mal, eine Linke, die Diskriminierung und Ausgrenzung mit Gendersternchen oder Sprachschöpfungen wie PoC, People of Color, aus der Welt schaffen will, hat ja nicht die Diskriminierer und Ausgrenzer, sondern die gemäßigte demokratische Mitte zum Schweigen gebracht." Doch damit nicht genug: "Wenn man die gemäßigte demokratische Mitte mit solchen hysterischen political correcten Dingen zum Schweigen bringt, dann macht man auch die demokratische Immunabwehr gegen diese rechten Ausgrenzer, gegen totalitäre Anwandlungen kaputt." Eine, gelinde gesagt, durchaus erstaunlich zu nennende Sicht der gegenwärtigen politischen Dinge.

In ihrer Weimarer Rede am selben Abend führte Grütters ihre Überlegungen weiter aus. Und nicht nur, weil sie dabei Ross und Reiter verwechselt, indem sie Linke, Queers, Feminist*innen und People of Color für das Erstarken autoritärer Kräfte verantwortlich macht, lohnt es, ausführlich aus der Rede zu zitieren. Noch bevor Grütters also auch nur ein Wort über Hassrede, rechtsextreme Gewalt und den Angriff von rechtsaußen auf die demokratische Grundordnung verloren hat – was sie im zweiten Teil ihrer Rede, das soll hier nicht verschwiegen werden, auch tut –, hat sie bereits detailliert ausgemalt, von wem in ihren Augen die Schwächung der Demokratie tatsächlich ausgeht. Nämlich nicht von jenen, die täglich auf den Straßen und in den sozialen Medien, in den Parlamenten und Talkshows die Freiheit der anderen infrage stellen, von jenen, denen demokratische Verfahren und Institutionen kein Wert an sich, sondern lediglich Mittel zum Zweck der Aushöhlung und Usurpation der Demokratie sind, sondern ausgerechnet von jenen, die diese Demokratie (bislang) am wenigsten schützt. In "beinahe keiner öffentlichen Kontroverse", erläutert Grütters einleitend, fehle "das moralisierende Machtwort, das andere Sichtweisen als illegitim stigmatisiert: als diskriminierend, rassistisch, islamophob, frauen- oder fremdenfeindlich oder in anderer Weise reaktionär: sei es des Themas oder auch der Wortwahl wegen, oder weil Humor und Ironie im Spiel sind, wo manche keinen Spaß verstehen". So schwelle die "Lautstärke der Extreme links und rechts im Meinungsspektrum" an, "die ausgedünnte, gemäßigte Mitte" verstumme, sei "intellektuell wie gelähmt und sprachlich eingehegt. Die selbstgerechte Intoleranz der vorgeblich Toleranten, die geradezu obsessive Beschäftigung mit dem Kränkungspotential von Worten, die reflexhafte Neigung, Andersdenkende an den Pranger zu stellen und sie ohne nähere Auseinandersetzung mit ihrer Position des Sexismus, des Rassismus oder anderer Formen der Diskriminierung zu bezichtigen, hat die Demokratie nicht stärker gemacht, im Gegenteil. Menschen, die sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht wortgewandt genug fühlen, um sich unfallfrei auf sprachpolitisch vermintem Gelände zu bewegen, bleiben öffentlich lieber stumm als ihre Meinung zu äußern." Ein "krachendes Eigentor", findet die Kulturstaatsministerin.

Ein krachendes Eigentor ist indes diese Rede selbst, lässt sie doch zumindest nicht zweifelsfrei erkennen, ob es für Grütters einen Unterschied ums Ganze macht, ob ich jemanden rassistisch oder sexistisch beleidige oder ob ich darauf hingewiesen werde, dass dies eine rassistische, eine sexistische, eine homo- oder trans*feindliche Praxis ist, dass Rassismus und Sexismus selbst und nicht deren Skandalisierung die Demokratie schwächen. Ebenso wenig ist erkennbar, dass sie sich die Mühe gemacht hat, jenen zuzuhören, die für eine ihnen gemäße sprachliche Adressierung kämpfen, dass sie sich ernsthaft beispielsweise mit den unter den Hashtags #metoo und #metwo gesammelten Erfahrungen von täglicher Ausgrenzung und Herabsetzung, der Verweigerung von Respekt, Würde und Anerkennung, der Erfahrung von Gewalt, also mit der Erfahrung der Verweigerung von Gleichheit, auseinandergesetzt hat. Ihre Worte lassen weder demokratische Empathie noch das Wissen darum vermuten, was es bedeutet, "wenn Menschen aus dieser Welt herausgestoßen werden, wenn die gemeinsam bewohnte Welt auseinanderbricht und Menschen allein auf sich selbst zurückgeworfen sind".

