Einleitung
Das Projekt Europa zielt nicht nur auf ökonomische Harmonisierung und politische Vereinigung, sondern auch auf soziale Integration. Es geht also nicht nur um die Angleichung von Lebensverhältnissen und politischen Strukturen, sondern auch um gegenseitige Beziehungen und Bindungen. Unter diesem Aspekt kann "auf der individuellen Ebene auch die subjektive Identifikation der einzelnen Bürger und ihr Gefühl der Zugehörigkeit zu und der Verbundenheit mit Europa als Maßstab für den Grad der europäischen Integration betrachtet werden".
Zwar finden sich Hinweise darauf, dass trotz der zunehmenden ökonomischen und politischen Integration die Identifikation der Gesamtbevölkerung mit Europa nicht zugenommen hat. Es gibt aber bei den jüngeren Generationen, für die die Europäische Union selbstverständlicher politischer Kontext ihres Aufwachsens ist, eher eine optimistische Haltung gegenüber Europa.
Jürgen Habermas hat insbesondere auf die subjektiven, also auch Einstellungen betreffenden Elemente für eine europäische Weiterentwicklung und Integration verwiesen. Er betont, dass es weniger um die Entwicklung einer starken europäischen Identität geht, die am Ende die auf die nationale politische Gemeinschaft bezogenen Wertorientierungen ablösen soll, sondern um eine Offenheit gegenüber einer übernationalen politischen Meinungs- und Willensbildung über europäische Themen.
Etwas emphatisch formuliert: "Es geht um Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit die Bürger ihre staatsbürgerliche Solidarität über ihre jeweiligen nationalen Grenzen hinaus mit dem Ziel einer wechselseitigen Inklusion erweitern können."
In einem solchen Sinne beschäftigen sich die folgenden Abschnitte mit Voraussetzungen möglicher verstärkter europäisch orientierter Bewusstseinsbildung. Im DJI-Jugendsurvey 2003
Europaorientierungen und Verbundenheiten
Die Einstellungen junger Menschen zu Europa sind durchaus differenziert (vgl. Tabelle 1 der PDF-Version). Die höchste positive Bewertung erfährt die Aussage C "Für meine persönliche Zukunft wird Europa immer bedeutsamer" (72 % in Deutschland gesamt), gefolgt von Item B, das die persönliche Betroffenheit durch Europapolitik beinhaltet (67 %). Immerhin die Hälfte der Befragten (50 %) schreibt sich eine gewisse politische Kompetenz bezüglich eines Verständnisses der Funktionsweise der Europäischen Union zu. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der höchste Skalenpunkt (6) von nur 5 % der Befragten gewählt wird, der zweithöchste (5) von 18 % und die nächst schwächere Zustimmung (Skalenpunkt 3) von 27 % (vgl. Tabelle 1 der PDF-Version).
Europa ist für die meisten jungen Menschen Teil ihres Alltagslebens. Gefragt nach ihrer persönlichen Betroffenheit durch europapolitische Entscheidungen, antworten jedoch 10 % der Befragten mit "weiß nicht" (zur Itemformulierung siehe Item B in Tabelle 1 der PDF-Version). Auch die Fragen, ob Europa bedeutsam für ihre Zukunft ist und ob sie die Funktionsweise der Europäischen Union verstehen (siehe Item C und A in Tabelle 1 der PDF-Version), können 4 bis 5 % der Befragten nicht beantworten. Insbesondere Befragte mit niedrigeren Bildungsressourcen haben hierzu keine Meinung.
Jüngere Befragte schreiben sich geringere Europakompetenz (Item A) zu und fühlen sich auch weniger von Entscheidungen der Europäischen Kommission betroffen als ältere Befragte, wobei in allen Altersgruppen die Mädchen und jungen Frauen geringere Zustimmungswerte aufweisen. Diese geschlechtsspezifischen Differenzen korrespondieren mit den Befunden, dass Frauen sich generell weniger für Politik interessieren und sich auch geringere politische Kompetenz zuschreiben als Männer.
