I. Die ersten Muslime in Europa
Die Migration von Muslimen nach Europa gewann erst nach dem Zweiten Weltkrieg an Bedeutung, als der Bedarf an Arbeitskräften in den Industriestaaten anstieg. Die ersten muslimischen Arbeitsmigranten waren aber viel früher in Europa eingetroffen, insbesondere in den damaligen Kolonialstaaten Großbritannien und Frankreich.
Die britische Handelsflotte förderte die Wanderung von Seeleuten aus den britischen Kolonien, darunter auch Muslime, in die englischen Häfen.
In Deutschland
II. Großbritannien
Für den Wiederaufbau des Landes rekrutierte Großbritannien
1. Staat und Religion
Großbritannien hat keine geschriebene Verfassung und daher keine dem Bundesverfassungsgericht vergleichbare Institution. Alle Gesetze des Parlaments bilden die Verfassung. Die Verfassungsprobleme werden politisch und nicht juristisch gelöst. 1972 wurde "The European Communities Act" verabschiedet. Danach wird EU-Recht automatisch zu nationalem Recht, und im Konfliktfall gilt das EU-Recht. Bis 1998 gab es kein Gesetz, das die Menschenrechte nach dem internationalen Standard garantierte. Erst mit dem "Human Rights Act" von 1998 wurde die "europäische Konvention für den Schutz der Menschenrechte und der fundamentalen Freiheiten" in nationales Recht überführt. Zu diesen Freiheiten gehört die Religionsfreiheit.
Die anglikanische Staatskirche hat keinen Einfluss auf die Politik. Sie prägt jedoch viele Aspekte des sozialen Lebens. Die Bildungsgesetze von 1944 und 1988 machen z.B. den christlichen Religionsunterricht zu einer Pflicht. Die anglikanische Eheschließung wird offiziell anerkannt. Katholiken und Juden haben ähnliche Privilegien. Der Islam wurde dagegen erst 1998 mit der Anpassung an den europäischen Standard den anderen Religionen gleichgestellt.
2. Muslime und Staat
Die nationale Politik erkannte den Islam als Religion nicht an.
Weil nationale Referenzen fehlten, galten rassische und ethnische Kriterien. So gehörten die Muslime zur Gruppe der so genannten Farbigen, deren Einwanderung "kein Thema" war, bis der Bedarf an Arbeitskräften Ende der fünfziger Jahre zurückging.
Dieser "negative" Rassismus nach außen wurde von einem "positiven" Rassismus nach innen begleitet. So entstand eine zweite Gruppe von Gesetzen zur Bekämpfung des Rassismus: "The Race Relations Acts" von 1965, 1968 und von 1976. Letzterer sah die Schaffung einer Kommission für Rassengleichheit (CRE) vor, wodurch Minderheitsidentitäten institutionalisiert wurden, die, wie Gilles Kepel schreibt, "einen kommunitaristischen Prozess in Gang setzten"
Mit der Anpassung an den europäischen Standard im Jahre 1998 erfuhr die Religion mehr Anerkennung, und der Islam wurde dem Katholizismus und dem Judentum gleichgestellt. Islamische Schulen und Seelsorger wurden anerkannt. Bei der Volkszählung von 2001 wurde eine Frage über die Zugehörigkeit zum Islam eingefügt.
3. Muslime und Gesellschaft
Trotz fehlender offizieller Anerkennung hat der Islam in Großbritannien mehr erreicht als in den meisten europäischen Staaten. Ursache dafür ist das dezentrale System, das von dem Nebeneinander von Gemeinschaften geprägt ist. Die wenigen nationalen Gesetze des Parlaments lassen die Fragen des Alltags offen. Diese werden auf lokaler Ebene unter Berücksichtigung des Gewohnheitsrechtes gelöst. Die kommunalen Behörden haben weitgehende Befugnisse in Fragen der Bildung, der Wohlfahrt, der Wirtschaft, der Gesundheit und des Städtebaus. Die Muslime haben sich auf lokaler Ebene in Vereinen, überwiegend in Moscheevereinen (circa 500 in den achtziger und 900 in den neunziger Jahren), organisiert. Sie konnten schon vor 1980 viele ihrer Anliegen in zahlreichen Kommunen und Städten durchsetzen, wie islamische Friedhöfe und Bestattungen. Die Moscheen gehören seit 1947 zum Stadtbild. Selbst die islamische Eheschließung wird offiziell anerkannt, wenn ein Staatsbeamter ihr beiwohnt.
