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Das humanitäre Völkerrecht in der Krise? | Vereinte Nationen | bpb.de

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Das humanitäre Völkerrecht in der Krise?

Patrick Sutter

/ 22 Minuten zu lesen

Die in jüngster Zeit erfolgten Verletzungen des humanitären Völkerrechts haben dazu geführt, dass seine Wirksamkeit immer häufiger angezweifelt wird. Der Autor bezweifelt, dass das humanitäre Völkerrecht grundsätzlich in Gefahr ist.

Einleitung

Francis Lieber wurde von Abraham Lincoln im Jahre 1862 beauftragt, ein Militärhandbuch für die Unionstruppen zu erstellen. Darin sollten alle Regeln systematisiert werden, die den Landkrieg dieser Zeit bestimmten. Er ließ sich bei der Erstellung von einer Reihe von allgemeinen Anordnungen der Unionstruppen aus dem Bürgerkrieg und den wichtigsten Völkerrechtlern anleiten, doch war sein eigentlicher Führer nach eigenen Angaben "a sincere love of truth, justice and civilization". Der Lieber's Code von 1863 stellt die eigentliche Grundlage für das moderne Kriegsvölkerrecht dar.


Auch sein Zeitgenosse Henri Dunant wurde als Zeuge der Schlacht von Solferino im Jahre 1859 von dem Wunsch getrieben, den Krieg wenigstens der monströsesten inhumanen Ausprägungen zu berauben. Die Rotkreuz-Bewegung brachte 1864 einen ersten völkerrechtlichen Vertrag hervor. Betrachtet man die zahlreichen seither in Kraft getretenen Abkommen, von denen die Haager Landkriegsordnung (HLKO) von 1907, die vier Genfer Abkommen von 1949 und ihre zwei Zusatzprotokolle (ZP) von 1977 herausragen, so scheinen auf dem Gebiet des humanitären Völkerrechts Moral und Recht zu einer Einheit gefunden zu haben. Den meisten Menschen scheinen die Bestimmungen des humanitären Völkerrechts derart mit dem gesunden Menschenverstand verknüpft, dass allein schon die Frage, warum sich jemand an diese Normen halten sollte, Empörung hervorruft. Es ist, um mit Kant zu sprechen, kein Aspekt der Klugheit, sondern eine Frage der Sittlichkeit, sich an die Normen zu halten. Die internationale Rechtsordnung ist demnach angehalten, ihren Normen durch repressive und präventive Maßnahmen Geltung zu verschaffen. Dieser juristische Durchsetzungsmechanismus interessiert hier aber nicht weiter.

Stattdessen erweckt die tägliche Zeitungslektüre den Eindruck, dass sich die Armeen dieser Welt um das humanitäre Völkerrecht nicht mehr kümmern. Nachfolgend werden wir dies an Beispielen deutlich machen. Die These der selbst ernannten Realisten scheint zu stimmen: Die Staaten sehen sich nur an das Völkerrecht gebunden, wenn nicht wichtigere nationale Interessen dem im Wege stehen. Das Völkerrecht ist in der Frage, ob und mit welchen Mitteln Krieg geführt werden soll, relativ wirkungslos, weil die nationalen Interessen derart gewichtig sind.

Nachfolgend möchte ich dieser These von der Unwirksamkeit des humanitären Völkerrechts jedoch widersprechen. Es soll deutlich werden, weshalb sich nicht nur der moralisch, sondern auch der zweckrational handelnde Akteur bei genauer Überlegung an das humanitäre Völkerrecht hält - sprich: weshalb es im Sinne Kants sittlich, aber auch klug ist, das humanitäre Völkerrecht zu beachten.

Beispiele aus bewaffneten Konflikten

Fünf markante Problembereiche scheinen die Ansicht zu bestätigen, dass das humanitäre Völkerrecht seine Akzeptanz unter den Kriegsparteien und seine sich daraus ergebende Wirkung verloren hat: erstens der Luftkrieg der USA in Afghanistan, zweitens der Terrorismus in Israel, im Irak und in den USA, drittens das Verhalten der israelischen Armee in den besetzten Gebieten, viertens der Streit um den Kriegsgefangenen-Status von Mitgliedern der Taliban bzw. der Al-Qaida auf Guantanamo und fünftens die Folter von Gefangenen im Rahmen des "Kriegs gegen den Terrorismus". Die ersten drei Punkte behandeln wir unter dem Titel des Schutzes der Zivilbevölkerung, die beiden letzten Punkte unter dem Titel der Behandlung von Kriegsgefangenen.

Der Schutz der Zivilbevölkerung

Das Bedürfnis nach verstärktem Schutz der potenziellen Opfer nichtinternationaler Kriege belegt die folgende Tatsache: Während die Zivilbevölkerung im Ersten Weltkrieg (je nach Schätzung) 5 - 15 Prozent der Opfer ausmachte, liegt diese Zahl in den Konflikten der neunziger Jahre bei 90 - 95 Prozent. Die Gefährdung der Zivilbevölkerung hat sich aber auch in internationalen Konflikten erheblich vergrößert, was sich am Verhalten der USA im Afghanistankrieg darstellen lässt. Noch zu Beginn des Krieges, am 10. November 2001, ließ sich US-Präsident George W. Bush vor der UN-Generalversammlung mit den Worten vernehmen: "Unlike the enemy, we seek to minimize, not maximize, the loss of innocent life." Es ist heute nach überzeugenden Berichten klar, dass eine übervorsichtige Kriegsführung zu Beginn die Erfolge an der Front schmälerte. Allerdings sind schon aus dieser Anfangszeit massive Verletzungen des humanitären Völkerrechts überliefert. Seit die Interims-Regierung in Kabul eingesetzt worden ist, gibt es sogar noch mehr zivile Opfer durch US-amerikanische Attacken zu beklagen als zu der Zeit, als man die Taliban zu entmachten trachtete. Mitgespielt haben dürfte sicherlich eine gewisse Frustration über mangelnde Erfolge in den Anti-Terror-Bemühungen, was das Pentagon dazu veranlasste, riskantere Angriffsziele zu bestimmen. Nun wurden auch Ziele in stärker bevölkerten Gebieten gewählt. Ohne die (allerdings noch nicht nachhaltigen) Erfolge bei der Vertreibung des menschenverachtenden Regimes der Taliban schmälern zu wollen: Den knapp 3000 Opfern der Attacken vom 11. September 2001 stehen inzwischen schätzungsweise über 5000 getötete Menschen in der Zivilbevölkerung Afghanistans gegenüber.