Die größere Distanz der ostdeutschen Jugendlichen und jungen Erwachsenen gegenüber Europa, wie sie sich bereits bei den Europaorientierungen gezeigt hat (vgl. Tabelle 1 der PDF-Version), kommt auch bei den affektiven Bindungen zum Ausdruck. Die subjektive Identifikation mit den geographisch bzw. politisch definierten lebensräumlichen Einheiten Gesamtdeutschland sowie Europäische Union - im Sinne von Gefühlen der Zugehörigkeit und Verbundenheit - nimmt in den west- und ostdeutschen Bundesländern seit 1997 zu (vgl. Tabelle 2 der PDF-Version), wobei allerdings die Verbundenheit mit Europa gegenüber den anderen lebensräumlichen Einheiten
Auffallend ist, dass beide Aspekte der territorialen Verbundenheit in den ostdeutschen Bundesländern geringer ausgeprägt sind als in den westdeutschen. In Ostdeutschland ist die Identifikation mit dem eigenen Teil Deutschlands noch wichtiger als die Verbundenheit mit Deutschland als Ganzem (tabellarisch nicht ausgewiesen). Dies ist aber nicht im Sinne einer eindeutigen ostdeutschen Abgrenzungsidentität zu interpretieren, da die Verbundenheiten mit Ostdeutschland, Gesamtdeutschland und Europa relativ eng positiv miteinander verknüpft sind.
Nationale und europäische Verbundenheiten werden von politisch interessierten Befragten stärker betont. Darüber hinaus ist die Wahrnehmung sozialer Benachteiligung für beide Aspekte affektiver Bindungen von großer Bedeutung. Befragte, die sich bezüglich der eigenen Lebensverhältnisse als benachteiligt einschätzen, sind deutlich weniger affektiv gebunden als jene, die den Eindruck haben, am gesellschaftlichen Wohlstand in angemessener Weise teilhaben zu können.
Vertrauen in europäische Institutionen
Vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen - wie auch vielen Erwachsenen - ist Europa als politischer Raum noch weit entfernt. Dies zeigt sich daran, dass mehr als ein Drittel der Befragten über europäische Institutionen wie zum Beispiel die Europäische Kommission oder das Europaparlament keine Beurteilung abgeben kann (vgl. Abbildung 1 der PDF-Version).
Es lässt sich zeigen, dass das ausgesprochene Vertrauen umso größer wird, je weiter weg vom politischen Alltagsgeschehen öffentliche Institutionen agieren.
Entsprechend der deutlichen Zunahme der subjektiven politischen Kompetenz junger Menschen mit dem Lebensalter
Ebenso wie bei politischen Einstellungen generell gibt es auch bei der Einschätzung europäischer Institutionen ausgeprägte Bildungsunterschiede. Mit dem Bildungsniveau nehmen das geäußerte Vertrauen und die Beurteilungsfähigkeit erheblich zu; junge Menschen mit Fachhochschulreife bzw. Abitur bekunden zu etwa einem Drittel großes Vertrauen, von denjenigen, die höchstens einen Hauptschulabschluss haben, ist dies nur ein Fünftel. Wie bei den Europaorientierungen gehen mehr Fremdsprachenkenntnisse und ein stärkeres politisches Interesse - die ihrerseits vom Bildungsniveau abhängen - mit einem größeren Vertrauen in europäische Institutionen einher.
Bei dem Vertrauen in europäische Institutionen lässt sich ein ausgeprägter Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Benachteiligung in den eigenen Lebensverhältnissen feststellen; ein solcher Zusammenhang zeigte sich auch im Hinblick auf europäische und nationale Verbundenheiten. Junge Menschen, die meinen - im Vergleich zu anderen in der Bundesrepublik - etwas oder sehr viel weniger als "ihren gerechten Anteil" zu erhalten, bekunden zu weniger als einem Fünftel Vertrauen, von denjenigen ohne solche Benachteiligungserfahrungen sind dies etwa ein Drittel. Offensichtlich befördert die Wahrnehmung von Benachteiligung die Distanz zu Europa.
