Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen (UN) für nachhaltige Entwicklung und die in ihr enthaltenen 17 Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) haben die zentralen Herausforderungen umrissen, vor denen die Menschheit aktuell steht.
Auch in der entwicklungspolitischen Debatte in Deutschland gewinnt das Thema zunehmend an Bedeutung. Dies zeigt sich unter anderem in aktuellen Strategiepapieren des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wie dem "Marshallplan mit Afrika".
Kann die Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Akteuren tatsächlich als Motor für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung dienen? Oder handelt es sich, wie kritische Stimmen aus Politik und Zivilgesellschaft hervorheben,
Ansätze zur Zusammenarbeit
In der Technischen Zusammenarbeit steht die gemeinsame Umsetzung von Projekten in den Partnerländern der EZ im Mittelpunkt. Finanziert werden die Projekte gemeinsam durch die EZ und das jeweilige Unternehmen. Die Umsetzung hingegen erfolgt entweder nur durch das Unternehmen oder in Zusammenarbeit mit der EZ. So unterstützt das BMZ ein Programm in vier ostafrikanischen Ländern zur Verbesserung der beruflichen Ausbildung in relevanten Wirtschaftsbereichen. Die enge Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen und die gemeinsame Entwicklung von Ausbildungsaktivitäten soll hierbei sicherstellen, dass die Trainings auf die jeweiligen Bedarfe in den Sektoren abgestimmt sind. Bestimmte Programme wie das "develoPPP.de"-Programm, in dessen Rahmen seit 1999 mehr als 1700 Projekte in über 100 Ländern gefördert wurden, sind nur für deutsche und europäische Unternehmen offen (Kasten). Lokale Unternehmen in den Partnerländern der EZ können in erster Linie in bilateralen Vorhaben eingebunden werden, das heißt, wenn eine Komponente zur Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft in ein "normales" Projekt der staatlichen EZ integriert wird.
Das develoPPP.de-Programm
Das develoPPP.de-Programm ist das größte Programm des BMZ zur Förderung von gemeinsamen Projekten zwischen EZ und Privatwirtschaft. Beispielsweise möchte ein europäisches Solarunternehmen einen neuen Standort in Kenia eröffnen, allerdings fehlt es an gut ausgebildetem Personal. Der Aufbau eines Trainingszentrums in Kenia rechnet sich für das Solarunternehmen nicht, daher wird es über das develoPPP.de-Programm mit deutschen Steuergeldern mitfinanziert. So sollen gleichzeitig Ziele des Unternehmens (gut ausgebildetes Personal für das Unternehmen) und der EZ (gut ausgebildetes Personal für die kenianische Solarindus trie) gefördert werden. Neueste Auswertungen zeigen, dass es für die EZ häufig Sinn ergibt, mit der europäischen Privatwirtschaft zusammenzuarbeiten.*
Europäische Unternehmen bringen innovative Ideen und Produkte in die Projekte ein, die im Land häufig noch nicht vorhanden sind. Allerdings zeigt sich auch, dass es dem develoPPP.de-Programm bisher noch nicht gelingt, diese Potenziale in Wert zu setzen. Ein Grund dafür ist zum Beispiel, dass sich die Ziele von Unternehmen und EZ stärker unterscheiden als bei oberflächlicher Betrachtung vermutet. So hat das europäische Unternehmen nur so lange Interesse an der Ausbildung von Solartechnikern, wie es auch einen eigenen Bedarf hat. Ist dieser Bedarf erfüllt, fährt das Unternehmen die Ausbildungsaktivitäten zurück.
* Vgl. Christoph Hartmann/Felix Gaisbauer/Kirsten Vorwerk, Evaluierung des develoPPP.de-Programms, hrsg. vom Deutschen Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval), Bonn 2017.
