Einleitung
Seit Jahren verweisen Kriminologen und Strafrechtler auf gravierende Probleme im Jugendstrafvollzug: Regelungsdefizite aufgrund eines fehlenden Jugendstrafvollzugsgesetzes, steigende Belegungszahlen im geschlossenen Vollzug bei gleichzeitiger Unterauslastung des offenen Vollzugs, Zunahme des Anteils an Untersuchungsgefangenen, ein Trend zu einer restriktiven Vollzugspraxis insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern, Zunahme des Anteils nichtdeutscher und Aussiedlerjugendlicher, einen Anstieg der wegen Gewaltdelikten (Tötungs-, Körperverletzungs-, Raub- und Sexualdelikte) einsitzenden Jugendstrafgefangenen und eine Verjüngung der Altersstruktur.
Zu diesen Problemen zählt ebenso die Präsenz von rechtsextremen Gewalttätern in der Haft.
In anderer Weise wird Gruppenbildung bei ausländischen Inhaftierten oder bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund beobachtet.
Problemstellung
Die genannten Aspekte sind Gegenstand einer Untersuchung, die in vier Jugendstrafanstalten in Berlin, Brandenburg (Spremberg und Wriezen) und Mecklenburg-Vorpommern (Neustrelitz) durchgeführt wurde und deren Ergebnisse hier vorgestellt werden.
Folgenden Fragestellungen wurde dabei nachgegangen:
1. Inwieweit lassen sich Gruppen im Jugendstrafvollzug identifizieren? Welche Prozesse führen zur Gruppenbildung?
2. Ist das Gefängnis eher anfällig für Gruppenkonflikte oder für interpersonelle Konflikte?
3. Welche Bedeutung hat Gewalt im alltäglichen Leben der Insassen?
4. Welche Strategien/Maßnahmen gegen Gruppenbildung und Gewalt gibt es im Strafvollzug? Bei der Suche nach Bezugspunkten für die Gruppenanalyse zeigt sich, dass es unterschiedliche Zugänge gibt. Grundlegend ist zunächst der Hinweis Erving Goffmans auf die fundamentale Trennung zwischen Insassen und Personal:
Ein zweiter Ansatz bezieht sich auf die sozialpsychologischen Theorien intergruppalen Verhaltens, mit dem sich soziale Konflikte und diskriminierendes Verhalten erklären lassen. Nach dem Minimalgruppen-Paradigma
Eine Weiterung des Minimalgruppen-Paradigmas stellt die Theorie der sozialen Identität (TSI) dar.
Vorurteile und Stereotype sind Teil intergruppaler Differenzierung und tragen zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung einer positiven sozialen Identität bei.
In der Literatur werden verschiedene Strategien zur Herstellung einer positiven sozialen Identität beschrieben.
Sind die Gruppengrenzen durchlässig, ist eine kognitive Umdeutung möglich (Dekategorisierung). Dieser Strategie würde z.B. entsprechen, Provokationen in der Haft nicht mit Gewalt oder Gewaltandrohung zu beantworten. Eine weitere Möglichkeit zur Dekategorisierung besteht in der Aufwertung oder der Veränderung der Vergleichsparameter. Durch geeignete Behandlungs- und Trainingsprogramme im Strafvollzug lässt sich unter Umständen ein Wandel von gewaltförmigen zu sozial-kommunikativen Problemlösungsstrategien herbeiführen.
Im Strafvollzug ist davon auszugehen, dass die soziale Identität der Insassen unsicher und stark bedroht ist und es zu Konflikten zwischen unterschiedlichen Gruppen kommt. Aufgrund der hierarchischen Statusdifferenzen ist der stärkste Konflikt zwischen der Gruppe der Insassen und der Gruppe der Bediensteten anzunehmen. Die Gruppengrenzen sind hier in der Regel undurchlässig. Das Bestreben, durch soziale Mobilität eine Statusveränderung herbeizuführen, ist somit begrenzt.
Es ist anzunehmen, dass sich Differenzierungen vor allem zwischen den Gefangenengruppen entwickeln, deren Grenzen durchlässiger sind.
Unterschiede zwischen den Gruppen werden durch soziale Merkmale bestimmt. Dazu zählen ethnische (türkische Herkunft, Spätaussiedler), politische (Rechtsextreme), aber auch habituelle Merkmale, wie körperliche Stärke, Wendigkeit, Geschicklichkeit und Risikobereitschaft.
