Einleitung
Das Klimaproblem steht derzeit im Zentrum des öffentlichen Interesses. Anlass dafür sind die wissenschaftlichen Berichte, insbesondere des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen einer langfristigen Veränderung des Klimas, aber auch extreme Witterungsereignisse wie der Orkan "Kyrill" oder der sommerliche April 2007. Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass neben jener Klimaentwicklung, die durch natürliche Ursachen bedingt ist, auch menschliche Aktivitäten Klimaänderungen verursachen. Die im 20. Jahrhundert beobachtete Temperaturerhöhung wird größtenteils auf anthropogene, durch menschliches Handeln hervorgerufene Ursachen zurückgeführt.
Wichtigste Ursache für den anthropogenen Treibhauseffekt ist die Verbrennung fossiler Rohstoffe (Öl, Kohle und Gas) in Kraftwerken zur Energieerzeugung, in der Industrie, im Gewerbe und den privaten Haushalten sowie im motorisierten Verkehr. Das dabei freigesetzte Kohlendioxid (CO2) trägt neben anderen Klimagasen (Wasserdampf/H2O, Methan/CH4, Lachgas/N2O und Ozon/O3) zur Erhöhung der Durchschnittstemperatur auf der Erde bei.
Wissenschaftliche Forschungen über den anthropogenen Klimawandel gibt es bereits seit Jahrzehnten. Seit den 1970er Jahren beschäftigen sich auch die Entscheidungsträger in internationalen Organisationen und nationalen Behörden mit diesem Problem. Unter der Moderation der Vereinten Nationen wurde 1992 als Basis des globalen Klimaregimes die Rahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change/UNFCCC) über Klimaänderungen ausgehandelt. 1997 wurde in der japanischen Stadt Kyoto ein Protokoll zu verbindlichen Emissionsminderungen von Treibhausgasen aus anthropogenen Quellen beschlossen. In Kraft getreten ist das Kyoto-Protokoll für insgesamt 145 Mitgliedstaaten im Februar 2005. Um die politischen Entscheidungsträger wissenschaftlich zum Klimawandel zu beraten, wurde 1988 unter Federführung der UN-Organisationen UNEP (United Nations Environment Program) und WMO (World Meteorological Organization) der Zwischenstaatliche Ausschuss zum Klimawandel (IPCC) gegründet, der regelmäßig aktuelle Forschungsergebnisse zusammenfasst.
Die Industrienationen und die Entwicklungsländer haben einen unterschiedlichen Anteil an den Ursachen des Klimawandels. Die Hauptstoßrichtung des Kyoto-Protokolls besteht darin, dass die Industriestaaten stärkere Anstrengungen zum Klimaschutz unternehmen müssen.
Jedem Staat bleibt es überlassen, wie die verschiedenen Verursachersektoren zu den Minderungen betragen sollen. Die meisten CO2-Emissionen entstehen im Energiesektor. Während in den vergangenen Jahren insbesondere in der Industrie Emissionsreduktionen erzielt werden konnten, nahmen die Emissionen im Verkehrssektor zu. Aufgrund der hohen Zuwachsraten und weiterer prognostizierter Steigerungen des Verkehrs sind Maßnahmen im Verkehrsbereich für den Klimaschutz von großer Bedeutung. Im Folgenden betrachten wir die einzelnen Problemfelder im Verkehrssektor und entsprechende politischen Handlungsstrategien für eine CO2-Minderungsstrategie. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Verkehrs insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern bedürfen die Entwicklungen dort besonderer Aufmerksamkeit.
Steigende Klimabelastungen durch den Verkehr
Treibhausgasemissionen aus dem Verkehrsbereich bilden einen bedeutsamen, aber nicht dominierenden Anteil zwischen etwa 13 und 20 Prozent.
Bei den Emissionen im Verkehrsbereich handelt es sich fast ausschließlich um CO2-Emissionen aus Verbrennungsvorgängen in Motoren. Der Anteil von CH4 ist vernachlässigbar, während die N2O-Emissionen mit der Einführung des Katalysators bei den Pkw angestiegen sind.
