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Stadtentwicklung zwischen Schrumpfung und Wachstum

Wolfgang Tiefensee

/ 10 Minuten zu lesen

Die aktuelle Entwicklung der Stadt Leipzig lässt sich mit dem Bild einer bipolaren Stadt beschreiben, in der Schrumpfungs- und Wachstumsprozesse parallel verlaufen und sich gegenseitig beeinflussen.

Einleitung

Die sich häufenden Berichte von teilweise dramatischen Wohnungsleerständen in ostdeutschen Städten beschäftigen seit geraumer Zeit die Öffentlichkeit. Politiker, Stadtplaner und die Wohnungswirtschaft entwickeln Konzepte, um hier gegenzusteuern. Das Problem ist alles andere als vorübergehend, handelt es sich doch um eine unmittelbare Folge des immensen Wohnungsneubaus bei sinkenden oder jedenfalls stagnierenden Einwohnerzahlen. An den demographischen Trends aber wird sich, belehren uns die Experten, so bald nichts ändern.

Für eine Stadt wie Leipzig ist Bevölkerungsrückgang an sich nichts Neues. 1933 hatte die Stadt 713 000 Einwohner, 1988 waren es schon 170 000 weniger. Doch die Geschwindigkeit des Einwohnerverlustes hat sich durch den Transformationsprozess nach der politischen "Wende" 1989 vervielfacht. Dies führte auf der einen Seite zu einer sinkenden Nachfrage nach Wohnraum, Versorgungs- und Infrastrukturleistungen sowie soziokulturellen Angeboten. Auf der anderen Seite ging mit diesem Prozess eine qualitative Umschichtung einher: Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Eigenheimen stieg, die erfolgreiche Ansiedlungspolitik Leipzigs führte zu großen Bauprojekten am Rand der Stadt (z.B. BMW). Generell aber gilt, dass vieles, was in den ostdeutschen Bundesländern im Wohnungsbau und im Handel auf Grund ausufernder Wachstumserwartungen in den frühen neunziger Jahren entstanden ist, kontraproduktiv war und die städtischen Strukturen noch heute belastet. Lange Zeit war es ein "Tabu-thema" in der öffentlichen und politischen Diskussion; doch heute ist den meisten Menschen bewusst, dass die sich öffnende Schere zwischen Angebots- und Nachfrageentwicklung kein zyklisches, sondern ein strukturelles Phänomen ist.

In Leipzig zeichneten sich die Konturen dieser Entwicklung besonders scharf in den neunziger Jahren ab. Sie wurden in der Öffentlichkeit auch stärker als bei anderen Städten wahrgenommen, da sich die Leipziger Stadtgesellschaft frühzeitig und offen mit den problematischen Folgewirkungen, aber auch mit kreativen Lösungsstrategien auseinander gesetzt hat. Längst besteht in der Stadt weitgehender Konsens über die wesentlichen Ziele des notwendigen Stadtumbaus. Aber es wird auch deutlich, dass Schrumpfungs- und Wachstumsprozesse gleichzeitig gestaltet werden müssen.

Stadtentwicklung nach der "Wende"

Die Rahmenbedingungen der Leipziger Stadtentwicklung haben sich im vergangenen Jahrzehnt im Zeitraffertempo verändert. In der Region um Leipzig wurden nach der "Wende" trotz aller städtischen Proteste riesige Einkaufscenter, teilweise heute noch ungenutzte Gewerbeparks und über 50 000 neue Wohnungen gebaut, vor allem am Stadtrand und auf der "grünen Wiese" in unmittelbarer Nachbarschaft zu den alten Dorflagen. Die Erneuerung der über Jahrzehnte vernachlässigten innerstädtischen Bausubstanz begann dagegen nur schleppend. Hohe Spekulationserwartungen und das Prinzip "Rückgabe vor Entschädigung" haben wichtige Investitionen verzögert. So mangelte es in der Stadt zunächst an modernisierten Wohn- und Gewerberäumen, zugleich standen viele unsanierte und teilweise marode Altbauten leer. Erst in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre löste ein Sanierungsboom die maßlose Neubautätigkeit vor den Toren der Stadt ab. Begünstigt durch steuerliche Förderungen wurden bis heute über 10 000 Gebäude des Historismus und des Jugendstils (etwa 80 Prozent der gesamten Altbausubstanz) saniert.

