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"1989" als Erzählung | Das letzte Jahr der DDR | bpb.de

Das letzte Jahr der DDR Editorial Das Ende der DDR 1989/90. Von der Revolution über den Mauerfall zur Einheit Verpasste Chancen im 41. Jahr Umkämpftes Erbe. Zur Aktualität von "1989" als Widerstandserzählung "1989" als Erzählung Die Treuhand und die Privatisierung der DDR-Presse West-Berlin. Stimmungsbilder aus dem letzten Jahr

"1989" als Erzählung

Martin Sabrow

/ 22 Minuten zu lesen

So epochal die Bedeutung des Umbruchs von 1989 ist, so diffus ist sein Platz im Gedächtnis unserer Zeit. "1989" ist ein prominenter wie zugleich bis heute vieldeutiger und unscharf markierter Erinnerungsort. Wie ist dieser Befund zu erklären?

Das Datum "1989" ist eine Chiffre. Wie die Französische Revolution von 1789 markiert es ein historisches Schlüsseljahr, das zum Wendepunkt einer weltgeschichtlichen Epoche wurde. Die Kette der weltumstürzenden Ereignisse des Jahres 1989 zieht sich vom ersten Bröckeln des kommunistischen Machtmonopols in Ungarn im Januar über den Sieg Tadeusz Mazowieckis bei den halbfreien Wahlen in Polen im Juni hin zum Fall der Berliner Mauer am 9. November und dem Sturz von Bulgariens Staats- und Parteichef Todor Schiwkow tags darauf, und sie offenbarte mit der Hinrichtung des rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu und der Wahl des Bürgerrechtlers Václav Havel zum tschechoslowakischen Präsidenten im Dezember, dass in jenem Jahr der sozialistische Weltentwurf Moskauer Prägung sein historisches Ende gefunden haben sollte.

Diffuser Erinnerungsort

Doch so epochal die Bedeutung ist, die diesem Jahr zukommt, so diffus ist sein Platz im Gedächtnis unserer Zeit. "1989" wird im Rückblick durch unterschiedlichste Begriffe gefüllt, die allein im deutschen Fall von der protestantischen, nachholenden, "friedlichen Revolution" oder auch "Kerzenrevolution" über das Kunstwort "Refolution" (Timothy Garton Ash) und unpathetische Kennzeichnungen wie "Wende" oder "Systemwechsel" zu Termini wie "Implosion", "Umbruch" und "Zusammenbruch" sowie im regimeverbundenen Diskurs auch "Konterrevolution" reichen.

Die Zäsur von 1989 hat jedenfalls in Deutschland keine generationelle Prägekraft entfaltet. Das 19. Jahrhundert kannte die Generation der "Achtundvierziger", die nach der verlorenen Schlacht um die deutsche Demokratisierung unbehaust blieb und erst mit der deutschen Reichseinigung ihren Frieden mit den Verhältnissen im Staat Bismarcks machte. Das 20. Jahrhundert brachte die strebsame Wiederaufbaugeneration der "Fünfundvierziger" hervor, und es ließ die "Achtundsechziger" zu Exponenten des Wertewandels in einer sich liberalisierenden Bundesrepublik werden. Aber eine gesamtdeutsche Generation der "Neunundachtziger" hat sich nicht herausgebildet, und die Absetzbewegung einer zeitweilig vielbeschworenen "Dritten Generation" beschränkt sich auf das prononcierte Interesse an der eigenen Herkunft und die Einforderung einer Auseinandersetzung um die beschwiegene Familienvergangenheit in Ostdeutschland.

"1989" ist also ein so prominenter wie zugleich bis heute vieldeutiger und unscharf markierter Erinnerungsort. Wie ist dieser Befund zu erklären?

Zeitgenössische Sprachlosigkeit

Einen ersten Fingerzeig liefert die Rasanz der Ereignisse des Herbstes 1989 selbst. Der Fall einer gemauerten Systemgrenze, die für fast ein halbes Jahrhundert die Welt in eine westliche und eine östliche Hemisphäre geordnet hatte, war ein so unerhörter und unerwarteter Vorgang, dass den Zeitgenossen buchstäblich die Worte fehlten und das Familiengespräch verstummte. "Am Tage des Mauerfalls", erinnerte sich die damalige Schülerin aus Dessau Lisa Cersowsky, "saß ich mit meinen Eltern vor der Flimmerkiste, was selten vorkam. Alle starrten still und gespannt auf den Fernseher. Am Ende der Nachrichten sprangen meine Eltern auf, ließen alles stehen und liegen und rannten zu den Nachbarn. Ich blieb wie versteinert sitzen und verstand, dass irgendwas Gutes und Bedeutendes passiert sein musste, aber nicht, welche Folgen es haben sollte."

Die Wort- und Fassungslosigkeit des zeitgenössischen Miterlebens galt für Herrschende wie Beherrschte gleichermaßen. Die einen suchten ihr Heil im historischen Vergleich und erörterten, wie Erich Mielke, Minister für Staatssicherheit der DDR, in einer Führungsbesprechung des MfS vom 31. August 1989, ob es so sei, "daß morgen der 17. Juni ausbricht", oder fanden wie SED-Politbüromitglied Kurt Hager am 10. November, die Situation sei "schärfer, ernster als 1953". Mit einem anderen Ausdruck suchten die plötzlich in die Freiheit entlassenen DDR-Bürger ihrer Eindrücke Herr zu werden, als sie noch ungläubigen Schrittes die so unvermutet geöffnete Schranke zwischen Ost- und West-Berlin passierten: "Das meistgebrauchte Wort dieser Tage war ‚Wahnsinn‘". Um Worte und Verstehen rang auch die Zeitungswelt, deren Berichterstattung über die Grenzöffnung nicht nur die Bürger der eben noch hermetisch getrennten Hälften Berlins, sondern auch sich selbst porträtierte: "Der beispiellose Wandel, der sich gegenwärtig östlich der Elbe vollzieht, verschlägt allen den Atem. Manchem verschlägt er die Sprache."

