Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen sind schon seit dem 19. Jahrhundert gefestigte Demokratien; Island gehörte bis 1944 zum dänischen Königreich. Politisch wie kulturell fühlen sich die nordischen Staaten und ihre rund 24 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner heute einander eng verbunden. Zu den wichtigsten Gemeinsamkeiten gehört die starke protestantische Prägung der Gesellschaften. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl drückte sich politisch in der Gründung des Nordischen Rates vor gut 50 Jahren aus. Im Oktober 1999 wurde der gemeinsame nordische Botschaftskomplex im Tiergartendreieck in Berlin eingeweiht.
Finnland und Island sind Republiken, die drei anderen Staaten weisen Monarchen als Staatsoberhäupter auf. Dänemark, Schweden und Finnland sind zwar Mitglieder der Europäischen Union (EU), doch rücken sie in Deutschland nur selten in den Blickpunkt öffentlichen Interesses. Dabei gilt Finnland seit seinem Beitritt 1995 geradezu als "Musterknabe" in der EU und hat als einziges skandinavisches Land den Euro eingeführt. In der Schulausbildung und der technologischen Entwicklung steht Finnland an führender Stelle, wie nicht zuletzt die Ergebnisse der PISA-Studie belegten.
Norwegen und Island kooperieren als Mitglieder der Europäischen Freihandelszone (EFTA) durch Handelsverträge eng mit der EU. Gleichwohl betonen beide Staaten ihre Distanz zur europäischen Integration: Norwegen hat den EU-Beitritt zweimal per Volksabstimmung abgelehnt, und in Island wurde er bislang noch nicht offiziell erwogen.
Die Ablehnung der Euro-Einführung in Dänemark und Schweden hängt eng mit der Transformation des skandinavischen Wohlfahrtsmodells ("Volksheim") zusammen, das vom 19. Jahrhundert an ökonomische Entwicklung und soziale Sicherheit gewährleistete. Der Sozialstaat schuf Bildungschancen und einen hohen Grad der Geschlechtergleichstellung. Die Aufgabe der Landeswährung schien den skandinavischen Weg ernsthaft zu gefährden. Doch die tiefe Wirtschaftskrise der neunziger Jahre führte zu einem Umdenken. Finnlands EU-Beitritt ist ohne den Wegfall wichtiger Märkte nach dem Untergang der Sowjetunion nicht zu erklären. Zudem sorgte die Ermordung der populären schwedischen Außenministerin Anna Lindh für die bittere Erkenntnis, auch in den nordischen Wohlfahrtsstaaten nicht auf einer "Insel der Seligen" zu leben.
Mittlerweile gelten die nordischen Länder in der Debatte um die notwendigen Reformen der sozialen Sicherungssysteme in vielerlei Hinsicht als Vorbilder. Die Regierungen haben Mitte der neunziger Jahre harte Einschnitte ins soziale Netz vorgenommen. Sie verschafften sich damit Handlungsspielräume, um in Forschung und Bildung zu investieren. In Finnland beispielsweise profitieren Weltkonzerne wie Nokia und Linux von dem Strukturwandel. Mit einem Überschuss von über sieben Prozent im Staatshaushalt lag das Land im Jahr 2000 an der Spitze der Euro-Zone. In Schweden befinden sich die öffentlichen Finanzen seit 1998 wieder im Plus, und die Arbeitslosenquote in Dänemark hat sich in den letzten Jahren auf unter sechs Prozent halbiert.
Das Nordeuropa-Bild vieler Deutscher ist indes nach wie vor vom idyllischen "Nordland" geprägt, eine Vorstellung, die auf Kaiser Wilhelm II. zurückgeht. Die Nationalsozialisten beuteten das Ideal von der unverbrauchten, urwüchsigen Natur in "Kraft-durch-Freude"-Fahrten aus. Auch heute noch unterscheiden sich die nördlichen Nachbarn in der öffentlichen Wahrnehmung in Deutschland kaum voneinander. Es ist an der Zeit, überkommene, von zauberhafter Natur und IKEA, von Fischfang und hohen Alkoholpreisen geprägte Klischees einer Revision zu unterziehen.