Es sollen hier nicht etwa Menschenleben gegeneinander aufgerechnet werden. Vielmehr ist festzustellen, dass das humanitäre Völkerrecht sowohl terroristische Anschläge als auch die krasse Nichtbeachtung möglicher ziviler Opfer unter demselben Tatbestand als Kriegsverbrechen behandelt und verbietet. Der einschlägige Begriff lautet: indiskriminierende Kriegsführung. Damit bezeichnet man eine Kriegsführung, die nicht zwischen Angriffen auf Kombattanten einerseits und auf die Zivilbevölkerung andererseits unterscheidet. Denn das Kriegsrecht verbietet den Einsatz von Mitteln und die Auswahl von Zielen, die große Verluste unter der Zivilbevölkerung in Kauf nehmen, wie dies eben gerade auch für terroristische Anschläge typisch ist. Ebenso verboten ist die heimtückische, perfide Kriegsführung (Art. 37 1. ZP), worunter selbstverständlich auch das Mittel der terroristischen Anschläge fällt. Für solche Kriegsverbrechen verlangt das humanitäre Völkerrecht von den Staaten die Bestrafung der Täter. Das humanitäre Völkerrecht behindert also nicht etwa die Bestrafung von Terroristen, sondern fordert diese sogar. Mit der Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) wird eine Verurteilung für terroristische Akte unter Art. 7 oder 8 des römischen Statuts möglich sein.

Gleichzeitig lässt es das humanitäre Völkerrecht aber auch nicht zu, dass eine Unterscheidung bei der Beurteilung von Völkerrechtsverbrechen gemacht wird, je nachdem, ob die Opfer durch "böse Terroristen" oder durch "gute Soldaten" verursacht wurden. Die sprachliche Verunglimpfung von zivilen Opfern als "Kollateralschäden" lässt das humanitäre Völkerrecht nicht zu. Edward S. Herman brachte diese Schizophrenie auf den Punkt: "We're the good guys, so if we killed some innocent people, well, we didn't do it on purpose. The bad guys, on the other hand, are being bad intentionally."

A. P. V. Rogers schlägt vor, die Bestimmung von Art. 57 Abs. 2 lit. a (i) des 1. ZP z.B. für Luftangriffe wie folgt auszulegen:

"If the target is sufficiently important, higher commanders may be prepared to accept a greater degree of risk to the aircraft crew to ensure that the target is properly identified and accurately attacked. (...) However, if the target is assessed as not being worth that risk and a minimum operational altitude is set for their protection, the aircrew involved will have to make their own assessment of the risks involved in verifying and attacking the assigned target. If their assessment is that (a) the risk to them of getting close enough to the target to identify it properly is too high, (b) that there is a real danger of incidental death, injury or damage to civilians or civilian objects because of lack of verification of the target, and (c) they or friendly forces are not in immediate danger if the attack is not carried out, there is no need for them to put themselves at risk to verify the target. Quite simply, the attack should not be carried out."

Nicht nur die angreifende, sondern auch die verteidigende Partei trifft eine Verantwortung für den Schutz der Zivilbevölkerung. Diese völkergewohnheitsrechtliche Verpflichtung entspringt für die Vertragsstaaten des 1. ZP zudem aus Art. 58 und verlangt, "soweit dies praktisch irgend möglich ist", a) Zivilpersonen und zivile Objekte aus der Umgebung militärischer Ziele zu entfernen, b) keine militärischen Ziele in dicht bevölkerten Gebieten anzulegen und c) die Zivilbevölkerung durch weitere Maßnahmen möglichst vor den Gefahren zu schützen. Wenn diese Regel nicht befolgt wird, ist die angreifende Partei zwar nicht von ihren Sorgfaltspflichten bei der Festlegung der Angriffsziele befreit, doch verschiebt sich in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips die Hauptverantwortung für Schädigungen der Zivilbevölkerung in Richtung verteidigende Partei (z.B. bei der militär- oder völkerstrafrechtlichen Beurteilung).

Die israelische Armee zeigt im Umgang mit der palästinensischen Bevölkerung insbesondere eine Tendenz zu Kollektivstrafen (wie z.B. Häuserzerstörungen). Die Vierte Genfer Konvention, die von Israel unterzeichnet worden ist, hält in Art. 33 fest:

"(1) Keine geschützte Person darf für eine Übertretung bestraft werden, die sie nicht persönlich begangen hat. Kollektivstrafen wie auch jede Maßnahme zur Einschüchterung oder Terrorisierung sind verboten. (2) Die Plünderung ist verboten. (3) Vergeltungsmassnahmen gegen geschützte Personen und ihr Eigentum sind verboten."