Die befragten jugendlichen Insassen
In der Studie wurden 65 männliche jugendliche Strafgefangene interviewt.
Die Mehrheit der Befragten (49 Fälle) sitzt wegen einer Gewaltstraftat in Haft (Körperverletzung, Raub, räuberische Erpressung, Totschlag und Mord). Die Deliktgruppe der Gewaltstraftaten war somit am häufigsten vertreten und in Berlin am stärksten ausgeprägt (19 Fälle bei N=21). Eigentums- und Vermögensdelikte (Diebstahl, Sachbeschädigung und Betrug) wurden mit 20 Fällen am zweithäufigsten genannt. Mit 5 Fällen war der Anteil derjenigen, bei denen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Verurteilung geführt hatten, am geringsten.
Gruppen und soziale Differenzierung der Gefangenen
Ganz gleich, um welche Anstalt es sich handelt, der größte Teil der Jugendlichen nimmt Gruppen in seinem Haftalltag wahr. Dabei rechnen sich die wenigsten der Befragten irgendeiner Gruppe zu. Gruppen mit einer rechtsextremen Orientierung sind vor allem in Spremberg und Wriezen präsent, in Neustrelitz spielen sie kaum eine Rolle. In Berlin hingegen dominieren Gruppen mit ausländischem Hintergrund. Es sind weitgehend Angehörige der türkischen Minderheit und Jugendliche aus dem Libanon und aus Palästina, die als "Araber" bezeichnet werden. Die nichtdeutschen Jugendlichen in der Berliner Anstalt kennen sich bereits durch ihre Zugehörigkeit zu delinquenten Gruppen in ihrem Wohnquartier. Kaum von Bedeutung sind Gruppen, die mit einer jugendkulturellen oder linken politischen Symbolik in Erscheinung treten (Linke, Punks, Hip-Hop-Anhänger). Mitunter spielt auch die Unterscheidung zwischen (körperlich) "Starken" und "Schwachen" als gruppenbildendes Merkmal eine Rolle.
Offensichtlich gibt es im Gefängnis verschiedene Arten von Gruppenformationen. Es gibt Gruppen, die mit gemeinsamen Zielen und Interessen auftreten und ein "Wir-Gefühl" aufweisen.
Neben den sozialen Phänomenen können auch bestimmte Eigenschaften, mit denen Menschen klassifiziert werden und durch die ihnen eine bestimmte Statusposition in der informellen Hierarchie der Anstalt zugewiesen wird, das entscheidende Merkmal für die Bildung einer Gruppe sein.
In allen untersuchten Anstalten demonstrieren die vorherrschenden Gruppen ihre Macht, indem sie bestimmte Territorien in der Haftanstalt besetzen. Durch ihre "öffentliche" Präsenz kontrollieren sie Räume und soziale Beziehungen. Auffallend ist außerdem, dass neben (physischer) Stärke auch die Schwere und Art des Delikts und die Dauer der Haft als Differenzierungsmerkmal für Gruppenbildung wahrgenommen wird. Dieser Befund entspricht den Erwartungen und wird auch in der Literatur bestätigt.
Gruppenhierarchien und ihre Legitimation
In den Anstalten, in denen rechtsextreme Gruppen (Spremberg, Wriezen) oder Gruppen ethnischer Minderheiten (Berlin) eine starke Präsenz haben, verfügen sie über einen hohen Status in der informellen Anstaltshierarchie. In Neustrelitz wird jenen Gruppen ein hoher Status zugesprochen, deren Mitglieder durch (körperliche) Stärke und Gewaltbereitschaft hervortreten. Umgekehrt stehen neue oder körperlich unterlegene Gefangene auf der Hierarchiestufe ganz unten und werden vielfach auch diskriminierend behandelt.
Ein Verständnis für die Legitimität informeller Gruppenhierarchien vermag die Mehrheit der Insassen in allen Anstalten allerdings nicht aufzubringen. Nur wenige Gefangene in Spremberg und Berlin versprechen sich vom Bestehen einer Gruppenhierarchie eine disziplinierende Wirkung. In Berlin sind das vor allem Jugendliche mit Migrationshintergrund, die auf lange Erfahrungen in einer ethnisch homogenen kriminellen Gruppe verweisen können.
