Die Vereinten Nationen sehen sich seit einigen Jahren heftiger Kritik ausgesetzt. Die schrillsten Töne kommen von der US-Regierung. Sie fordert eine umfassende Reform der Weltorganisation sowie die Anpassung des Völkerrechts an die neuen Herausforderungen. Dazu zählen der "Krieg gegen den internationalen Terrorismus" und der Kampf gegen Massenvernichtungswaffen in Händen von "Schurkenstaaten". Der völkerrechtswidrige Krieg gegen den Irak lastet schwer auf der Weltorganisation, hat er doch eines ihrer tragenden Prinzipien - die souveräne Gleichheit aller Mitgliedstaaten - verletzt.
Erst seit der Teilnahme der Bundesrepublik Deutschland an Friedenseinsätzen im Rahmen der Vereinten Nationen Ende der neunziger Jahre und den Reformvorschlägen von Generalsekretär Kofi Annan hat das Thema "deutscher Sitz" im Sicherheitsrat an politischer Brisanz gewonnen. Die Bundesregierung betreibt seither eine intensive Lobbyarbeit, um diesem Ziel näher zu kommen. Von Seiten der Opposition wird sie deshalb der "Renationalisierung deutscher Außenpolitik" gescholten. Deutschland muss sich entscheiden zwischen einem auf Ökonomie gestützten Weltmachtanspruch oder der Rolle eines Sachwalters von Menschenrechten, Umweltschutz sowie globaler, kollektiver Sicherheit und Solidarität.
Neben der Reform der Institutionen der Vereinten Nationen sollte zentrales Ziel deutscher Außenpolitik die Verteidigung des Völkerrechts und die Wiederherstellung des Systems der kollektiven Sicherheit sein. Die Lösung der Weltordnungskrise kann nicht durch einseitige Machtpolitik, sondern nur auf der Grundlage des Völkerrechts gelingen.