Das heißt, die von der israelischen Armee in rund 1000 Fällen angewandte Methode der Zerstörung von Häusern von Familien mutmaßlicher Terroristen ist nicht zulässig, weil sie eine Form der Kollektivstrafe darstellt. Ebenfalls verboten sind nach Abs. 3 jegliche ungerechtfertigten Zerstörungen des Eigentums der Palästinenser. So sind aus der Wiederbesetzung von Jenin durch die israelische Armee unzählige Fälle dokumentiert, in denen Soldaten in strategisch günstig gelegene Häuser von palästinensischen Familien eingedrungen sind, das Mobiliar zerstört oder gar teilweise gesprengt haben und einige Tage später, als keine militärische Notwendigkeit mehr bestand, wieder abgezogen sind. Die Stürmung dieser Häuser lässt sich möglicherweise durch militärische Notwendigkeit rechtfertigen, sicherlich aber nicht die Zerstörung des Eigentums der darin wohnhaften Familien. Gemäß Art. 147 der Vierten Genfer Konvention handelt es sich bei diesem Verhalten um ein Kriegsverbrechen. Noch gravierender war das Ausmaß der Häuserzerstörung vor einigen Monaten an der Grenze des Gaza-Streifens zu Ägypten: Die unterirdischen Tunnels zum Waffenschmuggel konnten nur in viel geringerer Zahl aufgefunden werden als vermutet - die militärische Notwendigkeit der Zerstörung aller Häuser, die im Grenzgebiet standen, war mit Sicherheit nicht gegeben.

Die Behandlung von Kriegsgefangenen

Wem der Status eines Kriegsgefangenen zugesprochen wird, der hat zu jedem Zeitpunkt das Recht auf eine humane Behandlung durch die ihn gefangen haltende Kriegspartei. Die USA weigerten sich zunächst, den festgenommenen Taliban- und Al-Qaida-Mitgliedern den Schutz der Genfer Konventionen zukommen zu lassen. Nach heftigen Protesten im In- und Ausland gab Präsident Bush am 7. Februar 2002 folgende Lösung bekannt: Die Genfer Konventionen gelten für die Auseinandersetzung zwischen den Taliban und den USA, nicht aber für die nichtstaatliche Al-Qaida. Weder den Taliban- noch den Al-Qaida-Mitgliedern wird aber der Kriegsgefangenenstatus zugesprochen. Sie sollen trotzdem alle eine humane Behandlung im Sinne der Genfer Konventionen erfahren.

Zwar ist es richtig, die Taliban und die Al-Qaida innerhalb des Afghanistankriegs separat zu betrachten. In diesem Sinne ist es auch vertretbar, wenn die Al-Qaida-Mitglieder als illegale Kombattanten nicht in den Genuss des Kriegsgefangenen-Status kommen, da es sich um eine kriminelle Organisation handelt. Somit dürfen sie für alle Kampfhandlungen strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden, weil diese nicht als Akte in einem bewaffneten Konflikt legitimiert sind. Doch selbst dann noch unterstehen die während der kriegerischen Auseinandersetzung festgenommenen Al-Qaida-Kämpfer dem Schutz der Genfer Konventionen - wie jede andere zivile, wenn auch kriminelle Person, die während eines bewaffneten Konfliktes in die Fänge der gegnerischen Partei gerät.

Unhaltbar ist die Argumentation des Weißen Hauses für die Entscheidung, den Taliban den Kriegsgefangenenstatus aus dem Grunde zu verweigern, weil sie keine Uniformen getragen und sich so nicht genügend von der Zivilbevölkerung unterschieden hätten. Denn diese Kriterien gelten nach Art. 4 A Ziff. 2 der Dritten Genfer Konvention und nach Art. 44 Abs. 3 des 1. ZP nur für Milizen und freiwillige Korps, die nicht Bestandteil einer offiziellen Kriegspartei sind. Die Taliban sind jedoch ohne Zweifel eine offizielle Kriegspartei im Afghanistankrieg. Hätten die USA Zweifel bezüglich der Qualifikation von Gefangenen, so wären sie verpflichtet, diesen Status durch ein kompetentes Gericht überprüfen zu lassen. Die Entscheidung der Bush-Administration kommt dieser Pflicht nicht nach. Die britische Regierung hingegen entschied am 30. April 2002, dass die von britischen Soldaten gefangen genommenen Taliban- und Al-Qaida-Mitglieder als Kriegsgefangene behandelt und an die afghanische Interimsregierung weitergegeben werden.

Über die Beweggründe, warum sich die USA so strikt gegen die Gewährung des Kriegsgefangenenstatus für die Taliban wehrten, wurde viel spekuliert, zumal die USA nie eine detaillierte Begründung für ihre Entscheidung gegeben hatten. Erst recht ging man auf das Verlangen des Internationalen Roten Kreuzes (IKRK) nicht ein, für das Festhalten jedes Gefangenen eine rechtliche Begründung zu geben. Kommentatoren versuchen, sich das Verhalten der USA unter Bezugnahme auf drei vermeintliche oder tatsächliche Beschränkungen zu erklären, die das humanitäre Völkerrecht den USA auferlegen würde, wenn sie die Taliban als Kriegsgefangene anerkennen würden:

Erstens wird vorgebracht, dass Kriegsgefangene nur zu Angaben über ihre Person befragt werden dürfen, womit Befragungen über weitere Terror-Pläne nicht zulässig wären. Hierbei handelt es sich vielleicht um eines der am weitesten verbreiteten Missverständnisse auf dem Gebiet des humanitären Völkerrechts: Art. 17 Abs. 1 der Dritten Genfer Konvention handelt von einer Pflicht des Kriegsgefangenen. "Jeder Kriegsgefangene ist auf Befragen hin nur zur Nennung seines Namens, Vornamens und Grades, seines Geburtsdatums und der Matrikelnummer (...) verpflichtet." Wenn er wissentlich gegen diese Vorschrift verstößt, dürfen ihm von der ihn gefangen haltenden Partei Vergünstigungen aberkannt werden (Abs. 2). Dies ist die einzige zulässige Sanktion für die Weigerung des Kriegsgefangenen, die genannten Angaben zur Person offen zu legen.