Während Gruppenhierarchien von den meisten Insassen abgelehnt werden, ist die Zustimmung zu individuellen Hierarchien sehr viel stärker ausgeprägt. Die Insassen machen einerseits die Erfahrung, dass der Anschluss an feste Gruppen nur begrenzt möglich ist, andererseits, dass jeder in hohem Maße auf sich selbst angewiesen ist. Im Unterschied zu "draußen" ist die Wahlfreiheit in den Beziehungen zu Mitgefangenen deutlich eingeschränkt. Stabile Freundschaftsbeziehungen überdauern kaum, wenn sie nicht von einem Interesse geleitet sind. Die Häftlinge wägen genau ab, mit wem sie sich zu welchem Zweck einlassen. Soziale Beziehungen sind so einem gewissen Kosten-Nutzen-Kalkül unterworfen.
Ausnahmslos in allen Anstalten werden Statusrelationen anerkannt, die auf (physischer) Stärke beruhen oder auf dem Vermögen, sich durch Gewaltandrohung durchzusetzen; gleiches gilt für die besondere Schwere eines Delikts (Mord und Raub) und die damit im direkten Zusammenhang stehende Länge der Haftdauer. In Spremberg und Berlin spielt für einige Gefangene der Kontakt zu einflussreichen Freunden eine Rolle. In Wriezen und Neustrelitz genießen Insassen, die besondere intellektuelle und soziale Fähigkeiten aufzuweisen haben, einen hohen Status. Der Zugang zu besonders nachgefragten Gütern und Dienstleistungen als Status erhöhendes Merkmal wird nur von wenigen Jugendlichen aus Neustrelitz und Berlin genannt.
Wenn Gruppenhierarchien in geringerem Maße legitimiert werden als individuelle Hierarchien, so mag das vor allem mit den hierarchischen Beziehungen in der Anstalt und mit der geringen Durchlässigkeit von Gruppengrenzen in Haftanstalten zu tun haben. Statusveränderungen sind ganz überwiegend im Rahmen von interpersonellen Beziehungen, kaum aber zwischen Gruppen möglich.
Gruppenkonflikte und interpersonelle Konflikte
Da in einer geschlossenen Anstalt wie dem Strafvollzug interpersonelle Beziehungen im Vergleich mit Gruppenbeziehungen Veränderungen eher zugänglich sind, hat das auch Auswirkungen auf die Entwicklung von Konflikten und Gewalt. Mit Ausnahme Berlins werden in allen ostdeutschen Anstalten Gruppenkonflikte kaum festgestellt. Es gibt vor allem Konflikte auf der interpersonellen Ebene. In allen Anstalten sind Neuankömmlinge und (körperlich) unterlegene Häftlinge Demütigungen und Drangsalierungen ausgesetzt - in Wriezen insbesondere die Linken, so genannte Kiffer und Punks, in Neustrelitz und Berlin die Sexualstraftäter. In Berlin berichteten insbesondere deutsche Gefangene von gewaltsamen Übergriffen durch nichtdeutsche Insassen.
Bemerkenswert ist, welche Begründungen die Jugendlichen dafür geben, dass Gruppenkonflikte in der Haft kaum auftreten. Ein Erklärungsmuster zielt darauf ab, dass gewissermaßen "alle in einem Boot sitzen". Offen ausgetragene Gruppenkonflikte würden die Aufmerksamkeit der Anstaltsleitung erregen und stärkere Kontroll- und Repressionsmaßnahmen heraufbeschwören. Ein anderes Erklärungsmuster lässt sich mit der Aussage "Jeder ist sich selbst der nächste" zusammenfassen. Da im alltäglichen Überlebenskampf im Gefängnis niemandem getraut werden kann, ist es ratsam, sich weniger auf die Gruppe als auf wechselnde Zweck-Nutzen-Beziehungen zu verlassen. Eine Ausnahme bildet die JVA in Berlin, in der ethnische Gruppen einen großen Einfluss auf die Machtbeziehungen der Insassen haben. Hier erfolgt eine kontinuierliche Rekrutierung von straffälligen Jugendlichen aus den ethnischen Milieus in Berlin. Die Beziehungen, die sich an den traditionellen Merkmalen Ehre, Männlichkeit und Dominanz orientieren, umspannen Freundschaften in der Haft und im Leben "draußen" auf der Straße.
