Ende August 2018 weigerte sich die 15-jährige schwedische Schülerin Greta Thunberg, nach den Sommerferien in die Schule zurückzukehren, und stellte sich stattdessen mit einem Schild mit der Aufschrift "Skolstrejk för klimatet" vor das Parlamentsgebäude in Stockholm. Nach drei Wochen erklärte sie unter dem Hashtag "Fridays for Future", ihren bis dahin täglichen Unterrichtsboykott freitags fortsetzen zu wollen, bis die schwedische Klimapolitik an den Zielen des 2015 geschlossenen internationalen Pariser Klimaabkommens ausgerichtet sei. Ihr Protest fand bald zahlreiche Unterstützer und Nachahmerinnen weltweit. Ab Dezember 2018 fanden auch in Deutschland Schulstreiks statt.
Inzwischen ist Greta Thunberg mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet worden und Fridays for Future eine internationale Bewegung, an deren jüngstem Aktionshöhepunkt, dem "Globalen Klimastreik" am 20. September 2019, rund vier Millionen Menschen teilnahmen, über ein Viertel davon in Deutschland. Durch die Dimension und Dynamik dieser umweltpolitischen Mobilisierung erfahren das seit Jahrzehnten bekannte Problem des menschengemachten Klimawandels und die Herausforderung, sich national wie international über geeignete Ansätze sowohl für seine Begrenzung als auch für eine Anpassung an seine Folgen zu verständigen, eine bisher unerreichte gesellschaftliche Politisierung.
Alte Fragen werden mit neuem Nachdruck diskutiert: Wie lässt sich die Reduktion klimaschädlicher CO2-Emissionen effektiv umsetzen? Welche politischen Weichenstellungen sind prioritär? Welche Rolle können marktwirtschaftliche Mechanismen beim Klimaschutz spielen? Und was tragen Verhaltensänderungen auf individueller Ebene bei? Zugleich wird die Klimadebatte selbst kritisch reflektiert. Die im öffentlichen Diskurs zur Klimafrage verbreiteten Katastrophenszenarien, Verzichtsaufforderungen und verkürzten Darstellungen von Zusammenhängen erschweren eine rationale und konsensuale Politikgestaltung.