Über alle anderen Dinge darf er natürlich auch befragt werden, nur ist er nicht zur Auskunft verpflichtet. Insbesondere darf er auf keinen Fall Zwang oder Folter ausgesetzt werden, wenn er die Auskunft verweigert (Abs. 4). Ohnehin ergibt sich für die USA in diesem Punkt kein Vorteil daraus, dass sie den Taliban den Kriegsgefangenenstatus verweigern, denn dann sind diese Bestandteile der Zivilbevölkerung, und Folterungen an der Zivilbevölkerung sind nach Art. 32 Vierte Genfer Konvention, nach der UNO-Folterverbots-Konvention von 1984 und nach zwingendem Völkerrecht verboten. Dass sie eine dritte Kategorie neben Kriegsgefangenen und Zivilbevölkerung, nämlich diejenige der "illegal combattants", erfanden, kann deshalb nur den Grund haben, dass sie die Gefangenen foltern können möchten. Ein Indiz für diese Vermutung ergibt sich aus der Tatsache, dass im Rahmen des "Kriegs gegen den Terror" in Afghanistan, Pakistan und im Irak mehrere tausend Personen festgenommen wurden, zu denen dem IKRK nur teilweise Zutritt gewährt wird, wie es Art. 126 Abs. 4 der Dritten Genfer Konvention für Kriegsgefangene verlangen würde. Schon bald berichtete die Washington Post, dass diese Personen unter amerikanischer Anleitung und zum Teil mit der Beteiligung amerikanischer Agenten festgehalten und befragt werden, wobei auch psychischer Druck und Folter angewendet würden. Zahlreiche gleich lautende Berichte im Wall Street Journal und Aufrufe von Amnesty International oder Human Rights Watch folgten. Doch erst mit der Veröffentlichung der Bilder aus dem Gefängnis von Abu Ghraib nahm die Öffentlichkeit davon Notiz. Die Tatsachen waren jedoch schon seit Beginn des "Krieges gegen den Terror" bekannt und der Öffentlichkeit zugänglich - sofern sie sich dafür interessiert hat.

Zweitens wollte man sich die Möglichkeit nicht nehmen lassen, eventuelle Taliban-Mitglieder vor amerikanischen Gerichten zur Rechenschaft zu ziehen. Es wurde bereits gezeigt, dass das humanitäre Völkerrecht sich nicht gegen die Bestrafung von Terroristen stellt, sondern diese sogar fordert, weil sie schwere Kriegsverbrechen begangen haben.

Drittens stellt das humanitäre Völkerrecht gewisse Mindeststandards auf, wie Kriegsgefangene untergebracht sein und im Alltag behandelt werden müssen. In der Tat auferlegt die Dritte Genfer Konvention verschiedene Pflichten: Die Kriegsgefangenen dürfen z.B. nur in Anlagen interniert werden, die auf dem Festland liegen und jede mögliche Gewähr für Hygiene und Reinlichkeit bieten (Art. 22 Abs. 1). Generell sollen die Unterkunftsbedingungen der Kriegsgefangenen "ebenso günstig sein wie diejenigen der im gleichen Gebiete untergebrachten Truppen des Gewahrsamsstaates. Diese Bedingungen haben den Sitten und Gebräuchen der Gefangenen Rechnung zu tragen und dürfen ihrer Gesundheit keinesfalls abträglich sein." (Art. 25) Es ist relativ leicht ersichtlich, dass die Haftbedingungen in Guantanamo diesen Pflichten nicht gerecht werden. Man wollte jedoch den Häftlingen die (Verfahrens-)Rechte der US-amerikanischen Verfassung nicht gewähren, weshalb man sie nicht auf amerikanischem Boden unterbringen konnte. Da man sich dadurch wiederum einer Verletzung des humanitären Völkerrechts schuldig gemacht hätte, verweigerte man den Taliban den Kriegsgefangenenstatus.

Kriegsgefangene sind nach Beendigung des bewaffneten Konflikts freizulassen, es sei denn, sie hätten Kriegsverbrechen begangen, für die sie vor Gericht zu stellen sind. Da es sich beim "Krieg gegen den Terrorismus" nach Ansicht der USA um eine jahrzehntelange Aufgabe handelt, möchten sie die Kriegsgefangenen auf unbestimmte Zeit in Gewahrsam behalten. Es ist deshalb beunruhigend zu sehen, dass die USA derzeit für nur 15 von 585 Gefangenen auf Guantanamo einen Prozess vor Militärkommissionen vorbereiten. Zu begrüßen ist angesichts dessen der Entscheid des Supreme Court vom 28. Juni 2004, wonach den Gefangenen auf Guantanamo auch der Weg der Haftprüfung vor District Courts offen steht.

