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Partnerschaften - Lösung der globalen Wasserkrise? | Wasser | bpb.de

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Partnerschaften - Lösung der globalen Wasserkrise?

Lena Partzsch

/ 14 Minuten zu lesen

Zur Lösung der globalen Wasserkrise werden in zunehmendem Maße Partnerschaften zwischen staatlichen Akteuren, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Akteuren diskutiert.

Einleitung

Die globale Wasserkrise zählt zu den anhaltenden Problemen der internationalen Politik. Obwohl der Handlungsbedarf unumstritten ist, wurden in den vergangenen Jahrzehnten keine signifikanten Verbesserungen erzielt. Über eine Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, und mehr als doppelt so vielen fehlt eine sanitäre Grundversorgung. Weltweit werden nur fünf Prozent der anfallenden Abwässer aufbereitet, was zu ernsten gesundheitlichen und ökologischen Problemen führt. Ins Mittelmeer zum Beispiel, eines der am stärksten belasteten Meere weltweit, fließen jährlich zwei Millionen Tonnen Öl, 800.000 Tonnen Nitrate und 60.000 t Waschmittel. Infolge verschmutzten Wassers und mangelnder Hygiene sterben weltweit täglich ca. 5.000 Menschen, vor allem Kinder.

Die Vereinten Nationen riefen deshalb im vergangenen Jahr eine neue Wasserdekade (2005 - 2015) aus. Bis 2015 soll entsprechend den UN-Millenniumszielen die Anzahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung halbiert werden. Dafür müssen jeden Tag ca. 275.000 Menschen an die Wasserversorgung angeschlossen und für ca. 375.000 Menschen Sanitäreinrichtungen neu bereitgestellt werden. Die Kosten dafür werden auf 11,3 Milliarden US-Dollar geschätzt. Außerdem sollen Pläne für einen nachhaltigen Umgang mit den Wasserressourcen unter Berücksichtigung aller relevanten Bedürfnisse entstehen (Integrated Water Resource Management - IWRM).

Die klassische zwischenstaatliche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) versagt bisher bei der Lösung der globalen Wasserkrise. Als Schlüssel zur Umsetzung gelten deshalb freiwillige Partnerschaftsinitiativen zwischen staatlichen Akteuren (Regierungen, internationalen Organisationen) und nichtstaatlichen Akteuren aus Privatsektor und Zivilgesellschaft. Sie sollen die rein staatliche Umwelt- und Entwicklungspolitik nicht ersetzen, aber als neue Steuerungsform - Stichwort: Governance - ergänzen.

Beim Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg 2002 wurden Partnerschaften erstmals neben den zwischenstaatlichen, nunmehr "Typ 1"-Abkommen (Johannesburg Plan of Implementation, Political Declaration), als so genannte "Typ 2"-Partnerschaften zu den offiziellen Gipfelergebnisse gerechnet. Dies löste heftige Diskussionen aus. Die einen sehen in den Typ 2-Partnerschaften einen neuen lösungsorientierten Ansatz - "einen jazzigen, improvisationsfreudigen Tanz" gegenüber dem "steifen formalen Waltz traditioneller Diplomatie". Andere befürchten, dass mit den Typ 2-Partnerschaften zwischenstaatliche Entscheidungsprozesse durch intransparente, undemokratische Strukturen ersetzt werden.

Ein viel beachtetes Beispiel für eine Partnerschaftsinitiative, die in Johannesburg auf den Weg gebracht wurde, ist die EU-Initiative "Wasser fürs Leben" (EUWI). An ihr sind staatliche Akteure, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure beteiligt. Dieser Artikel beschäftigt sich am Beispiel der EUWI mit den Motiven dieser Akteure, sich an Partnerschaften zu beteiligen. Es wird zum einen gezeigt, dass die grundsätzlichen Erwartungen der beteiligten Partner zwar nicht im Widerspruch zueinander stehen und Partnerschaften somit grundsätzliches "Win-Win"-Potenzial bieten. Zum anderen sind die Grenzen partnerschaftlicher Aktivitäten wie der EUWI aber auch klar erkennbar. Auf (zwischen-)staatliche Entwicklungsprogramme wird auch in Zukunft nicht verzichtet werden können.