Ein Schwerpunkt der deutschen EZ in der Kooperation mit der Privatwirtschaft liegt in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Sektoren, in denen Kooperationen häufig zum Einsatz kommen, sind neben der Landwirtschaft unter anderem Energie, Umwelt und Bildung. Eines der wichtigsten Programme in jüngerer Zeit ist speziell auf den Agrarsektor und fast ausschließlich auf Afrika ausgerichtet: Die 2014 ins Leben gerufene Sonderinitiative "EINEWELT ohne Hunger" des BMZ mit ihren "Grünen Innovationszentren in der Agrar- und Ernährungswirtschaft" zielt unter anderem darauf ab, private Unternehmen und andere Partner aus der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft in den Wissens- und Technologietransfer oder den Aufbau verlässlicher Geschäftsbeziehungen einzubinden. Der afrikanische Kontinent verfügt über ein sehr großes landwirtschaftliches Potenzial, hat gleichzeitig aber auch mit vielen Problemen zu kämpfen – so sind aufgrund einer geringen landwirtschaftlichen Produktivität bei gleichzeitig hohem Bevölkerungswachstum Hunger und Mangelernährung in vielen afrikanischen Ländern weitverbreitet.
Neben der Umsetzung von einzelnen gemeinsamen Projekten finden sich verschiedene Partner aus Staat, Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft langfristig in sogenannten Multi-Akteurs-Partnerschaften zusammen, um vor allem übergeordnete Herausforderungen für bestimmte Sektoren oder gezielt für einzelne Produkte anzugehen.
Um europäische Unternehmen besser über Möglichkeiten in Entwicklungs- und Schwellenländern zu informieren, gründete das BMZ 2016 die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung – sie soll als zentrales Einstiegsportal dienen, um Unternehmen über die Möglichkeiten im "Förderdschungel" der EZ zu informieren.
Neben der technischen Form der Zusammenarbeit werden privatwirtschaftliche Akteure im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit schon seit langer Zeit mit Zuschüssen oder Krediten unterstützt.
Zur Senkung dieses Risikos beteiligt sich der Staat an Risiken beziehungsweise Kosten für Wirtschaftsaktivitäten, die als entwicklungspolitisch sinnvoll erachtet werden. Das vielleicht bekannteste und weitverbreitete Instrument in diesem Kontext ist unter dem Namen Blended Finance bekannt. Generell bezeichnet es die Mischung von öffentlichen und privaten Mitteln. Ziel ist es dabei, die Zinskonditionen (Laufzeit, Zinssatz) durch Bezuschussung aus Haushaltsmitteln zu verbessern, sodass Personen oder Unternehmen, die zu üblichen Marktbedingungen keinen Zugang gehabt hätten, nun ein Darlehen am Kapitalmarkt aufnehmen können. Bei den häufig eingesetzten Zinsverbilligungen werden beispielsweise Haushaltsmittel dazu eingesetzt, die Zinsen über die Laufzeit eines Darlehens zu reduzieren, um mehr Kreditnehmer erreichen zu können.
Ein Beispiel für eine neuartige Finanzierungsstruktur zur Mobilisierung privater Mittel ist der Africa Agriculture and Trade Investment Fund (AATIF). Das Neuartige dieses Fonds liegt nicht allein in der Finanzierungsstruktur, sondern dass mit Hilfe dieser Struktur ein Sektor mit Finanzierung versorgt wird, der bisher kaum Zugang zum Kapitalmarkt hatte. Der Fonds stellt Finanzmittel über Intermediäre und Direktinvestitionen bereit, um Investitionen entlang der Wertschöpfungskette zu unterstützen. Die Investitionen sollen sowohl Kleinbäuerinnen und Kleinbauern als auch größere verarbeitende Betriebe erreichen und zielen auf die Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion. Der Fonds wird dabei auch in ärmsten Ländern Afrikas tätig. Er ist jedoch bei Nichtregierungsorganisationen und Medien in Kritik geraten. Der Vorwurf lautete, dass die armen Bevölkerungsgruppen nicht nur oftmals nicht von den Maßnahmen profitieren, sondern sogar Nachteile erfahren.
