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Auswirkungen des Terrorismus auf die Volkswirtschaften und die Wirtschaftspolitik | Globaler Terrorismus und seine Folgen für Politik und Wirtschaft | bpb.de

Globaler Terrorismus und seine Folgen für Politik und Wirtschaft Editorial Die Folgen des 11. September 2001 für die internationalen Beziehungen Das transatlantische Risiko - Deutungen des amerikanisch-europäischen Weltordnungskonflikts Die geostrategischen Konsequenzen nach dem 11. September 2001 Die Sicherheitsstrategie der EU Internationale Terrorismusbekämpfung und Achtung der Menschenrechte Die wirtschaftlichen Folgen des internationalen Terrorismus Auswirkungen des Terrorismus auf die Volkswirtschaften und die Wirtschaftspolitik

Auswirkungen des Terrorismus auf die Volkswirtschaften und die Wirtschaftspolitik

Willi Leibfritz

/ 23 Minuten zu lesen

Das makroökonomische Management hat nach den Anschlägen des 11. September 2001 funktioniert. Trotzdem belasten die höheren staatlichen und privaten Sicherheitskosten die Volkswirtschaften und die Weltwirtschaft.

Einleitung

Mit den Anschlägen des 11. September 2001 hat der internationale Terrorismus mit rund 3 000 Toten, zahlreichen Verletzten und Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe eine neue Dimension erreicht. Es war in erster Linie eine menschliche Tragödie für die Betroffenen und ihre Angehörigen, wodurch die Frage nach den ökonomischen Auswirkungen naturgemäß in den Hintergrund tritt. Dennoch stellen sich aus ökonomischer Sicht mehrere Fragen. Die Anschläge hatten große Auswirkungen auf einzelne Wirtschaftsbereiche, insbesondere die Luftfahrt, den Tourismus und die Versicherungswirtschaft, doch blieben die gesamtwirtschaftlichen Folgen relativ gering. Ein Grund war darin zu sehen, dass das kurzfristige wirtschaftspolitische Krisenmanagement der Amerikaner effizient war und sich die Konjunktur unmittelbar nach den Anschlägen nicht nur in den USA, sondern auch weltweit stabilisierte. Mittelfristige Belastungen für die Volkswirtschaften ergeben sich aber insbesondere infolge der höheren Kosten für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, doch dürften sich die Belastungen insgesamt im Rahmen halten - vorausgesetzt, es kommt nicht zu weiteren großen Anschlägen. Die in der Folge der Terroranschläge geführten Kriege in Afghanistan und im Irak sowie die Kosten der andauernden Truppenstationierung in diesen Ländern haben jedoch die Militärausgaben und das Budgetdefizit der USA stark ansteigen lassen. Die höheren Ausgaben für Militär und innere Sicherheit wirken zwar kurzfristig nachfragestimulierend, doch senken sie tendenziell die gesamtwirtschaftliche Produktivität und damit das mittelfristige Wachstum, weil Ressourcen aus produktiveren Bereichen abgezogen werden.

Im Folgenden wird zunächst das ökonomische Krisenmanagement unmittelbar nach den Anschlägen beschrieben. Des Weiteren werden die mittelfristigen Auswirkungen diskutiert, wobei es darum geht aufzuzeigen, über welche verschiedenen Wirkungskanäle der Terrorismus die wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen kann und in welcher Größenordnung sich - aus heutiger Sicht - diese Einflüsse bewegen. Die endgültige Höhe dieser Folgen hängt natürlich davon ab, wie sich der internationale Terrorismus weiter entwickelt.

Ökonomisches Krisenmanagement nach den Terroranschlägen

Die amerikanische Konjunktur verzeichnete schon vor den Anschlägen des 11. September ein geringfügiges Minuswachstum. Zu einem Abgleiten in eine tiefe Rezession durch die Terroranschläge ist es jedoch nicht gekommen. Vielmehr hat sich die amerikanische Wirtschaft überraschend schnell erholt. Dies lag vor allem an dem effizienten Krisenmanagement der amerikanischen Notenbank. Die Finanzmärkte blieben in den Tagen unmittelbar nach den Anschlägen geschlossen - zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg - und öffneten erst wieder am 17. September. Die Notenbank machte klar, dass sie den Banken im Grunde unlimitiert Liquidität zur Verfügung stellen würde, um Zahlungsschwierigkeiten und Zusammenbrüche zu verhindern. Sie senkte den kurzfristigen Zinssatz auf einen Tiefstand, der seit 40 Jahren nicht mehr erreicht worden war, zeitweise bis auf 1,2 Prozent. Es kam auch unmittelbar zu einer Kooperation zwischen der amerikanischen Notenbank, der Europäischen Zentralbank und der englischen und der kanadischen Notenbank, die zusammen internationale Kreditlinien in Höhe von 90 Mrd. US-Dollar bereitstellten und die Zinsen deutlich senkten, um den Weltfinanzmarkt liquide zu halten und das Vertrauen wiederherzustellen.

Neben der Geldpolitik wurde auch die Finanzpolitik sehr schnell aktiv. Nur drei Tage nach den Anschlägen beschloss der amerikanische Kongress ein Hilfsprogramm in Höhe von 40 Mrd. US-Dollar. Ferner wurden den amerikanischen Fluggesellschaften Zuschüsse in Höhe von fünf Mrd. US-Dollar und Darlehen in Höhe von zehn Mrd. US-Dollar gewährt. Neben diesen Hilfen an die Betroffenen verlangte der amerikanische Präsident vom Kongress eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben in Höhe von 48 Mrd. US-Dollar. Dies entspricht einem Anstieg des Verteidigungshaushalts um 14 Prozent. Aufgrund dieser Programme stiegen die staatlichen Verbrauchsausgaben in den USA kräftig an, ein Vierteljahr nach den Anschlägen um über zehn Prozent oder 1,8 Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Die Terroranschläge vom 11. September verursachten große Schäden, und auch die Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte werden häufig mit denen von Naturkatastrophen verglichen. Ein Vergleich mit dem staatlichen Ausgabenanstieg nach Naturkatastrophen in den USA und anderen Ländern macht das Ausmaß der Budgetbelastung deutlich (vgl. die Tabelle: siehe PDF-Version).