Was versteht man unter Wasser-Partnerschaften? Unter Wasser-Partnerschaften werden hier institutionalisierte, kooperative Beziehungen zwischen staatlichen Akteuren, dem Privatsektor und zivilgesellschaftlichen Akteuren mit der Absicht verstanden, zur Umsetzung der wasserbezogenen UN-Ziele beizutragen. Ihr institutioneller Kontext entspricht einem Netzwerk. Partnerschaften sind freiwillig und entsprechend autonom. In der Regel verfügen sie über eine horizontale Struktur, d.h. staatliche und nichtstaatliche Akteure sind in Partnerschaften grundsätzlich gleichrangige Partner am Verhandlungstisch. Im Zusammenhang mit dem Weltgipfel in Johannesburg 2002 wurden insgesamt 40 Partnerschaften mit Wasser als prioritärem Thema und 80 Partnerschaften mit Wasser als sekundärem Thema bei der zuständigen UN-Kommission für Nachhaltige Entwicklung registriert. Dem Wassersektor kommt damit in Bezug auf Partnerschaften ein Pilotcharakter zu.

Die EU-Wasserinitiative

Die EUWI gliedert sich in vier regionale, voneinander weitgehend unabhängige Partnerschaften für Afrika, den Mittelmeerraum, Lateinamerika sowie die Staaten Osteuropas, des Kaukasus und Zentralasiens. Alle vier verfolgen den Auf- und Ausbau der Wasserversorgung und sanitärer Anlagen (Water Supply and Sanitation - WSS) in den Partnerregionen sowie IWRM. Hinzu kommt zum Beispiel bei der EUWI für den Mittelmeerraum und für Lateinamerika ein Schwerpunkt zu nachhaltiger Wassernutzung in der Landwirtschaft, die den höchsten Wasserverbrauch hat. Die EUWI dient dabei in erster Linie als Plattform für kleinteiligere Projekte auf regionaler, nationaler und lokaler Ebene unter den Partnern. Ein Beispiel ist der Länderdialog Kasachstan, der unter Beteiligung der verschiedenen "betroffenen Kreise", der so genannten Stakeholder, Strategien zum nachhaltigen Umgang mit den Wasserressourcen in Kasachstan erarbeitet.

Dieser Länderdialog umfaßt vier Schwerpunktbereiche:

1. Institutionelle Verwaltung der Wasserqualität und Ökologie: Die zentrale Wasserzuteilung und Verwaltung verschwand in Kasachstan buchstäblich mit der Auflösung der Sowjetunion. Zuständigkeiten sollen deshalb geklärt, Informationslücken identifiziert und Kooperation gefördert werden.

2. Erreichung der UN-Wasserziele bis 2015: Qualitativ besseres und günstigeres Leitungswasser soll in Verbindung mit Kapazitätenbildung erhältlich werden. Da der Ausbau der Infrastruktur den Wasserverbrauch erhöhen wird, Kasachstans absolutes Wasseraufkommen jedoch bereits an seine Grenzen stößt, soll Nachfragesteuerung eingeführt werden. Die dahinterstehende Einführung von Wasserpreisen stößt jedoch auf wenig Sympathie in der Bevölkerung.

3. Wassernutzungseffizienz: Durch öffentliche Kampagnen soll ein Bewusstseinswandel für die Knappheit der Wasserressourcen angeregt werden, hin zu Wasserpreisen und institutioneller Kooperation.

4. Vorbereitung grenzüberschreitenden IWRM: Bilaterale Abkommen und Flussgebietsorganisationen sollen gefördert werden.

Staatliche Akteure

Staatliche Akteure haben die globale Wasserkrise bisher nicht zu lösen vermocht. Die Problematik ist hoch komplex, und ihre Bewältigung erfordert weit mehr als das zur Verfügung stehende Kapital und Know-how. Mit der Initiierung von Partnerschaften sollen deshalb neue, zusätzliche Ressourcen aus dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft zur Umsetzung der UN-Wasserziele mobilisiert werden. Erwartet wird, dass sich so die Treffsicherheit staatlicher Investitionen und Maßnahmen erhöht. Im Vordergrund stand zunächst privates Kapital zum Ausbau der Infrastruktur in Entwicklungs- und Schwellenländern (Hardware). So sollten unzureichende öffentliche Mittel ergänzt und die öffentliche Haushalte entlastet werden. Daneben geht es aber auch immer schon darum, dass nicht-staatliche Akteure als "betroffene Gruppen" durch ihr Wissen und die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen zur Problemlösung beitragen (Software). Im Wassersektor ist u.a. betriebswirtschaftliches, technisches, geografisches und kulturelles Know-how gefragt. Die Geberländer sind insbesondere an einem effizienteren Einsatz von EZ-Mitteln interessiert. Von den zivilgesellschaftlichen Akteuren erwarteten vor allem die staatlichen Akteure der Geberländer, dass sie ein Bindeglied zwischen globaler Politik und lokaler Bevölkerung bilden und somit die demokratische Legitimität der Maßnahmen erhöhen.

