Einleitung
Bei der Region Horn von Afrika (mit den Vielvölkerstaaten Äthiopien und Eritrea, dem zerfallenen Staat Somalia und dem Kleinstaat Djibouti) handelt es sich unverkennbar um einen chronischen Krisenherd.
Das Horn von Afrika kann sowohl historisch als auch gegenwärtig als eine der kriegsträchtigsten Regionen Afrikas gelten.
Seit jeher war das Horn von Afrika auf Grund seiner exponierten geopolitischen Lage gegenüber der Arabischen Halbinsel, am Roten Meer und am nordwestlichen Indischen Ozean auch für raumfremde Mächte von großem Interesse. Dies galt insbesondere für die Zeit seit der Eröffnung des Suezkanals im Jahre 1869. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Horn zu einem Hauptschauplatz des "Kalten Krieges" auf dem afrikanischen Kontinent. Neuerdings gilt im Kontext des transnationalen Terrorismus das Horn wiederum als ein "Hot Spot" der Weltpolitik.
Somalia: Kein Ende der Gewaltkonflikte?
Wesentliche Ursache des Bürgerkriegs und Staatszerfalls in Somalia war das exklusive Herrschaftssystem des Ex-Präsidenten Siad Barre sowie dessen machtpolitische Instrumentalisierung des Clanwesens.
Seit 1991 kam es im (ehemals italienischen) Süden Somalias zu vielfältigen Kleinkriegen rivalisierender bewaffneter Gruppen untereinander und gegen große Teile der Zivilbevölkerung. Zudem formierten sich ein "Kriegsherrentum" und eine "Bürgerkriegs-Ökonomie", die durch Kontrolle über die Infrastruktur (Straßen, Flug- und Seehäfen), durch Raub, Erpressung, Plünderung, Piraterie, den Handel mit Bananen, der Khat-Droge, mit Holzkohle sowie vor allem mit Waffen gekennzeichnet war und ist.
Auf dem "entstaatlichten" Territorium Somalias bildete sich eine dynamische Gemengelage von Zonen relativen Friedens und der Normalisierung des Alltagslebens einerseits und von Zonen anhaltender Gewalt und Unsicherheit andererseits heraus. Vorherrschender Trend war und ist die Konsolidierung und Kontrolle von Teilterritorien und staatsähnlichen Gebilden durch jeweils dominante Kriegsherren, Milizen, Clan-Allianzen und islamische Autoritäten. Im abgespalteten nordwestlichen "Somaliland" kam es nach 1991 zu einer eigenständigen Rekonstruktion von Staatlichkeit. Im Nordosten formierte sich seit dem Jahre 1998 die autonome Region Puntland, die jedoch im Unterschied zu Somaliland keine eigenstaatliche Unabhängigkeit beansprucht, sondern sich als "Teil-Staat eines zukünftig aufzubauenden föderalen Somalias" versteht.
Zwischen 1992 und 1995 mischten sich die Vereinten Nationen und die USA in (Süd-)Somalia ein, um die kriegsbedingte Hungersnot abzumildern und eine Rekonstruktion von Staatlichkeit zu betreiben. Doch ist letzteres Vorhaben bekanntlich gescheitert.
Die desolaten Verhältnisse in Somalia haben auch zu einem Erstarken islamischer Kräfte geführt, die in Teilen Südsomalias und der Hauptstadt Mogadishu zu elementarer Sicherheit beitragen und Wohlfahrtsleistungen für die Menschen erbringen. Die überwältigende Mehrheit der somalischen Bevölkerung und der islamischen Gruppierungen ist einem politisch moderaten Islam verpflichtet. Nur ein kleiner Teil (u.a. "Al Ittihad" und neue "jihadistische" Zellen) kann als politisch radikal islamistisch eingestuft und in Verbindung mit terroristischen Aktivitäten und Netzwerken gebracht werden. Seit 2003 gab es einen deutlichen Anstieg von Gewaltakten solcher Extremisten (Tötungen, Entführungen) und entsprechender Reaktionen rivalisierender somalischer Gewaltakteure mit Unterstützung der USA und Äthiopiens. Seit Oktober 2004 kann von einem "schmutzigen Krieg" zwischen islamischen Extremisten und ihren Gegnern besonders in Mogadishu gesprochen werden, der sich 2005 intensivierte. Im Januar 2006 formierte sich eine Koalition von Kriegsherren als "Allianz für Frieden und Gegen-Terrorismus" gegen die Milizen islamischer Sharia-Gerichte, die nachfolgend in Mogadishu in schwere Kämpfe verwickelt waren, in deren Gefolge Letztere die Kontrolle über die Stadt gewannen.