Obwohl die Verbundenheit mit Europa in Ostdeutschland auch 2003 noch deutlich geringer ist als in Westdeutschland (vgl. Tabelle 2 der PDF-Version), sind die Ost-West-Unterschiede hinsichtlich des geäußerten Vertrauens in europäische Institutionen nur gering. Großes Vertrauen ist in Ostdeutschland nur um vier Prozentpunkte geringer als in Westdeutschland, und auch die Unterschiede in der subjektiven Beurteilungsfähigkeit sind vergleichbar gering.
Mit den Daten des DJI-Jugendsurvey lassen sich auch Veränderungen des Vertrauens in europäische Institutionen im Vergleich der Jahre 1997 und 2003 analysieren: Dabei zeigt sich, dass in dieser Zeit das Vertrauen sowie auch die subjektive Beurteilungsfähigkeit insbesondere in Ostdeutschland etwas zugenommen haben.
Europaorientierungen, Verbundenheiten und Vertrauen in Europainstitutionen
Die im DJI-Jugendsurvey erfassten drei Aspekte von Europaorientierungen (vgl. Tabelle 1 der PDF-Version) bilden eine Einstellungsdimension ab. Sie enthalten die Wahrnehmung der Relevanz von Europa und der Prozesse der europäischen Einigung sowie damit einhergehend ein Bewusstsein der politischen Bedeutung und des Verständnisses für eine politisch gedachte Einheit Europa. Dadurch wird sicher nur ein Aspekt möglicher Europaorientierungen erfasst, die insgesamt als politisches Selbstverständnis als Europäerin bzw. Europäer im Hinblick auf ein zukunftsfähiges Europa wichtig sein könnten und damit möglicherweise eine gewisse Solidarität für ein staatsbürgerliches Zusammengehörigkeitsgefühl bewirken.
Ein hohes Vertrauen in europäische Institutionen bildet hingegen eine eigenständige Dimension, die zwar mit positiven Einstellungen gegenüber Europa einhergeht, jedoch nicht als Teildimension verstanden werden kann. In diesem Vertrauen spiegelt sich wohl eher eine unmittelbare Wahrnehmung und Bewertung des engeren Politikbereichs wider, den diese Institutionen strukturieren. Gefühle der Verbundenheit wiederum scheinen jeweils Teilaspekte dieser Bezugnahme auf die EU zu enthalten, darauf deuten moderate empirische Beziehungen mit den beiden anderen Einstellungsbereichen (Europaorientierungen, Vertrauen in Europainstitutionen) hin. Jedenfalls wird selbst mit den berichteten wenigen Indikatoren klar, dass man nicht generell von einem homogenen Einstellungskomplex "EU-Orientierung" sprechen kann, sondern deren unterschiedliche Aspekte berücksichtigen muss.
Was fördert Europaorientierungen?
Was fördert eine positive Einstellung gegenüber der EU? Im Folgenden werden einige Merkmale betrachtet, die als Kompetenzen angesehen werden können, sich in einer komplizierter werdenden modernen Gesellschaft, die durch wirtschaftliche Globalisierung und die faktische Relevanz europäischer Einigungsprozesse gekennzeichnet ist, zurechtzufinden.
Zum einen ist an das politische Interesse zu denken. Europa ist eine politische Einheit mit komplizierten Mechanismen des Funktionierens. Da Europa ein komplexes politisches Gebilde ist, wird es vermutlich für junge Menschen, die sich stärker für Politik interessieren, eher von Bedeutung sein als für jene, für die dies nicht zutrifft. Auch bei jungen Menschen mit höherer Bildung ist ein stärkeres Interesse an Europa zu vermuten. Es ist davon auszugehen, dass diese sich sowohl theoretisch - im Unterricht - als auch praktisch - durch die Nutzung von Möglichkeiten direkter Austauschbeziehungen, etwa Schüleraustausch oder Fahrten in das europäische Ausland - für Europa interessieren. Die intensivere Beschäftigung mit Sprachen im Gymnasium und während des Studiums trägt zur Horizonterweiterung mit europäischer Blickrichtung bei. Kompetenzen in mehreren Sprachen sollen als zusätzliches Merkmal betrachtet werden, auch wenn ein starker Zusammenhang mit der Dauer der Schulbildung gegeben ist. Schließlich soll als förderliche Eigenschaft für EU-Orientierungen auch das Vertrauen in die eigenen Handlungsmöglichkeiten einbezogen werden. Als Konzept der "internen Kontrollüberzeugung" soll es die individuelle Vorstellung ausdrücken, dass eigenes Verhalten und eigene Anstrengungen den Verlauf des Lebens zentral beeinflussen können, Ziele also durch eigene Fähigkeiten und Bemühungen erreicht werden können und man nicht auf Zufälle oder Glück angewiesen ist.