Am Beispiel der EU-Wasserinitiative zeigt sich, dass das Potenzial der Partnerschaften von den staatlichen Akteuren zunächst überschätzt wurde. Es ist nicht ansatzweise gelungen, das für die Umsetzung der UN-Wasserziele notwendige Kapital aus privaten Quellen zu mobilisieren. In allen vier regionalen Komponenten der EUWI leisten die staatlichen Akteure den höchsten personellen und finanziellen Einsatz. Dabei hat sich der Druck auf die EU von allen Seiten, insbesondere von den staatlichen Akteuren der Partnerländer, die mehr Entwicklungshilfe fordern, noch erhöht. Anfang 2004 schließlich wurde die EU-Wasserfazilität mit öffentlichen Mitteln in Höhe von 500 Millionen Euro für die AKP-Staaten (afrikanische, karibische und pazifische Staaten, ehemalige Kolonien der EU-Mitgliedstaaten) parallel zur EUWI für Afrika geschaffen.

In ähnlicher Weise werden die Erwartungen der staatlichen EU-Akteure in Bezug auf das Wissen und die Informationen nicht-staatlicher Akteure verkehrt. Zivilgesellschaftliche Akteure wie die "Global Water Partnership" (GWP) liefern im Rahmen der EUWI zwar Know-how, werden dafür aber von staatlicher Seite bezahlt. Beim Jahrestreffen der EUWI in Stockholm 2005 bildeten die so genannten "Consultants", die Politikberatung in Form von Auftragsstudien u. ä. anbieten, zeitweise die Mehrheit der Anwesenden.

Zugleich schließt sich eine Teilnahme für das Gros der wasserbezogenen Zivilgesellschaft aus. Denn die meisten zivilgesellschaftlichen Akteure im Non-Profit-Bereich richten sich gegen die (Teil-)Privatisierung im Wassersektor und sind deshalb nicht bereit, mit den privaten Wasserkonzernen zu kooperieren. Gerade in Afrika gibt es zum Beispiel mit der "Free Water"-Bewegung eine starke zivilgesellschaftliche Bewegung gegen Wasserpreise und die Privatisierung der Wasserversorgung. Sie meint, eine Zuteilung von Wasser über Marktmechanismen widerspreche dem Menschenrecht auf Wasser, weil nicht alle Menschen die zu zahlenden Preise aufbringen können und damit von der Wasserversorgung ausgeschlossen werden. Die Privatisierung verschärft die Problematik, die in der Regel in einer Erhöhung der Wasserpreise resultiert.

An der EUWI nehmen nur solche zivilgesellschaftlichen Akteure teil, die nicht grundsätzlich gegen eine Privatisierung gerichtet und oft bereits eng mit dem Privatsektor verwoben sind - wie z.B. Water Aid oder GWP. Sie stammen fast ausschließlich aus Europa, verfügen allerdings über Verbindungsbüros in den Partnerregionen. Insofern können sie als eine Art Bindeglied zwischen globaler und lokaler Ebene agieren und mit ihrem Know-how zu einer höheren Treffsicherheit und Wirksamkeit der Partnerschaft gegenüber rein staatlichen Maßnahmen beitragen. Damit entlasten sie die staatlichen Akteure. Deren Erwartungen an die nicht staatlichen Akteure im Vorfeld der EUWI waren nichtsdestotrotz sehr viel höher.