In den achtziger Jahren beteiligte sich die zweite Generation der muslimischen Einwanderer an der Politik und forderte die Anerkennung einer islamischen Identität. Angehörige dieser Generation versuchten offen politischen Druck auszuüben.
III. Frankreich
Wie in Großbritannien war auch in Frankreich der Bedarf an Arbeitskräften nach dem Zweiten Weltkrieg sehr groß, und mit der Gründung des "Office national de l'immigration" (ONI) am 2. November 1945 wurde sofort eine offene Immigrationspolitik gestartet. Sie sollte nicht nur den Bedarf an Arbeitskräften decken, sondern auch die chronische demographische Schwäche des Landes kompensieren.
1. Staat und Religion
Im laizistischen Frankreich gilt eine strikte Trennung zwischen Staat und Religion.
Artikel 4 des Gesetzes von 1905 regelt die Organisation der Religion. Der Gottesdienst wird nach den Kultregeln der betreffenden Religion abgehalten, der Staat darf sich nicht einmischen. Die nach diesem Gesetz zugelassenen Organisationen bekommen keinerlei staatliche Unterstützung, sie dürfen aber Schenkungen und Spenden annehmen, die steuerlich absetzbar sind.
2. Muslime und Staat
Die Maßnahmen des ONI galten hauptsächlich für europäische Migranten, deren Zahl von 1947 bis 1970 circa 2 700 000 betrug. Die Bewohner der Kolonien hatten einen erleichterten Zugang zum Mutterland, die Algerier, bis 1962 französische Bürger, konnten sogar nur mit ihrem Ausweis nach Frankreich reisen. Sie bildeten die Hauptgruppe der 130 000 Nordafrikaner, die sich im Jahre 1950 in Frankreich aufhielten.
Anfang der sechziger Jahre versuchte die Regierung, die Migration aus den ehemaligen Kolonien unter die Kontrolle des ONI zu stellen. So wurden bilaterale Abkommen mit diesen Staaten abgeschlossen: im Jahre 1963 mit Tunesien, Marokko, Mali, Mauretanien und im Jahre 1964 mit Algerien und dem Senegal. Wegen der steigenden Anzahl illegaler Einreisen blieben sie jedoch ohne große Auswirkung. 1964 waren schon 510000 Algerier, 77000 Marokkaner und 46000 Tunesier eingewandert. Mit der Verschlechterung der sozialen Situation der Migrantinnen und Migranten ging eine Zunahme des Rassismus einher, der 1973 einen neuen Höhepunkt erreichte, als bei Rassenunruhen 32algerische Migranten umkamen.
Erst im Jahre 1974 nahm eine neue Migrationspolitik Gestalt an: Die Einwanderung wurde gestoppt, den illegal in Frankreich Lebenden der "Krieg" erklärt und ein Langzeitprogramm für Einbürgerung und Assimilierung angekündigt. Damit wurde versucht, die muslimische Einwanderung aus Afrika zu unterbinden. Der Versuch, den Familiennachzug zu stoppen, scheiterte am Staatsrat, dem Conseil d'état (Beschluss vom Dezember 1978). Die Rückkehrprogramme der siebziger Jahre blieben ohne Erfolg.
Eine Konstante in der Migrationspolitik bildet die erleichterte Einbürgerung. Anders als in Großbritannien, in dem für die Staatsbürgerschaft eine Integration nicht unbedingt erforderlich ist, stellt die "citoyenneté" in Frankreich den Eckstein der Assimilation dar. Sie verkörpert die Ideale des universalistischen Republikanismus.