Der schon vorher expansive Kurs der Geld- und Finanzpolitik wurde durch die zusätzlichen Maßnahmen noch expansiver. Die Finanzmärkte beruhigten sich nach den ersten Panikreaktionen relativ schnell. Auch das Vertrauen der Unternehmen und Verbraucher verbesserte sich wieder, in den USA und auch in Europa einschließlich Deutschlands. Das reale BIP der USA, das im ersten Halbjahr 2001 leicht geschrumpft war, ging im dritten Quartal noch einmal zurück. Aber schon im vierten kam es zu einer Erholung, die sich im ersten Quartal 2002 mit einem Anstieg von fünf Prozent (saisonbereinigt und auf die Jahresrate hochgerechnet) verstärkt fortsetzte. Der extrem expansive wirtschaftspolitische Kurs der USA hat also die amerikanische Wirtschaft aus der Rezession "herauskatapultiert". In den Sommermonaten 2002 kam der Aufschwung wieder ins Stocken, und es gab Befürchtungen eines erneuten Rückschlags, also einer so genannten double-dip recession. Sowohl die Börsenkurse als auch das Unternehmer- und Verbrauchervertrauen brachen weltweit wieder ein, und die Wirtschaftsprognosen wurden nach unten revidiert. Dies war allerdings nicht mehr auf die Terroranschläge im Herbst 2001 zurückzuführen, sondern auf neue Ereignisse, insbesondere Vertrauensverluste in die Solidität großer Unternehmen in den USA (Stichwort "Enronitis") und insbesondere auf Ängste im Vorfeld des Krieges gegen den Irak und - damit zusammenhängend - den vorübergehend höheren Ölpreis. Dennoch betrug das Wachstum in den USA im Durchschnitt des Jahres 2002 knapp 2,5 Prozent. Im Vergleich dazu blieb das Wachstum im Durchschnitt der Eurozone und in Deutschland mit knapp ein Prozent bzw. rund ein viertel Prozent deutlich geringer.

Im Jahr 2003 wurde die Wirtschaftsentwicklung der USA zunächst durch die höheren Militärausgaben für den Krieg im Irak angeregt. Die Niedrigzinspolitik der amerikanischen Notenbank bewirkte zudem, dass trotz des Anstiegs der Arbeitslosigkeit die Nachfrage der privaten Haushalte nach dauerhaften Konsumgütern und Wohnungen hoch blieb. Nach dem Ende des Irakkrieges verbesserte sich das Wirtschaftsklima weltweit, und auch die Börsenkurse erholten sich deutlich. Die gesamtwirtschaftliche Produktion stieg im dritten Quartal in den USA um mehr als acht Prozent gegenüber dem zweiten (saisonbereinigt und auf die Jahresrate hochgerechnet), ein Wachstum, das sich in dieser Höhe allerdings nicht fortsetzen wird. Im Jahresdurchschnitt 2003 dürfte das Wachstum in den USA knapp drei Prozent betragen haben, und für das Jahr 2004 wird allgemein mit einer Beschleunigung auf rund vier Prozent gerechnet. Im Euroraum, in dem die gesamtwirtschaftliche Produktion im ersten Halbjahr 2003 leicht zurückging, wurde im Jahresdurchschnitt 2003 ein Wachstum von lediglich knapp einem halben Prozent erreicht, und in Deutschland stagnierte die gesamtwirtschaftliche Produktion. Für das Jahr 2004 wird im Euroraum (und auch in Deutschland) allgemein mit einer Erhöhung des Wachstums auf 1,5-2 Prozent gerechnet. Die Gründe für das in den zurückliegenden Jahren höhere Wachstum in den USA lagen sowohl in der expansiveren Makropolitik (Geld- und Finanzpolitik) und (im Jahr 2003) der unterschiedlichen Wechselkursentwicklung (Abwertung des Dollars und Aufwertung des Euro, welcher das Exportwachstum im Euroraum dämpfte) als auch in günstigeren strukturellen Einflüssen in den USA (u.a. günstigere demographische Entwicklung, höheres Produktivitätswachstum, flexiblere Arbeits- und Produktmärkte). Aufgrund letzterer Faktoren dürfte das Wirtschaftswachstum in den USA auch in den nächsten Jahren höher bleiben als in Europa.

Die mittelfristigen Folgen des Terrorismus

Die Anschläge des 11. September und die anschließenden Kriege in Afghanistan und im Irak haben also die amerikanische und die weltwirtschaftliche Entwicklung zwar kurzfristig beeinflusst, sie aber nicht destabilisiert. Werden diese Ereignisse die weltwirtschaftliche Entwicklung mittelfristig bremsen? Es gibt mehrere Wege, über welche dies geschehen könnte: Erstens könnten die höheren Sicherheitsbestimmungen den Welthandel belasten. Der freie internationale Waren- und Dienstleistungsverkehr ist bekanntlich eine wichtige Antriebskraft für das Wirtschaftswachstum sowohl in den exportierenden als auch in den importierenden Ländern, und seine Beeinträchtigung würde das Wirtschaftswachstum weltweit bremsen. Zweitens könnten die höheren staatlichen Ausgaben für innere und äußere Sicherheit die volkswirtschaftlichen Ressourcen in weniger produktive Bereiche lenken und damit die Produktivität und das Wachstum senken. Drittens verursacht die Absicherung gegenüber dem gestiegenen Risiko terroristischer Anschläge - sei es über die private Versicherungswirtschaft, sei es über den Staat - höhere Kosten, die letztlich Produktivität und Wachstum senken. Im Folgenden wird versucht, die Größenordnung solcher Effekte abzuschätzen.