Unternehmen - zwischen gesellschaftlicher Verantwortung und Lobbying

Die Erwartungen staatlicher Akteure richteten sich zunächst auf die Unternehmen. Sie werden durch Partnerschaften in ein gutes Licht gerückt. Ihnen wird deshalb häufig "Green Washing" unterstellt, dass sie also Partnerschaften nutzen, um ihr Image aufzubessern und zugleich weiter die Umwelt verschmutzen. Unternehmen geben dagegen an, eingesehen zu haben, dass sie in einem gesellschaftlichen Kontext agieren, der sie bereichert und den sie beeinflussen. Die Beteiligung an Partnerschaften wird als Teil der Unternehmensverantwortung (Corporate Social Responsibility - CSR) ausgelegt. Partnerschaften werden in diesem Sinne als Flucht nach vorne interpretiert. Hinzu kommt das Interesse von Unternehmen, Politik mitzugestalten und zu beeinflussen. Eine Multi-Stakeholder-Partnerschaft sei in den seltensten Fällen kommerziell, weil sie langfristig angelegt sei. Sie diene eher dazu, Politik zu machen und zu beeinflussen. Im Rahmen von Partnerschaften erhalten Unternehmen Zugang zu staatlichen Entscheidungsträgern und frühzeitige Informationen über politische Entwicklungen (first-mover advantage). Durch dieses Wissen schaffen sie sich auf der einen Seite mehr Planungssicherheit, auf der anderen Seite die Möglichkeit zur frühzeitigen Einflussnahme.

Die großen transnationalen Wasserkonzerne - RWE Thames Water, Suez und Veolia - sind von Seiten der Unternehmen an der EUWI beteiligt. Öffentliche und kommunale Unternehmen beteiligen sich nicht. Die privaten Konzerne stammen ausschließlich aus der EU (Frankreich, Großbritannien und Deutschland). Die Vertreter/innen der einzelnen Konzerne, die an den EUWI-Treffen teilnehmen, sind meist Lobbyist/innen aus Brüssel. Ihre Aufgabe ist es, "Beziehungen aufzubauen, Informationen und Hintergründe zu liefern und im Dialog zu stehen mit den Institutionen" mit dem Ziel, Einfluss auf für den Wassersektor relevante Politikprozesse zu nehmen. Bei RWE Thames Water beispielsweise gibt es drei Personen, die diese Tätigkeit verfolgen; von ihnen ist eine Person speziell, aber nicht ausschließlich für die EUWI zuständig.

Für die Wasserunternehmen ist es derzeit wichtig, im Informationsfluss zu bleiben und ihren Zugang zu staatlichen Entscheidungsträgern zu festigen, da die EU-Wasserpolitik sich in einer Phase der Umstrukturierung befindet. Zum einen gewinnt die EU durch die Verlagerung von Kompetenzen auf die Europäische Ebene gegenüber den Mitgliedstaaten an Bedeutung. War früher die französische Regierung stärker Ansprechpartnerin für die französischen Unternehmen, so ist es heute die Europäische Kommission. Zum anderen ist Wasser auf EU-Ebene nicht mehr nur Thema der Umweltpolitik, sondern wird mit der Liberalisierung der Wassermärkte zunehmend zum wirtschaftspolitischen Thema - sowohl in Bezug auf den Binnenmarkt als auch international im Rahmen der Welthandelsorganisation (General Agreement on Trade in Services/GATS).

Da die EUWI kaum auf öffentliches Interesse stößt und deshalb - anders als gemeinhin angenommen -, wenn überhaupt, nur implizit zur Verbesserung des öffentlichen Images der Unternehmen beiträgt, muss die Imageverbesserung als zweitrangig gegenüber dem Motiv der direkten Lobbyingmöglichkeiten erachtet werden. Dafür spricht auch, dass die Unternehmen sich bisher nicht mit ihren Ressourcen in konkrete Projekte, wie etwa den Länderdialog mit Kasachstan, einbringen.