In den EU-15 nahmen die Treibhausgase aus dem Verkehrssektor zwischen 1990 und 2004 deutlich zu (+ 26 %), während in anderen Sektoren (insbesondere der Industrie) Minderungen erzielt werden konnten. Der straßengebundene Verkehr ist mit etwa 93 Prozent die größte Quelle dieser Emissionen. Die Steigerungen betrafen sowohl den Personenverkehr (+ 27 %) als auch in noch größerem Umfang den Straßengüterverkehr (+51 %). In diesem Zeitraum haben die Emissionen des Flugverkehrs - ausgehend von einem geringen Ausgangsniveau - mit 86 Prozent am gravierendsten zugenommen. Zwar stiegen auch die Verkehrsleistungen des öffentlichen Straßen- und Schienenverkehrs, der Anteil dieser vergleichsweise weniger umweltbelastenden Verkehrsarten an der Gesamtverkehrsleistung bleibt aber gering. In allen EU-Mitgliedstaaten wird trotz der Anstrengungen, beispielsweise den Straßenverkehr auf die Schiene oder auf Wasserwege zu verlagern, von einer Zunahme des Verkehrs und somit steigenden Emissionen im Verkehrssektor ausgegangen. Damit Klimapolitik erfolgreich ist, müssen die verkehrsbedingten Emissionen reduziert werden.
Akteure und Instrumente der Klima- und Verkehrspolitik
Während sich die Klimapolitik auf internationaler Ebene etabliert hat, ist die Verkehrspolitik ein klassisches nationales bzw. regionales Handlungsfeld. Die Akteurskonstellationen und der Zugang zum Problem verkehrsbedingter Treibhausgase sind daher in beiden Politikfeldern sehr unterschiedlich. Die Verabschiedung der Klimarahmenkonvention hat dazu geführt, dass sich Umweltpolitik und Verbände im Wesentlichen auf internationaler Ebene im Kontext von Verhandlungen bewegen und mittlerweile ein beachtlicher Status quo erreicht worden ist. Daran orientiert sich die nationale und lokale Umweltpolitik, die mit Klimaschutzkonzepten wie beispielsweise Gebäudesanierungsprogrammen zum Erreichen der Vereinbarungen beiträgt. Die Klimapolitik beschäftigt sich - der Akteurskonstellation entsprechend - abstrakt mit dem Verkehrssektor, und zwar vor allem mit den für die Treibhausgasemissionen bedeutsamen Bereichen des motorisierten Individualverkehrs und des Flugverkehrs, etwa im Kontext von Effizienzverbesserungen.
Der Top-down-Ansatz der Klimapolitik wird im Verkehrssektor von einem Bottom-up-Ansatz kontrastiert. Hier gibt es eine lange Tradition von Maßnahmen und Instrumenten, die auf Umweltverträglichkeit fokussieren. Konzepte einer nachhaltigen Mobilität, vornehmlich ausgehend von eher lokalen Umweltproblemen wie Lärm oder Luftverschmutzung, weisen enge Bezüge zum Klimaschutz auf. Man kann somit von einer Rahmung der lokalen Verkehrspolitik durch klimapolitische Ziele und Instrumente sprechen. Klimapolitik kann Maßnahmen und Instrumente im Verkehrssektor anstoßen. Instrumente im Verkehrsbereich, die auf Verkehrsvermeidung, Verlagerung und Effizienzsteigerung setzen, sind dazu geeignet, auch Treibhausgasemissionen aus dem Verkehr zu verringern. Dabei zielen die Instrumente zum einen auf das individuelle Handeln der Menschen und von Unternehmen und zum anderen auf die Art der genutzten Technologien.
Zu den Steuerungsdimensionen einer umweltorientierten Verkehrspolitik gehört beispielsweise die Infrastrukturbereitstellung und Verkehrsplanung, die maßgeblich zur Steuerung der Verkehrsflüsse beiträgt; das Angebot wirkt sich unmittelbar auf Verkehrsverhalten aus. Regulierung ist ein zweiter klassischer Bereich der Verkehrspolitik. Emissionsgrenzwerte oder Geschwindigkeitsbegrenzungen sind Beispiele, wie Regeln den Rahmen für Technologieentwicklung und Verkehrsverhalten setzen. Ökonomische Instrumente zielen dagegen auf Steuerung über den Preis: Die Kosten sind eine wesentliche Grundlage für die Entscheidungen, ob und wie ein Weg zurückgelegt wird. Steuern oder Abgaben sind daher dazu geeignet, Investitionsentscheidungen und die Verkehrsmittelwahl zu beeinflussen. Mit dem Einsatz von Informationsinstrumenten wird beabsichtigt, Einfluss auf das Entscheidungsverhalten von Personen oder Organisationen zu nehmen. Die Instrumente entfalten sehr unterschiedliche Wirkungen. Maßgeblich für den Erfolg einer klimaschutzorientierten Verkehrspolitik ist, dass die Emissionsreduktion mit der Kombination unterschiedlicher und sich ergänzender Instrumente verfolgt wird. Ziel einer umweltorientierten Verkehrspolitik muss es sein, einen Handlungsrahmen für Menschen und Unternehmen zu schaffen, der emissionsarmes Verhalten zur attraktiveren Option macht.