Um ihre Fassung gebracht sahen sich in diesen Tagen auch viele Oppositionelle in der DDR, wie Bärbel Bohley nur Tage nach dem Mauerfall mit drastischen Worten kundtat: "Die Menschen sind verrückt, und die Regierung hat den Verstand verloren." Wer wiederum die Euphorie dieser Aufbruchstage fernab glückstrunkener Menschenmengen und außerhalb des aufgeheizten Klimas des gesellschaftlichen Veränderungsdrangs erlebte, dem mochte es ergehen wie dem Schriftsteller Uwe Tellkamp, der "1989" als Einbruch des Unwirklichen in seine gewohnte Lebensordnung erfuhr – und abwehrte: "Ich dachte nicht nach vorn. Ich lebte von Tag zu Tag, in der mikroskopischen Zeit makroskopischer Ereignisse, von denen ich in der Kaserne nur ferne Echos hörte, das Blätterrieseln der Ulmen war realer."

Semantische Bemächtigungsversuche

Der kurze Moment der Sprachlosigkeit unterbrach allerdings nur die konfliktreichen Bemühungen von Akteuren und Beobachtern, sich des atemberaubenden Richtungswechsels der historischen Entwicklung zu bemächtigen, indem man ihm einen Namen gab. Im Ringen um diese Deutungsmacht war zunächst der neugewählte SED-Generalsekretär Egon Krenz erfolgreich gewesen, den der eben gestürzte Vorgänger Erich Honecker in seiner letzten öffentlichen Erklärung um jeden Kredit eines politischen Erneuerers gebracht hatte, indem er ihn dem ZK und der Volkskammer zu seinem Nachfolger vorschlug. Der auf diese Weise mit einer unbeabsichtigten Kontinuitätsversicherung ins Amt gelangte Krenz versuchte sich in seiner ersten Fernseh- und Rundfunkansprache am Abend des 18. Oktober 1989 mit der Ankündigung eines Neuanfangs von seinem Vorgänger abzusetzen: "Mit der heutigen Tagung werden wir eine Wende einleiten, werden wir vor allem die politische und ideologische Offensive wiedererlangen."

Dieser Versuch, im Umbruch das Steuer des Staatsschiffs in der Hand zu halten, scheiterte bekanntlich binnen weniger Wochen, und die von Krenz geprägte Erneuerungsparole verkehrte sich noch vor dem Mauerfall erst in eine uneingelöste Forderung an ihren Erfinder und dann in ein Schmähwort. "In Bonn heißt ‚Wende‘ im konkreten stets auch Machtwechsel. Daran ist in der DDR derzeit nicht zu denken", notierte die "Die Zeit" schon zehn Tage nach der Ablösung von Honecker durch Krenz. Mit Sorge beobachtete auch der "Tagesspiegel" Anfang November 1989, dass Honeckers Erben in der SED-Führung mit der "Gnade des neuen Gesichts" ein falsches Selbstbewusstsein an den Tag legten und das Volk am langen Lasso bereits wieder eingefangen wähnten: "Man glaubt schon, an der Spitze der Wende, in der Vorhut gesellschaftlicher Veränderungen zu stehen." Einen Tag später erklärte Christa Wolf das Wende-Wort öffentlich zum Unwort: "Verblüfft beobachten wir, daß die Wendigen, im Volksmund Wendehälse genannt, die laut Lexikon sich rasch und leicht einer gegebenen neuen Situation anpassen, sich in ihr mit Geschick bewegen, sie zu nutzen verstehen". Dies rief sie am 4. November 1989 den 500.000 Hörerinnen und Hörern zu, die die zu Unrecht in den Hintergrund getretene Protestdemonstration auf dem Berliner Alexanderplatz zur größten nicht staatlich gelenkten Protestversammlung in der Geschichte der DDR und zu dem vielleicht entscheidenden Auftriebsmoment im Kampf gegen das alte Regime machten. "Mit dem Wort Wende habe ich meine Schwierigkeiten. Ich sehe da ein Segelboot, der Kapitän ruft: ‚Klar zur Wende!‘, weil der Wind sich gedreht hat (...). Und die Mannschaft duckt sich, wenn der Segelbaum über das Boot fegt. Stimmt dieses Bild noch? Stimmt es noch in dieser täglich vorwärts treibenden Lage? Ich würde von revolutionärer Erneuerung sprechen. Revolutionen gehen von unten aus."

"1989" als Wende

Damit war das Begriffspaar geboren, das als Konkurrenz von Wende-Gedächtnis und Revolutions-Gedächtnis den narrativen Umgang mit dem Epochenjahr im Weiteren prägen sollte. In den ersten beiden Jahrzehnten wurde es noch von einer Anschluss-Erinnerung begleitet, die vor allem von den entmachteten Eliten des SED-Staats gepflegt wurde und den Umbruch als eine historische Niederlage begriff, die folgerichtig in die "Übernahme" durch den Bonner Staat mündete. Nur kurze Zeit glitt der öffentliche Sprachgebrauch noch unvoreingenommen über die Grenzen der semantischen Verortung des Geschehens hinweg und würfelten zeitgenössische Beobachter unterschiedlichste Bezeichnungen wie "Krise" und "Bankrott", "Aufbruch" und "Zusammenbruch" unbefangen durcheinander.

Massendemonstration in Berlin am 4. November 1989 (© dpa – Report)

Schon bald aber spitzte sich der Gegensatz zwischen den beiden von Christa Wolf gegenübergestellten Leitbegriffen zu. Alltagssprachlich etablierte sich nicht der pathoshaltigere Begriff "Revolution", sondern der nüchternere Begriff "Wende". Seiner taktischen Funktion in Krenz’ Strategie der Machtsicherung entkleidet, entwickelte er sich rasch zu der mit Abstand gebräuchlichsten Bezeichnung für die Ereignisse des Herbstes und Winters 1989/90. Die Akzeptanz des Wende-Worts verdankte sich dabei nicht zuletzt seiner semantischen Nutzungsbreite, mit der sich die Hoffnung auf eine gezielte Einhegung des Umbruchs ebenso zum Ausdruck bringen ließ wie die Begeisterung für die Erfüllung eines politischen Traums. "Rückhaltlose Offenheit und Ehrlichkeit" forderte die Ost-Berliner "BZ am Abend" nach dem Rücktritt des SED-Politbüros am 8. November 1989 ein, um "Garantien [zu] schaffen, daß die Wende unumkehrbar ist, im Sozialismus". Wenn hingegen eine West-Berliner Zeitung nach dem Rücktritt der tschechoslowakischen KP-Führung am 24. November 1989 von der "Wende in Prag" sprach, tat sie es, um die wundersame Veränderung der Lage zu unterstreichen; und als der Publizist Landolf Scherzer im Januar 1990 den von ihm wenige Jahre zuvor porträtierten Ersten Sekretär der SED-Kreisleitung im thüringischen Salzungen wieder aufsuchte, nutzte er das Wende-Wort, um die unaufhaltsame Wucht des Wandels in der DDR einzufangen.

