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Zivilgesellschaftliche Entwicklung in Südostasien

Gerd Mutz

/ 20 Minuten zu lesen

Viele Länder Asiens durchlaufen derzeit einen tief greifenden Transformationsprozess. Es wird gezeigt, wie schwierig es ist, mit westlichen Denkmustern nach zivilgesellschaftlichen Ausprägungen zu suchen und diese nach unseren Maßstäben zu bewerten.

Zivilgesellschaftliche Diskurse inder westlichen Welt

Zivilgesellschaftliche Diskurse beziehen sich im Wesentlichen - explizit oder implizit - auf westliche Gesellschaften. Dabei verlaufen die Debatten entlang der unterschiedlichen Ideologien in den USA und in Westeuropa. Es besteht ein Spannungsverhältnis zwischen liberal-demokratischen Vorstellungen und der Idee eines freien, autonomen und interessegeleiteten Bürgers (USA) einerseits sowie der Vorstellung einer politisch geprägten Bürgerschaft andererseits, in welcher der Einzelne aus der Sicht eines bereits bestehenden Gemeinwesens gedacht ist (Westeuropa). Analog dazu wird in der politikwissenschaftlichen Debatte von liberalen und republikanischen Zugangsweisen gesprochen. Die liberale Denkrichtung betont die Trennung von Staat und Gesellschaft und sieht die Zivilgesellschaft unabhängig vom Staat. Aus republikanischer Perspektive sind Zivilgesellschaft und Staat dagegen über intermediäre Institutionen, also zum Beispiel freiwillige Assoziationen, Vereine, Kooperationen oder andere Arten der Vernetzung, miteinander verbunden. Mit den südamerikanischen Befreiungsbewegungen und der sich herausbildenden Dissidentenkultur in Osteuropa ist in den siebziger Jahren eine dritte Variante ins Blickfeld gerückt: eine zivilgesellschaftliche Stoßrichtung, die in Opposition zu den staatlichen Verhältnissen formuliert wurde.

Vergleichbare Bewegungen in Asien, etwa in China, haben jedoch nicht zu einer Diskussion im Westen geführt. Erst der Erfolg zivilgesellschaftlicher Akteure in Asien einerseits und das Beharren der staatlichen Organe auf einer spezifisch asiatischen Interpretation des Begriffs andererseits - etwa in der Menschenrechtsdebatte - haben die Aufmerksamkeit des Westens geweckt. Allerdings herrscht der westliche Beurteilungsmaßstab vor; damit verbunden ist die Vorstellung, dass es in den meisten Ländern Asiens gar keine zivilgesellschaftlichen Strukturen oder Organisationen gibt. So wird in westlichen Publikationen, etwa in Berichten der Weltbank oder international vergleichenden Surveys, allein die Zahl der nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) als Indikator verwendet. Auch die vielfältigen Dezentralisierungskonzepte haben in aller Regel einen dezidiert westlichen Zuschnitt. Diese Dominanz von Westdiskursen und normativen Vorstellungen hat in den Ländern Asiens zu unterschiedlichen Reaktionen geführt: In einigen Ländern, etwa in Kambodscha, wird die vom Westen initiierte Etablierung von NGOs und vergleichbaren Organisationen überwiegend positiv und als Chance für partizipative Entfaltung bewertet. In anderen Ländern wiederum, etwa in Laos oder Vietnam, begegnet man derartigen entwicklungspolitischen Ansinnen mit Skepsis. Häufig wird betont, dass es eine eigene, asiatische Auffassung von zivilgesellschaftlicher Entwicklung gebe.

In diesem Beitrag soll verdeutlicht werden, dass zivilgesellschaftliche Diskurse in hohem Maße kontextgebunden sind und sich viele Länder in Asien in einem tief greifenden Transformationsprozess befinden. Vor diesem Hintergrund stehen nicht allein Fragen der politischen Partizipation zur Debatte, sondern sehr viel umfassendere Prozesse sozialer und ökonomischer Integration. Weiter wird hier argumentiert, dass es aus dieser Perspektive in der Region schon immer zivilgesellschaftliche Institutionen gegeben hat, die in traditioneller Weise Integrationsprozesse beförderten. Diese zumeist noch intakten Institutionen werden vom Westen, z.B. in der Entwicklungspolitik, aber kaum wahrgenommen. Oft arbeiten beide Seiten nebeneinander her oder behindern sich gar gegenseitig. Ein produktives Zusammenwirken ist nur dann möglich, wenn der Aufbau eines integrierenden Institutionengefüges gelingt, das nicht nur politische Partizipation, sondern auch ökonomische und soziale Integration auf der Grundlage traditioneller und zugleich moderner zivilgesellschaftlicher Formen gewährleistet. Nur auf diese Weise ließe sich ein konstruktiver und typisch asiatischer Weg zur Zivilgesellschaft beschreiten.