Die Effektivität des humanitären Völkerrechts

Nach diesen Schilderungen scheint es, dass sich das humanitäre Völkerrecht in den jüngsten Konflikten kaum Geltung verschaffen kann. Im Folgenden wird dargelegt, weshalb es trotz allem ein Akt der Klugheit und nicht allein der Sittlichkeit ist, das humanitäre Völkerrecht zu beachten. Die drei rationalen Gründe lauten: Reziprozität, Disziplin und Glaubwürdigkeit.

Reziprozität

Für die Erläuterung dieses ersten Grundes können wir uns eines Gedankenexperiments von John Rawls bedienen: Die Menschen werden in einen Zustand versetzt, in welchem sie eine neue Gesellschaftsordnung zu planen haben. Sie wissen zu diesem Zeitpunkt aber nicht, welche intellektuellen und körperlichen Fähigkeiten und welche Stellung sie in der Gesellschaft haben werden. Deshalb würden sie möglichst das Risiko vermeiden wollen, in eine Gesellschaft zu kommen, in der große Ungleichheit herrscht; denn es könnte ja sein, dass sie selbst in dieser ungleichen Ordnung zu den Benachteiligten zählen würden. Ungleichheiten sind in dieser fiktiven Gesellschaft nur dann akzeptabel, wenn sie auch dem schwächsten Mitglied Vorteile bringen. Daran misst Rawls die Gerechtigkeit einer Gesellschaftsordnung.

Oft wurde diesem Ansatz entgegengehalten, dass es durchaus Menschen gibt, die lieber das Maximum an Optionen in einer Gesellschaft wählen und dafür das Risiko in Kauf nehmen, dass sie möglicherweise auf der Verliererseite landen. Oder bildlich gesprochen: Für die geringe Chance, als König in dieser Gesellschaft zu landen, würden sie die viel größere Gefahr in Kauf nehmen, dass sie das Los eines Bettlers ziehen. Wir bezeichnen solche Menschen als risikofreudig. Rawls geht dagegen von risikoaversen Menschen aus.

Diese Kritik ist grundsätzlich berechtigt. Im Bereich des humanitären Völkerrechts erweist sich Rawls' These jedoch als sehr wertvoll: Jede kriegführende Partei muss damit rechnen, dass der Feind Gefangene aus ihren Reihen machen wird. Das Recht des Stärkeren gilt hier nicht: Selbst eine Weltmacht nimmt gewisse Einbußen in den Möglichkeiten der Kriegsführung zum Schutz humanitärer Anliegen in Kauf, solange diese Optionen auch ihren Feinden verloren gehen. Selbst bei derart grundlegenden Rechten ist es also erst die Absicherung der Gleichbehandlung, welche ihre Akzeptanz ausmacht - obwohl man ihre Einhaltung als selbstverständlich vermuten möchte. Das Verhalten ist in diesem Fall zwingend risikoavers: Es ist keine realistische Situation denkbar, in welcher ein Staat für eine Maximierung seiner eigenen Optionen in der Kriegsführung die Missachtung des humanitären Völkerrechts durch seinen Feind akzeptieren würde.

Dies wird an einem Beispiel deutlich: Die USA hatten im Vietnam-Krieges ähnliche Probleme zu lösen wie heute während des Afghanistankriegs. Gefangene gehörten entweder zum nordvietnamesischen Militär oder zu den Vietcong. Letztere stellten keine Kombattanten im Sinne des Kriegsrechts dar. Die militärische Führung entschied jedoch, dass die gefangengenommenen Mitglieder des nordvietnamesischen Militärs Kriegsgefangene im Sinne der Dritten Genfer Konvention darstellten und dass die Mitglieder der Guerilla-Einheiten des Vietcong so behandelt würden, als seien sie Kriegsgefangene (obwohl ihnen der offizielle Kriegsgefangenenstatus nicht zugesprochen wurde). Dies galt dann, wenn die Vietcong bei der Gefangennahme tatsächlich in kriegerische Handlungen verwickelt waren und ihre Waffen offen trugen. Dies hinderte die USA nicht daran, alle nordvietnamesischen Gefangenen, die beschuldigt wurden, Kriegsverbrechen begangen zu haben, vor Gericht zu stellen. Damit entsprach die militärische Führung der USA den Anforderungen des humanitären Völkerrechts. Doch was war der große Unterschied zum Afghanistankrieg im 21. Jahrhundert? Nordvietnam hielt ebenfalls viele amerikanische Militärs, vor allem Piloten, in Gefangenschaft, so dass sich für die USA und Nordvietnam genügend Anreize ergaben, durch die gute Behandlung der Kriegsgefangenen das Leben und die Gesundheit ihrer eigenen Landsleute in Gefangenschaft nicht zu gefährden.

Wir können folglich zwei Ausnahmesituationen ausmachen, in denen das humanitäre Völkerrecht seine Kraft verliert: Mit der Abnahme der Gefahr, dass ein Staat (bzw. seine Soldaten oder seine Zivilbevölkerung) selbst Opfer von Verletzungen des humanitären Völkerrechts werden könnte, sinkt auch seine Bereitschaft zur Einhaltung dieser Normen aus machtpolitischen, eigennützigen Gründen. Führt ein Staat wie die USA Krieg gegen einen kaum staatlich institutionalisierten Gegner wie die Taliban, so besteht durch die in der Art der Kriegsführung liegenden Gründe kaum eine Gefahr, dass amerikanische Soldaten durch die Taliban gefangen genommen werden. Deshalb ist der regulierende Faktor außer Kraft gesetzt: Aus einer Verletzung humanitären Völkerrechts können die USA militärstrategische Vorteile gewinnen, ohne dass sich gleichzeitig das Risiko erhöht, selbst Opfer solcher Verletzungen zu werden.

