Die sozialen Sicherungssysteme, der Arbeitsmarkt und die demokratischen Institutionen des politischen Systems verlieren zunehmend an Integrationskraft. Zugleich entlässt der Sozialstaat seine Bürgerinnen und Bürger mehr und mehr in die Eigenverantwortung. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass diese nicht in ausreichendem Maße über die Kompetenzen verfügen, die steigenden Anforderungen des Alltags zu bewältigen. Die Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe plädieren vor diesem Hintergrund für "aktivierende Gesellschaftspolitik": Die Menschen sollen durch Bildung besser dazu befähigt werden, nicht nur ihren eigenen Alltag selbst bestimmt zu gestalten, sondern sich konstruktiv in gesellschaftliche Veränderungsprozesse einzubringen.
Die in Haushalten und Familien - auf der Mikroebene - tagtäglich zu treffenden Entscheidungen haben Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung. Die hier agierenden Menschen sollten deshalb, so Maria Thiele-Wittig, stärker als gesellschaftliche Akteure wahrgenommen werden. Die Autorin versteht die Herausbildung von Kompetenzen zur Bewältigung der gewandelten Anforderungen - der "Neuen Hausarbeit" - daher als eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.
Die sich wandelnde Ökonomie des Alltags - die zunehmende ökonomische Verantwortung der Privathaushalte - subsumiert Michael-Burkhard Piorkowsky unter den Begriff der "Neuen Hauswirtschaft". Privathaushalte nähmen durch Güternachfrage und Haushaltsproduktion Einfluss auf die sozioökonomische Makrostruktur; jede Entscheidung für eine einzelne Ausgabe oder Vermögensanlage sei immer zugleich eine Entscheidung gegen eine andere Verwendung und tangiere damit das ökonomische Gesamtsystem. Die Voraussetzung dafür, dass Privathaushalte ihre Aufgaben als Akteure in Wirtschaft und Gesellschaft kompetent erfüllen können, sieht Piorkowsky in einer grundlegenden Verbesserung des dafür notwendigen Orientierungswissens: Der Autor fordert eine angemessene Thematisierung der Hauswirtschaft in ihrer Bedeutung für die Einzelnen und die Gesellschaft an den Schulen.
Lothar Krappmann geht noch einen Schritt weiter und plädiert dafür, Alltagskompetenzen bereits im Kindesalter zu fördern. Nicht mangelnde Allgemeinbildung, etwa das fehlende Abitur, sei die Ursache für das Versagen vieler Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags. Vielmehr seien diese unfähig, auf die Anforderungen und Veränderungen ihrer Lebenswelt angemessen zu reagieren. Es komme daher darauf an, die Familien bzw. die Haushalte durch die Vermittlung entsprechender Kompetenzen zu unterstützen. In diese Richtung zielt auch Dieter Korczak, der Thesen einer interdisziplinären Studiengesellschaft zur Bildungspolitik einer zukunftsfähigen Gesellschaft präsentiert und kommentiert.
Nur informierte Verbraucherinnen und Verbraucher sind fähig, ihre Rolle als Konsumenten aktiv und verantwortlich wahrzunehmen und damit sich selbst und die Gesellschaft vor den negativen Auswirkungen des Konsums zu schützen. Edda Müller und Hildegard Mackert setzen sich vehement dafür ein, Wissensvermittlung besser an der Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler sowie an ihren künftigen Aufgaben als Konsumenten, Familiengründer und Verantwortliche für ihren privaten Haushalt und die Gestaltung ihres Lebensalltags zu orientieren.