Trotz durchaus verständlicher westlicher Sorgen hinsichtlich einer Erstarkung des politischen Islam in Somalia ist dringend davor zu warnen, große Teile der islamischen Bevölkerung Somalias unter einen "terroristischen" Generalverdacht zu stellen. Die beste Strategie zur Eindämmung realer und potenzieller terroristischer Gefahren in Somalia bleibt die Herstellung von Stabilität und Sicherheit, der Aufbau legitimierter, inklusiver und effektiver administrativ-staatlicher Strukturen, die Förderung der Zivilgesellschaft und moderater islamischer Gruppen sowie vor allem die Verbesserung der Lebensverhältnisse für die Menschen im Lande.
Somaliland: "Insel des Friedens"?
Vergleichsweise friedlicher und konstruktiver verlief die Entwicklung im Nordwesten, der sich 1991 als de facto unabhängige "Republik Somaliland" konstituierte. Damit wandelte sich der anfängliche Staatszerfallskrieg zu einem Staatsbildungskrieg. Denn der Zerfall des somalischen Staates erwies sich hier als "konstruktiver Staatszerfall"
So kam es in Somaliland über die Jahre zu einer "Symbiose von modernen staatlichen Institutionen und traditionalen clanbasierten Institutionen".
Allerdings ist die faktisch unabhängige "Republik Somaliland" trotz erheblicher und unbestreitbar friedlicher und demokratischer Aufbauleistungen bis heute international und de jure (völkerrechtlich) nicht anerkannt worden, weil die internationale Gemeinschaft am (auf Sicht wohl unrealistischen) Konzept einer Gesamtstaatlichkeit Somalias festhält.
Äthiopien und Eritrea: "Kalter Frieden"
Der zweijährige, verlustreiche und konventionell als Staatenkrieg mit regulären Armeen geführte äthiopisch-eritreische Krieg von 1998 bis 2000 überraschte die internationale Öffentlichkeit. Denn noch vor wenigen Jahren (bis 1991) waren die Herrschaftseliten beider Länder "Waffenbrüder" im Kampf gegen das Mengistu-Regime in Äthiopien gewesen. Mittlerweile hat die Forschung Einblicke in die komplexen historischen, politisch-diplomatischen, ökonomischen und sozialpsychologischen Ursachen, Hintergründe und Folgen des äthiopisch-eritreischen Krieges gewonnen.
Jahrelange diplomatisch-politische Bemühungen vor allem der USA, der Europäischen Union, der Vereinten Nationen und der Organisation Afrikanischer Einheit führten erst nach schweren militärischen Niederlagen Eritreas im Jahre 2000 endlich zu einer Übereinkunft zur Beendigung der Feindseligkeiten. Kerninhalte des Friedensabkommens von Algier vom Dezember 2000 waren die Einrichtung einer Pufferzone auf eritreischem Gebiet entlang der Grenze mit Äthiopien, der Truppenrückzug beider Länder aus dieser Zone sowie die Delimitierung und Demarkierung der umstrittenen Grenze auf der Basis kolonialer Grenzverträge und internationalen Rechts unter Hinzuziehung von Fachleuten der Vereinten Nationen. Ferner stimmten beide Länder der Etablierung einer VN-Mission zur Friedenssicherung zu, der "United Nations Mission in Ethiopia and Eritrea" (UNMEE).