Auswirkungen auf den internationaler Handel

Ein Faktor, über den das Wachstum mittel- und längerfristig gebremst werden könnte, sind höhere Transportkosten als Folge der höheren Sicherheitsvorschriften. Schätzungen zufolge (die allerdings unmittelbar nach den Anschlägen gemacht wurden und aus heutiger Sicht als Obergrenze gelten) belaufen sich die nach dem 11. September veranlassten zusätzlichen Sicherheitskosten auf ein bis drei Prozent des gesamten Wertes der international gehandelten Waren; dies entspricht einem Betrag von jährlich 5,6 bis 16,8 Mrd. US-Dollar. Mit den zusätzlichen Erfahrungen und den verbesserten Technologien dürften sich die Sicherheitskosten in Zukunft allerdings tendenziell wieder verringern. Dies gilt natürlich nur, falls es nicht zu weiteren größeren Anschlägen kommt, die eine zusätzliche Verschärfung der Sicherheitsbestimmungen nach sich ziehen.

Die aufgrund der Sicherheitskosten höheren Importpreise verringern das Handelsvolumen je nachdem, wie stark die Nachfrage sich durch die höheren Preise verringert, d.h. wie preiselastisch sie ist. Einer Untersuchung des bilateralen Handels zwischen 103 Ländern zufolge beträgt die Preiselastizität dieser Handelsströme rund drei, d.h., wenn die Importpreise im Durchschnitt um ein Prozent steigen, sinkt das Importvolumen um drei Prozent. Demnach würde der Anstieg der Sicherheitskosten nach dem 11. September um ein bis drei Prozent den Entwicklungspfad des Welthandelsvolumen um drei bis neun Prozent senken. Dieser Effekt, der erst nach mehreren Jahren voll wirksam wird, entspricht einem durchschnittlichen Anstieg des Welthandels in einem Zeitraum von ein bis zwei Jahren. Die zusätzlichen Sicherheitskosten dürften das zukünftige jährliche prozentuale Welthandelswachstum damit zwar bremsen, aber in einer Größenordnung, die eher hinter als vor dem Komma liegt. Die Globalisierung wird dadurch jedenfalls nicht - wie dies schon vermutet wurde - gestoppt. Auch in Zukunft wird die Wirtschaftsentwicklung in den Industrie- und Schwellenländern die entscheidende Bestimmungsgröße für das Welthandelswachstum sein. Der Welthandel, der nach dem starken Wachstum von rund zwölf Prozent im Jahr 2000 im Jahr 2001 stagnierte, nahm 2002 um rund 3,5 und 2003 um rund vier Prozent zu. Nach der jüngsten Prognose der OECD wird er im Jahr 2004 wieder um acht und 2005 um knapp neun Prozent wachsen.

Diese Durchschnittsbetrachtung des Welthandels verdeckt allerdings, dass es einzelne Warenströme und einzelne Länder gibt, die überdurchschnittlich von den zusätzlichen Sicherungskosten betroffen sind. Dies sind insbesondere:

- Waren, die sehr preiselastisch sind, so dass die höheren Sicherheitskosten die Nachfrage stärker senken;

- Waren, die schnell verderblich sind (wie Obst und Gemüse), so dass ihre Qualität von den längeren Sicherheitsüberprüfungen stark beeinträchtigt wird;

- Waren, die aus Ländern stammen oder in Häfen verschifft werden, in denen die Sicherheit weniger gewährleistet ist und

- Länder, die einen überdurchschnittlich hohen Import- und Exportanteil am BIP haben.

Da der weitaus größte Teil des Welthandelsvolumens auf die Industrieländer entfällt, sind diese Volkswirtschaften zwar absolut gesehen von den negativen Wirkungen der höheren Sicherheitskosten auf den internationalen Handel am stärksten betroffen. Bezieht man diese Effekte aber auf das BIP der Länder, dann zeigt sich, dass viele Entwicklungs- und Schwellenländer, insbesondere in Asien, Nordafrika und im Mittleren Osten, überdurchschnittlich betroffen sind. Diese Länder haben überdurchschnittlich hohe Außenhandelsanteile relativ zu ihrem BIP, exportieren Waren mit hoher Preiselastizität (z.B. Agrarprodukte) und/oder sind wegen ihrer geopolitischen Lage mit besonders hohen Sicherheitskosten auf ihren Handelsströmen belastet oder werden wegen der höheren Risiken als Absatzländer gemieden.

Mit Hilfe eines ökometrischen Modells (Allgemeines Gleichgewichtsmodell) wurde ermittelt, dass ein unterstellter durchschnittlicher Anstieg der Sicherheitskosten im internationalen Handel um ein Prozent des Warenwertes zu jährlichen Wohlfahrtsverlusten für die Weltwirtschaft von etwa 75 Mrd. US-Dollar (in Preisen von 1997) führt. Der größte Teil des absoluten Wohlfahrtsverlustes entfällt nach diesen Berechnungen auf die westeuropäischen Volkswirtschaften (je nach Annahmen insgesamt rund 29,5 bis zirka 33 Mrd. US-Dollar), gefolgt von Nordamerika (rund 13,5 bis zirka 18,5 Mrd. US-Dollar). Bei relativer Betrachtung, also bezogen auf das BIP, sind aber viele Entwicklungs- und Schwellenländer wegen ihrer besonders preiselastischen Handelsströme und der aufgrund ihrer geopolitischen Lage höheren Sicherheitskosten stärker betroffen als die Industrieländer. Während nach diesen Modellrechnungen die Wohlfahrtsverluste in Nordamerika mit rund 0,2 und in Westeuropa mit rund 0,4 Prozent des BIP beziffert werden, belaufen sie sich in Nordafrika und dem Mittleren Osten auf bis zu 0,5 und in Südasien sogar auf bis zu 0,6 Prozent. Diese Durchschnittswerte für die Regionen verdecken allerdings, dass die Belastungen in einzelnen Ländern deutlich höher sein können.