Zivilgesellschaftliche Akteure - zwischen gesellschaftlichem Engagement und Eigeninteressen

Zivilgesellschaftliche Akteure gelten gemeinhin als Bindeglied zur lokalen Bevölkerung. Aufgrund ihres Selbstverständnisses als "moralischer Gegenpol" zu Staat und Privatsektor werden sie zudem als Legitimationsressource globaler Politik erachtet. Das vordergründige Motiv zivilgesellschaftlicher Akteure, sich an Partnerschaften zu beteiligen, läge dementsprechend in der Kontrolle von Staat und Unternehmen. Die Zivilgesellschaft im Wassersektor ist jedoch gespalten. Gretchenfrage ist das Pro oder Contra der Privatisierung. Das Gros der zivilgesellschaftlichen Akteure im Wassersektor stellt sich gegen die (Teil-)Privatisierung der Versorgung. Auf sie träfe die Beschreibung als "Gegenpol" zu. Eine Kooperation mit dem Privatsektor kommt zurzeit wegen der verhärteten ideologischen Fronten aber nur für solche zivilgesellschaftlichen Akteure in Frage, die sich nicht gegen die Privatisierung stellen, wie z.B. Water Aid und GWP. Zugleich verfügen in der Regel auch nur diese NGOs, die bereits mit dem Privatsektor verwoben sind, über die finanziellen Ressourcen, die durch eine Teilnahme an Partnerschaften gebunden werden, z.B. durch selbst zu finanzierende Reisen.

Wie bei den Unternehmen sind es bei diesen NGOs auch die für die politischen Institutionen in Brüssel zuständigen Mitarbeiter/innen, die an den Treffen der EUWI beteiligt sind. Eine Mitarbeiterin erklärte: "Es bestehen unterschiedliche Motive von Seiten der Stakeholder. Für einige NGOs wird es um die Umsetzung und einen größeren Druck zum Ausbau des Zugangs zu Wasser und sanitärer Versorgung gehen. Aber für einige NGOs wird es auch um mehr Geld, den Erwerb eines größeren Einkommens und größeren Profils durch Partnerschaften gehen."

Durch das Engagement in Partnerschaften und die Zusammenarbeit mit staatlichen Akteuren und Unternehmen werden die NGOs zu relevanten Stakeholdern. Dadurch ändern sich die Instrumente, die ihnen für ihre Arbeit zur Verfügung stehen; z.B. wird die Expertise von Water Aid oft durch die Medien angefragt, was den Bekanntheitsgrad und damit das Spendenaufkommen der NGO erhöht. Das öffentliche Ansehen von NGOs wie Water Aid steigt deshalb parallel zu ihrer Beteiligung an der EUWI. Zivilgesellschaftliche Akteure, die die Einführung von Wasserpreisen und die Privatisierung der Wasserversorgung nicht ablehnen, profitieren somit von der Teilnahme an Partnerschaften.

Die Motive der Partner sind unterschiedlich: So richten sich die Partnerschaftsmotive staatlicher Akteure auf eine Mobilisierung nichtstaatlicher Ressourcen (Kapital, Know-how), eine höhere Treffsicherheit und Wirksamkeit von Maßnahmen zur Umsetzung der UN-Ziele sowie die Öffentlichkeit. Die Partnerschaftsmotive von Unternehmen orientieren sich am Zugang zu Entscheidungsträgern und Lobbyisten, an frühen Informationen, Planungssicherheit und "first-mover advantage" sowie an der Unternehmensverantwortung. Die Partnerschaftsmotive der zivilgesellschaftlichen Akteure bevorzugen die Umsetzung normativer Ziele, wie z.B. den Ausbau der Wasserversorgung, höhere öffentliche Aufmerksamkeit und eine erhöhte Spendenbereitschaft der Bevölkerung sowie den Zugang zu Informationen.

Schlussbemerkungen

Am Beispiel der EUWI wird deutlich, dass Partnerschaften durchaus "Win-win"-Potenzial aufweisen - wenn auch nicht im erwarteten Maße. Die staatlichen Akteure profitieren vom nichtstaatlichen Know-how und der damit verbundenen höheren Wirksamkeit staatlicher Interventionen. Die Unternehmen erhalten Zugang zu Entscheidungsträgern. Die zivilgesellschaftlichen Akteure werden als Stakeholder anerkannt. Damit bleiben die Partnerschaften allerdings vor allem für die staatlichen Akteure aus der EU hinter den Erwartungen zurück.