Gewalt
Den Aussagen der Jugendlichen zufolge gehört Gewalt in allen Anstalten zum Alltag. Sie ist ganz überwiegend ein situatives Phänomen. Planvolle Aktionen und die Verwendung von Waffen sind ausgesprochen selten.
Situationen, in denen Gewalt in einem fremdenfeindlichen oder rassistischen Zusammenhang steht, ließen sich nur in zwei Fällen nachweisen. In seltenen Fällen berichten Opfer von (sexuellen) Misshandlungen. Weit verbreitet sind hingegen Erniedrigungen, wenn neu aufgenommene Gefangene "gestestet" oder Dienstleistungen wie Kaffee kochen, Geschirr spülen, die Zelle säubern u. Ä. von Mithäftlingen erzwungen werden. Einige berichteten über körperliche Misshandlungen (z.B. glühende Zigarette auf der Brust ausdrücken).
Ganz gleich, ob man Gewalt aus der Täter- oder der Opferperspektive analysiert, einig sind sich die Jugendlichen weitgehend darüber, dass derjenige, der sich im Gefängnis mit Gewalt oder Gewaltandrohungen durchsetzen kann, Respekt genießt und in der Anstalt als erfolgreich gilt. Gleichwohl ist Gewalthandeln im Gefängnis immer auch an Bedingungen geknüpft. Das sind in erster Linie die hierarchische Struktur und die damit verbundene Kontrolle.
Rechtliche, zeitliche und räumliche Bedingungen setzen den Gelegenheitsstrukturen für Gewalt enge Grenzen. Viele Jugendliche fürchten die Folgen von Arrest, Rücknahme von Vollzugslockerungen u. Ä., wenn sie bei einer Gewalttat entdeckt werden. In der Haft ist das Entdeckungsrisiko vergleichsweise hoch. Nicht jeden hält das allerdings von Übergriffen zurück. Manche entwickeln ein feines Gespür dafür, wo und wann sie weitgehend ungestört agieren können. Zellen, Duschräume, Ausbildungs- und Arbeitsstätten oder Orte, wo die Freizeit verbracht wird, bieten immer auch günstige Tatgelegenheiten, selbst wenn sie einer noch so starken Kontrolle unterliegen. Obwohl die meisten Jugendlichen versuchen, eskalierende Situationen zu vermeiden und potenziellen Tätern aus dem Weg zu gehen, können sie nicht verhindern, dass es irgendwann doch zu Schlägereien kommt. Täter und Opfer begegnen sich auf engstem Raum und können sich in den seltensten Fällen ausweichen. Wenn der "Funke überspringt", versagen auch die besten Kontrollen und Überwachungsmaßnahmen.
Besonders häufig beklagen die Jugendlichen gewalttätige Übergriffe in der U-Haft. Hier ist die Situation völlig unübersichtlich und unberechenbar. Im Vergleich dazu wird die Gewaltbelastung im geschlossenen Vollzug als nicht so stark empfunden. Am geringsten ist das Gewaltniveau im offenen Vollzug.
Interpersonelle Konflikte und Gewalt haben Vorrang
Generell kommen in den untersuchten Anstalten eher interpersonelle Konflikte als Gruppenkonflikte vor. Die Existenz von Gruppen muss nicht zwangsläufig zu Gruppenkonflikten führen. Ein gutes Beispiel dafür sind die Rechtsextremen in den Brandenburger Anstalten Spremberg und Wriezen. In ihrem Verhältnis zu Mitgefangenen, Bediensteten und Anstaltsleitung sind sie darauf bedacht, Stärke zu demonstrieren, nicht aber durch Gewalthandlungen aufzufallen. Da Anstaltsleitung und Bedienstete in hohem Maße für Rechtsextreme in ihrer Haftanstalt sensibilisiert sind, stehen diese auch unter besonderer Kontrolle. Dieses Vorgehen festigt wiederum den Gruppenzusammenhalt der Rechtsextremen, und einige von ihnen versuchen sich politisch zu betätigen.