Ich beziehe mich hier nur auf die Staaten Südostasiens, die zuletzt der Association of South East Asian Nations (ASEAN) beigetreten sind und nach ihren Ländernamen auch als CLMV-Region bezeichnet werden. Thailand ist in dieser Debatte von besonderer Bedeutung, weil der zivilgesellschaftliche Diskurs dort offensichtlich am weitesten vorangeschritten ist und sich die genannten Länder zudem an seinem Beispiel orientieren. Gemeinsam bilden die CLMV-Länder und Thailand die Mekong-Region.

Transformationsprozesse bilden einen besonderen Rahmen für zivilgesellschaftliche Diskurse

Bei den Ländern der CLMV-Region handelt es sich um Transformationsländer. Damit ist gemeint, dass sich diese Länder in mindestens einem gesellschaftlichen Bereich, oft aber auch in mehreren zugleich, in einem radikalen Veränderungsprozess befinden; in der CLMV-Region sind dies die Einführung der Marktwirtschaft und zum Teil heftigepolitische Umbrüche. Wirtschaftlich gesehen besitzt Kambodscha einen offenen Markt, in Laos wird ein New Economic Mechanism-Ansatz (NEM) praktiziert, selbst in Myanmar/Burma gibt es eine vorsichtige wirtschaftliche Öffnung, und in Vietnam findet ein erfolgreicher Doi-Moi-Prozess, eine Reformpolitik, statt. Hinzu kommen die politischen Veränderungen: In Kambodscha gibt es nach dem Terror der Roten Khmer und der vietnamesischen Besatzung seit 1991 mit der Einsetzung der United Nations Transitional Authority in Cambodia (UNTAC) Demokratisierungsbestrebungen. In Laos existiert seit dem Bürgerkrieg 1975 ein kommunistisches Einparteiensystem, Myanmar/Burma erlebte 1988 einen Militärputsch, und in Vietnam herrscht nach dem Bürgerkrieg und den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den USA seit dem Paris Peace Accord von 1973 ebenfalls die kommunistische Partei. Derart tief greifende Wandlungsprozesse haben beträchtliche Folgen für das soziale Zusammenleben. Die CLVM-Region ist in den vergangenen Dekaden unter starken Veränderungsdruck geraten.

Allein diese knappe Aufzählung verdeutlicht die Schwierigkeit, (...) zivilgesellschaftliche Ausprägungen nach unseren westlichen Maßstäben zu bewerten. Soziologisch gesehen ist es zudem unzureichend, nur nach der politischen Partizipation zu fragen. Die Herausforderungen in diesen Ländern sind weit umfassender, weil es auch um ökonomische und soziale Probleme geht. Es ist deshalb notwendig, den engen politikbezogenen Zugang aufzugeben und die Interdependenz zwischen sozialen Prozessen, Markt und Zivilgesellschaft zu untersuchen. Studien zur Transformationsforschung können hier hilfreich sein, weil diese die Kontextgebundenheit zivilgesellschaftlicher Praxis und Diskurse ernst nimmt und unterschiedliche kulturelle und nationale Verwendungsweisen berücksichtigt. Zugleich ist nach Jean L. Cohen und Andrew Arato das institutionelle Gefüge zwischen Zivilgesellschaft und Markt, also etwa freiwillige Wirtschaftsassoziationen oder kooperative Netzwerke, von ähnlicher Bedeutung wie das Parteiengefüge als Verbindung von Zivilgesellschaft und Staat. Dazu zählen nicht nur formalisierte Organisationen nach dem Muster von Verbänden, Assoziationen oder NGO's, sondern auch Traditionen, Bräuche und informalisierte Praktiken verschiedener Art - ein Sachverhalt, der für die ökonomische Entwicklung hinlänglich bekannt ist. Diese "weichen Faktoren" können im Hinblick auf die zivilgesellschaftliche Entwicklung als soziales Kapital interpretiert werden. Eine solche soziologische Transformationsperspektive wird im Folgenden zugrunde gelegt, um die Situation in der CLMV-Region zu beschreiben.