Gleichzeitig ging die Einwohnerzahl Leipzigs massiv zurück; Geburtenrückgang, arbeitsmarktbedingte Abwanderung in die westdeutschen Bundesländer und vor allem die Stadt-Umland-Wanderung zehrten die Kernstadt aus. Die Folge rückläufiger Einwohnerzahlen bei gleichzeitig immensem Wohnungsneubau zeigte sich in einem Wohnungsüberschuss, der im Jahr 2000 seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat. Von den fast 320 000 Leipziger Wohnungen war jede fünfte unbewohnt. In den das Stadtbild prägenden Altbauten standen über 40 000 Wohnungen leer, und dies beileibe nicht nur in unsanierten und verfallenden Gebäuden.

Seit einigen Jahren stabilisiert sich die Einwohnerzahl Leipzigs bei knapp einer halben Million. Entgegen dem allgemeinen Trend in Ostdeutschland sinkt langsam die Leerstandsquote. Dabei gewinnen vor allem die "alten" Stadtquartiere. In zentralen Lagen und im Umfeld des Leipziger Auwaldes zieht die Nachfrage an. Auch die Einkaufslagen in der Innenstadt entwickeln sich positiv. Die City hat inzwischen Magnetwirkung - für Einkäufe und Restaurantbesuche ebenso wie zum Flanieren.

Zwischen Schrumpfung und Wachstum

Vor diesem Hintergrund wird in Leipzig das Thema Stadtumbau und -rückbau diskutiert. Eine Verengung der Debatte auf den Rückbau der Großsiedlungen und die Aufwertung der Altbauquartiere, wie man sie häufig erlebt, greift dabei viel zu kurz. Die aktuelle Entwicklung lässt sich wohl am ehesten mit dem Bild einer bipolaren Stadt beschreiben, in der Schrumpfungs- und Wachstumsprozesse parallel verlaufen und sich gegenseitig beeinflussen.

Zunächst sind in Leipzig wichtige Wachstumsprozesse zu bewältigen. Am nördlichen Rand der Stadt bildet sich ein neues ökonomisches Zentrum heraus. Vom Flughafenneubau über das Güterverkehrszentrum mit dem Porsche-Werk, die Neue Messe bis zum entstehenden Automobilstandort rund um die BMW-Ansiedlung entwickelt sich im Leipziger Norden eine neue wichtige Gewerbe- und Infrastrukturachse in Richtung Halle. Das ist auch notwendig, um in einer Region mit 18 Prozent Arbeitslosigkeit eine langfristige Perspektive zu schaffen.

Gleichzeitig müssen in mehreren Stadträumen Schrumpfungsprozesse gestaltet werden. Stadtökonomisch und unter dem Leitbild einer "Stadt der kurzen Wege" ist ein Rückbau der Stadt von außen nach innen anzustreben. Aber auf einem Markt, der durch die Ansprüche der Wohnungsnachfrager geprägt ist und auf dem einige Wohnungsunternehmen am Rande der Insolvenz agieren, sind stadtplanerische Idealvorstellungen schwer umsetzbar.

So sind inzwischen auch Leipzigs Großsiedlungen von Leerstand bedroht und erweisen sich auf Grund ihrer Monostruktur als wenig krisenfest. In Grünau, der größten Plattenbausiedlung der Stadt, lief im vergangenen Jahr der Abriss von über 2 500 Wohnungen vor allem in Hochhäusern an. Neben der Verminderung des Wohnungsüberschusses geht es dabei auch um einen städtebaulichen Mehrwert: um mehr Qualität durch weniger Häuser, d.h. ein aufgelockertes, durchgrüntes, gestaltetes Wohnumfeld. Doch ein flächendeckender Abriss der "Platte" wie in anderen Städten steht angesichts einer Leerstandsquote, die den städtischen Durchschnitt noch nicht übersteigt, und einer nach wie vor vorhandenen Nachfrage nach preiswerten Wohnungen am Stadtrand kurz- bis mittelfristig nicht zur Debatte.