Der internationale Terrorismus hat inzwischen zu einem Wettbewerb um die höchstmögliche Sicherheit an den verschiedenen Abfertigungsstellen, insbesondere an Flughäfen und Seehäfen, geführt. Die verstärkte Abwicklung des Handels über die besonders sicheren (oder als sicherer geltenden) Häfen geht allerdings zu Lasten der anderen Häfen, die als weniger sicher gelten. Um Diskriminierungen zu verhindern, ist eine verstärkte internationale Zusammenarbeit notwendig und auch ein entsprechender Mittel- und Know-how-Transfer an ärmere Länder, um diese in die Lage zu versetzen, die notwendigen Sicherheitsbedingungen zu schaffen.

Auswirkungen auf den Reiseverkehr und den Tourismus

Unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September brach der touristische und geschäftliche Reiseverkehr mit den USA zusammen, und der gesamte internationale Reiseverkehr erlitt starke Einbußen, wobei auch die schwache Weltkonjunktur eine Rolle spielte. Generell führt aber ein höheres Terrorismusrisiko nicht unbedingt zu weniger Tourismus, sondern vor allem zu einer Verlagerung von Aktivitäten und Reisezielen, z.B. weg vom Flug- auf den Straßen- und Bahnverkehr und in Regionen, die als sicherer gelten. So scheuten nach dem 11. September z.B. amerikanische Touristen Flugreisen und machten verstärkt Urlaub mit dem Auto innerhalb Amerikas oder im benachbarten Kanada. Man kann diese Verlagerung der Tourismusströme auch nach früheren Anschlägen beobachten. Beispielsweise trafen die Anschläge im ägyptischen Luxor im November 1997 den Tourismus in dieser Region sehr stark. Auch in der Türkei brach im Jahr 1999 angesichts der angespannten politischen Situation und eines Erdbebens der Tourismus ein. Während des ersten Golfkriegs 1991 und auch während des Kosovo-Konflikts 1999 kamen weniger Touristen nach Europa. Generell ist nach dem 11. September die Angst vor Anschlägen in islamischen Ländern gestiegen, und dies ist durch die späteren Anschläge auf Bali noch verstärkt worden. Dies bedeutet, dass die Terroristen zwar auf den Westen zielen, dabei aber immer auch die Wirtschaft ihrer eigenen Heimatländer treffen. Andere Tourismusgebiete, die näher liegen oder als sicherer eingestuft werden, profitieren dagegen von der Verlagerung der Tourismusströme. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die Touristen zwar kurzfristig sehr stark auf terroristische Anschläge reagieren, aber sie kehren auch wieder in die angestammten Tourismusgebiete zurück, wenn die Situation als sicherer eingeschätzt wird. In der Vergangenheit war es meist so, dass sich schon ein Jahr nach den Anschlägen die Situation in den betroffenen Gebieten wieder besserte. Bei Geschäftsreisen gibt es teilweise Verlagerungen der Aktivität, die möglicherweise länger anhalten. Mit den neuen Techniken über E-Mail-Kontakte, Telefon- oder Videokonferenzen können nämlich Geschäftsreisen zumindest teilweise entfallen, und der neue internationale Terrorismus könnte diesen Prozess beschleunigen.

Auswirkungen auf die Ausgaben für Sicherheit und Militär

Ein weiterer Kostenfaktor, über den der Terrorismus das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen könnte, sind die höheren konsumtiven Staatsausgaben für Polizei und Militär. Diese höheren Ausgaben müssen letztlich über höhere Steuern oder eine Senkung anderer Kosten finanziert werden. Die höhere Steuerbelastung wie auch die Verdrängung produktiverer Staatsausgaben (z.B. für Infrastruktur) senken den gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsanstieg und den Lebensstandard. Allerdings muss man hier zwischen kurzfristigen und längerfristigen Wirkungen unterscheiden. Kurzfristig können höhere konsumtive Staatsausgaben die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und das Wachstum erhöhen, wie sich auch in den USA nach den Anschlägen vom 11. September gezeigt hat und auch bei den höheren Ausgaben für den Krieg im Irak. In den USA sind die Verteidigungsausgaben von 295 Mrd. US-Dollar oder drei Prozent des BIP im Jahr 2000 auf rund 410 Mrd. US-Dollar oder 3,8 Prozent des BIP im Jahr 2003 gestiegen. In den nächsten zwei Jahren dürften sie weiter auf rund 4,5 Prozent des BIP steigen. Die Militärausgaben sind damit (um Preissteigerungen bereinigt) wieder ähnlich hoch wie in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, also der Zeit des Kalten Krieges. Die Friedensdividende für die Beendigung des Kalten Krieges wäre damit durch den "Krieg gegen den Terrorismus" wieder aufgezehrt. Dies gilt allerdings nur für die Betrachtung der Absolutbeträge. Bezogen auf das BIP betrugen die Militärausgaben zur Zeit des Kalten Krieges knapp sechs Prozent. Bei dieser Betrachtung wäre nach dem Anstieg von drei auf 4,5 Prozent die Friedensdividende noch nicht vollständig, aber immerhin zur Hälfte aufgezehrt. Auch dies ist ein starker Anstieg. Gleichzeitig wurden ja auch die Ausgaben im nichtmilitärischen Bereich deutlich erhöht, insbesondere durch die verschiedenen "Homeland-Security"-Programme (insbesondere verstärkte Grenzkontrollen, bessere Flugsicherung und der Aufbau von Informationssystemen).