Traditionelle und moderne zivilgesellschaftliche Institutionen in der CLMV-Region

1. Die Rolle buddhistischer Institutionen in Kambodscha

Kambodscha erscheint als ein Land, in dem die soziale Ordnung auf den ersten Blick vollkommen zerstört ist. In wirtschaftlicher Hinsicht ist es überwiegend agrarisch strukturiert; 80 Prozent der Menschen arbeiten in der Landwirtschaft, es gibt kaum eine nennenswerte Industrie, und die Infrastruktur ist durch den Bürgerkrieg noch stark zerstört. Das Humankapital ist ebenfalls kaum entwickelt. In den vergangenen Jahren gab es ein relativ gleichmäßiges Wirtschaftswachstum auf niedrigem Niveau. Die politische Situation ist in hohem Maße durch die Einflussnahme der internationalen Gemeinschaft geprägt. Kambodscha hat sich - oberflächlich betrachtet - stabilisiert; die gewaltsamen Ereignisse bei den Wahlen 2003 zeigen allerdings die Fragilität der Lage. Angesichts dieser Situation ist es ein "Wunder", dass die Gesellschaft zusammenhält - insbesondere wenn man bedenkt, dass ein tiefes Misstrauen unter den Bürgern des Landes herrscht.

Nach Meinung der meisten Experten sind es die Monarchie und der Buddhismus, die in entscheidender Form integrative Wirkung ausüben. In einer Selbststilisierung und in Anlehnung an die zwei Räder des Dharma spricht König Sihanouk von den "wheels of the chariot of Khmer nationalism". Diese Auffassung dürfte insofern zutreffend sein, als auch nach unseren empirischen Untersuchungen mit der Monarchie die Idee einer nationalen Ordnung verknüpft ist, während der Buddhismus die Vorstellung einer kulturellen Kontinuität transportiert. Beides zusammen umfasst den lebensweltlichen Kosmos der meisten Kambodschaner. Insbesondere der Buddhismus hat enorme alltagspraktische Relevanz, weil die Dörfer gleichsam um die Pagode herum organisiert sind. Dies stiftet nicht nur eine kulturelle, sondern insbesondere eine soziale Einheit, und die darin eingebetteten traditionellen Solidargemeinschaften, so die zutreffende Einschätzung von Walter Aschmoneit, "sind Teil der Zivilgesellschaft, ja sie sind wahrscheinlich der größte und solideste Teil". Ein weiteres Potential der Pagoden liegt darin, dass sie die wirtschaftlichen Aktivitäten in vielfacher Weise durch freiwillige Assoziationen und Netzwerke einrahmen und gleichzeitig soziale Sicherheit bieten. Dabei bilden die Pagoden-Komitees die grundlegende Verknüpfung zwischen dem Gemeinwesen und der Pagode. Sie unterstützen beispielsweise vorhandene Solidargemeinschaften (Elternverbände, Solidarkassen für Todesfälle usw.) und organisieren Feste, die der Verteilung von wichtigen Gütern dienen. Von herausragender Bedeutung sind die traditionellen Reis-Assoziationen, die in verschiedenen Dörfern Reis verleihen oder spenden.