Für Eritrea hatte der Krieg gravierende Folgen. Er brachte große materielle Zerstörungen und wirtschaftliche Einbußen sowie immense humanitäre Folgekosten mit sich. Militärisch gesehen hat die faktische Niederlage Eritreas den Nimbus von der Unbesiegbarkeit eritreischer Kämpfer zerstört. Zudem führte sie auch zum Verlust des Unfehlbarkeitsmythos der Regierungspartei und zu wachsender Kritik an deren Führungsspitze, die darauf mit verstärkter Repression reagierte, parteiinterne Dissidenten ausschaltete und vor dem Krieg in Aussicht gestellte Demokratisierungs- und Liberalisierungsmaßnahmen blockierte. Auch die Menschenrechtslage verschlechterte sich zusehends. Diese Blockade- und Repressionspolitik sowie der hohe Militarisierungs- und Mobilisierungsgrad in der Bevölkerung wurde und wird von der Regierung mit der anhaltenden Bedrohung durch Äthiopien begründet.
Die Terminierung der UNMEE war eng an den Abschluss der Demarkierung der umstrittenen Grenze zwischen Äthiopien und Eritrea gebunden. Die "Eritrea-Ethiopia Boundary Commission" (EEBC) hatte im April des Jahres 2002 den Grenzverlauf "endgültig und bindend" geregelt. Infolge dieses Schiedsspruchs wurde die umstrittene, hart umkämpfte und für beide Seiten symbolisch außerordentlich wichtige Stadt Badme Eritrea zugesprochen. Die eritreische Führung sah sich durch diese Entscheidung gegenüber internen Kritikern des Krieges bestätigt und international aufgewertet. In Äthiopien hingegen, wo es schon zuvor (u.a. von Repräsentanten der an Eritrea grenzenden äthiopischen Nordregion Tigray) erhebliche Widerstände gegen das Algier-Abkommen gegeben hatte, führte der "Verlust" von Badme nun zu einem verstärkten innenpolitischen Druck auf die Regierung, den Schiedsspruch der EEBC nicht anzuerkennen. Unter diesem Druck forderte Äthiopien eine "Korrektur" des Schiedsspruchs, was jedoch von der EEBC und dem Sicherheitsrat der VN entschieden zurückgewiesen wurde. Infolge dieser Haltung Äthiopiens und der entsprechenden Frustration auf Seiten Eritreas kam es durch äthiopische und eritreische Blockaden und Restriktionen zur Behinderung der Arbeit der UNMEE sowie bei der Grenzdemarkierung. Dennoch verlängerte der Sicherheitsrat mehrfach das Mandat der UNMEE (zuletzt Ende Mai mit drastischer Reduzierung des Personals bis zum 30. September 2006), verbunden mit dem Aufruf an beide Streitparteien, konstruktiv sowohl mit der Grenzkommission als auch mit den VN zusammenzuarbeiten, einen politischen Dialog miteinander aufzunehmen, vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen und ihre Beziehungen untereinander wieder zu normalisieren, da ein dauerhafter Friede zwischen beiden Ländern ohne eine vollständige Markierung des Grenzverlaufs nicht zu erreichen sei. So steht weiterhin die Notwendigkeit eines "3-Ds"-Prozesses auf der Tagesordnung: die Deeskalation des Konflikts, die Demarkierung der Grenze und der Dialog zwischen den verfeindeten Ländern.
In dem anhaltenden "Kalten Frieden" zwischen Äthiopien und Eritrea zeigt sich auch die Problematik der bisherigen Bemühungen um eine dauerhafte Friedensstiftung. In der offiziellen Wahrnehmung und Interpretation durch die VN gilt der Konflikt zwischen beiden Ländern als ein "Grenzkonflikt" ("border dispute" als "root cause"). Doch ist die Grenzfrage eher Anlass als tiefere Ursache des Konflikts. Daher sind völkerrechtliche Regelungen zwar unverzichtbar, doch greifen alle Friedensbemühungen, die allein von der Grenzfrage als dem Kern des Konflikts ausgehen, letztendlich zu kurz. Denn offensichtlich geht es beiden Seiten um weiterreichende innen- und außenpolitische Zielsetzungen. Die eritreische Führung will ihr Projekt der Nationenbildung innerhalb gesicherter und anerkannter Grenzen vorantreiben und die mit vielen Opfern erkämpfte staatliche Unabhängigkeit gegenüber Pressionen von Seiten Äthiopiens absichern. Zugleich dient die anti-äthiopische, patriotische Mobilisierung der Bevölkerung auch der internen Machtsicherung des herrschenden Regimes. Äthiopien wiederum strebt eine Rolle als unbestrittene politische, ökonomische und militärische Hegemonialmacht am Horn an. Der Konflikt mit Eritrea kommt auch den innenpolitischen Interessen der Regierung entgegen, die sich durch eine nationale "äthiopisch-patriotische" Profilierung Legitimations- und Machtsicherungsgewinne gegenüber Hardlinern in den eigenen Reihen und der (vor allem amharischen) Opposition erhofft, die in der Eritrea-Frage immer wieder den Vorwurf des "Ausverkaufs nationaler Interessen" erheben.