Haben diese Merkmale Einfluss auf Europaorientierungen? Im Folgenden soll dieser Frage nachgegangen werden. Dabei wird man nicht an klare kausale Zusammenhänge denken können, sondern eher mit Wechselbeziehungen rechnen müssen: Beispielsweise ist eine gute Mehrsprachenkompetenz nicht eindeutig als "Ursache" für eine stärkere Aufgeschlossenheit gegenüber Europa zu interpretieren, denn es könnte umgekehrt auch angenommen werden, dass die Wahrnehmung der Wichtigkeit der EU zum Lernen von mehreren Sprachen motivieren kann. Zunächst sind für alle Merkmale klare Zusammenhänge mit EU-Orientierungen zu konstatieren: Starkes politisches Interesse, ein höherer Bildungsabschluss, ein starkes Vertrauen in eigene Handlungsmöglichkeiten sowie Mehrsprachenkompetenz hängen positiv mit EU-Orientierungen zusammen. Zur vereinfachten Darstellung der gemeinsamen Effekte dieser Variablen soll ein Kontrastgruppenvergleich dienen. In Abbildung 2 wurden die Merkmale in dichotomisierter Form verwendet; angegeben sind jeweils die Anteile starker positiver EU-Orientierungen in Untergruppen, die durch diese Merkmale bzw. Kombinationen von ihnen gebildet werden.
Es wird deutlich, dass das politische Interesse zu den am stärksten differenzierenden Merkmalen zählt. Der Anteil positiver EU-Einstellungen beträgt bei Personen mit starkem politischen Interesse 59 %, bei denen mit mittlerem oder geringerem nur 30 % - was einer Differenz von 29 Prozentpunkten entspricht. Auf der nächsten Ebene wirkt der Bildungsabschluss: Bei starkem politischen Interesse liegt bei Personen mit Abitur der Anteil positiver EU-Einstellungen bereits bei 66 %, bei denen, die höchstens die Mittlere Reife haben, bei 47 %. Die entsprechenden Werte bei geringerem politischen Interesse sind deutlich niedriger, aber es ist sehr wohl noch ein Bildungseffekt zu erkennen (38 % gegenüber 25 %).
Als drittstärkstes Merkmal wird schließlich das Vertrauen in die eigenen Handlungsmöglichkeiten, die internen Kontrollüberzeugungen, einbezogen. Dies verstärkt die EU-Einstellungen bei starkem politischen Interesse und hohem Bildungsabschluss noch einmal: Bei der Gruppe, die zusätzlich zu diesen Merkmalskombinationen starkes Vertrauen in eigene Handlungsmöglichkeiten hat, beträgt der Anteil hoher positiver EU-Einstellungen 74 %, bei denen mit geringerem Vertrauen immer noch 60 %. Der geringste Wert an EU-Zustimmung ist gegeben, wenn geringes politisches Interesse, geringere Bildung und wenig Vertrauen in die eigenen Handlungschancen zusammentreffen: Er liegt bei 22 %. Bemerkenswert ist noch, dass bei der Gruppe mit geringem Politikinteresse, aber höherer Bildung und stärkerer Kontrollüberzeugung der Anteil positiver EU-Orientierungen 49 % beträgt - und damit deutlich über dem Gesamtdurchschnitt (36 %, oberste Zelle) liegt. Bildung und ein woher auch immer gewonnenes Selbstbewusstsein kann auch bei geringem politischen Interesse zur Wahrnehmung der Relevanz der EU führen. Aus der Abbildung kann des weiteren entnommen werden, dass ein niedriger Bildungsabschluss bei starkem politischen Interesse durch eine hohe Sprachkompetenz ausgeglichen werden kann: Der Anteil positiver EU-Einstellungen beträgt in dieser Gruppe 57 %. Bei den anderen Gruppen wirkt mehrfache Sprachkompetenz auf der nächsten Stufe kaum noch zusätzlich.