Derartige Reis-Assoziationen verdeutlichen das entwicklungspolitische Dilemma beim Aufbau wirtschaftsfördernder Strukturen. Erstens zeigen sie, wie zivilgesellschaftliche Strukturen (Assoziationen), wirtschaftliches Handeln (Reisanbau und [Um-]Verteilung) und soziale Organisation (durch die Pagoden) auf der Ebene von Gemeinwesen zusammenwirken. Integration und Partizipation sind zwei Seiten einer Medaille. Zweitens wird der Charakter der wenig oder gar nicht formalisierten Selbstorganisationen deutlich, die traditionell verankerte reziproke und kooperative Handlungsmuster verdichten und somit wirtschaftliches Handeln gleichsam tragen. Drittens muss soziales Kapital in Form von Gemeinwesenidentität einerseits und interpersonellen Vertrauensverhältnissen andererseits bereits vorhanden sein, damit derartige Prozesse der Integration und Partizipation wirksam sein können. Somit macht es entwicklungspolitisch wenig Sinn, nur politische, wirtschaftliche oder soziale Aktivitäten zu fördern und entsprechend einseitig wirkende Institutionen aufzubauen. Denn was hier aufgrund der "moralischen Autorität" (Aschmoneit) der Pagoden funktioniert, muss etwa bei Reis-Banken des Typs Grameen, die internationale NGO's eingeführt haben, erst hergestellt werden. Derartige Projekte können nicht funktionieren, wenn sie keine Verankerung im Gemeinwesen haben und traditionelle Assoziationen und Vernetzungen nicht nutzen. Selbst wenn traditionelles Sozialkapital vorhanden ist, wäre es schwer genug, moderne Formen der Mitgliedschaft sowie Vertretungs- und Abstimmungsstrukturen zu integrieren.

Darüber hinaus bleiben (und das Beispiel der Reis-Assoziationen macht dies sehr deutlich) Organisationen, die von traditionellen Strukturen unabhängig sind und an den organischen zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt nicht anknüpfen können (oder wollen), ein Fremdkörper in der Gesellschaft. Dies trifft auf die meisten modernen, nach westlichem Vorbild importierten Organisationen der Zivilgesellschaften zu. Hema Goonatilake spricht denn auch treffend von "organic and artificial civic society structures". Vor diesem Hintergrund wird nochmals deutlich, dass das Aufzählen von (inter-)nationalen NGO's wenig hilfreich ist, zivilgesellschaftliche Strukturen, deren Wirkungsweise und sich daraus bildende Handlungsmuster zu beschreiben.

2. Die zivilgesellschaftliche Situation in Laos und Myanmar/Burma

Anders als für Kambodscha existiert zur zivilgesellschaftlichen Situation in Laos und Myanmar/Burma wenig sozialwissenschaftliche Literatur; das hängt damit zusammen, dass es insgesamt nur wenige empirische Studien gibt. Deshalb kann die zivilgesellschaftliche Situation in Laos weniger eindeutig bestimmt werden: Die wirtschaftliche Lage ist weitaus schlechter als in Kambodscha, obwohl die Zuwachsraten mit rund fünf Prozent relativ gut sind. Das Land ist jedoch noch stärker agrarisch dominiert als Kambodscha, und es gibt kaum Infrastruktur oder Ansätze zur Entwicklung des Humankapitals. Laos zählt zu den ärmsten Ländern der Welt, und mehr als die Hälfte des Staatshaushalts wird seit Jahrzehnten von der internationalen Gebergemeinschaft getragen. Durch das kommunistische Einparteiensystem ist das Land jedoch stabiler als der Nachbarstaat Kambodscha. Im Hinblick auf den sozialen Zusammenhalt wirken viele Faktoren erschwerend: Nur etwa 60 Prozent der Bevölkerung können als buddhistisch orientiert bezeichnet werden, während sich die übrigen in einem animistischen Welt- und Kosmosgefüge verankert sehen. Zudem ist die buddhistische Prägung in Laos PDR weniger kulturell und sozial integriert als in Kambodscha und ruht stärker auf einer ebenfalls animistischen Basis. Die ethnische Zusammensetzung ist sehr heterogen: Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung sind Lao Loum, die in der Mekong-Region sesshaft sind; daneben gibt es circa 70 Minoritäten, die meist in den Bergregionen leben. Für die meisten Ethnien gilt zudem, dass sie kleinräumig-nomadisch leben; das heißt, sie wechseln ihr Land nach mehreren Generationen und besitzen deshalb zwar eine starke Gruppenzusammengehörigkeit, aber keine auf Kontinuität ausgerichteten Dorfstrukturen. Wegen dieser Diversität ist wenig über traditionelle zivilgesellschaftliche Strukturen bekannt - man weiß lediglich, dass sich diese in Form von kooperativen Gruppen und losen Netzwerken sowie entsprechend informellen Handlungsmustern herausgebildet haben. Neben den bekannten parteinahen Massenorganisationen, die ebenfalls einen eher modernen, westlich orientierten Charakter aufweisen - wie Lao National Front for Construction, Lao Women's Union (LWU), Lao People's Revolutionary Youth Union und Lao Federation of Trade Unions -, gibt es eine Reihe kleinerer Verbände, die unterschiedlich stark in das Einparteiengefüge eingebunden sind. Es gilt jedoch hervorzuheben, dass einerseits auch innerhalb der Massenorganisationen zivilgesellschaftliche Prozesse ablaufen und sich andererseits in den Dörfern der Mekong-Region in den vergangenen Jahren unabhängige und relativ autonome zivilgesellschaftliche Strukturen entwickelt haben. Dennoch verfügt Laos nicht über die gleiche relative kulturelle Homogenität wie Kambodscha.