Die innere Sicherheit war schon vor den Anschlägen vom 11. September ein relativ großer Bereich, der aber seitdem weiter ausgebaut wird. Im Jahr 2001 entfielen in den USA rund drei Millionen Arbeitsplätze auf diesen Sektor (Polizei, Feuerschutz, Justiz und Gefängnisse, private Sicherheitskräfte usw.). Die gesamte Lohnsumme betrug in diesem Bereich im Jahr 2001 96,2 Mrd. US-Dollar. Prognosen zufolge gehört der Sicherheitsbereich auch in den nächsten Jahren zu den zehn Dienstleistungsbereichen mit dem größten Personalzuwachs. So prognostizierte das Department of Labour im Dezember 2001, dass im Zeitraum 2000 bis 2010 das Personal im Sicherheitsbereich um rund 390 000 aufgestockt werden wird (zum Vergleich: Verkaufspersonal 510 000, Krankenschwestern 560 000, Experten für Computer-Hardware 490 000, Softwareexperten 380 000).

Auswirkungen auf die gesamt-wirtschaftliche Produktivität

Die langfristigen Auswirkungen von höheren Ausgaben für Militär und innere Sicherheit auf das Wirtschaftswachstum sind negativ, weil Ressourcen von den produktiveren Bereichen der Wirtschaft in diese weniger produktiven Bereiche gelenkt werden. Groben Schätzungen der OECD zufolge führt ein dauerhafter Anstieg der Militärausgaben um ein Prozent des BIP und der privaten Sicherheitsausgaben um 0,5 Prozent des BIP längerfristig zu einer Senkung des BIP um 0,7 Prozent.

Diese Ausweitung der Staatsausgaben sowie eine gleichzeitige Steuersenkung bewirkten, dass der amerikanische Staatshaushalt von einem Überschuss ins Defizit geraten ist. Die finanzpolitische Position der USA ist also deutlich ungünstiger als noch vor kurzer Zeit. Dies ist die Kehrseite der sehr starken Konjunkturstimulierung über den Staatshaushalt. Ein höheres Staatsdefizit kann zwar kurzfristig die Konjunktur stimulieren, und dies wurde in den USA auch erreicht. Mittelfristig muss es aber wieder reduziert werden, um das Wachstumspotential zu erhalten. Dies muss über Ausgabenkürzungen geschehen, wenn man Steuererhöhungen vermeiden will oder sogar weitere Steuersenkungen plant. Bisher ist allerdings noch nicht erkennbar, wann und wie der amerikanische Staatshaushalt konsolidiert werden wird. Ein anhaltend hohes amerikanisches Budgetdefizit wirkt tendenziell zinserhöhend und verdrängt damit produktivere private Investitionen. All dies wirkt sich negativ auf die gesamtwirtschaftliche Produktivität aus. Hinzu kommt, dass das hohe amerikanische Budgetdefizit einhergeht mit einem anhaltend hohen Leistungsbilanzdefizit. Dies erhöht das Risiko von Wechselkursturbulenzen mit einer scharfen Abwertung des Dollars und einer deutlichen Aufwertung des Euro, was die europäischen Exporte belasten würde.

Die gegenwärtigen Wirtschaftsprognosen für die USA und für die Weltwirtschaft gehen allerdings davon aus, dass es den USA gelingt, auch weiterhin ein relativ hohes gesamtwirtschaftliches Produktivitätswachstum zu erzielen, und dass es nicht zu Wechselkursturbulenzen kommt, welche die weltwirtschaftliche Entwicklung belasten. Dies heißt allerdings nicht, dass die erwähnten Risiken nicht bestehen, sondern lediglich, dass sie von anderen, positiven Faktoren überlagert bzw. von den Prognostikern nicht als wahrscheinlichstes Szenario angesehen werden.

Auswirkungen über höhere Risikoabsicherung

Ein dritter Transmissionsweg, der das mittelfristige Wachstum reduzieren kann, ist der Anstieg der Risikoabsicherung, also eine Verteuerung der Versicherungsprämien. Die Verluste für die Versicherungen einschließlich Rückversicherungen aufgrund dieser Terroranschläge belaufen sich Schätzungen zufolge auf 30 bis 58 Mrd. US-Dollar; die große Spanne zeigt die Unsicherheit dieser Schätzungen. Betroffen sind hier insbesondere Lebens- und Gebäudeversicherungen - die reinen Gebäudeschäden sollen etwa 15 Mrd. US-Dollar betragen -, Auto- und Flugzeugversicherungen sowie Versicherungen für Lohn- und Geschäftsausfälle. In der Geschichte der Versicherungswirtschaft ist dies der bisher größte Schadensfall. Er traf natürlich nicht nur die Erst-, sondern auch die Rückversicherer. Da der Versicherungsmarkt und insbesondere der Rückversicherungsmarkt ein globaler Markt ist, waren auch andere Länder von diesen Versicherungsschäden betroffen; einige sehr bedeutende Rückversicherungsunternehmen (Lloyd's, Münchnener Rück, Schweizer Rück) haben bekanntlich ihren Sitz in Europa und in Deutschland.

Dieser extrem hohe Schadensfall ist für die Versicherungswirtschaft auch deshalb so schwer verkraftbar, weil es in den Jahren zuvor auch schon hohe Schadensfälle durch Naturkatastrophen gegeben hatte. So verursachte Hurrican Andrew in Florida im Jahr 1992 Versicherungsschäden in Höhe von 21 Mrd. US-Dollar. Die Schadenssumme im Zusammenhang mit dem 11. September beträgt das Doppelte. Gravierend ist auch, dass sich die Kapitalbasis der Versicherungsunternehmen durch die Kursverluste an den Aktienmärkten stark verschlechtert hat. Die Versicherungsunternehmen waren also nicht nur auf der Passivseite ihrer Bilanz, sondern auch auf der Aktivseite betroffen. Durch die inzwischen eingetretene Erholung der Aktienmärkte hat sich allerdings die Situation wieder etwas verbessert.