Gleiches gilt in Situationen, in denen die eine Kriegspartei gar nicht erst damit rechnet, dass sich die Gegenpartei an entsprechende Regeln hält. Warum sollen sich die Israelis an die Bestimmungen zum Schutz der Zivilbevölkerung halten, wenn die Strategie der Palästinenser einzig und allein auf die Schädigung der israelischen Zivilbevölkerung abzielt? Durch die Beachtung des humanitären Völkerrechts würde Israel eigene militärische Handlungsoptionen verlieren, ohne dass gleichzeitig das Risiko vermindert würde, selbst Opfer solcher Verletzungen zu werden.

Disziplin

Die beiden genannten Ausnahmen vom Reziprozitätsgedanken stellen in der Realität jedoch nur scheinbar einen Freibrief für Verletzungen des humanitären Völkerrechts aus. Es ist auch in solchen Fällen klug, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten. Zunächst sei nur kurz auf die Tatsache hingewiesen, dass die Sicherheit der eigenen Staatsangehörigen niemals absolut sein kann, wie sich jüngst im Irak durch die Enthauptung von Amerikanern vor laufender Kamera bzw. bei der Schändung der Leichen von vier Mitarbeitern einer amerikanischen Sicherheitsfirma gezeigt hat.

Doch viel wichtiger ist es, an dieser Stelle deutlich zu machen, dass nur eine Armee, die sich an das humanitäre Völkerrecht hält, eine effiziente Armee sein kann. Denn das A und O einer wirksamen Armee ist die Disziplin der Truppenangehörigen. Wenn aus Abu Ghraib berichtet wird, dass die Kommandantin vollkommen überfordert gewesen sei, die Disziplin ihrer Truppe aufrechtzuerhalten, so sind die nun zu Tage kommenden Bilder nur Ausdruck dieser mangelnden Disziplin. Soldatinnen und Soldaten, die sich an das humanitäre Völkerrecht halten, haben sich selbst dagegen jederzeit unter Kontrolle und können somit ihren Auftrag deutlich effizienter wahrnehmen und umsetzen. Sie konzentrieren sich auf das gemäß diesem Auftrag Wesentliche und verschwenden ihre Kräfte nicht für Dinge, die mit dem Auftrag nichts zu tun haben.

Die Disziplin der Truppenangehörigen korreliert mit ihrem psychischen Zustand. Denn jeder Krieg ruft Stresssymptome hervor. In der Betreuung der Truppenangehörigen sind deshalb die immer besser dokumentierten Erkenntnisse aus früheren bewaffneten Konflikten zu implementieren.

Glaubwürdigkeit

Es ist allerdings vorstellbar, dass eine absolut disziplinierte Armee sich systematisch über das humanitäre Völkerrecht hinwegsetzt. Dies ist dann der Fall, wenn die Völkerrechtsverletzungen auf Befehl der Vorgesetzten erfolgen. Es sei daran erinnert, dass allein schon die bewilligten US-amerikanischen Richtlinien über die Verhörtechniken im Irak dem humanitären Völkerrecht widersprachen, auch wenn die Folterungen, die den Skandal auslösten, nach diesen Richtlinien nicht erlaubt waren. Spricht somit angesichts der asymmetrischen Konfliktstrukturen nichts für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts, wenn die Disziplin der Truppen anderweitig sichergestellt werden kann?

Hier können wir den Kreis schließen, den wir zu Beginn mit dem amerikanischen Begründer des humanitären Völkerrechts geöffnet haben: Francis Lieber hielt den Abschluss eines zukünftigen gerechten Friedens für die Grundlage eines jeden Krieges, da ohne ihn ein Krieg nie zu einem Ende käme. Deshalb verlange schon der Sinn und Zweck eines gerechten Krieges, dass das Vertrauen auf beiden Seiten erhalten bleibe. Und dies sei nur dann der Fall, wenn die Parteien gewisse Verpflichtungen selbst bei der Kriegsführung akzeptierten.

Ohne dies hier im Detail ausführen zu können, sei an die aristotelische Tradition der Rhetorik erinnert, wonach das ethos in Bezug auf die Glaubwürdigkeit des Redners über den Erfolg der Rede entscheidet. Wer diese Glaubwürdigkeit verliert, weil z.B. seine Rede als Lüge entlarvt wird, kann sie nicht so leicht wiedergewinnen. Denn die Glaubwürdigkeit liegt nicht in der Macht der Redenden, sondern wird von den Zuhörenden verliehen. Drei Kriegsgründe haben die USA vorgebracht, wovon die ersten beiden nie über Glaubwürdigkeit verfügten: Die Massenvernichtungswaffen wurden nicht gefunden, und die Verbindungen zwischen Al-Qaida und Saddam Hussein blieben Spekulation. Nun bringen die Amerikaner auch nicht wie versprochen Demokratie und Freiheit, sondern Willkür und Folter. Gleiches lässt sich über die Palästina-Politik Israels sagen: Seine internationale Handlungsfähigkeit würde durch mehr Glaubwürdigkeit im Handeln nur gewinnen, und damit würde auch seine Existenzbedrohung massiv reduziert. Wäre es angesichts dessen nicht nützlich, das Gute zu tun?

Diese Zusammenhänge machen deutlich, dass es auch für die vermeintlich stärkere Partei in einem bewaffneten Konflikt sinnvoll sein kann, sich an rechtliche Normen gebunden zu fühlen. Aus den jüngsten Verletzungen geht das humanitäre Völkerrecht somit gestärkt hervor. Denn es hat seine Entwicklung stets als Reaktion auf grauenhafte Erfahrungen durchschritten - es ist "geronnene Erfahrung".