Vom Krieg zum Frieden?
Wie nehmen sich die Perspektiven einer friedenspolitischen Transformation am Horn von Afrika aus? Als wesentliche historisch überkommene Hemmnisse, die einer solchen Transformation entgegenstehen, können gelten:
eine "Kultur der Gewalt und des Krieges" sowie eine "militaristische" Grundhaltung vieler Eliteangehöriger und Menschen, für die der Griff zur Gewalt nicht das letzte, sondern das erste und bevorzugte Mittel des Konfliktaustrags darstellt;
ein "Waffenkult", der neben Faktoren wie mangelnder Sicherheit, Erfordernissen der Ressourcensicherung und des Rüstungstransfers externer Akteure mitverantwortlich für die anhaltende Verbreitung von (Klein-)Waffen ist;
die Tradition autoritär-zentralistischer Staatlichkeit und diktatorisch-repressiver Regime, die eine exklusive Herrschaft ausüben, keine echte demokratische Legitimation aufweisen, kaum zivilgesellschaftliche Partizipation zulassen und keinen wirklich kritischen öffentlichen Diskurs dulden;
die Erblast einer politischen Ökonomie mit dem Charakter einer "Kommando- und Kriegswirtschaft", die kaum Freiräume für eine selbstbestimmte wirtschaftliche Entfaltung lässt;
eine "Kultur der wechselseitigen Einmischung und Destabilisierung" in den zwischenstaatlichen Beziehungen, die permanentes Misstrauen und feindseliges Verhalten fördert;
die geopolitische Attraktivität der Region, die immer wieder zu einer meist destruktiven Verknüpfung raumfremder Interessen mit den Konfliktpotentialen vor Ort geführt hat.
In einer idealtypischen Perspektive müssten diese Hemmnisse überwunden werden, um eine friedenspolitische Transformation der Gesellschaften, Staaten und Regime am Horn von Afrika zu ermöglichen:So muss ein Übergang von einer "Kultur der Gewalt und des Krieges" zu einer "Kultur der Gewaltlosigkeit und des Friedens" erfolgen. Dazu bedarf es einer "mentalen Demilitarisierung" der Gesellschaften am Horn, also eines komplexen Wandels im individuellen und kollektiven Bewusstsein. Dabei handelt es sich um einen langfristigen gesellschaftlichen, kulturellen und mentalen Wandlungsprozess, der bislang - abgesehen von der Entwicklung in Somaliland - noch kaum in Gang gekommen ist.
Es müssen sowohl die Angebots- als vor allem auch die Nachfragefaktoren für den Erwerb von (Klein-)Waffen reduziert werden. Dazu bedarf es einer effektiven Eindämmung des Waffenhandels (das seit vielen Jahren bestehende Waffenembargo der VN gegen Somalia hat sich als völlig unwirksam erwiesen!), der Rüstungskontrolle, der Demobilisierung und Demilitarisierung sowie des Vertrauens der Bevölkerung in die Sicherheitsbehörden. Diese müssen in die Lage versetzt werden, zumindest ein Minimum an physischer und rechtlicher Sicherheit zu gewährleisten. Vor allem aber ist es wichtig, für gewaltbereite junge Männer reale Chancen eines friedlichen Erwerbslebens zu eröffnen.