Dieser Sachverhalt gilt auch für Myanmar/Burma. Hier leben knapp 70 Prozent Burmesen und jeweils knapp zehn Prozent Shan und Karen sowie mehr als 130 weitere ethnische Gruppen - die Bevölkerungszahl ist jedoch mit fast 50 Millionen Einwohnern etwa achtmal so hoch wie die von Kambodscha oder Laos. Myanmar/Burma ist ebenfalls ein wirtschaftlich schwach entwickeltes Land, das aber über eine intaktere Infrastruktur verfügt und außer in der Landwirtschaft auch im Bereich der Leicht- und Schwerindustrie sowie im Reishandel engagiert ist; es gibt stärker ausgeprägte internationale Wirtschaftsbeziehungen sowie Auslandsinvestitionen und Joint ventures.

Anders als in Kambodscha und Laos kann in Myanmar/Burma, so räumt selbst die kritische International Crisis Group (ICG) ein, in Bezug auf die demokratische Phase in der Vergangenheit von einer "vibrant civil society" gesprochen werden. Demnach hat es damals neben bürgerlichen Clubs und einem relativ freien Journalismus sogar öffentliche Foren, etwa ein Speaker's Corner nach britischem Vorbild, gegeben. Interessant ist, dass für die aktuelle Situation einerseits wiederum den Pagoden und somit dem Buddhismus eine tragende Rolle zugeschrieben wird, andererseits aber auch "modernen" Gruppen wie Studenten, Intellektuellen, Künstlern, Medienschaffenden und vor allem den Wirtschaftsverbänden. Die wenigen Publikationen sowie einige Internetlinks legen die Vermutung nahe, dass sich in Burma zwei kaum zusammenhängende zivilgesellschaftliche Stränge entwickeln könnten: organische sozioökonomische Institutionen, die wie in Kambodscha um die buddhistischen Pagoden organisiert sind, sowie moderne Verbändestrukturen, die von der internationalen Wirtschaft ausgehen.

3. Zivilgesellschaftliche Bedeutung autonomer Dorfstrukturen in Vietnam

Vietnam hat sich in der CLMV-Region wirtschaftlich am besten entwickelt. Es ist politisch äußerst stabil und sowohl im ASEAN-Verbund als auch auf internationaler Ebene sehr gut integriert. DieExportraten umfassen fast 50 Prozent des Sozialprodukts; Vietnam ist inzwischen der zweitgrößte Reis- und Kaffee-Exporteur der Welt. Mit 80 Millionen Einwohnern ist es neben Thailand (62 Millionen) das bevölkerungsreichste Land der Mekong-Region, etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt in urbanen Zentren. In Vietnam sind etwa 80 Prozent der Einwohner buddhistisch, allerdings in der mahayanischen Richtung und stark animistisch orientiert sowie konfuzianisch geprägt. Es ist das ethnisch homogenste Land der Region (nur rund zehn Prozent der Bevölkerung gehören ethnischen Minoritäten an).

Die Entwicklung der Zivilgesellschaft Vietnams ist deshalb interessant, weil sie eine Reihe von Parallelen, aber auch Abweichungen gegenüber den anderen Ländern der CLMV-Region aufweist. So gibt es, geprägt durch das kommunistische Einparteiensystem, eine ähnliche Struktur von Großorganisationen und Einflussnahme auf freiwillige Assoziationen und Verbände wie in Laos; und wie in Kambodscha gibt es wegen der Offenheit Vietnams eine Vielzahl westlich orientierter nationaler und internationaler NGO's sowie relativ autonome Vereinigungen. Die meisten Gruppen sind im strikten Sinne nicht staatsunabhängig, haben aber durchaus zivilgesellschaftliche Wirkungen - es ist deshalb treffend, von "mediating groups" oder "quasi-civil organizations" zu sprechen.