In Ergänzung zu den beschriebenen Kooperationsformen im Rahmen der Technischen und der Finanziellen Zusammenarbeit hat die deutsche Entwicklungspolitik weitere übergeordnete Programme aufgesetzt, die in erster Linie zur Information deutscher und ausländischer Unternehmen dienen und bei der Anbahnung von Geschäftskontakten unterstützen sollen. So werden zum Beispiel über das "Import Promotion Desk" Exporteure in Entwicklungsländern mit importierenden Unternehmen in Deutschland in Kontakt gebracht. Andere Programme wie "ExperTS" haben zum Ziel, deutsche oder auch europäische Unternehmen über die Möglichkeiten zu informieren, in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv zu werden.
Potenziale und Erwartungen
Betrachtet man die Ergebnisse aus Evaluierungen und Studien, wird deutlich: Eine stärkere Einbindung von Unternehmen über die EZ hinaus kann vielfältige Vorteile für alle Beteiligten bieten. Drei Faktoren sind ausschlaggebend für diesen Befund.
Erstens können privatwirtschaftliche Akteure zusätzliche Mittel für die Erreichung entwicklungspolitischer Ziele bereitstellen. So soll die bestehende Finanzierungslücke zur Erreichung der SDGs geschlossen werden. Selbst über eine Erhöhung der öffentlichen Entwicklungsausgaben – das 0,7-Prozent-Ziel
Zweitens ist die Förderung nachhaltigen Wirtschaftswachstums ein Schwerpunkt der deutschen EZ zur Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern. In einer zunehmend globalisierten und vernetzten Welt wird die Integration in Märkte als eine zentrale Möglichkeit gesehen, Wohlstand und Entwicklung zu fördern. Unternehmen sind hierfür zentrale Akteure. Ihre Kreativität und Innovationskraft treiben nationale und internationale Wertschöpfungsketten an. Viele Ergebnisse weisen darauf hin, dass sie bestimmte Produkte oder Dienstleistungen, zum Beispiel Ausbildung oder Prozessverbesserungen, besser und effizienter erbringen können als Entwicklungsorganisationen. Zudem sind Unternehmen Abnehmer von Produkten und bieten somit Anreize für die Investition in moderne Wertschöpfungsketten und für die Herstellung qualitativ hochwertiger Produkte. Hiervon können auch ärmere Menschen in Entwicklungsländern profitieren, die als Produzentinnen und Produzenten oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den geförderten Ketten ihren Lebensunterhalt verdienen. Zudem sind Unternehmen an langfristigen Geschäftsbeziehungen interessiert und können somit, zumindest theoretisch, dazu beitragen, dass die Erfolge bestimmter Aktivitäten auch langfristig bestehen bleiben.
Drittens sollen Unternehmen durch ihre Einbindung in die EZ auch sensibilisiert und unterstützt werden, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stärker nachzukommen. Hierunter sind die Berücksichtigung von Menschenrechten sowie die Einhaltung international anerkannter Arbeits-, Umwelt- und Sozialstandards zu verstehen. Besonders die Privatwirtschaft steht seit einiger Zeit im Zentrum des öffentlichen Interesses; angetrieben durch die zunehmenden Aktivitäten internationaler Unternehmen in Entwicklungsländern wurden Regularien entworfen, die Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen, sie aber auch unterstützen sollen, ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen.
Diese theoretischen Vorteile einer Zusammenarbeit von EZ und Unternehmen beantworten jedoch noch nicht die Frage, ob die Zusammenarbeit in der Praxis tatsächlich zu dauerhaften Verbesserungen für die entwicklungspolitischen Zielgruppen führt.
Wirkungen und Risiken
Da es sich bei der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft um eine vergleichsweise neue Herangehensweise handelt, ist die Zahl unabhängiger Studien dazu noch relativ gering.