Verkehrspolitik in Deutschland und Europa
Die Bundesebene nimmt bei der Finanz- und Fiskalpolitik, Raumordungs- und Infrastrukturpolitik sowie der Ordnungspolitik erheblichen Einfluss auf die Verkehrsentwicklung und somit auf die Emission verkehrsspezifischer Treibhausgase. Insbesondere der Ausbau des Straßennetzes hat zu den hohen Verkehrsleistungen des straßengebundenen Verkehrs beigetragen. Finanzpolitische Instrumente wie beispielsweise die 2005 abgeschaffte Eigenheimzulage haben nicht unwesentlich zu der Entwicklung von dispersen Siedlungs- und Produktionsstrukturen geführt, die stark auf den motorisierten Verkehr ausgerichtet sind.
Die Verkehrs- und Infrastrukturplanung auf nationaler und regionaler Ebene ist ein zentrales, langfristig wirksames Instrument, um verkehrsreduzierende und für umweltverträglichere Verkehrsmittel geeignete Strukturen und Standorte zu erhalten und zu schaffen. In diesem Zusammenhang stehen die Finanzierung und die Verbesserung der Bedingungen für die Angebote im öffentlichen Verkehr. Die Klimawirkung planerischer Maßnahmen zur Eindämmung des Verkehrsumfangs ist schwer zu beziffern; sie stellen jedoch die Grundlage für eine integrierte, auf Klimaschutz angelegte Verkehrspolitik dar.
Während die EU in der Klimapolitik auf internationaler Ebene nach außen als Einheit auftritt, wirkt sie im Sektor Verkehr nach innen. Die EU ist von zentraler Bedeutung in der Frage der verkehrsbedingten CO2-Emissionen. Hintergrund dafür ist, dass im Luft-, aber auch im Straßenverkehr in den Mitgliedstaaten nur wenige Aktivitäten zu verzeichnen waren. Außerdem sind bereits die Schadstoffgrenzwerte (EURO-Normen) auf EU-Ebene geregelt. Im Vorfeld zu den Verhandlungen des Kyoto-Protokolls hat die EU eine Strategie zur Minderung der CO2-Emissionen des Pkw-Verkehrs beschlossen.
Um die restlichen 10g CO2/km einzusparen, wird auf Biokraftstoffe gesetzt. Das CO2-Verminderungspotenzial von Biokraftstoffen begründet sich in deren (prinzipieller) Kohlenstoffneutralität. So wird bei ihrer Verbrennung nicht mehr CO2 abgegeben, als die Pflanzen während ihres Wachstums aufgenommen haben. Das Ziel einer Erhöhung des Anteils von Biokraftstoffen am gesamten Energieverbrauch im Verkehr auf 5,75 Prozent bis 2010 wird voraussichtlich nicht erreicht. Es wird für 2010 ein Anteil von 4,2 Prozent erwartet.
Ein weiterer wichtiger Politikansatz der EU ist die Einbeziehung des Flugverkehrs in den europäischen Emissionshandel. Emittieren die Unternehmen mehr Treibhausgase, müssen sie Rechte dazukaufen, ist es umgekehrt, dürfen sie nicht genutzte Emissionsrechte zum Verkauf anbieten. Da es im Flugverkehr mit wenigen Ausnahmen keine Kerosinsteuer gibt, die analog zur Mineralölsteuer den Verbrauch fossiler Energien verteuert, ist der Emissionshandel ein Weg, über Mehrkosten die Nachfrage zu bremsen. Da sich aber die individuellen Flugkosten durch den zurzeit diskutierten Emissionshandel wahrscheinlich nur um 4,6 bis 39,6 Euro pro Flug (je nach zurückgelegter Strecke) verteuern,
Insgesamt wird die EU beim Klimaschutz im Verkehrssektor immer wichtiger. Die Möglichkeit, im Binnenmarkt einheitliche Regeln zu etablieren, löst Blockaden auf nationaler Ebene auf. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass eine Vielzahl von Politiken der EU, wie z.B. der freie Warenverkehr oder die Deregulierung des Flugverkehrs, negative Entwicklungen gefördert hat. Auch in der EU ist damit ein Abbau von verkehrserzeugenden Anreizen von zentraler Bedeutung für zukünftige Entwicklungen.