Stattdessen wird das Begehren nach Sichtbarkeit und Gehörtwerden, also danach, Gleiche unter Gleichen zu sein, als Knebelung der wahren Bürger, als Verrohung von Sprache, Literatur und Kultur abgetan. Um der Behauptung der Äquivalenz von rechts und links willen ist Grütters so letztendlich bereit zu verkennen, dass es im einen Fall um die Fundamentalisierung des Unterschieds zwischen "Menschen wie wir" und "keine Menschen wie wir" geht, während im anderen Dialog, Deliberation, die Erweiterung von Vorstellungsräumen und Möglichkeiten zu existieren, also der Kampf um Gleichheit, auf der Agenda stehen.

Um hier nicht missverstanden zu werden: Zensur und die Verhinderung freier Meinungsäußerungen sind fraglos kritisch zu reflektieren, wo immer sie auftreten. Kritische Begleitung brauchen auch die ohne Zweifel existierenden dogmatischen, moralisierenden und, ja, manchmal auch kläglichen Anwandlungen in den Politiken jener, die gerade erst begonnen haben, "in der ersten Person Singular zu sprechen", wie Achille Mbembe sagt, das "Alphabetisierungsprojekt in der Sprache des Schmerzes", um eine Formulierung von Lauren Berlant aufzugreifen. Aber soll damit auch gesagt sein, dass freie Rede radikal ungehemmte Rede sein sollte? Dass wir keinen Unterschied machen sollten zwischen gewaltförmiger, entindividualisierender Rede einerseits und Rede, die die Würde jedes Einzelnen achtet, andererseits? Dass wir uns beteiligen sollten an Boshaftigkeit und sich als Humor tarnender Karikatur, an der Verweigerung von Rechenschaft und Reziprozität? Von einem Absolutismus der freien Rede ist Grütters zwar weit entfernt. Doch ist sie bereit, den Schaden zu erkennen, den (auch ihre) Worte anrichten können, wie Judith Butler unlängst in anderem Zusammenhang fragte? Und mehr noch: Sind nicht gerade jene Räume demokratische Räume, in denen, mit Hannah Arendt gesprochen, daran gearbeitet wird, allen zu garantieren, "in der Welt zu Hause zu sein"? Räume also, in denen Diskriminierung, Hassrede und Verletzung nicht toleriert werden, in denen wir solcher Rede und solchen Praktiken entschieden entgegentreten. Safe Spaces werden solche Räume genannt. Auch das ist eine Praxis, die allzu oft unter Verdacht steht, das Recht des Bürgers auf freie Rede zu beschneiden – wie so vieles, das zum Ziel hat, die Welt für mehr Menschen zu einem Ort zu machen, der es ihnen erlaubt, das "Wagnis der Öffentlichkeit" einzugehen – ein Wagnis, das nicht allen gleichermaßen möglich ist, das wir aber eingehen können müssen. Denn erst, wenn wir "vor der Allgemeinheit" erscheinen, für alle sicht- und hörbar werden, wir uns erzählen können, kommt uns Wirklichkeit zu – während wir zugleich beständig erzählt werden, ob wir wollen oder nicht, ob wir es wissen oder nicht, ob wir die Erzählung mögen oder nicht.

Es geht daher nicht nur darum, was gesagt wird, sondern auch darum, wer spricht. Es geht darum, zu revidieren, wer definiert wird und wem die Definitionen zustehen. Und wo historisch marginalisierte Gruppen genau das tun, wo sie sich als Subjekte neu erzählen, intervenieren sie in eben dieses Gefüge der Macht. Sie sprechen zurück, verlangen, dass die Welt auch einmal durch ihre Augen gesehen wird. "Weil sie beide bereits Jahre zuvor erkannt hatten, dass sie weder weiß noch männlich waren und dass alle Freiheit und alle Triumphe ihnen verwehrt sein würden, hatten sie sich daran gemacht, sich als etwas anderes neu zu entwerfen", schreibt Toni Morrison über ihre Protagonistinnen Sula und Nell in ihrem Roman "Sula".

Ist es das Ziel der Feinde der Demokratie, durch Gewaltandrohung und -ausübung die Welt kleiner zu machen, minorisierte Stimmen zum Schweigen zu bringen und Räume zu schaffen, die nur den Einen erlauben, "zu atmen, zu begehren, zu lieben und zu leben", wie Butler sagt, während die Anderen in die Nichthörbarkeit, das Nichtverstehbare und die Unlebbarkeit verbannt werden, so müssen wir (uns) fragen, wessen Raum, zu atmen und zu begehren, zu lieben und zu leben, wir mit einer "Kritik" verteidigen, die nur die eigene Befindlichkeit im Blick hat. Statt beispielsweise die Forderung nach geschlechtlich angemessenen Sprechweisen bestenfalls ob ihrer Naivität, schlimmstenfalls ob ihres Dogmatismus zu verurteilen, könnten wir lernen, das Begehren nach Gleichheit in ihnen zu lesen.