3. Muslime und Gesellschaft
Im Jahre 1981 wurde das Gesetz von 1901, das die Bildung von Vereinen regelt, geändert. Die staatliche Zustimmung zur Gründung ausländischer Vereine wurde aufgehoben, die islamischen Organisationen schossen wie Pilze aus dem Boden. Das Gesetz von 1901 sieht die Finanzierung der sozialen und kulturellen Tätigkeiten dieser Organisationen vor. Auch ihre religiösen Aktivitäten werden finanziert, weil in Frankreich Religion unter dem Begriff Kultur subsumiert wird. Mit dem Gesetz von 1987 konnten diese Organisationen zusätzlich Schenkungen und Spenden erhalten. Damit war die finanzielle Grundlage für die Entwicklung des organisierten Islam gesichert.
Das Assoziationsgesetz von 1981, das die stärkere Präsentation des Islam in der Öffentlichkeit erlaubte, kam zu einer Zeit, in der die Integration der Muslime weit fortgeschritten war. Untersuchungen Anfang der achtziger Jahre zeigten, dass die Integration der Muslime in der zweiten Generation weitgehend realisiert war. In einer dieser Studien erklärten alle Väter, dass sie Muslime waren, ein Viertel der Kinder betrachtete sich demgegenüber nicht als Muslime. Die Hälfte der Eltern erfüllte ihre täglichen religiösen Pflichten; von den Kindern nur drei Prozent. Von diesen lasen auch nur 13 Prozent regelmäßig den Koran, von den Eltern 45 Prozent. Drei Viertel der Kinder begehen die offiziellen Feiertage, weniger als die Hälfte fastete. Eine weitere Studie von 1983 zeigte, dass nur zehn Prozent der erwachsenen Männer dem Freitagsgebet in der Moschee beiwohnten.
Wegen ihrer anhaltenden Benachteiligung, verursacht durch ihre geringere Bildung und die hohe Arbeitslosigkeit, fand die zweite Generation der muslimischen Einwanderer in Organisationen, die von Islamisten dominiert sind, einen Halt. Die Jugendlichen begannen eine islamische Identität zu entwickeln, die sich infolge der starken Politisierung im Zuge der Kopftuchaffäre 1989 endgültig durchsetzte. Trotz der heftigen Reaktionen auf ihr Eindringen in den öffentlichen Raum sahen die französischen Muslime, abgesehen von den Islamisten, keinen Widerspruch zwischen der Ausübung ihrer Religion und dem laizistischen Staat.
IV. Bundesrepublik Deutschland
Die Situation in der Bundesrepublik Deutschland erforderte nach dem Zweiten Weltkrieg keine Einwanderungspolitik. Bis zum Mauerbau 1961 kamen circa zwölf Millionen deutsche Vertriebene und Flüchtlinge, Aussiedler aus Osteuropa und Umsiedler aus der DDR.
1. Staat und Religion
Deutschland ist ein säkularer Staat und erkennt deshalb die Religionen an, mit denen Konkordate und Kirchenverträge abgeschlossen werden, solange sie den Status von Körperschaften des öffentlichen Rechtes besitzen. Der Islam hat diesen Status nicht und kann daher auch nicht die entsprechenden Vorteile - wie z.B. Kirchensteuer, Religionsunterricht und Medienaufsicht - genießen. Das Grundgesetz kann von allen Religionen beansprucht werden. Die Muslime wenden jedoch ein, dass dieses einer christlichen Tradition entsprungen sei, deren Befolgung einer "Verkirchlichung" des Islam gleichkäme. Im Islam aber gibt es keine Kirche. Die Tatsache, dass der Islam religiöse Autoritäten nicht verbietet und in allen islamischen Ländern religiöse Vertreter auch Ansprechpartner für den Staat sind, wird in Deutschland nicht berücksichtigt. Der reale Grund für die ablehnende Haltung der Muslime ist nicht in der Religion, sondern in der ethnischen und politischen Zersplitterung zu suchen, und es geht darum, diese zu überwinden, wie es zuletzt in Frankreich geschehen ist.
2. Muslime und Staat
Von 1960 bis 1973 stieg die Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer von 686200 auf 3966000. Trotzdem hat der Staat keine erkennbare Migrationspolitik entwickelt.