Trotz dieser hohen Belastungen gab es keine größeren Zusammenbrüche von Versicherungsunternehmen, was durchaus bemerkenswert ist angesichts der Schadenshöhe. Die Versicherer haben auf diesen Schock reagiert, indem sie die Versicherungsprämien anhoben. Die Anhebung trifft insbesondere die Luftfahrt, aber auch den Transportsektor insgesamt, die Gebäudevermietung, den Tourismussektor und die Energiegewinnung. Bei besonders sensiblen Bauten wie Kraftwerksanlagen war die Anhebung der Versicherungsprämien besonders stark. Letztlich trägt der Verbraucher die höheren Versicherungsprämien über entsprechend höhere Preise. Man kann beobachten, dass die Versicherungsprämien immer nach Großschäden steigen, weil die Versicherungsunternehmen ihre Kapitalbasis wieder aufbessern. Anschließend sinken die Prämien wieder. Trotz des jüngsten Anstiegs liegen die Prämien im Durchschnitt derzeit noch unter dem Spitzenwert der neunziger Jahre.

Wer soll gegen Terrorismusrisiken versichern?

Eine zweite Reaktion der Versicherungen war es, den Versicherungsschutz für Schäden aufgrund von Terroranschlägen einzuschränken. Bisher waren in den Versicherungspolicen Terrorismusschäden meist nicht extra erwähnt, so dass sie automatisch abgedeckt waren. Seit dem Schock dieser Terroranschläge versuchen die Versicherungen, solche Schäden nicht mehr abzudecken, weil ihnen das Risiko zu groß ist. In den USA müssen Einschränkungen des Versicherungsschutzes allerdings von den Bundesstaaten genehmigt werden, und bis auf einige Ausnahmen haben die meisten Staaten dies den Versicherungen auch genehmigt. Inzwischen ist also die Absicherung gegenüber Terrorismusschäden entweder extrem teuer oder gar nicht mehr möglich. Eine gut ausgebaute Versicherungswirtschaft ist generell positiv für das Wirtschaftswachstum, denn es reduziert die Unsicherheit der Investoren. Umgekehrt gilt, dass dieEinschränkung des Versicherungsschutzes das Investitionsrisiko erhöht und das Wachstum bremst. Beispielsweise ging in den USA der Neubau von Bürogebäuden stark zurück. Dieser Trend hatte schon vor den Terroranschlägen eingesetzt und war die Folge der schwächeren Konjunktur. Er wurde aber dadurch verstärkt, dass jetzt keine Gebäudeversicherungen gegen Terrorschäden mehr möglich sind, so dass auch entsprechende Bankkredite nicht mehr gewährt werden.

Für die Versicherungsunternehmen ist es natürlich schwierig, das Terrorismusrisiko abzuschätzen und entsprechende Prämien festzusetzen. Dies ist schon bei Naturkatastrophen schwierig, aber hier verfügt man über größere Erfahrungen. So gibt es Untersuchungen zu Klima und Erdbeben und entsprechende Modelle, nach denen man Risiken abzuschätzen versucht. Die Beurteilung von Terrorismusrisiken steht dagegen noch am Anfang, auch wenn jetzt zunehmend der Eindruck entsteht, dass dieses Risiko in letzter Zeit gestiegen ist und so schnell nicht verschwinden wird. Tatsächlich gibt es in einigen Ländern, die leidvolle Erfahrungen mit Terrorismus machen mussten, Versicherungsmodelle, die Terrorismusschäden abdecken, wobei ab einer bestimmten Höhe der Staat als "letzter Rückversicherer" einspringt. In den USA wurde am 19. November 2002 ein Bundesgesetz erlassen, nach dem der Staat 100 Mrd. US-Dollar bereitstellt, um den Versicherern einen Teil der Terrorismusschäden oberhalb bestimmter Gesamtsummen (ansteigend von 10 Mrd. US-Dollar 2003 auf 15 Mrd. US-Dollar 2005) abdeckt.

Während in der Folge der Anschläge des 11. September die "normalen" Versicherer den Versicherungsschutz gegen Terrorismusschäden einschränkten, entstanden andererseits Versicherer, die sich auf Terrorismusschäden spezialisieren. So sind auf den Bermudas derartige Spezialversicherungen neu gegründet worden. In Europa hat eine Gruppe von Versicherern und Rückversicherern angekündigt, Terrorismusschäden zu versichern. In Deutschland wurde mit Hilfe der Bundesregierung von Versicherungsgruppen am 3. September 2002 die Extremus Versicherungs-AG gegründet, die sich auf Großrisiken durch Terroranschläge spezialisiert. Inzwischen kann man sich in den USA und in Europa auch gegen Flugzeugschäden durch Terrorismus versichern, wobei teilweise die Regierung als letzter Rückversicherer fungiert. Sollte in Zukunft ein hohes Risiko terroristischer Anschläge bestehen, werden auch die Kosten, sich gegen solche Risiken abzusichern, entsprechend hoch sein. Dies dämpft tendenziell das Wirtschaftswachstum. Ab einer bestimmten Schadenshöhe wird allerdings der Staat als "letzter Rückversicherer" einspringen müssen, so dass bei sehr großen Schadensfällen die Wirtschaftssubjekte als Steuerzahler belastet werden würden.