So hat sich gezeigt, dass die Umsetzung gemeinsamer Projekte mit der Privatwirtschaft zu einem Transfer innovativer Erfahrungen und Technologien in die Partnerländer beiträgt. Über die Projekte können zum Beispiel neue, ökologisch wertvolle Produkte in Entwicklungs- und Schwellenländern eingeführt oder neue landwirtschaftliche Anbaumethoden verbreitet werden. Auch werden viele Projektaktivitäten nach Projektende von den Partnern vor Ort weitergeführt. Ein Grund dafür ist, dass Unternehmen häufig auch nach Projektende ein Eigeninteresse an der Fortführung der Aktivitäten haben. Dies zeigt sich zum Beispiel beim Aufbau einer landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette in Ostafrika. In dem Projekt wurden Trainings für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern angeboten, um qualitativ hochwertige Baumwolle unter Berücksichtigung von Sozial- und Umweltstandards zu produzieren. Die neuen Produktionsmethoden wurden erfolgreich verbreitet – innerhalb von drei Jahren übernahmen 12.000 Bäuerinnen und Bauern die neuen Techniken. Durch langfristige Abnahmegarantien des Unternehmens und höhere Erlöse für die so produzierten Ernten wurde eine nachhaltige Wertschöpfungskette aufgebaut, die zu Einkommenssteigerungen bei den beteiligten kleinbäuerlichen Betrieben führte.
Es wird aber auch deutlich, dass die sehr hohen Ansprüche und Erwartungen, die an die Kooperationen zwischen EZ und Privatwirtschaft gestellt werden, bisher nicht erfüllt werden können. So werden beispielsweise Projektaktivitäten mit besonderem entwicklungspolitischem Stellenwert, etwa die Wissensweitergabe von Lernerfahrungen im Bereich von Mikroversicherung an Konkurrenzunternehmen, mit Ende der Projektlaufzeit häufig eingestellt.
So kann beispielsweise nicht angenommen werden, dass mit einem einzelnen Projekt zur Nahrungsmittelanreicherung die Ernährungssituation der gesamten ugandischen Bevölkerung verbessert und zudem das Bewusstsein für gesunde Ernährung in der Gesellschaft gesteigert wird. Zwar wurde im vorliegenden Beispiel die Nahrungsmittelanreicherung erfolgreich realisiert, allerdings nur ein kleiner Teil der Bevölkerung hat Zugriff auf das Produkt. Auch die angestrebte Sensibilisierung der Bevölkerung für gesunde Ernährung blieb begrenzt.
Auch Multi-Akteurs-Partnerschaften wird großes Potenzial zugeschrieben, Lösungen für komplexe gesellschaftliche Herausforderungen herbeizuführen. Die unterschiedlichen Partner aus Staat, Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft bringen ihre jeweiligen Sichtweisen, Expertisen und Interessen ein und fördern somit über eine systemische Herangehensweise auch gegenseitiges Verständnis und gemeinsame Lernprozesse. Kritische Stimmen hingegen befürchten, dass die Multi-Akteurs-Partnerschaften in erster Linie Unternehmensinteressen dienen und somit zulasten der entwicklungspolitischen Zielgruppen gehen.
In der Finanziellen Zusammenarbeit zeigt der Blick auf die bisherige Nutzung innovativer Finanzierungsinstrumente, dass diese häufig in Sektoren eingesetzt werden, in denen profitable Business-Modelle leicht zu etablieren sind. Zum Beispiel hat eine Umfrage der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ergeben, dass sich die Blended-Finance-Fazilitäten am stärksten auf Themen wie Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, Infrastruktur und Klimawandel konzentrieren. Weitere Bereiche nachhaltiger Entwicklung werden hingegen kaum adressiert.
Die steigende Beliebtheit dieser Instrumente steht bislang relativ wenigen Analysen und Anwendungsbeispielen gegenüber. Nach Angaben der OECD wurden in den vergangenen Jahren sowohl mehr öffentliche Mittel auf das Engagement des privaten Sektors gerichtet als auch mehr private Investitionen für entwicklungspolitische Zwecke gewonnen.
Neben den möglichen positiven Wirkungen birgt die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft auch Risiken. Diese können von Marktverzerrungen bis hin zur Verletzung menschenrechtlicher Standards und Prinzipien reichen. Besonders im Hinblick auf größere, von der deutschen EZ unterstützte Investitionen, etwa im landwirtschaftlichen Bereich, klagen zivilgesellschaftliche Organisationen immer wieder über Menschenrechtsverletzungen durch die beteiligten Unternehmen. Die Zusammenarbeit mit der EZ sollte dazu führen, dass Unternehmen für derartige Risiken ein größeres Bewusstsein entwickeln.