Ob die Gruppe einen politischen Einfluss auf andere Jugendliche hat, kann an dieser Stelle nicht mit Bestimmtheit beantwortet werden. Die Aussagen der meisten Jugendlichen aus den Brandenburger Anstalten lassen darauf schließen, dass man zu den Rechtsextremen eher auf (respektvolle) Distanz geht.
In Berlin spricht einiges dafür, dass die Gruppen ihre Beziehungen untereinander in einer Art "checks and balances" aushandeln. Dass hier manche Gruppen so stark hervortreten, liegt am Zusammenhalt der Jugendlichen ethnischer Minderheiten und an der gemeinsamen Herkunft aus einem bestimmten Stadtteil. Allerdings treten Gruppenkonflikte in den seltensten Fällen offen zutage. Die Aussagen der Jugendlichen lassen erkennen, dass Konflikte sehr wohl ausgetragen werden, allerdings so, dass Auseinandersetzungen nicht als Disziplinverstöße wahrgenommen und sanktioniert werden können.
Dass sich die Konfliktdynamik überwiegend in den interpersonalen Beziehungen durchsetzt, hat verschiedene Gründe. Die extremen Lebensbedingungen in der Haft sind gekennzeichnet vom Kampf um knappe Ressourcen und von Misstrauen gegenüber Mitgefangenen und Bediensteten. Das erfordert Strategien des "Überlebens" in einer permanent unsicheren Situation, die körperliche wie auch psychische Gefahren in sich birgt. Untersuchungen zur Gruppenbildung im Strafvollzug zeigen übereinstimmend zweckrationale Orientierungen im Sozialverhalten Gefangener.
Hinweise für Prävention und Intervention
Berichte aus verschiedenen Strafvollzugsanstalten zeigen, welche Bedingungen Gruppenbildung unterstützen und wie mit ihnen umgegangen werden kann.
Sechs Bedingungen:
Interne soziale Kontrolle in den Gruppen aufbrechen
Gefangene, die einen hohen Status in der Anstalt genießen, kontrollieren Zugangsberechtigungen und Verpflichtungen von Insassen mit niedrigem Status. Der dominanten Gefangenengruppe ist die Definitionsmacht zu entziehen, indem offizielle Auswahlkriterien und Zugangskriterien durchgesetzt werden.Gefangene mit hohem Status nicht als Konfliktschlichter nutzen
Wer als Vollzugsbeamter die Dienste von statushohen Gefangenen nutzt, läuft Gefahr, sich in ein Abhängigkeitsverhältnis zu Gefangenen zu begeben.Arbeitsplatzzuweisungen steuern
Gefangene mit einem hohen Status versuchen Arbeitsplätze zu erhalten, die ihnen Privilegien garantieren (Kontrolle über bestimmte Güter und Dienstleistungen, große Bewegungsfreiheit, gute Kontakte zu Mithäftlingen u. Ä.). Im Hinblick darauf sollten Betreuer und Mitarbeiter darauf achten, dass die Arbeit nicht zum Statusausbau genutzt wird.Überbelegung vermeiden
Räumliche Enge stärkt soziale Bindung und Kontrolle im Rahmen der Gruppe und begünstigt Übergriffe auf statusniedrige Gefangene. Als Gegenmaßnahme sollten Überbelegung vermieden und eine Dekonzentration der Organisationseinheiten erfolgen (Wohngruppenvollzug).Informationsmängel bei neu angekommenen Gefangenen
Der Informations- und Erfahrungsvorsprung verleiht bereits länger einsitzenden Gefangenen Macht. Von daher sollte die Anstaltsleitung dafür sorgen, dass die Neuzugänge wichtige Informationen in einem Aufnahmegespräch erhalten.Homogene Wohngruppen vermeiden
Insassen, die nach bestimmten Problemmerkmalen zusammengefasst werden (z.B. rechtsextreme Einstellung), begünstigen offensichtlich eine starke Eigengruppen-Bevorzugung und Fremdgruppen-Abwertung. In der vorliegenden Untersuchung scheint dies vor allem in Spremberg der Fall zu sein, wo Rechtsextreme in einem Zellentrakt zusammengefasst sind. Es empfiehlt sich, Gruppenmitglieder zu dekonzentrieren und ggf. immer wieder ihren Umzug innerhalb der Anstalt zu veranlassen. Der Wohngruppenvollzug bietet dazu im Verhältnis zum Stationsvollzug die besseren Möglichkeiten.