Es kam anders: Die Ausländerinnen und Ausländer kehrten nicht zurück, sondern ließen ihre Familien nachkommen. Der Familiennachzug war de facto eine Entscheidung für den Verbleib im Gastland. Die Ausländer suchten die Integration und strebten zunehmend die Gleichbehandlung mit den Einheimischen an. Die deutsche Politik setzte dagegen auf ihre Rückkehr. Dieses Ziel sollte in den siebziger Jahren mit der Verdrängung der Migranten vom Arbeitsmarkt und in den achtziger Jahren mit Rückkehrprogrammen erreicht werden: vergebens. Für die Ausländer - in der öffentlichen Wahrnehmung Türken, seitdem die EG-Ausländer im Jahre 1974 dem EG-Recht unterstellt wurden - bedeutete diese Politik in der Konsequenz höhere Arbeitslosigkeit und schlecht ausgebildete Kinder. Bis 1998 hielt der Staat an seiner Verdrängungspolitik fest.
Die Migrantenkinder traten in den achtziger Jahren auf die politische Bühne; sie akzeptierten ihre Ausgrenzung durch die Deutschen nicht. Sie reagierten mit einer Selbstabgrenzung. Sie wandten sich an die Islamisten, bei denen sie nach einer kulturellen Identität suchten, die ihnen von der deutschen Gesellschaft vorenthalten wurde. Auf diese Weise haben die islamistischen Vereine und Organisationen für immer mehr Muslime die Funktion der Identitätsbildung und -erhaltung übernommen. Sie erlebten ab 1980 eine Expansion, die bald die Gründung von Dachverbänden erforderlich machte. Im Jahre 1986 wurde der Islamrat gegründet, der von der Islamistischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) dominiert ist, und 1994 der Zentralrat der Muslime in Deutschland, der die Linie der Muslimbrüder vertritt.
3. Muslime und Gesellschaft
Ausländerinnen und Ausländer mussten in Deutschland von Anfang an unter dem deutschen Ethnonationalismus leiden, der entschieden zu ihrer sozialen Ausgrenzung beitrug. Durch eine Politik, die bis 1998 den Mythos der Rückkehr aufrechterhielt, wurde diese Haltung verstärkt. Die Ethnisierung der Ausländer, vor allem der Türken, führte zu einer Frontbildung und verhinderte die Integration. Die Islamisierung der Ausländer dagegen führte unmittelbar zu heftigen Reaktionen, ebnete paradoxerweise aber langfristig den Weg zur Integration.
In Großbritanien ist es leichter, eine andere Nationalität zu akzeptieren als eine andere Religion. In Frankreich werden Nationalitäten abgelehnt und Religionen ignoriert. In Deutschland und noch mehr in den Niederlanden werden Nationalitäten abgelehnt, aber Religionen akzeptiert. Die Vielfalt und die Tätigkeit der Religionen wird in Art. 4 des Grundgesetzes garantiert. Das ermöglichte es den Muslimen, manche ihrer Anliegen juristisch durchzusetzen, was ihnen das Gefühl vermittelte, mit dem Rechsstaat gegen die Diskriminierung in der Gesellschaft verbunden zu sein. Nach zwei Jahrzehnten der Auseinandersetzungen hat die Gesellschaft auch den Islam als neue Religion im öffentlichen Bereich weitgehend akzeptiert.
Problematisch bleibt der Versuch der islamistischen Verbände, die Religiösität in die Richtung des Kommunitarismus zu lenken. Sie predigen eine islamische Lebensweise, die manchmal unvereinbar mit der Demokratie ist, wenn sie die Etablierung eines autonomen Segments im säkularen Staat fordert oder sogar seinen Ersatz durch einen islamischen Staat anstrebt. In der Auseinandersetzung mit dem Islam geht es darum, das Religiöse und das Politische zu entflechten. Ein Haupthindernis stellt dabei der organisierte Islam dar. Er ist islamistisch orientiert, d.h. politisch motiviert, vertritt aber nur zehn Prozent der Muslime. Seine Organisationen sind die Gesprächspartner staatlicher und gesellschaftlicher Institutionen, reflektieren aber nur einen Bruchteil der islamischen Realität. Nach der Untersuchung von M. Salim Abdullah Mitte der neunziger Jahre sind 10 Prozent der Muslime organisiert, und 22 Prozent besuchen regelmäßig die Moschee. Von den Jugendlichen unter 16 Jahren haben 12 Prozent den Glauben ihrer Eltern, und 10Prozent besuchen die Koranschulen. Außerdem ist 50 Prozent der Türken die Religion gleichgültig.