Stadterhaltung und -umbau in den Altbauquartieren stehen im Mittelpunkt der Leipziger Stadtentwicklungspolitik, auch wenn die Quote des Zuzugs in die innere Stadt in den vergangenen Jahren angestiegen ist. Unsere Bemühungen konzentrieren sich auf die benachteiligten Stadtteile im Leipziger Osten und Westen. Hier konnte der Abwärtstrend bisher kaum gebremst werden, so dass auch im wirtschaftlich relativ erfolgreichen Leipzig in Teilräumen ein flächiger Stadtverfall und die Konzentration sozialer Probleme drohen.

Angesichts dieser großen Herausforderung ist die Stadtgesellschaft aufgerufen, ihre Energien auf die Erneuerung der baulichen und soziokulturellen Kerne zu konzentrieren. Der unvermeidliche Stadtumbau muss zu neuen Qualitäten in den Stadtteilen führen und deren Konkurrenzfähigkeit verbessern. Im hoch verdichteten Leipziger Osten wurde beispielsweise eine Grün- und Freizeitachse vom Hauptbahnhof bis an den Stadtrand konzipiert, die das Quartier attraktiver machen und die langfristig positive Entwicklungsimpulse geben soll.

Daneben setzen wir dort, wo die traditionellen Blockstrukturen nicht mehr haltbar sind, auf kleinteiligen und behutsamen Umbau. Durch Abbrüche und gezielte Aufwertungsmaßnahmen wollen wir die "polarisierte Stadt" verhindern, in der Wohlstands- und Verfallsquartiere unmittelbar aneinander stoßen. Die "Zwischennutzung" der beim Abriss frei werdenden Flächen führt kurzfristig zur Aufwertung der Freiraumstrukturen, hält aber langfristig Möglichkeiten für eine Neubebauung offen.

Stadtumbau erfordert strategische Konzepte (...)

Die Vielfalt der mit dem Einwohnerverlust verbundenen Probleme - räumliche, wirtschaftliche, soziale - erfordert zunächst einen klaren strategischen Rahmen, auch angesichts knapper werdender kommunaler Kassen. Nachdem Leipzig in den vergangenen Jahren den städtischen Investitionshaushalt auf hohem Niveau gehalten hat, stehen uns nun erstmals tief greifende Einschnitte bevor. Die kommunalen Eigenmittel reichen nicht mehr aus, um die vorhandenen Förderprogramme voll auszuschöpfen.

Das heißt, dass künftig nicht mehr nach dem "Gießkannenprinzip" gefördert werden kann. Förderprogramme müssen räumlich und inhaltlich gebündelt werden. Sie müssen dort ansetzen, wo Entwicklungspotenziale vorhanden sind und schnell positive Beispiele geschaffen werden können. Prioritätensetzung bedeutet gleichzeitig, dass andere Gebiete "zurückgestellt" werden. Dies können Stadtteile sein, deren Entwicklung sich selbst trägt, aber auch Randbereiche mit besonderen baulichen Problemen, für welche die Entwicklungsperspektive heute noch offen gelassen werden muss.

Von zentraler Bedeutung für die strategische Rahmensetzung ist auch die Integration der Fachpolitiken. Bevölkerungsrückgang wirkt sich nicht nur auf bauliche und soziale Strukturen aus, sondern beeinflusst auch die lokale Wirtschaft, die Verkehrsentwicklung, die technische Infrastruktur sowie soziale und öffentliche Angebote. So musste die Stadt Leipzig auf die dramatisch rückläufigen Geburtenzahlen schon vor Jahren mit der Schließung zahlreicher Kindertagesstätten und Schulen reagieren. Solche Einschnitte sind schmerzhaft und gehen an die Substanz der Stadtteile; das Für und Wider wurde bei jedem einzelnen Schulstandort intensiv diskutiert. Dabei haben wir gelernt, wie wichtig eine Verflechtung des Ausbaus der sozialen Infrastruktur mit den strategischen Zielen der Stadtteilentwicklung ist.