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zum Lieber's Code vgl. Burrus M. Carnahan, Lincoln, Lieber and the Law of War: The Origins and Limits of the Principle of Military Necessity, in: American Journal of International Law (AJIL), 92 (1998), S. 213ff.; Silja Vöneky, Der Lieber's Code und die Wurzeln des modernen Kriegsvölkerrechts, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV), 62 (2002), S. 423ff.

  2. Zit. in: S. Vöneky, ebd., S. 430.

  3. Vgl. Henry Dunant, Un souvenir de Solferino, Genève 1862.

  4. Die Haager Landkriegsordnung (HLKO) ist ein Anhang zum IV. Haager Abkommen von 1907, der durch Art. 1 dieses Abkommens als für die Vertragsmächte bindend erklärt wurde.

  5. Das 1. ZP entwickelte das Recht der internationalen bewaffneten Konflikte weiter, das 2. ZP das Recht der nicht internationalen bewaffneten Konflikte.

  6. Vgl. dazu etwa Michael Bothe, Neue und alte Konzepte der Durchsetzung des Humanitären Völkerrechts, in: Volker Epping u.a. (Hrsg.), Brücken bauen und begehen. Festschrift für Knut Ipsen zum 65. Geburtstag, München 2000, S. 23ff.; Manfred Mohr, Durchsetzungsmechanismen des humanitären Völkerrechts - eine aktuelle Bestandsaufnahme, in: Jana Hasse u.a. (Hrsg.), Humanitäres Völkerrecht: Politische, rechtliche und strafgerichtliche Dimensionen, Baden-Baden 2001, S. 158ff.

  7. Vgl. Marie-José Domestici-Met, Cent ans après La Haye, cinquante ans après Genève: le droit international humanitaire au temps de la guerre civile, in: Révue international de la Croix-Rouge/International Review of the Red Cross (RICR/IRRC), 81 (1999), S. 277ff., S. 279.

  8. Zit. in: Richard Falk, Identifying Limits on a Borderless Map, in: Ethics and International Affairs, 16 (2002), S. 1 ff., hier: S. 4; George A. Lopez, The Style of the New War: Making the Rules as We Go Along, in: Ethics and International Affairs, 16 (2002), S. 21ff.

  9. Vgl. G. A. Lopez, ebd., S. 22.

  10. Vgl. Marc W. Herold, "Collateral Damage"?: Civilians and the US Air War in Afghanistan, in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden (S+F), 20 (2002), S. 18ff., S. 24.

  11. Nachweise für die Zahl (aber auch die Schicksale) der Opfer des Afghanistankrieges finden sich insbesondere in der Arbeit von M. W. Herold, ebd., S. 18ff. Vgl. auch G. A. Lopez (Anm. 8), S. 22f.; Mark A. Drumble, Judging the 11 September Terrorist Attack, in: Human Rights Quarterly, 24 (2002), S. 323ff., S. 353ff., spricht von "troubling asymmetries when westerners are victims".

  12. Vgl. Art. 22, 23 und 25 HLKO; Art. 35, Art. 48, 51 Abs. 4 und Art. 57 1. ZP.

  13. Vgl. Frédéric von Mülinen, Neue Anforderungen an das Kriegsrecht: Was sind militärische Ziele und was zivile Objekte?, in: Neue Zürcher Zeitung (NZZ) vom 11. 2. 2003, S. 16.

  14. Im Falle nichtinternationaler bewaffneter Konflikte kommen zudem der in allen Genfer Konventionen von 1949 zu findende Art. 3 sowie Art. 4 Abs. 2 lit. d 2. ZP zum Tragen.

  15. Vgl. dazu Hans-Peter Gasser, Acts of terror, "terrorism" and international humanitarian law, in: RICR/IRRC, 84 (2002), S. 547ff., insbes.S. 554ff.

  16. Vgl. Roberta Arnold, The ICC as a new instrument for repressing terrorism, New York 2004. Ihre gezielte Tötung lässt sich deshalb nur in ganz seltenen Fällen und unter Beachtung von Auflagen rechtfertigen: Patrick Sutter, Die gezielte Tötung von mutmaßlichen Terroristen: Versuch einer Einordnung in das humanitäre Völkerrecht, in: Reformatio - Zeitschrift für Kultur Politik Religion, 52 (2003) 3, S. 207ff. (auch in: http://www.friedenszeitung-duisburg.de/2004/03/sutter.htm).

  17. Zit. nach M. W. Herold (Anm. 10), S. 20. Zum Begriff des "Kollateralschadens" vgl. A. P. V. Rogers, Zero-casualty warfare, in: RICR/IRRC, 82 (2000), S. 165ff.

  18. "Im Zusammenhang mit Angriffen sind folgende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen: (a) Wer einen Angriff plant oder beschließt, (i) hat alles praktisch Mögliche zu tun, um sicherzugehen, dass die Angriffsziele weder Zivilpersonen noch zivile Objekte sind und nicht unter besonderem Schutz stehen, sondern militärische Ziele im Sinne des Artikels 52 Absatz 2 sind und dass der Angriff nicht nach diesem Protokoll verboten ist."

  19. A. P. V. Rogers (Anm. 17), S. 179.

  20. Vgl. A. P. V. Rogers (Anm. 17), S. 178f.; George H. Aldrich, The Laws of War on Land, AJIL, 94 (2000), S. 42ff., S. 52.