Viele der oppositionellen Träger des gesellschaftlichen Aufbegehrens hingegen sahen sich mit dieser semantischen Anleihe bei der Herrschaftssprache eines überwundenen Regimes, die die Weltzäsur von 1989 in eine Reihe mit einer Wende am Arbeitsmarkt oder der von Helmut Kohl ausgerufenen "geistig-moralischen Wende" von 1982 stellte, um den Verdienst und Rang der ostdeutschen Volkserhebung betrogen: "Wer also (…) für die Ereignisse von 1989 den Begriff ‚Wende‘ benutzt, der degradiert den Sturz der SED-Herrschaft in der DDR zum bloßen Regierungswechsel." In dieser Sicht auf "1989" wird allein die Bezeichnung "Revolution" den Ereignissen gerecht", während die "restaurativ gemeinte" Rede von der Wende eine "Lüge des frisch gekürten Generalsekretärs des SED, Egon Krenz," nachbete, deren gedankenlose Nutzung und Verbreitung mit Ehrhart Neubert der "größte Erfolg" sei, den die Postkommunisten nach 1989 errungen hätten. Das vom DDR-Oppositionellen Neubert überspitzte Urteil übersah, dass der letzte SED-Generalsekretär nicht nur für die Popularität des Wende-Begriffs verantwortlich war, sondern auch das Kompositum "friedliche Revolution" in Umlauf brachte, als er mit ihm in Anlehnung an eine Formulierung des Regierenden Bürgermeisters West-Berlins, Walter Momper, einen Monat nach dem Sturz Honeckers seine Politik am 17. November 1989 auf einer Pressekonferenz zu charakterisieren versuchte: "Und Sie werden feststellen, wir machen eine friedliche Revolution, und ich bin froh und glücklich darüber, daß unser Volk eine solche Stimmung hat, auf die Straße geht, aber daß es auch nicht vergißt zu arbeiten. Und das ist das Wichtigste, denn ohne Arbeit kann man keine Revolution machen."

Revolutionsnarrativ

Von dieser Zähmung zu einem arbeitspolitischen Mobilisierungsappell vermochte sich der Begriff der "friedlichen Revolution" allerdings rasch zu emanzipieren. Unter Berufung auf eine Äußerung des von ostdeutschen Oppositionellen ansonsten eher selten als Referenz angeführten Sowjetrevolutionärs Lenin warb etwa der ehemalige DDR- und spätere Bundesminister Rainer Eppelmann für einen Begriff der "friedlichen Revolution", der wissenschaftliche Angemessenheit mit geschichtspolitischer Wünschbarkeit verbinde. Tatsächlich konnte sich die scheinbar selbstwidersprüchliche Wortverbindung von protestantisch geprägter Friedfertigkeit und entschlossenem Umsturzwillen in der öffentlichen Erinnerung mit den Jahren immer mehr durchsetzen.

Während sich 1999 die Erinnerung an den gewaltlosen Machtübergang auf einem von verschiedenen Institutionen getragenen "Geschichtsforum 1949–1989–1999" in Berlin noch hinter das 50-jährige Jubiläum der doppelten deutschen Staatsgründung zurückgedrängt sah und zum 15. Jahrestag des Mauerfalls nicht wenige ehemalige Bürgerrechtler das Deutungsmuster der friedlichen Revolution noch aus einer Defensivposition heraus gegen eine Welle der Ostalgie glaubten verteidigen zu müssen, erlangte der Terminus mit wachsendem Abstand zu den Ereignissen immer stärker öffentliche Geltungsdominanz. Der Terminus "friedliche Revolution", beziehungsweise in großschreibender Anlehnung an die Französische Revolution häufig auch "Friedliche Revolution", bestimmt heute die Sprache der politischen Bildungsträger wie die des staatlichen Gedenkens.

Freiheit versus Trauma

Gleichwohl hat der Revolutions-Begriff das Wende-Wort nie verdrängen können. In ihrer Gegensätzlichkeit repräsentieren beide Bezeichnungen zusammen die schon 1990 einsetzende und seither fortbestehende Aufspaltung in unterschiedliche Gedächtnisse, die "1989" von Anfang an zu einem ambivalenten Erinnerungsort machten. Die damit verbundenen Bemächtigungskämpfe haben mittlerweile an Brisanz verloren, wenngleich die alte Diskussion um die Besitzrechte an der friedlichen Diktaturüberwindung periodisch immer wieder aufflackert. Insgesamt aber ist die synchrone Zeitachse, die sich auf die von Warschau über Berlin bis nach Bukarest laufende Welle der Befreiung vom diktatorischen Joch konzentriert, im Laufe der Jahre durch eine diachrone Perspektive ergänzt worden, die sich stärker für das Davor und Danach interessiert und das "Wunder von 1989" stärker in die alle Systemgrenzen übersteigende Geschichte der Globalisierung und der Postindustrialisierung einordnet. 30 Jahre danach geht es trotz der anhaltenden Scharmützel über den Anteil der DDR-Oppositionellen am Zusammenbruch der SED-Diktatur nicht mehr vorrangig um die Deutungshoheit über den Charakter des Umbruchs in der DDR und dessen eher nachgeordnete Stellung im Gefüge der Umwälzungen im sowjetischen Satellitengürtel. Mehr und mehr hat sich stattdessen ein Erzählmuster Gehör verschafft, das "1989" nicht mehr als punctum im Sinne von Roland Barthes, sondern als studium versteht. Es begreift den revolutionären Umbruch weniger als unerhörtes Ereignis, das "nicht durch Vereinnahmung und Relativierung kaputt gemacht werden" dürfe, sondern als Teilaspekt eines zeitlich übergreifenden Geschehens, das hinter der herausragenden Zäsur vielfache und zunächst übersehene Kontinuitätslinien offenbart. Diese neue Erzählung von "1989" reagiert auf die Polarisierung der zeitgenössischen Erfahrung, in der sich die Verehrung des Aufbruchs von 1989 und die Verbitterung über den Abbruch eigener Erwerbs- und Entwicklungsbiografien gegenüberstehen, dem so viele Ostdeutsche in der Zeit danach ausgesetzt waren. Der staatlich gestützten Erzählung vom alles überstrahlenden Fluchtpunkt Freiheit steht die biografisch fortwirkende Last einer gesellschaftlich bis heute nicht hinreichend anerkannten Enttäuschung gegenüber. Nicht nur, aber besonders in Ostdeutschland haben sich soziale und politische Marginalisierung der Nachwendezeit ihre eigenen Kommunikationskanäle geschaffen, und sie geben der Unzufriedenheit mit den Verhältnissen durch einen wutbürgerlichen Habitus Ausdruck, den der amerikanische Publizist Jonah Goldberg treffend als "ekstatische Schadenfreude" gekennzeichnet hat.