Was wir in diesem Licht betrachtet brauchen, ist eine umsichtigere, nachdenklichere und bejahende Idee von Freiheit und Kritik, eine, die verbunden ist mit der Verantwortung, eine gleichere, gerechtere und freiere Welt für alle zu schaffen. Wo "frei" hingegen nur bedeutet, frei von jeglicher Verpflichtung zu handeln, warum sollte dann irgendjemand die Aufgabe übernehmen, die Welt freier, gerechter und gleicher zu machen? Wem es daher lediglich darum zu tun ist, die eigene moralische Überlegenheit zur Schau zu stellen, und sich dabei Strategien bedient, in denen Mechanismen am Werk sind, die – mit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt fatalen Folgen – zu den längst in Gang gesetzten Prozessen der Entsolidarisierung beitragen, statt diese kritisch zu befragen, betreibt das Geschäft der Herrschaft, das anzuprangern doch vorgeblich das Ziel war.

Solange daher eine Antwort nicht nur auf die Frage, wer sind wir?, sondern auch, zu wem können wir werden?, nicht allen gleichermaßen möglich ist, sollten jene, die den Unterschied zwischen Herrschaft und Emanzipation nicht erkennen mögen – zwischen dem lauten Dröhnen der Macht und den ausgefransten Stimmen der Subalternen, zwischen autoritären, möglichkeitsvernichtenden Gesten der Dehumanisierung und dem Begehren, in eigenen Begriffen kenntlich zu werden –, ihre Worte besser abwägen und erst einmal zuhören lernen, bevor sie Urteile riskieren. Und dies gerade, weil die Feinde der Demokratie tagtäglich lauter werden und diese nicht die Sprache des Dialogs und der Gewaltfreiheit sprechen, die Sprache der Demokratie und des Gesprächs zwischen Verschiedenen, die doch füreinander Gleiche sind. Gleichheit indes ist nicht verhandelbar. Und das gilt für alle.

Lesen Sie auch die zweite Perspektive von Interner Link: Sandra Kostner.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung der Jahresversammlung der Hochschulrektorenkonferenz am 18. November 2019 in Hamburg, Externer Link: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Frank-Walter-Steinmeier/Reden/2019/11/191118-Hochschulrektorenkonferenz-HH.html.

  2. "Weimar ist auch heute eine Mahnung", Anja Karliczek im Interview, in: Der Spiegel, 26.10.2019, S. 34f., hier S. 34.

  3. Die Radikalisierung des öffentlichen Sprechens, Monika Grütters im Interview, 5.2.2020, Externer Link: http://www.deutschlandfunkkultur.de/kulturstaatsministerin-ueber-sprache-und-demokratie-die.1008.de.html?dram:article_id=469544.

  4. Rede von Kulturstaatsministerin Monika Grütters bei der Klassik Stiftung Weimar, 5.2.2020, Externer Link: http://www.bundesregierung.de/-1719614.

  5. Christina Thürmer-Rohr, Kontroversen zur Kohabitation – "Denken von anderswo", in: Feministische Studien 2/2015, S. 308–322, hier S. 320.

  6. Richard Rorty, Menschenrechte, Rationalität und Gefühl, in: Stephen Shute/Susan Hurley (Hrsg.), Die Idee der Menschenrechte, Frankfurt/M. 1996, S. 144–170, hier S. 145.

  7. Achille Mbembe, Kritik der schwarzen Vernunft, Frankfurt/M. 2014, S. 139.

  8. Lauren Berlant, Das Subjekt wahrer Gefühle. Schmerz, Privatheit und Politik, in: Angelika Baier et al. (Hrsg.), Affekt und Geschlecht, Wien 2014, S. 87–115, hier S. 88.

  9. Judith Butler, Verletzungen bilden gesellschaftliche Strukturen ab. Judith Butler im Gespräch mit Svenja Flaßpöhler und Nils Markwardt, in: Philosophie Magazin 6/2019, S. 62–65.

  10. Hannah Arendt, Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Übungen im politischen Denken I, München–Zürich 1994, S. 110.

  11. Dies., Vita Activa oder Vom tätigen Leben, München 1981, S. 169.

  12. Ebd.

  13. Toni Morrison, Sula, New York 1975, S. 44 (eig. Übersetzung).

  14. Judith Butler, Die Macht der Geschlechternormen und die Grenzen des Menschlichen, Frankfurt/M. 2009, S. 20.

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Sabine Hark für Aus Politik und Zeitgeschichte/bpb.de

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ist Professor*in für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung und leitet das Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung an der TU Berlin. E-Mail Link: sabine.hark@tu-berlin.de