Schwellen- und Entwicklungsländer
Das Thema Verkehr und Klimaschutz kann nicht ohne Bezug auf die so genannten Schwellen- und Entwicklungsländer behandelt werden. Während in den Industriestaaten der bereits hohe Ausstoß an CO2Emissionen aus dem Verkehrssektor nur noch leicht ansteigen wird, sind für die Schwellen- und Entwicklungsländer Zuwächse von fast 3,6 Prozent jährlich prognostiziert worden (IEA 2004).
Geht man von den verkehrsbedingten Pro-Kopf-Emissionen aus, die in Europa (EU-25) Realität sind, wären die Gesamtemissionen in China um ein Achtfaches und in Indien um das 22-fache höher als heute. Insgesamt würde in diesen beiden Ländern fünfmal soviel CO2 emittiert wie 2004 im Europa der 25.
In Schwellenländern mit hohen Motorisierungsraten ist das Problem Verkehr zumeist erkannt. Es sind aber weniger Sorgen um den Klimawandel als vielmehr lokale Probleme, die Problembewusstsein schaffen. Instrumente des internationalen Klimaregimes unterstützen diese Entwicklung, insbesondere der Global Environmental Fund (GEF) und der Clean Development Mechanism (CDM) im Rahmen des Kyoto Protokolls. Mit dem CDM ist es möglich, dass ein Industrieland Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen in einem Entwicklungsland durchführt und gegen eine Vergütung Carbon Credits erwirbt, die auf die Emissionsminderungsziele des Landes angerechnet werden können. Damit soll Industrieländern das Erreichen ihrer Reduktionsziele erleichtert und gleichzeitig ein Technologietransfer in Entwicklungsländer gefördert werden. Die strengen Vorschriften zur Messung von Emissionseinsparungen beim CDM haben dazu geführt, dass bislang kaum Verkehrsprojekte realisiert worden sind.
Bewertung und Strategien
Im Verkehrssektor ist das Erreichen von Klimaschutzzielen besonders schwierig. Bisher ist jeder Technologiesprung vom Verkehrswachstum wettgemacht worden. Zwar existiert eine Anzahl von Maßnahmen, eine Aussicht auf Erfolg besteht jedoch nur, wenn an einer Vielzahl von Stellschrauben gedreht wird. Aufgrund der unterschiedlich aktiven politischen Ebenen ist ein einheitliches Handeln schwierig.
Das Problem Klimaschutz ist ein globales, und die EU bietet ein passendes Forum zwischen gesetzgeberischer Verbindlichkeit und globalem Problembezug. CO2-Grenzwerte und Kerosinbesteuerung sind auf nationaler Ebene kaum durchsetzbar. Förderung und Einforderung effizienter Technologien als Schlüssel zum Klimaschutz sind hier am besten verortet. Die europäische Ebene garantiert die Rückkopplung der international vereinbarten Ziele in der tatsächlichen Politik. Die EU-Kommission strebt für die Post-Kyoto-Zeit (nach 2012) Emissionsreduktionen in Industrieländern von 30 Prozent im Vergleich zu 1990 an. Ratsam wäre darüber hinaus, dass sich die EU stärker beim Problem der Verkehrsentwicklung in Entwicklungsländern engagiert. Die Industrieländer müssen zeigen, dass Wohlstand auch mit weniger Verkehr möglich ist, wenn man effiziente Infrastrukturen und Technologien konsequent fördert. Nach heutiger Einschätzung werden Brennstoffzellenfahrzeuge, die ausschließlich Wasser emittieren, jedoch auch in absehbarer Zeit keinen nennenswerten Beitrag zur Problemlösung leisten können.
Wie im Bau- und Energiebereich schon praktiziert, ist es notwendig, dass Städte und Kommunen im Sektor Verkehr stärker strategisch aktiv werden. Zu betonen sind Synergien mit anderen Problembereichen wie dem Lärmschutz, der Luftreinhaltung und der Verkehrssicherheit. Die nationale Ebene ist ebenfalls stark gefordert, da sie an Entscheidungen in Europa beteiligt ist, diese umsetzen muss und den Rahmen für die Kommunen setzt. Es ist dringend geboten, dass sich die Verkehrspolitik und -planung von Bund, Ländern und Kommunen das Thema Klimaschutz vermehrt aneignen und in den Vordergrund rücken.