Die notwendige Zusammenführung der Fachplanungen vor dem Hintergrund rückläufiger Einwohnerzahlen hat in den ostdeutschen Bundesländern - und besonders im Freistaat Sachsen - zu einer Renaissance der "Integrierten Stadtentwicklungsplanung" geführt. Dabei gilt es aus Leipziger Sicht, aus den Fehlern der Stadtentwicklungsplanung in den siebziger und achtziger Jahren zu lernen. Benötigt werden keine allumfassenden Pläne der städtischen Entwicklung, sondern flexible und handlungsorientierte Konzepte, mit denen auf die sich rasch wandelnde Nachfrage reagiert werden kann. Leipzig hat deshalb schon in den neunziger Jahren eine sektorale Stadtentwicklungsplanung aufgebaut, um inhaltlich abgestimmte Teilkonzepte problemorientiert und schrittweise zu erarbeiten.

(...) und kreative Ideen

Neben einer klaren strategischen Orientierung geht es um kreative Ideen und Projekte. In den vergangenen Monaten waren Leipziger Stadtentwicklungsplaner an einer Workshop-Reihe beteiligt, in der die Möglichkeiten "städtischer Kreativität" im Umgang mit den ostdeutschen Schrumpfungsprozessen im Mittelpunkt standen. Wichtigstes Fazit war die Einsicht in die "Kultivierung des Experimentes" zur Gestaltung kreativer Stadtentwicklungsprozesse. Es geht um einen verantwortungsvollen Umgang mit offenen Ergebnissen, verbunden mit dem Mut zum kalkulierten Risiko. Dies erfordert veränderte Instrumentarien und Verfahren.

Leipzig hat diesen Weg in den vergangenen Jahren bereits beschritten. Parallel zu dem im Jahr 2000 beschlossenen Stadtentwicklungsplan "Wohnungsbau und Stadterneuerung" wurden Umsetzungsmöglichkeiten geschaffen, die weit über klassische Planungsinstrumente hinausgehen. Bei der Stabilisierung von Wohnquartieren spielen beispielsweise neue, attraktive Wohn- und Eigentumsformen eine große Rolle. Deshalb unterstützt die Stadtverwaltung mit einem Selbstnutzerprogramm die Eigentumsbildung in unsanierten Gründerzeitbauten, um eine kostengünstige Alternative zum Anlegermarkt aufzubauen. Das Programm wurde unter dem Namen "selbstnutzer.de - Wohnen im Eigentum" etabliert. Die ersten fünfzig Leipziger Familien haben ihre individuell sanierten, attraktiven Altbauwohnungen bereits bezogen. Um der Abwanderung aus der Stadt weiter entgegenzuwirken, werden auch Stadthäuser gefördert. Auf preisgünstigen städtischen Grundstücken entstehen gerade die ersten dieser ambitionierten Reihenhäuser mitten in der Stadt.

Aber auch die Aktivierung der Potenziale, die aus den Leipziger Traditionen einer Bürger- und Handelsstadt entspringen, ist wichtig für die Entwicklung und Umsetzung kreativer Ideen. Zahlreiche Aktivitäten von Bürgern, die in Leipzig wohnen, arbeiten oder sich ehrenamtlich engagieren, prägen inzwischen neben dem öffentlichen Engagement den Stadtumbau. So mischte sich eine Gruppe junger Leipziger Architekten von Beginn an mit neuen, provozierenden, aber auch fundierten Ideen in die strategische Diskussion um Entwicklungsprozesse und -instrumente ein. Eine Ende der neunziger Jahre gegründete Wohnungsgenossenschaft investiert - auf der Grundlage des Stadtentwicklungsplans - parallel zu den Handlungsschwerpunkten der Stadtverwaltung in die Problemgebiete und nimmt Entwicklungsprozesse über den eigenen Gebäudebestand hinaus selbst in die Hand.

Auch einzelne Bürger beteiligen sich und suchen - mit Unterstützung des Quartiersmanagements - beispielsweise in kooperativen Gutachterverfahren gemeinsam Lösungsstrategien für die Entwicklung und den Umbau ihrer Wohnquartiere.