Zu den größten Risiken in der Finanziellen Zusammenarbeit zählen die Verdrängung (crowding-out) von kommerziellen Krediten, zum Beispiel im Falle von Zinsverbilligungen, sowie Marktverzerrrungen. Außerdem besteht das Risiko, mit solchen Instrumenten die Schuldensituation in Entwicklungsländern zu verschlimmern und zu nicht nachhaltigen Schuldenständen beizutragen.
Der Zielkonflikt zwischen Entwicklungszielen und finanziellem Profit erschwert zudem die Um- und Durchsetzung von entwicklungspolitisch sinnvollen Prinzipien in der EZ wie etwa das der Eigenverantwortung der Partnerregierungen und der Ausrichtung der Entwicklungsprogramme an den Strategien der Partner. So wird beispielsweise der Einbezug von lokalen Partnern und Investoren in die Gestaltung der Programme und Instrumente bisher als gering eingeschätzt.
Stellschrauben
Folgende Stellschrauben können dazu beitragen, Kooperationen zwischen Unternehmen und EZ in Zukunft noch effektiver zu nutzen, das heißt, zum einen mehr Unternehmen für ein Engagement in der EZ zu interessieren und zum anderen die gemeinsamen Aktivitäten so auszurichten, dass sie noch besser auf die Bedürfnisse der entwicklungspolitischen Zielgruppen, aber auch der Unternehmen zugeschnitten sind.
Seit einigen Jahren gibt es Bestrebungen von EZ-Institutionen, ihre Ansätze für die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft weiterzuentwickeln. So soll diese nicht mehr nur kurzfristig zur Ausführung einzelner Aktivitäten beitragen. Vielmehr werden langfristige und gleichberechtige Partnerschaften mit Unternehmen angestrebt, deren Grundsätze und Unternehmensziele mit den Zielen der EZ kompatibel sind.
Es ist nachvollziehbar, dass Unternehmen ihre eigenen Ziele verfolgen, die sich von entwicklungspolitischen Zielen unterscheiden. Dies zeigt sich zum Beispiel in den unterschiedlichen Zielgruppen von EZ und Unternehmen. Während die EZ häufig marginalisierte und extrem arme Bevölkerungsteile in den Blick nimmt, sind diese als unternehmerische Zielgruppen (Konsumenten oder Produzenten) meistens nicht interessant. Dies zeigt sich am Beispiel einer Kooperation mit einem großen Solarunternehmen in Ostafrika. Ziel der EZ war es, einen Ausbildungsgang für Solarmechaniker aufzubauen, um damit benachteiligten Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, eine gute Ausbildung zu erhalten und ihre Berufschancen zu erhöhen. Hauptinteresse des Unternehmens war es jedoch, Mitarbeitende für den Vertrieb auszubilden. Letztendlich blieb nicht nur die Anzahl der ausgebildeten Personen insgesamt sehr begrenzt, auch die Ausbildungsinhalte wurden so festgelegt, dass überwiegend Marketingfachleute, aber keine Solarmechaniker ausgebildet wurden. Bei den ausgebildeten Jugendlichen handelte es sich zudem um qualifizierte Personen mit Fachhochschulabschluss.
Für die erfolgreiche Projektumsetzung ist es erforderlich, dass bei der Suche nach Schnittmengen auch potenzielle Spannungsfelder offen benannt werden. Bei der Aushandlung der Schnittmengen ist als Grundvoraussetzung für ein armutsminderndes wirtschaftliches Wachstum in den Partnerländern sicherzustellen, dass die Einbindung internationaler Unternehmen nicht zulasten der Wirtschaft in den Partnerländern geht. Synergien zwischen Außenwirtschaftsförderung und EZ sollten dergestalt genutzt werden, dass alle Beteiligten von der Zusammenarbeit profitieren.