V. Niederlande
Die erste Gruppe von muslimischen Immigrantinnen und Immigranten, circa 1 000 Personen, kam nach der Unabhängigkeit Indonesiens im Jahre 1949,
1. Staat und Religion
Wie in Frankreich sind auch in den Niederlanden Staat und Religion getrennt. Ähnlich verhält es sich mit der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Religionsgemeinschaften sowie ihrer Gleichbehandlung unabhängig von ihrer Größe oder Existenzdauer im Lande. Alle diese Bestimmungen sind in der Verfassung verankert. Anders als in Frankreich kann der niederländische Staat aus Erwägungen des öffentlichen Interesses die religiösen Gruppen beim Ausbau und Erhalt ihrer Infrastrukturen unterstützen. Einzige Bedingung ist die Wahrung des Prinzips der Gleichbehandlung bezüglich anderer Gruppen. Dies wird als Säulensystem bezeichnet. Es entstand Ende des 19. Jahrhunderts, als Katholiken und Protestanten einen ideologischen Streit entfachten. Das Ergebnis war das Festschreiben der Bildungsfreiheit in der Verfassung. Das bedeutet, dass neben den neutralen staatlichen Schulen die konfessionellen Schulen mit hundertprozentiger staatlicher Finanzierung existieren dürfen und diese keinen staatlichen Kontrollen unterliegen. Das Säulensystem umfasst nicht nur die Bildung, sondern auch die Wohlfahrt, die Krankenhäuser und die Medien.
2. Muslime und Staat
Mit der fortschreitenden Säkularisierung hat das System viel an Relevanz eingebüßt, weil berufliche und politische Zugehörigkeiten den Vorrang hatten.
Wegen der fortschreitenden Säkularisierung wurde das Dekret zur Finanzierung der Kirchen und Synagogen von 1962 im Jahr 1975 aufgehoben. Um die Benachteiligung der Muslime zu beheben, wurde 1976 die Finanzierung des Moscheebaus vorübergehend - bis 1983 - erlaubt. Davon profitierten die Moscheen von Immigrantinnen und Immigranten aus den Ländern, mit denen die Niederlande ein Anwerbeabkommen geschlossen hatten: aus Marokko, Tunesien und der Türkei. Zu dieser Zeit gab es 49 Moscheen und Gebetsräume, 1989 waren es circa 300. Die muslimischen Geistlichen, die Imame der Moscheen, kamen aus den Herkunftsländern. Im Jahre 1986 erhielten sie denselben Status wie Priester und Rabbiner.
Die verschiedenen Belange der Muslime in Fragen der Ernährung, Geschlechtertrennung im Sport- und Schwimmunterricht sowie in Fragen der Friedhöfe und islamischen Bestattung wurden auf kommunaler Ebene gelöst, aber manchmal auch erst vor den Gerichten. Und schließlich verhinderte die Uneinigkeit unter den Muslimen ihre Vertretung auf nationaler Ebene. Die ethnischen Unterschiede scheinen in den Niederlanden eine größere Rolle zu spielen als anderswo.
In ihrem Programm über die Minderheiten von 1983 greift die niederländische Regierung auf den Bericht des Wissenschaftlichen Rates von 1979 zurück, um die Notwendigkeit einer multikulturellen Gesellschaft zu verkünden.
Ungewollt trägt die Anwesenheit der Muslime in Europa zur Entwicklung eines europäischen Standards in den Fragen der Religionsfreiheit und der sozialen Einheit bei. Er besteht im Wesentlichen in der Bekämpfung des Kommunitarismus und der Besinnung auf die Grundwerte der Demokratie. Nach einer Phase der Ablehnung der Muslime ist ein Prozess der Vertiefung des europäischen Demokratieverständnisses in Gang gesetzt, der die Aufnahme und Integration einer neuen Religion in Europa ermöglichen soll.