"1989" als glücklicher Endpunkt

Im zeithistorischen Erfolgsnarrativ steht der Herbst 1989 in der Tradition der deutschen Freiheitsgeschichte: "Was 1848 noch scheiterte (und 1953 blutig niedergeschlagen wurde), fand 1989 ein glückliches, erfolgreiches Ende." Es deutet "1989" als glücklichen Ausgang aus dem 1914 begonnenen Katastrophenjahrhundert und Endpunkt einer Epoche, "die Europa und die Welt nach den verheerenden Kriegen und Krisen der ersten Jahrhunderthälfte im eisernen Griff des Ost-West-Konflikts gehalten hatte". Derselbe Erzählmodus dominierte auch die Aneignung des Umbruchs von 1989 in den großen zeitgeschichtlichen Filmproduktionen, die – etwa in Margarethe von Trottas "Das Versprechen" (1995), Frank Beyers Adaption von Erich Loests Roman "Nikolaikirche" (1995) oder auch Christian Schwochows zweiteiliger Verfilmung von Tellkamps "Der Turm" (2012) – den Fall der Berliner Mauer als glückliches Ende einer Geschichte von Unterdrückung und Trennung inszenieren.

Wie zahllose Äußerungen zum 20. Jahrestag unterstrichen, verblassten hinter der epochalen Kraft der Freiheitserzählung fortbestehende Probleme. Das 25-jährige Jubiläum des Mauerfalls 2014 markierte den Höhepunkt, aber auch bereits den Wendepunkt dieses Freiheitsnarrativs. Ein von Hunderttausenden gefeiertes Lichterfest ließ mit seinen Tausenden in den Himmel strebenden Heliumballons noch einmal die euphorische Leichtigkeit aufsteigen, mit der ein Vierteljahrhundert zuvor das eben noch unüberwindlich scheinende Bollwerk der Freiheit überwunden worden war, und euphorisierte auch die Presse: "Selten fühlte sich ein Gedenktag in Deutschland so leicht an wie dieser." Bundeskanzlerin Angela Merkel feierte bei der Eröffnung einer neuen Dauerausstellung der Gedenkstätte Berliner Mauer am 9. November 2014 die Macht der nur scheinbar Ohnmächtigen; Wolf Biermann sang im Bundestag und nutzte die Gunst der Revolutionsfeierstunde für einen Seitenhieb auf die Linkspartei als der "elende Rest dessen, was zum Glück überwunden ist".

Die Öffentlichkeit aber sah sich schon Tage zuvor durch die Aktion des Zentrums für politische Schönheit polarisiert, das unbemerkt einige Mauerkreuze am Spreeufer entwendet hatte, um sie unter dem provokativen Titel "Erster Europäischer Mauerfall" an einer Außengrenze der EU aufzustellen. "Darf man das?", fragte der "Tagesspiegel" noch ein halbes Jahr später, während Bundestagspräsident Norbert Lammert die Tat als "blanken Zynismus" verurteilte.

In den folgenden Jahren bestätigte sich, dass das Erzählmuster, das die Euphorie des Aufbruchs von 1989 beschwört, den Glanz verloren hat. Selbst Joachim Gauck, der als Bundespräsident das Pathos der Freiheit so entschieden verkörperte wie kein zweiter Repräsentant der Berliner Republik, brachte am Ende seiner Amtszeit zum Ausdruck, dass sich auch sein Bild von "1989" verändert habe: "Es ist auch vieles einfach anders gelaufen, als wir uns das vor einem guten Vierteljahrhundert vorgestellt hatten – damals, wir erinnern uns, als die Berliner Mauer fiel und wir den Traum von einem Europa der freien und liberalen Demokratien hegten. Ich erinnere mich noch gut an die allgemeine Euphorie, natürlich auch an meine eigene. Der Siegeszug des westlichen Gesellschaftsmodells galt als vorgezeichnet. Ein ‚neues Zeitalter der Demokratie, des Friedens und der Einheit‘, wie es die Charta von Paris zeichnete, erschien auch mir fast naturnotwendig."