Zurzeit wird außerdem diskutiert, inwieweit Projekte umgesetzt werden sollten, die im Kerngeschäft der Unternehmen liegen. Zum Beispiel geht es um die Frage, ob der Hersteller eines ökologisch abbaubaren Reinigungsmittels bei der Markterweiterung nach Ostafrika unterstützt werden sollte. Aktuelle Studien legen die Vermutung nahe, dass Projekte, die einen starken Bezug zum Kerngeschäft von Unternehmen haben, eher in der Lage sind, nachhaltige Ergebnisse zu erzielen, als wenn dies nicht der Fall ist. Daher gehen internationale EZ-Organisationen zunehmend dazu über, Kooperationen zu fördern, die im Kerngeschäft von Unternehmen liegen. Dies widerspricht jedoch dem Gebot der Additionalität, das besagt, dass die EZ nur Aktivitäten unterstützen darf, die Unternehmen ohne diese Unterstützung nicht realisieren würden. Hätte das Unternehmen zum Beispiel auch einen Kredit zur Finanzierung der Aktivitäten auf dem privaten Kapitalmarkt aufnehmen können, müsste die Additionalität stark infrage gestellt werden. Langfristige beziehungsweise sich wiederholende Kooperationen mit Unternehmen sind somit auch nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, da diese zu Wettbewerbsverzerrungen führen können. Zwischen dem angestrebten partnerschaftlichen Verhältnis und dem Gebot der Additionalität handelt es sich um ein zentrales Spannungsfeld in der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft, das bisher noch nicht angemessen aufgelöst werden konnte.
Fazit
Derzeit macht die Zusammenarbeit mit Unternehmen vom finanziellen Volumen her nur einen sehr geringen Anteil der deutschen EZ aus. Vor dem Hintergrund der komplexen Herausforderungen, zunehmender globaler wirtschaftlicher Verknüpfungen und der enormen Finanzierungsbedarfe ist aber davon auszugehen, dass die Zusammenarbeit weiter an Bedeutung gewinnen wird. Die im Titel gestellte Frage kann somit mit "ja" beantwortet werden: Die Einbindung von privaten Unternehmen in die EZ kann dazu beitragen, entwicklungspolitische Ziele schneller und besser zu erreichen. Bisher gelingt es allerdings noch zu selten, die Versprechen einzulösen, die mit der Zusammenarbeit einhergehen.
Um die Potenziale besser ausschöpfen zu können, muss es für die deutschen entwicklungspolitischen Akteure zuerst darum gehen, ein klares konzeptionelles Verständnis für die Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Akteuren zu gewinnen. Dabei muss die EZ konzeptionell deutlicher machen, welche Mehrwerte sie sich von der Zusammenarbeit erhofft und welche Aktivitäten sie konkret von den Unternehmen erwartet. In einem zweiten Schritt müssen diese Konzepte dann auch in der EZ-Praxis umgesetzt werden. Gemeinsam mit den privatwirtschaftlichen Partnern sollte die EZ intensiver untersuchen, welche Wirkungen über derartige Kooperationen tatsächlich erreicht werden können, beziehungsweise auch transparent diskutieren, wann andere Projektarten sinnvoller erscheinen. Besonders vor dem Hintergrund der großen grundsätzlichen Skepsis, die bei vielen Organisationen der Zivilgesellschaft, aber auch in Teilen der EZ gegenüber der Zusammenarbeit mit Unternehmen herrscht, ist die Herstellung diesbezüglicher Transparenz von großer Bedeutung. Im Zuge einer stärkeren Konzeptionierung der Zusammenarbeit gilt es, auch den Partnerschaftsgedanken stärker in der EZ zu etablieren. Hierzu gehört auch, Maßnahmen zu entwickeln, die Vorteile für alle Partner – also neben den entwicklungspolitischen Zielgruppen auch die Unternehmen – erbringen.
Bei der konzeptionellen Ausarbeitung der Zusammenarbeit mit Unternehmen wäre auch anzudenken, diese stärker mit der Privatsektorentwicklung zu verknüpfen, bei der Unternehmen im jeweiligen Partnerland die zu entwickelnden Objekte sind. In einigen Ländern wird diese Verbindung bereits stärker mitgedacht,