Mit der EUWI wuchs der Druck zur Erhöhung der öffentlichen Mittel für die wasserbezogene EZ, anstatt sie zu entlasten. Nichtstaatliches Know-how konnte mobilisiert werden - allerdings finanziert aus öffentlichen Mitteln. Zudem beteiligt sich das Gros der zivilgesellschaftlichen Akteure im Wassersektor nicht an Partnerschaften wie der EUWI, so dass ihr Wissen nicht einfließt. Negative Erfahrungen mit der Einführung von Wasserpreisen und der Privatisierung der Wassermärkte bleiben so ausgeblendet. Dies birgt nicht nur die Gefahr in sich, Fehler zu wiederholen. Auch drohen Partnerschaften spätestens in der Phase der Umsetzung auf Ablehnung der breiten Bevölkerung zu stoßen, wie z.B. in Afrika, wo es die "Free Water"-Bewegung gibt, oder auch in den ehemaligen Sowjetrepubliken, in denen Wasserpreise ebenfalls auf wenig Sympathie stoßen.

Partnerschaften wie die EUWI bieten somit "Win-win"-Potenzial für die beteiligten Partner. Der kooperative Ansatz stößt jedoch an deutliche Grenzen aufgrund grundsätzlicher Interessenkonflikte in Bezug auf die Privatisierung der Wasserversorgung. Mit der Entscheidung, eine Partnerschaft unter Beteiligung des Privatsektors zu initiieren, hat sich die EU implizit gegen eine Kooperation mit jenen zivilgesellschaftlichen Akteuren entschieden, die sich gegen die Privatisierung der Wasserversorgung richten. Ein Beweggrund dafür war, dass auf privates Kapital zum Ausbau der Infrastruktur gesetzt wurde - eine Erwartung, die sich nicht erfüllte. Als Konsequenz wäre eine verstärkte Zusammenarbeit mit öffentlichen anstatt privaten Unternehmen denkbar, so dass zugleich das Gros der wasserbezogenen Zivilgesellschaft ins Boot geholt werden könnte. Auch öffentliche Unternehmen verfügen über das gefragte technologische und betriebswirtschaftliche Know-how.

Der wachsende Druck auf die EU, die wasserbezogene Entwicklungshilfe zu erhöhen, führt zudem deutlich vor Augen, dass öffentlichen Investitionen und damit den staatlichen Akteuren weiterhin die entscheidende Rolle bei der Umsetzung der UN-Wasserziele zukommt. Als Geber bestimmen die staatlichen Akteure aus der EU weiterhin die "Spielregeln". Nur wenn sie die Finanzierung leisten, können Partnerschaften mit dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft zum Erfolg führen. Insofern können Partnerschaften zwar einen Beitrag zur Umsetzung der UN-Wasserziele leisten, aber die globale Wasserkrise nicht abschließend lösen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. World Health Organisation (WHO)/UNICEF, Water for Life. Making it happen, WHO Press, Genf 2005, www.who.int/water_sanitation_health/waterforlife.pdf (1. 3. 2006), S. 4.

  2. Vgl. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Neue Strukturen globaler Umweltpolitik. Welt im Wandel, Berlin 2001, S. 46.

  3. Vgl. Institut für Verfahrenstechnik, Universität Bremen: www.wasser-wissen.de/abwasserlexikon/m/ mittelmeer.htm (1. 3. 2006).

  4. Vgl. WHO/UNICEF (Anm. 1), S. 2.

  5. Vgl. Andreas Rechkemmer/Falk Schmidt, Neue globale Umweltpolitik. Die Bedeutung der UN-Reform für eine nachhaltige Wasser- und Waldpolitik, Berlin 2006, S. 55.

  6. Vgl. WHO/UNICEF (Anm. 1), S. 32.

  7. Vgl. ebd., S. 73.

  8. Martin Witte/Charlotte Streck/Thorsten Benner, The Road from Johannesburg: What Future for Partnerships in Global Environmental Governance?; in: dies. (Hrsg.), Progress or Peril? Partnerships and Networks in Global Environmental Governance. The Post-Johannesburg Agenda, Global Public Policy Institute, Berlin 2003, S. 59.

  9. Vgl. Patrick Bond, Talk Left Walk Right. South Africa's Frustrated Global Reforms, KwaZulu-Natal 2004, S. 136.

  10. Vgl. EU-Wasserinitiative (EUWI): www.euwi.net (1. 3. 2006).

  11. Vgl. Tanja Börzel/Thomas Risse, Public-Private Partnership: Effective and Legitimate Tools of International Governance?, in: www.fu-berlin.de/atasp (15. 1. 2005), S. 4; Inge Kaul, Exploring The Policy Space Between Markets and States. Global Public-Private Partnerships; in: dies./Pedro Conceicao (Hrsg.), The New Public Finance. Responding to Global Challenges, UNDP, New York-Oxford 2006, S. 222.