Dritter Weg und Desillusionierung

Dass dieser Glaube Illusion war, sollte sich erst in den vergangenen Jahren deutlicher manifestieren. Im Rückblick aber zeigt sich, dass die Geltungsmacht der Revolutionserzählung auf der Verdrängung zweier Erfahrungswelten beruhte. Die eine ergibt sich aus dem Umstand, dass die oppositionellen Vorkämpfer des Umbruchs 1989 in ihrer Mehrheit nicht auf die Abschaffung, sondern auf die Erneuerung der DDR hinarbeiteten. Ihr Ziel war nicht die nationale Wiedervereinigung, sondern die gesellschaftliche Demokratisierung, und ihr gemeinsamer Glaube bestand in der Auffassung, dass der Sozialismus in der DDR "nicht verloren gehen [darf], weil die bedrohte Menschheit (…) Alternativen zur westlichen Konsumgesellschaft braucht, deren Wohlstand die übrige Welt bezahlen muß". Sie aber bildeten nur eine kleine Minderheit, wie sich in den folgenden Wochen herausstellen sollte. Nachdem sich laut einer am 15. November 1989 vom Leipziger Institut für Jugendforschung veröffentlichten Umfrage noch 86 Prozent der befragten DDR-Bürger für "den Weg eines besseren, reformierten Sozialismus" der DDR und nur fünf Prozent für einen "kapitalistischen Weg" ausgesprochen hatten, befürworteten Anfang Februar 1990 schon 79 Prozent die Wiedervereinigung. Mit der "Wende in der Wende" verwandelte sich die Hoffnung auf einen wirklichen deutschen Sozialismus in den Ort einer vergangenen Zukunft, die die Spruchbänder der Leipziger Montagsdemonstration vom 27. November so rasch wie möglich hinter sich zu lassen verlangten: "Der Sozialismus, von Ochs und Esel gemacht, hat uns an den Rand des Abgrunds gebracht! Keine Experimente mehr – Wiedervereinigung jetzt!"

Der Wille zur Wiedervereinigung hat mit der teleologischen Ordnungskraft des "Mythos Einheit" die Idee eines "dritten Wegs" überraschend gründlich aus dem Gedächtnis ihrer einstigen Verfechter getilgt. Nur wenige der Akteure von damals hielten an dem Konzept eines "verbesserlichen Sozialismus" fest; viele andere hingegen verbannten die peinlich gewordene Erinnerung an ihre unreife "Utopisterei" in die Schattenwinkel ihrer Biografie oder machten wie der Bürgerrechtler Jens Reich ihren Frieden mit einer Bewegung, die sich von ihren Initiatoren emanzipierte.

Für eine gesellschaftlich weitreichende Enttäuschung sorgte allerdings eine andere mit 1989/90 verknüpfte Erfahrung, die sich als Erzählung über Jahrzehnte vor allem auf das eigene Milieu- und Familiengedächtnis zurückgedrängt sah, obwohl sie das gesellschaftliche Klima in Ostdeutschland schon in den 1990er Jahren weithin bestimmte. Mit dem Anwachsen des Rechtspopulismus findet in jüngster Zeit die Skepsis stärkeres Gehör, dass die auf die friedliche Revolution zulaufende Freiheitserzählung aus ostdeutscher Perspektive von doktrinärer Einseitigkeit ist. Die tief greifenden Umbrüche in der Erfahrungswelt der Ostdeutschen, die sich mit dem Sturz in die Einheit innerhalb kürzester Zeit ihrer gewohnten Ordnung beraubt und zur Neuorientierung in praktisch allen Lebensbereichen gezwungen sahen, lassen sich im Feierkalender der Diktaturüberwindung nicht abbilden. Dies betrifft besonders nachdrücklich den Wandel der Arbeitswelt: Drei Jahre nach der Wiedervereinigung hatte nicht einmal jeder dritte Ostdeutsche noch seinen alten Arbeitsplatz. Der mit der Währungsumstellung einhergehende Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft ließ die Hoffnung auf "blühende Landschaften" vielerorts in die Erfahrung lebensweltlicher Brachen umschlagen, und die zur Privatisierung geschaffene Treuhandanstalt wurde zum Symbol einer gezielten Vernichtung ostdeutscher Wirtschaftssubstanz, sodass noch heute die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags besteht, um "das Treuhand-Trauma des Ostens" aufzuarbeiten.

Die rasch und wuchtig einsetzende politische wie juristische und historische Aufarbeitung von Unrecht und Versagen, die vielen Opfern der SED-Diktatur zu später Gerechtigkeit und Genugtuung verhalf, hinterließ gleichwohl auf allen Seiten ein bitteres Empfinden von geschichts- und vergangenheitspolitischer Unzulänglichkeit. Vor allem aber schüttete sie die gesellschaftlichen Gräben nicht zu, sondern riss sie eher noch weiter auf und sorgte für ein Klima der Verunsicherung durch die langen Schatten des Ministeriums für Staatssicherheit und die heimlich getragenen Lasten der eigenen Lebensgeschichte. Die deutsche Einheit "war nicht die Auseinandersetzung um eine gemeinsame Grundlage, war nicht das Ergebnis einer gesamtdeutschen Revolution", sondern ein ostdeutscher Beitritt zu einem westdeutschen Gemeinwesen, dessen "Kotransformation" sich erst später und dann unter den ganz anders gelagerten Herausforderungen der Globalisierung entwickeln würde. Der Soziologe Heinz Bude konnte in einer Studie zu Wittenberge belegen, dass für viele Ostdeutsche "die erste Zeit der Einigung wirklich eine Zeit der ganz großen Erwartungen gewesen ist", die dann ab 1993/94 in "die Zeit des ewigen Wartens überging". So erstickte das "bunte Leben im ersten Jahr der deutschen Einheit" – und hinterließ eine ungestillte Sehnsucht, die sich dann in der nostalgischen Wiederbelebung einer mit der DDR vergangenen Lebenswelt niederschlug.