Olympische Impulse

Leipzigs Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele 2012 ist eine großartige Chance für die Stadt, ihr Profil im Wettbewerb mit anderen Städten zu schärfen. Olympia bietet durch die Beschleunigungswirkung, die für viele Projekte entsteht, eine hervorragende Möglichkeit, entscheidende Impulse für den Stadtumbau zu geben. Beispiele sind die Konzeption für die Gestaltung des Olympischen Dorfes (Umnutzung einer Gewerbebrache) und des Olympiaparks, aber auch die Erarbeitung des Beherbergungskonzeptes. Dieses sieht nicht einfach nur den Neubau von Hotels vor. Wir setzen vielmehr auf "Stadtwohnungen für Olympia": Wohnungsbestände unterschiedlicher Bauphasen werden zunächst vorgehalten und dann speziell für Olympia zu "Boarding Houses" umgebaut. Das Besondere daran ist, dass schon heute eine Nach-Olympia-Nutzung für diejenigen Wohnungsmarktsegmente konzipiert wird, die am Leipziger Markt nur unterdurchschnittlich vertreten sind. So werden im Leipziger Osten große Wohnungen für Selbstnutzer geschaffen. Diese können bereits in der Projektentwicklungsphase ihre individuellen Vorstellungen einbringen. Gleichzeitig werden hochwertige Stadtwohnungen in ausgewählten Quartieren konzipiert, die den Leipziger Wohnungsmarkt auch zukünftig weiter diversifizieren. So greifen Olympiaplanungen und bereits vorhandene strategische Konzepte eng ineinander und befruchten sich gegenseitig.

Ausblick

Um die Balance zwischen Schrumpfung und Wachstum zu meistern, müssen die nächsten Jahre eine Zeit des Experimentierens mit kreativen Konzepten und Ideen werden. Dabei gibt es nur teilweise übertragbare Lösungen; die Konzepte müssen an den unterschiedlichen kommunalen Problemen und Potenzialen ansetzen. Auf alle Fälle sollten die Handlungsspielräume der kommenden Jahre genutzt werden, damit - vor dem Hintergrund des demographischen Wandels - erneute Einwohnerverluste, gepaart mit einer drastisch zunehmenden Überalterung der Bevölkerung, von den meisten Städten bewältigt werden können. Vor dieser Herausforderung werden dann auch zahlreiche westdeutsche Städte stehen.

Für einen breiten Erfolg städtischer Anpassungsstrategien sind veränderte bundespolitische Rahmenbedingungen von zentraler Bedeutung. Dabei geht es nicht primär um die Veränderung der auf die Gestaltung von Wachstumsprozessen angelegten bauplanungsrechtlichen Instrumente. Wichtiger erscheint der Umbau des Fördersystems. Die kaum überschaubare Vielzahl von Förderprogrammen führt zu teilweise gegensätzlichen Wirkungen. Steuerliche Instrumente wie Entfernungspauschale und Eigenheimzulage, die eine Zersiedlung und das Auseinanderbrechen städtischer Strukturen begünstigen, müssen verändert werden. Städtebau- und Wohnungsbauförderung sind dringend zusammenzuführen und stärker durch die Kommunen zu steuern. Neben investiven Instrumenten gewinnt die Förderung von Beratungsleistungen und Moderationsprozessen an Bedeutung, damit sich die Bewohner stärker in die (Um-) Gestaltung ihrer Städte einbringen können. Der Reformstau muss heute gelöst werden, um für morgen lebenswerte Städte zu entwickeln.

Internetverweise des Autors:

Externer Link: Stadtumbau Ost I
Aktuelles, Materialien und Projekte zum Stadtumbau in Ostdeutschland.

Externer Link: Stadtumbau Ost II
Webseiten des BMVBW über das "Programm der Bundesregierung für lebenswerte Städte und attraktives Wohnen".

Externer Link: Schrumpfende Stadt
Raumplanerische Reaktionen auf städtische Schrumpfungsprozesse.

Externer Link: Stadt 2030
Portal des Ideenwettbewerbs "Stadt 2030" des BMBF aus dem Forschungsprogramm "Bauen und Wohnen im 21. Jahrhundert".

Kommunalpolitische Infothek "Externer Link: Schrumpfende Städte
Die Kommunalpolitische Infothek ist eine Internet-Fachzeitschrift der Heinrich Böll Stiftung für kommunalpolitisch Interessierte.

Externer Link: Stadtentwicklung Leipzig
Informationen zu Stadtentwicklung, Stadtentwicklungsplänen, Wohnungsmarktbeobachtung in Leipzig.

Dipl.-Ing., geb. 1955; seit 1998 Oberbürgermeister der Stadt Leipzig.
Anschrift: Stadt Leipzig, 04092 Leipzig.
E-Mail: E-Mail Link: OBM@leipzig.de