Eine weitere Möglichkeit wäre es, auch den Kapitalmarkt zur Finanzierung von Terrorismusschäden heranzuziehen, und zwar über die Ausgabe von Katastrophenbonds, wie sie bei der Finanzierung von Naturkatastrophen teilweise eingesetzt werden. Hier trägt der Kapitalanleger das Risiko, weil der Kurs dieses Wertpapiers nach entsprechenden Katastrophen sinkt. Kommt es dagegen während der Anlagefrist nicht zu einer Katastrophe, hat der Anleger den Vorteil eines überdurchschnittlichen Zinssatzes. Der Markt für Katastrophenbonds wurde im Jahr 1996 eingerichtet, ist allerdings bisher nicht sehr stark entwickelt. Der Höhepunkt wurde im Jahr 2000 mit Katastrophenbonds in einer Gesamthöhe von etwas über einer Mrd. US-Dollar erreicht; sie werden vorwiegend von institutionellen Anlegern gezeichnet. Seitdem sinkt das Volumen wieder. Inzwischen werden allerdings vereinzelt weitere "non-natural catastrophe bonds" an den internationalen Finanzmärkten angeboten.

Schlussfolgerungen

Das makroökonomische Krisenmanagment nach den Anschlägen vom 11. September hat insgesamt gesehen funktioniert. Die Geldpolitik hat sehr rasch reagiert, um die Finanzmärkte zu stabilisieren. Ein effizientes Krisenmanagement ist nötig, um Panikreaktionen entgegenzuwirken und das Vertrauen wiederherzustellen. Hilfreich war in dieser Situation auch, dass der amerikanische Staat zuvor finanzpolitisch in einer komfortablen Situation war, was das schnelle finanzpolitische Gegensteuern erleichtert hat.

Die durch die Terrorismusgefahr notwendigen höheren staatlichen und privaten Sicherheitskosten belasten die einzelnen Volkswirtschaften und die Weltwirtschaft auch mittelfristig. Durch diese höheren Transaktionskosten wird das Produktionspotential der Länder auf ein niedrigeres Niveau abgesenkt. Der dadurch entstehende Bremseffekt auf das Wirtschaftswachstum der nächsten Jahre dürfte in den Industrieländern aber wohl eher unter als über einem viertel Prozentpunkt liegen. Der mittelfristige Wachstumspfad, der gegenwärtig für die USA mit etwas über drei Prozent und in Westeuropa mit etwas über zwei Prozent angesetzt wird, wird dadurch also nicht entscheidend verändert. Dennoch sind die gesamtwirtschaftlichen Kosten aufgrund der höheren Transaktionskosten absolut gesehen erheblich, ganz abgesehen von den psychischen Belastungen, die der Terrorismus verursacht. Bezieht man die Belastungen aber auf das jeweilige BIP, dann sind diejenigen Entwicklungs- und Schwellenländer besonders betroffen, die stark vom internationalen Handel und vom Tourismus abhängen, und darunter vor allem diejenigen, deren geopolitische Lage als besonders anfällig für Terroranschläge gilt. Der neue internationale Terrorismus trifft also über die internationalen Verflechtungen im Waren- und Dienstleistungsverkehr besonders viele ärmere Länder, deren Menschen eine bessere Wirtschaftsentwicklung bitter nötig hätten. Es liegt nicht nur im Interesse der Amerikaner und der anderen Industrieländer, sondern letztlich auch im Interesse dieser ärmeren Länder, dem internationalen Terrorismus Einhalt zu gebieten. Ferner gewinnen die Forderungen nach einem weiteren Abbau der Handelsbarrieren gegenüber den Importen aus diesen Ländern zusätzliches Gewicht. Das Scheitern der jüngsten Welthandelsgespräche in Cancun/Mexiko ist auch deshalb bedauerlich.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Dieser Artikel basiert auf den Arbeiten der OECD zu den ökonomischen Auswirkungen des Terrorismus. Vgl. OECD, Economic Outlook 71, Paris, June 2002; P. Lenain/M. Bonturi/V. Koen, The economic consequences of terrorism, in: OECD Economics Department, Working Papers No. 334, Paris 2002. Die in dem Artikel geäußerten Ansichten sind die des Autors und müssen nicht notwendigerweise denen der OECD entsprechen.

  2. Kritisch kann man hier aber anmerken, dass mit solchen Staatshilfen, insbesondere, wenn sie als Subvention und nicht als Darlehen gewährt werden, auch Unternehmen gestützt werden, die vorher schon Verluste gemacht haben und eigentlich hätten aus dem Markt ausscheiden müssen. Ein generelles Problem bei Subventionen ist, dass sie auch unproduktive Unternehmen erhalten, aber in Krisenzeiten werden solche ordnungspolitische Bedenken meist übergangen.

  3. Dabei half es auch, dass die Banken vor den Anschlägen eine gute Kapitalbasis hatten. Je schwächer ein Finanzsystem ist, desto anfälliger ist es gegenüber derartigen Schocks.

  4. Da es ohne die Anschläge vom 11. September wohl nicht zum Irakkrieg gekommen wäre, lässt sich inzwischen der Einfluss der Terroranschläge auf die Wirtschaftsentwicklung von den Einflüssen späterer politischer Entscheidungen nicht mehr trennen.

  5. Die konjunkturellen Impulse der Finanzpolitik waren in den USA zwischen 2000 und 2003 größer als je zuvor. Der strukturelle (d.h. um Konjunktureinflüsse bereinigte) gesamtstaatliche Budgetsaldo (als Anteil am BIP) verschlechterte sich um rund 5,5 Prozentpunkte.

  6. Vgl. zum Folgenden The impact of the terrorist attacks of 11 September 2001 on international trading and transport activities, OECD Working Party of the Trade Committee, March 2002; P. Walkenhorst/N. Dihel, Trade Impacts of the Terrorist Attacks of 11 September 2001: A Quantitative Assessment, May 2002 (unveröffentlichtes Manuskript).