  12. Vgl. United Nations Economic and Social Council, Partnerships for Sustainable Development. Commission of Sustainable Development, Twelfth session 14 - 30 April 2004, Report of Secretary-General (E/CN.17/2004/16), 10. 2. 2004, New York, S. 5.

  13. Vgl. UNDP Kasachstan: www.voda.kz (1. 3. 2006).

  14. Vgl. Juerg Staudenmann, Linking IWRM & WSS. UNDP's Kazakhstan Experience World Water Week. EU Water Initiative - Special Session, Stockholm, 24.8. 2005; Government of Kazakhstan/UNDP/Global Water Partnership/Government of Norway, Progress Report on Project for a National Integrated Water Resources and Water Efficiency Plan for Kazakhstan (Project No. 00034982), Period covered: January - June 2005.

  15. Vgl. WHO/UNICEF (Anm. 1), S. 32; vgl. Uwe Hoering, Wasser für die Armen durch Hilfe für die Industrie. "Entwicklungspartnerschaften" im Wassersektor, Stuttgart 2003, S. 4 ff.

  16. Vgl. Adil Al Radif, Integrated Water Resource Management (IWRM): an approach to face the challenges of the next century and to avert future crises; in: Desalination, (1999) 124, S. 149.

  17. Vgl. Heike Walk u.a., NGOs - die "Entschleuniger" der Globalisierung? Einleitung, in: Achim Brunnengräber u.a. (Hrsg.), NGOs als Legitimationsressource. Zivilgesellschaftliche Partizipationsformen im Globalisierungsprozess, Opladen 2001, S. 13.

  18. Die Anwesenden wurden um Handzeichen gebeten, zu welcher Kategorie sie gehören. Teilnehmende Beobachtung, Multi-Stakeholder-Forum der EUWI, 23.-25. 8. 2005.

  19. Vgl. P. Bond (Anm. 9), S. 144ff.; Lidy Nacpil u.a. (Hrsg.), Peoples' resistance and alternatives to privatization of water and power services. A joint publication of Jubilee South Asia-Pacific and the Freedom from Debt Coalition, Quezon City 2004; The Council of Canadians, www.canadians.org (1. 3. 2006).

  20. Belén Balanyá, WSSD: Not green, blue greenwashing; in: The International Forum on Globalization (Hrsg.), Intrinsic consequences of economic globalization on the environment, San Francisco 2002, S. 14 - 22.

  21. Vgl. Teresa Presas, Interdependence and Partnership: Building Blocks to Sustainable Development; in: Corporate Environmental Partnership, (2001) 3, S. 203ff.

  22. Vgl. Klaus Dingwerth, Effektivität und Legitimität globaler Politiknetzwerke, in: Tanja Brühl u.a. (Hrsg.), Unternehmen in der Weltpolitik. Politiknetzwerke, Unternehmensregeln und die Zukunft des Multilateralismus, Bonn 2004, S. 79.

  23. Vgl. anonymisiertes Telefoninterview mit Vertreter/in eines privaten Unternehmens am 25. 11. 2004.

  24. Vgl. Europäische Kommission, EU Water Initiative, Working Document, draft final, 21. 8. 2002, S. i.

  25. Vgl. persönliches Interview mit privatem Unternehmensvertreter am 21. 4. 2005 in New York City.

  26. Vgl. persönliches Interview mit NGO-Vertreter/in am 13. 4. 2005 in New York City.

  27. Vgl. H. Walk u. a. (Anm. 17), S. 13.

  28. Vgl. P. Bond (Anm. 9); L. Nacpil u. a. (Anm. 19); Europäische Kommission (Anm. 24), S. i.

  29. Vgl. persönliches Interview mit Vertreterin einer NGO, die an der EUWI beteiligt ist, am 14. 4. 2005 in New York City.

geb. 1978; Dipl.-Politikwissenschaftlerin, Doktorandin an der Forschungsstelle für Umweltpolitik, Otto-Suhr-Institut, Freie Universität Berlin, Ihnestr. 21, 14195 Berlin.
E-Mail: E-Mail Link: lpartzs@zedat.fu-berlin.de