  21. Vgl. Ludwig Watzal, Frieden ohne Gerechtigkeit? Israel und die Menschenrechte der Palästinenser, Köln-Weimar-Wien 1994, (download unter: www.watzal.com); Patrick Sutter, Die Rolle der UNO und des Völkerrechts im Palästina-Konflikt: Ein Überblick, in: Jusletter vom 2. 6. 2003 (http://www.weblaw.ch/jusletter/artikel.asp?ArticleNr=2411).

  22. Dazu kommt Art. 53 der vierten Genfer Konvention: "Es ist der Besetzungsmacht verboten, bewegliche oder unbewegliche Güter zu zerstören, die persönliches oder gemeinschaftliches Eigentum von Privatpersonen, Eigentum des Staates oder öffentlicher Körperschaften, sozialer oder genossenschaftlicher Organisationen sind, außer in Fällen, wo solche Zerstörungen wegen militärischer Operationen unerlässlich werden sollten."

  23. Vgl. Amnesty International, Israel and the Occupied Territories: The heavy price of Israeli incursions, April 2002 (AI Index: MDE 15/042/2002).

  24. Vgl. Carsten Stahn, International Law at a Crossroads? The Impact of September 11, in: ZaöRV, 62 (2002), S. 183ff., S. 200f.; Rahmatullah Khan, The U.S. Military Tribunals to Try Terrorists, in: ZaöRV, 62 (2002), S. 293ff.; George H. Aldrich, The Taliban, Al Qaeda, and the Determination of Illegal Combatants, in: AJIL, 96 (2002), S. 891ff.

  25. Vgl. H.-P. Gasser (Anm. 15), S. 570.

  26. Vgl. C. Stahn (Anm. 24), S. 202f.; G. H. Aldrich (Anm. 24), S. 894ff.

  27. Vgl. Art. 45 Abs. 1 Satz 2 des 1. ZP: "Bestehen Zweifel, ob eine solche Person Anspruch auf den Kriegsgefangenenstatus hat, so genießt sie weiterhin so lange diesen Status und damit den Schutz des III. Abkommens und dieses Protokolls, bis ein zuständiges Gericht über ihren Status entschieden hat."

  28. Vgl. Yasmin Naqvi, Doubtful prisoner-of-war status, in:RICR/IRRC, 84 (2002), S. 571ff.; C. Stahn (Anm. 24), S. 204f.; G. H. Aldrich (Anm. 24), S. 898.

  29. Vgl. R. Khan (Anm. 24), S. 316.

  30. Vgl. Manfred Nowak, Die UNO-Konvention gegen die Folter vom 10. Dezember 1984, in: Europäische Grundrechte-Zeitschrift (EuGRZ), (1985), S. 109ff.

  31. Vgl. Preventing Torture: A handbook for OSCE field staff, Warschau 1999 (http://www.osce.org/odihr/documents/guidelines/preventing_torture/th_book.htm).

  32. Vgl. Jagd nach bin Ladin in Pakistan: Amnesty warnt vor Folterungen Verhafteter, in: NZZ am Sonntag vom 9. 3. 2003, S. 1; Gefangene Kaida-Kämpfer sind vogelfrei, in: ebd., S. 3.

  33. Vgl. Auftakt zu Militärprozessen in Guantanamo, in: NZZ vom 25. 8. 2004, S. 1.

  34. Vgl. Nos. 03 - 334 and 03 - 343, Rasul, et al. v. George W. Bush, et al. and Odah, et al. v. United States, 542 U.S. (2004).

  35. Vgl. schon Patrick Sutter, Die Erosion des humanitären Völkerrechts: Konsequenz von neuen Konfliktstrukturen?, in: NZZ vom 4. 6. 2002, S. 5.

  36. Vgl. John Rawls, Eine Theorie der Gerechtigkeit, Frankfurt/M. 1979, S. 140ff.

  37. Vgl. Gerhard Schurz, Grenzen rationaler Ethikbegründung: Das Sein-Sollen-Prinzip aus moderner Sicht, in: Ethik und Sozialwissenschaften, 6 (1995), S. 163ff., Rz.38.

  38. Dazu H.-P. Gasser (Anm. 15), S. 567; G. H. Aldrich (Anm. 24), S. 896.

  39. Vgl. Patrick Sutter, Nation building: Stabilität durch Selbst- oder durch Fremdbestimmung?, in: Festschrift für Rainer J. Schweizer zum 60. Geburtstag, Zürich 2003, S. 205ff., S. 238ff.

  40. Martin Schaub, Geronnene Erfahrung: Eine optimistische Betrachtung der Desavouierung des Völkerrechts, in: Jusletter vom 23. 8. 2004 (http://www.weblaw.ch/jusletter/artikel.asp?ArticleNr=3318).

Lic.iur., geb. 1977; wiss. Assistent und Doktorand in der Forschungsgemeinschaft für Rechtswissenschaft an der Universität St. Gallen (FR-HSG), Lehraufträge in Völkerrecht und Wissenschaftsmethodik.
Anschrift: FR-HSG, Tigerbergstr. 21, CH-9000 St. Gallen.
E-Mail: E-Mail Link: Patrick.Sutter@unisg.ch

Veröffentlichungen u.a.: (Hrsg.) Selbstbestimmung und Recht. Festgabe für Rainer J. Schweizer zum 60. Geburtstag, Zürich 2003; (Hrsg. zus. mit Ulrich Zelger) 30 Jahre EMRK-Beitritt der Schweiz: Erfahrungen und Perspektiven, Bern 2004; zahlreiche Beitrage zu staats- und völkerrechtlichen Fragen in Fachzeitschriften und Tageszeitungen.