Relativierter Fluchtpunkt

Die gebrochenen Hoffnungen auf einen selbstbestimmten Neuanfang haben dazu beigetragen, dass "1989" immer eine mehrdeutige Erzählung blieb. Aber diese Erklärung reicht nicht hin, um zu verstehen, warum die Vorbereitungen zum 30-jährigen Jubiläum 2019 im Vergleich zur Gedenkeuphorie 2014 deutlich weniger Begeisterung wecken, sondern sich analog zu der sich hinschleppenden Errichtung eines deutschen Freiheits- und Einheitsdenkmals auf der Berliner Schlossinsel nach dem Eindruck mancher Betrachter eher von einer "Unfähigkeit, dankbar zu sein" zeugen – und der Bundesregierung sogar den Vorwurf der lustlosen Pflichtübung eintrugen. Entscheidend ist vielmehr, dass der fachliche wie öffentliche Rückblick auf "1989" sich zunehmend von einer isolierten Jubliäumsperspektive zu lösen begonnen hat und um eine Dimension erweitert, die die Vor- und Nachgeschichte des Umbruchs von 1989 hervorhebt und den kritischen Anschluss an die sozialwissenschaftliche Transformationsforschung sucht. Zunehmend werden die dramatischen Ereignisse des revolutionären Herbstes in eine "lange Geschichte der ‚Wende‘" eingebettet und gewinnt im öffentlichen Bewusstsein die soziale Revolution von oben Konturen, die der politischen Umwälzung von unten folgte und die euphorische Hochstimmung der ostdeutschen Selbstbefreier in eine "tiefe Sinnkrise" umschlagen ließ. Aus dem wachsenden zeitlichen Abstand heraus präsentiert sich die Überwindung der SED-Herrschaft von 1989/90 nicht nur als glücklicher Abschluss eines "kurzen" 20. Jahrhunderts, sondern zugleich als problembehafteter Anfang eines "langen" 21. Jahrhunderts.

Als Fluchtpunkt einer auf den Sieg der Demokratie zulaufenden Zeitgeschichtserzählung hat der Umbruch von 1989 an Geltungskraft eingebüßt, und er wird immer stärker von der Erkenntnis bedrängt, dass Erinnern immer auch Vergessen bedeutet und die befreiende Aufarbeitung nicht von der weiter lastenden Hypothek der Vergangenheit zu trennen ist. In dieser neuen Erzählung des Umbruchs von 1989 werden Licht und Schatten zugleich sichtbar, und sie öffnet Raum für die Frage, ob der Grenzzäune niederreißende Sprechchor von 1989 "Wir sind das Volk" 30 Jahre später deswegen zu der Grenzzäune errichtenden Parole des deutschen Rechtspopulismus werden konnte, weil beide Bewegungen in ihrem emphatischen Volksbegriff und in ihrer Obrigkeitsverachtung mehr verbindet, als viele Zeitgenossen in ihrer Freude über den Sieg der liberalen Demokratie und ihres Wertehimmels lange Zeit wahrhaben mochten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vereinzelten Bemühungen, paradoxerweise von rechtskonservativer Seite eine Generation der 89er auszurufen, blieb der Erfolg versagt. Vgl. Roland Bubik (Hrsg.), Wir ’89er. Wer wir sind und was wir wollen, Berlin 1995. Vgl. Susanne Gaschke, Claus allein zu Haus. Die 89er-Generation stellt sich vor in zwölffacher Gestalt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.1.1996. Auch der programmatische Titel einer diesem Befund entgegenstehenden Studie von Claus Leggewie findet sich im Fazit deutlich relativiert: "Die 89er werden zerredet, bevor sie richtig als politische Generation zur Welt gekommen sind." Claus Leggewie, Die 89er. Portrait einer Generation, Hamburg 1995, S. 300.

  2. Vgl. Michael Hacker/Stephanie Maiwald/Johannes Staemmler, Dritte Generation Ost. Wer wir sind, was wir wollen, in: dies. et al. (Hrsg.), Dritte Generation Ost. Wer wir sind, was wir wollen, Berlin 2012, S. 9–16, hier S. 13.

  3. Linda Bunckenburg, Jugend im Aufbruch. Wendejugendliche erinnern sich an ihren Herbst 1989, in: ebd., S. 39–46, hier S. 39f.

  4. Dienstbesprechung beim Minister für Staatssicherheit (Auszug), 31.8.1989, zit. nach Armin Mitter/Stefan Wolle (Hrsg.), Ich liebe euch doch alle! Befehle und Lageberichte des MfS, Januar–November 1989, Berlin 19903, S. 113–140, hier S. 125.

  5. Zit. nach Hans-Hermann Hertle/Gerd-Rüdiger Stephan, Das Ende der SED: Die letzten Tage des Zentralkomitees, Berlin 20125, S. 79.

  6. Renate Rauch, November 1989. Vor und hinter dem Brandenburger Tor, in: Sonntag, 19.11.1989.

  7. Erwin Häckel, Vorsicht mit den Worten, 12.1.1990, Externer Link: http://www.zeit.de/1990/03/vorsicht-mit-den-worten.

  8. Zit. nach Ehrhart Neubert, Unsere Revolution. Die Geschichte der Jahre 1989/90, München–Zürich 2008, S. 234.

  9. Uwe Tellkamp, Lichtmaschinen, in: Renatus Deckert (Hrsg.), Die Nacht, in der die Mauer fiel. Schriftsteller erzählen vom 9. November 1989, Frankfurt/M. 2009, S. 61–72, hier S. 66.

  10. Rede des Genossen Egon Krenz. Generalsekretär des Zentralkomitees der SED, in: Neues Deutschland, 19.10.1989.

  11. Theo Sommer, Schafft Krenz den neuen Anfang? Seine schwierige Aufgabe: Aufräumen, Abräumen, Umräumen, in: Die Zeit, 27.10.1989.

  12. Joachim Bölke, Adieu, in: Der Tagesspiegel, 3.11.1989.

  13. Christa Wolf auf der Berliner Großdemonstration am 4. November 1989, in: Konrad H. Jarausch/Helga A. Welsh (Hrsg.), Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern, Bd. 10, Ein Deutschland in Europa 1989–2009, Deutsches Historisches Institut Washington, DC 2003–2012, Externer Link: http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/pdf/deu/Chapter1_Doc7German.pdf.

  14. Vgl. Martin Sabrow, "Wende" oder "Revolution"? Zur Debatte um den Umbruch 1989/90, in: Wolfgang Küttler/Matthias Middell (Hrsg.), Nation und Revolution. Ernst Engelberg und Walter Markov zum 100. Geburtstag, Leipzig 2011, S. 45–56; ders., Wem gehört "1989"?, in: ders. (Hrsg.), Bewältigte Diktaturvergangenheit? 20 Jahre DDR-Aufarbeitung, Leipzig 2010, S. 9–20.

  15. Exemplarisch Dietrich Löffler, Als der Stein ins Rollen kam. Aus Dokumenten des Aufbruchs wurden Zeugnisse des Zusammenbruchs, in: Die Zeit, 28.9.1990. Vgl. auch Ilko-Sascha Kowalczuk, Endspiel. Die Revolution von 1989 in der DDR, München 2009, S. 536f.