Insgesamt bestätigt die multivariate Analyse die Wirksamkeit der betrachteten Merkmale für eine positive Wahrnehmung der EU-Relevanz, wobei die stärksten Unterschiede das politische Interesse hervorbringt, dann das Bildungsniveau und schließlich das Vertrauen in eigene Handlungsmöglichkeiten. Aber es sollte hier wiederholt werden, dass es sich eher um dynamisch sich verstärkende Wechselbeziehungen handelt, weniger um eindeutig gerichtete Kausalzusammenhänge. Die entgegengesetzten Merkmalskombinationen haben dabei Werte von 74 % (starkes politisches Interesse, hohe Bildung, starkes Vertrauen in Handlungsmöglichkeiten) und 22 % (jeweils mittlere bis geringe Ausprägungen), wobei zu bemerken ist, dass die Gruppen mit hohen Merkmalskombinationen in der Regel deutlich geringer besetzt sind als die komplementären.
Zusammenfassung und Ausblick
Einstellungen zu Europa sind nicht in einer einzigen Dimension erfassbar. Dabei sind politisch orientierte Wahrnehmungen und Bewertungen von größerer Bedeutung, aber auch solche, welche die Zukunftsvorstellungen und Möglichkeiten der eigenen Lebensplanung betreffen. Die Europaorientierungen Jugendlicher und junger Erwachsener lassen erkennen, dass die nachwachsende Generation in Deutschland die Relevanz von Europa und die Prozesse der europäischen Einigung mehrheitlich durchaus wahrnimmt und sich der Bedeutung einer politisch gedachten Einheit Europas bewusst ist. Die positive Bezugnahme auf Europa ist aber - ebenso wie die affektive Verbundenheit - im Westen Deutschlands deutlich stärker ausgeprägt. Bei der Bewertung von europäischen Institutionen gibt ein nicht unbeträchtlicher Anteil von jungen Menschen keine Beurteilung ab. Diejenigen, die Vertrauen bekunden, halten die europäischen Institutionen nicht für weniger glaubwürdig als die politiknahen Institutionen in Deutschland wie Bundesregierung und Bundestag, wobei allerdings das Vertrauensniveau deutlich geringer ist als etwa gegenüber einer Institution wie dem Bundesverfassungsgericht. Starkes politisches Interesse, ein höherer Bildungsabschluss, Vertrauen in eigene Handlungsmöglichkeiten sowie eine Mehrsprachenkompetenz hängen positiv mit EU-Orientierungen zusammen. Dabei können sogar höhere Bildung und ein Bewusstsein der Wirksamkeit eigenen Handelns auch bei geringem politischen Interesse eine ausgeprägte Wahrnehmung der Relevanz der EU mit sich bringen. Aber auch ein niedriger Bildungsabschluss geht nicht notwendigerweise mit Distanz zu Europa einher, sondern kann durch politisches Interesse und Sprachkompetenz in seiner Wirkung auf EU-Einstellungen ausgeglichen werden.
Die Entwicklung der Einigung Europas ist ein langwieriger Prozess. Während jedoch die älteren Jahrgänge der Bevölkerung diese Entwicklung selbst erfahren haben, stellt sich für die heranwachsende Jugend Europa als ein komplexer - wenn auch noch weiter in Entwicklung befindlicher - Raum für politische Prozesse und eigenes Handeln dar. Eine erfolgreiche Nutzung dieser Handlungsräume und eine Ermöglichung der Ausbildung eines auch auf Europa gerichteten Bewusstseins werden durch Kompetenzen und Chancenwahrnehmung im Aufwachsen gefördert. Allerdings wirkt sich die Erfahrung von Benachteiligung und unzureichendem Zugang zu den weiterreichenden Möglichkeiten überregionaler und übernationaler Integration einschränkend auf ein positives Bild von Europa aus. Auch von daher sind die Stärkung von Bildung, insbesondere politischer Bildung, und die Förderung individueller Handlungskompetenzen wichtig für die Zukunftsfähigkeit der nachwachsenden Generationen.