  7. Die Kosten der Grenzkontrollen (durch zeitliche Verzögerungen, Dokumentenbeschaffung usw.) betrugen vor den Anschlägen schätzungsweise fünf bis 13 Prozent des Warenwertes. Zum Vergleich: Die Zölle, die auf dem Außenhandel lasten, belaufen sich auf drei bis zehn Prozent und die nichttarifären Handelsbeschränkungen (NTB) (wie Importkontingente usw.) auf zwei bis sieben Prozent des Warenwertes.

  8. Eine Preiselastizität von drei kann als Obergrenze betrachtet werden. Beim internationalen Handel von Industrieprodukten wurde für die meisten der untersuchten OECD-Länder eine langfristige Preiselastizität von rund (minus) eins ermittelt. Vgl. K. Murata/D. Turner/D. Rae/L. Le Fouler, Modelling Manufacturing Export Volumes Equations. A System Estimation Approach, OECD Economic Department, Working Papers No. 235, Paris 2000.

  9. Vgl. P. Walkenhorst/N. Dihel (Anm. 6).

  10. Diese Verlagerung der ökonomischen Aktivität aus besonders betroffenen Gebieten heraus war auch in der Vergangenheit zu beobachten, etwa im spanischen Baskenland. Dort senkte die Terrorismusgefahr die wirtschaftliche Aktivität langfristig, und die ökonomische Aktivität verlagerte sich stärker in andere Gebiete. Vgl. A.Abadie/J. Gardeazabal, The economic costs of conflict: a case-control study for the Basque country, NBER Working Paper No. 8478, 2001. Nach Schätzungen der israelischen Nationalbank belaufen sich die gesamtwirtschaftlichen Kosten durch niedrigere Auslandsinvestitionen, weniger Tourismus und höhere Sicherheitskosten auf insgesamt vier Prozent des BIP.

  11. Es scheint auch Unterschiede je nach der Nationalität der Touristen zu geben. Nach Informationen aus der Tourismusbranche kehren die deutschen und auch die britischen Touristen relativ bald wieder in die vorherigen Risikogebiete zurück, wenn es zu keinen weiteren Anschlägen kommt. Bei Touristen aus den USA und aus Japan scheint es länger zu dauern; diese sind offensichtlich vorsichtiger, und wenn sie nach Europa kommen, müssen sie doch teilweise lange Flugreisen auf sich nehmen. Beispielsweise verzeichnete die Stadt München nach den Terroranschlägen vom 11. September beim anschließenden Oktoberfest einen Rückgang ausländischer Besucher um ein Viertel. In den ersten neun Monaten des Jahres 2002 lag die Zahl der Gäste aus den USA in München um rund 20 Prozent und die Zahl der Gäste aus Japan um 22 Prozent unter dem entsprechenden Vorjahreswert. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 26. 11. 2002.

  12. Die Tatsache, dass diese kriegsbedingte Produktionssteigerung in den USA auf der anderen Seite zu vielen Toten und Verletzten und großen Sachschäden geführt hat, zeigt allerdings in makaberer Weise, was sich unter dem Oberbegriff gesamtwirtschaftliche Nachfrage eines Landes alles verbergen kann und wie kurz diese einseitige ökonomische Betrachtungsweise greift.

  13. Der gesamtstaatliche Budgetsaldo (Bund, Staaten, Gemeinden und Sozialversicherung) verschlechterte sich zwischen 2000 und 2003 um über 6 Prozentpunkte des BIP (von einem Überschuss von 1,4 Prozent im Jahr 2000 auf ein Defizit von schätzungsweise knapp fünf Prozent 2003). Weniger als ein Fünftel der Verschlechterung wurde durch die schwächere Konjunktur verursacht und rund vier Fünftel durch strukturelle Faktoren, d.h. durch diskretionäre Erhöhungen von Ausgaben und durch Steuersenkungen.

  14. Zwischen 1990 und 1993 haben die Rückversicherer die Prämien weltweit nahezu vervierfacht (Anstieg um rund 270 Prozent). Bis 1999/2000 sanken sie dann wieder um über 60 Prozent. Im Jahr 2001 stiegen sie um 37 Prozent und im Jahr 2002 um schätzungsweise rund 25 Prozent; vgl. Guy Carpenter (www.guycarp.com).

  15. Nach einer im September in den USA durchgeführten Umfrage von Real Estate Roundtable wurden durch den fehlenden Versicherungsschutz Bauprojekte mit einem Gesamtvolumen von nahezu 10,5 Mrd. US-Dollar verzögert oder völlig aufgegeben. Vgl. Financial Times vom 21. 11. 2002.

  16. So wurde in Großbritannien nach den IRA-Anschlägen im Jahr 1993 eine entsprechende Versicherung (Pool Re) geschaffen. In Spanien gibt es Versicherungen, die entsprechend der verschiedenen Risiken Zuschläge zu den normalen Versicherungsprämien erheben. In Frankreich deckt die staatseigene Caisse Centrale de Réassurance Gebäudeschäden durch Terrorismus über einer bestimmten Höhe ab. In Israel gewährt der Staat einen entsprechenden Versicherungsschutz, der über eine nationale Grundsteuer finanziert wird.

Dr. rer. pol., Diplomvolkswirt, geb. 1942; Leiter der Abteilung Strukturpolitische Analysen im Wirtschaftsdepartment der OECD in Paris.
Anschrift: OECD, 5 Rue André-Pascal, 75016 Paris. E-Mail : E-Mail Link: willi.leibfritz@oecd.org

Veröffentlichungen zu Fragen der Konjunktur und des Wachstums, Steuerpolitik, Öffentlichen Haushalten und Auswirkungen alternder Bevölkerungen.