  16. Carola Heimann, Ehrlichkeit und Wende, in: BZ am Abend, 8.11.1989.

  17. "Wer sich nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in der ČSSR die Prophezeiung gewagt hätte, daß der ‚Prager Frühling‘ sich dennoch durchsetzen und der verfemte Parteichef Dubček nach 20 Jahren auf dem Wenzelsplatz vor 300.000 Menschen sprechen werde, der wäre als Phantast und Spinner abgestempelt worden." Unsere Meinung: Wende in Prag, in: Der Tagesspiegel, 25.11.1989.

  18. Landolf Scherzer, Der Erste. Protokoll einer Begegnung, Rudolstadt 1988.

  19. "Scherzer hat seinen Buchhelden, den Funktionär Fritschler, in den vergangenen Wochen wiedergesehen. Für die ZEIT hat [er] diese Begegnungen protokolliert – eine Fortsetzung seines Erfolgsbuches und Bericht darüber, wie die SED die Wende erleidet." Einleitung zu: Landolf Scherzer, Das letzte Gefecht. Wie der SED-Sekretär Hans-Dieter Fritschler die Wende in der DDR erlebt, in: Die Zeit, 12.1.1990.

  20. Rainer Eppelmann/Robert Grünbaum, Sind wir die Fans von Egon Krenz? Die Revolution von 1989/90 war keine "Wende", in: Deutschland Archiv (DA) 5/2004, S. 864–869, hier S. 869. Seine erste selbstständige Veröffentlichung im vereinten Deutschland hatte Eppelmann allerdings selbst noch mit dem Wende-Wort betitelt: Wendewege: Briefe an die Familie, Bonn 1992.

  21. Elke Kimmel, 20 Jahre friedliche Revolution und deutsche Einheit, in: DA 3/2008, S. 523ff., hier S. 523.

  22. Annette Simon, Wende? Revolution! 1989 geschah in der DDR eine Revolution, keine Wende. Warum hat sich dieser Begriff im Alltag trotzdem durchgesetzt?, in: Die Zeit, 23.10.2014.

  23. Rainer Eckert, Gegen die Wende-Demagogie – für den Revolutionsbegriff, in: DA 6/2007, S. 1084ff., hier S. 1084.

  24. Michael Richter, Die Wende. Ein Plädoyer für eine umgangssprachliche Benutzung des Begriffs, in: DA 5/2007, S. 861–868, S. 862.

  25. Hierzu Bernd Lindner, Begriffsgeschichte der Friedlichen Revolution. Eine Spurensuche, in: APuZ 24–26/2014, S. 33–39, hier S. 36.

  26. Wir arbeiten für eine friedliche Revolution. Egon Krenz antwortete auf Fragen der Weltpresse Berlin, in: Neues Deutschland, 18.11.1989. Auch Krenz’ erste Buchveröffentlichung nach dem Ende des SED-Regimes trägt den Revolutions-Begriff im Titel: Wenn Mauern fallen. Die friedliche Revolution. Vorgeschichte – Ablauf – Auswirkungen, Wien 1990.

  27. Tobias Hollitzer, 15 Jahre Friedliche Revolution, in: APuZ 41–42/2004, S. 3–6.

  28. Im Wikipedia-Eintrag "Wende und friedliche Revolution in der DDR" (Stand: 8.7.2019) ist ausdrücklich vermerkt: "Die vorliegende Darstellung sieht davon ab, einen von beiden Begriffen, die in der Entgegensetzung politisch aufgeladen erscheinen, exklusiv zu setzen."

  29. Vgl. Konrad Jarausch, Der Umbruch 1989/90, in: Martin Sabrow (Hrsg.), Erinnerungsorte der DDR, München 2009, S. 526–535.

  30. Siehe zuletzt die Debatte zwischen u.a. Detlef Pollack und Ilko-Sascha Kowalczuk ab 12. Juli 2019 in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

  31. Vgl. Claudia von Salzen, Polen ärgern sich über EU-Video zum Mauerfall, 22.5.2009, Externer Link: http://www.zeit.de/online/2009/22/polen-mauerfall-einheit; Mieczyslaw F. Rakowski, Es begann in Polen. Der Anfang vom Ende des Ostblocks, Hamburg 1995; Jan Puhl, Vergessener Kampf, in: Der Spiegel, 3.8.2009, S. 92f.

  32. Maria Nooke, Leserbrief an die FAZ zum Artikel von Detlef Pollack in der FAZ vom 12.7.2019 und seine Erwiderung auf Ilko-Sascha Kowalczuks Beitrag (FAZ vom 15.7.2019) am 16.7.2019, 17.7.2019, Externer Link: http://www.havemann-gesellschaft.de/fileadmin/robert-havemann-gesellschaft/themen_dossiers/Streit_um_die_Revolution_von_1989/190717_Leserbrief_M.Nooke.pdf.

  33. "Reine Demokratie erscheint mir als autoritäre Idee", Interview mit Jonah Goldberg, 1.3.2018, Externer Link: http://www.nzz.ch/feuilleton/reine-demokratie-erscheint-mir-als-autoritaere-idee-ld.1355883.

  34. Eppelmann/Grünbaum (Anm. 20), S. 867.

  35. Andreas Rödder, Deutschland einig Vaterland. Die Geschichte der Wiedervereinigung, München 2009, S. 12. Ebenso auch die Darstellung bei Heinrich August Winkler, Der lange Weg nach Westen, Bd. 2, Deutsche Geschichte vom "Dritten Reich" bis zur Wiedervereinigung, München 20025, S. 517.

  36. Annett Meiritz/Christoph Sydow, Mauerfall-Jubiläum. Berlin erinnert, Berlin jubelt, 9.11.2014, Externer Link: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/a-1001910.html.