Von überragender friedenspolitischer Bedeutung sind zudem die Überwindung der überkommenen autokratischen Formen der Herrschaftsausübung, eine konsequente Demokratisierung sowie die Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Kräfte in den politischen Prozess. Die Mächtigen müssen lernen, konstruktiv und friedlich mit abweichenden politischen Meinungen umzugehen sowie einen öffentlich-kritischen Diskurs und eine freie Medienlandschaft zuzulassen. Dies alles dürfte namentlich den derzeitigen Regimen in Äthiopien und Eritrea schwer fallen, sowohl infolge der historisch überkommenen zentralstaatlich-absolutistischen Herrschafts- und Staatstradition als auch aufgrund ihrer Tradition als straff geführte ehemalige Kampfverbände. Offenkundig hat der äthiopische Ethno-Föderalismus bislang als Konfliktlösungsmodell ebenso versagt wie als Demokratisierungsvehikel.
In Somalia steht auf absehbare Zeit ein geduldiger Wiederaufbau föderativer administrativ-staatlicher Strukturen "von unten" auf der Agenda. Am weitesten gediehen ist ein friedlicher Transformations- und Demokratisierungsprozess in der völkerrechtlich bislang nicht anerkannten Republik Somaliland. In wirtschaftlicher Hinsicht muss eine "politische Ökonomie des Friedens" geschaffen werden, die eine Rücknahme der Rolle des Staates bei der Steuerung und Kontrolle der Wirtschaft erfordert, die den Bauern und Nomaden mehr Freiräume für deren autonomes ökonomisches Handeln gibt und gerade diese ländlichen Bevölkerungsgruppen gezielt fördert. In (Süd-)Somalia gilt es vor allem, die anhaltende "Gewalt- und Kriegsökonomie" zu überwinden. Dazu muss auch die kommerzielle Komplizenschaft lokaler Gewaltakteure mit externen ökonomischen Akteuren aufgedeckt und unterbunden werden.
Wichtig sind ferner ein Anti-Destabilisierungs-Regime und eine Förderung der regionalen Kooperation am Horn von Afrika. Hierzu ist die IGAD weiter auszubauen, die zwar eine positive Rolle bei den Friedensprozessen im Sudan und in Somalia gespielt hat, aber dennoch auf Sicht eine Organisation "verfeindeter Brüder" bleibt,
gekennzeichnet durch Misstrauen, Interessengegensätze und Hegemonialansprüche Äthiopiens. IGAD ist extrem geberabhängig, hat nur schwache institutionelle Kapazitäten und ermangelt einer nennenswerten ökonomischen Verflechtung ihrer Mitgliedschaft. Doch muss sich Kooperation künftig mehr lohnen als Nicht-Kooperation. Erforderlich ist schließlich ein konstruktives multilaterales Engagement raumfremder Mächte und der internationalen (Geber-)Gemeinschaft, die friedenspolitischen Druck auf die Konfliktakteure am Horn von Afrika ausüben und vor allem auch konsequent Demokratisierungsprozesse unterstützen müssten. Die gegenwärtige Einbeziehung der Region in den globalen Anti-Terror-Krieg läuft durchaus Gefahr, alte Muster der interessen- und machtpolitischen Instrumentalisierung und gesellschaftlichen Spaltung zu reproduzieren.
Insgesamt ist für das Horn von Afrika eine umfassende Sicherheitsarchitektur auf der Basis des Konzepts "menschlicher Sicherheit" zu fordern. Dies bedingt jedoch einen fundamentalen innergesellschaftlichen Veränderungsprozess in Richtung einer nachhaltigen Demokratisierung. Einer solchen Vision steht jedoch die derzeitige "Realpolitik" in der Region gegenüber, die - abgesehen von positiven Entwicklungen vor allem in Somaliland und von Fall zu Fall graduell unterschiedlich ausgeprägt - durch anhaltende Gewaltkonflikte, hochgradige Militarisierung, autoritär-repressive Herrschaftsformen, tief sitzendes Misstrauen und gegenseitige Einmischungspolitik gekennzeichnet ist. Vor diesem Hintergrund bleibt ein nachhaltiger Frieden am Horn von Afrika wohl auf längere Sicht ein rares Gut.