  37. "Es ist eine Botschaft der Zuversicht, heute und künftig weitere Mauern einreißen zu können – Mauern der Diktatur und der Gewalt, der Ideologien und der Feindschaften. Zu schön, um wahr zu sein? Ein Tagtraum, der wie eine Seifenblase zerplatzt? Nein, der Mauerfall hat uns gezeigt: Träume können wahr werden. Nichts muss so bleiben, wie es ist – mögen die Hürden auch noch so hoch sein." Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zur Eröffnung der neuen Dauerausstellung der Gedenkstätte Berliner Mauer am 9. November 2014 in Berlin, 9.11.2014, Externer Link: http://www.bundesregierung.de/breg-de/service/bulletin/rede-von-bundeskanzlerin-dr-angela-merkel-794850.

  38. Mauerfall-Gedenken Bundestag: Biermann beschimpft Linke als Drachenbrut, 7.11.2014, Externer Link: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-11/biermann-mauerfall-gysi-bundestag.

  39. Zit. nach Tiemo Rink, Ein Zeichen für die Flüchtlinge. Wie die Mauerkreuze verschwanden, 16.6.2015, Externer Link: http://www.tagesspiegel.de/11663960.html.

  40. Joachim Gauck, Rede zum Ende der Amtszeit zu der Frage "Wie soll es aussehen, unser Land?" aus der Antrittsrede vom 23. März 2012,18.1.2017, Externer Link: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2017/01/170118-Amtszeitende-Rede.html.

  41. Aufruf zur Einmischung in eigener Sache. Flugschrift der Bürgerbewegung Demokratie jetzt, 12.9.1989, in: Die ersten Texte des Neuen Forums, Berlin 1990, S. 3.

  42. Umfrage des Zentralinstituts für Jugendforschung Leipzig, veröffentlicht am 15.11.1989, in: Peter Förster/Günter Roski, DDR zwischen Wende und Wahl, Berlin 1990, S. 53.

  43. Hartmut Zwahr, Ende einer Selbstzerstörung. Leipzig und die Revolution in der DDR, Göttingen 1993, S. 139.

  44. Wolfgang Schneider, Leipziger Demontagebuch, Leipzig-Weimar 1990, S. 128f.

  45. Vgl. Martin Sabrow, Mythos Einheit? Die deutsche Wiedervereinigung als zeitgeschichtliche Herausforderung; in: ders./Alexander Koch (Hrsg.), Experiment Einheit. Zeithistorische Essays, Göttingen 2015, S. 9–25, hier S. 14f.; ders., Der vergessene "Dritte Weg", in: APuZ 11/2010, S. 6–13.

  46. Bernd Gehrke, 1989 und keine Alternative?, in: ders./Wolfgang Rüddenklau (Hrsg.), … das war doch nicht unsere Alternative. DDR-Oppositionelle zehn Jahre nach der Wende, Münster 1999, S. 417–440, hier S. 430.

  47. Was hat die Revolution 1989 gebracht? Wir haben die Bürgerrechtler Ulrike Popp, Jens Reich und die Pfarrerin Ruth Misselwitz gefragt, in: Die Tageszeitung, 9.11.2015.

  48. Untersuchungsausschuss: Linke will Waigel, Köhler und Sarrazin über Treuhand befragen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.5.2019.

  49. Ist der Osten anders? Gregor Gysi und Heinz Bude über die Entwicklungen und Brüche in Ost- und Westdeutschland, in: Jens Bisky/Enrico Lübbe/Torsten Buß (Hrsg.), Ist der Osten anders? Expertengespräche am Schauspiel Leipzig, Berlin 2019, S. 15–27, hier S. 16.

  50. Philipp Ther, Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent. Eine Geschichte des neoliberalen Europa, Frankfurt/M. 2014, S. 97. Vgl. auch Frank Bösch, Geteilte Geschichte. Plädoyer für eine deutsch-deutsche Perspektive auf die deutsche Zeitgeschichte, in: Zeithistorische Forschungen 1/2015, S. 98–114; ders. (Hrsg.), Geteilte Geschichte. Ost- und Westdeutschland 1970–2000, Göttingen 2015.

  51. Bude (Anm. 49), S. 18; vgl. ders./Thomas Medicus/Andreas Willisch (Hrsg.), ÜberLeben im Umbruch. Am Beispiel Wittenberge: Ansichten einer fragmentierten Gesellschaft, Hamburg 2011.

  52. Barbara Bollwahn, Von Einsichten in die Notwendigkeit, in: Alltag Einheit. Porträt einer Übergangsgesellschaft, Berlin 2015, S. 72–75, hier S. 73.

  53. Elke Sieber, Erinnerung an die DDR. Zwischen (N)Ostalgie und Totalverdammung, in: Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 2014, S. 17–28.

  54. Christoph von Marschall, Gedenkjahr 2019. Die Unfähigkeit, dankbar zu sein, in: Der Tagesspiegel, 8.5.2019.

  55. Tom Sello, Berliner Beauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, kritisiert, die Bundesregierung würde das Mauerfall-Jubiläum "nicht so richtig ernst nehmen." Stefan Strauß, 30 Jahre Mauerfall. Der vergessene Oktober-Aufstand, in: Berliner Kurier, 5.6.2019.

  56. Zum Verhältnis von Zeitgeschichte und Transformationsforschung: Christopher Banditt, Quantitative Erforschung der ostdeutschen Transformationsgeschichte, 18.3.2019, Externer Link: https://zeitgeschichte-online.de/thema/quantitative-erforschung-der-ostdeutschen-transformationsgeschichte.

  57. Anja Schröter/Clemens Villinger, Anpassen, aneignen, abgrenzen: Interdisziplinäre Arbeiten zur langen Geschichte der Wende, 18.3.2019, Externer Link: https://zeitgeschichte-online.de/themen/anpassen-aneignen-abgrenzen-interdisziplinaere-arbeiten-zur-langen-geschichte-der-wende.

  58. So schon Konrad H. Jarausch, Die unverhoffte Einheit 1989–1990, Frankfurt/M. 1995, S. 303ff.; vgl. auch Christoph Lorke, Die Einheit als "soziale Revolution". Debatten über soziale Ungleichheit in den 1990er Jahren, 18.3.2019, Externer Link: https://zeitgeschichte-online.de/thema/die-einheit-als-soziale-revolution.

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ist Professor für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin und Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF). E-Mail Link: sekretariat@zzf-potsdam.de