Anders als in allen übrigen Ländern ist der sozialintegrative Einfluss des Buddhismus in Vietnam geringer, und es bestehen vor allen Dingen nicht die engen Verknüpfungen zum wirtschaftlichen Bereich. Es gibt jedoch in diesem Zusammenhang eine Besonderheit, die von zivilgesellschaftlicher Relevanz ist: die relativ autonom und selbst organisierten Strukturen in den Dörfern, die eigene, oft gering formalisierte Gesetzmäßigkeiten aufweisen. Es heißt, jedes Dorf sei eine eigene Republik, obwohl es gleichzeitig - dem Prinzip konfuzianischer Organisation folgend - in bürokratische Strukturen eingebunden ist. Vietnamesen fühlen sich in einen Kosmos von dorfspezifischen Geistern eingebunden, die wiederum einen engen Bezug zu den jeweiligen lokalen wirtschaftlichen Notwendigkeiten aufweisen.

Werden derartig komplexe Strukturen und kulturelle sowie wirtschaftliche Verankerungen bei (gut gemeinten) entwicklungspolitischen Interventionen nicht berücksichtigt, dann lassen sich weder die vorhandenen Selbsthilfepotentiale stärken noch integrative oder partizipative Prozesse befördern. Hier gibt es Beispiele, die durchaus auch das staatliche Handeln betreffen. So beschreiben Adam Fforde/Nguyen Dinh Huan den Unterschied zwischen den organischen, auf Freiwilligkeit beruhenden kooperativen Gruppen und den politisch erwünschten modernen Kooperativen, denen die Bevölkerung mit Skepsis begegnet. Bei den über 5 000 Mikrofinanzsystemen, die nach dem Grameenbank-Modell eingerichtet wurden, und den vielfältigen lokalen Produktions- und Verteilungsgenossenschaften verhält es sich ähnlich: Der Ansatz ist insofern richtig, als durch wirtschaftliche Integration die sozialen Voraussetzungen für Partizipation geschaffen werden sollen. Es kommt allerdings zu Problemen, wenn die betreffenden traditionellen zivilgesellschaftlichen Formen der Selbstorganisation nicht berücksichtigt werden. Dann helfen auch keine internationalen Organisationen, die gleichsam in Vertretung für die Benachteiligten Armutsprogramme auflegen.

Gibt es in der Mekong-Region einen eigenen Weg in die Zivilgesellschaft?

Nach der Beschreibung der zivilgesellschaftlichen Situation in den CLMV-Ländern Südostasiens und der entwicklungspolitischen Implikationen soll abschließend die mögliche Rolle Südostasiens im internationalen Diskurs über die Zivilgesellschaft betrachtet werden. Dabei ist unsere empirische Beobachtung wichtig, dass in den Ländern der Mekong-Region, Thailand also eingeschlossen, bereits zivilgesellschaftliche Diskurse geführt werden, die sowohl internationale Debatten als auch die eigene Situation reflektieren. Dies zeigen die hier genannten Autoren sowie die jeweiligen nationalen Medien - es handelt sich folglich um Diskussionen, die bei aller Beschränkung durchaus öffentlich geführt werden.

Dabei wird immer wieder auf die besondere Situation in der Region hingewiesen, die eine eigene Einbettung des Diskurses erfordere; es gelte die Transformationssituation zu berücksichtigen, die primär eine Analyse von Integrationsprozessen erfordere. Problemen der politischen Partizipation wird eine nachrangige Bedeutung zugeschrieben. Allerdings fällt auf, dass die europäisch geprägte Transformationsforschung kaum rezipiert wird. Des Weiteren wird die auch in diesem Beitrag vertiefte Debatte um traditionelle versus moderne zivilgesellschaftliche Institutionen geführt, wobei sowohl ein plurales Nebeneinander als auch ein Zusammenwirken denkbar erscheint. Wenig Sympathie für westliche Eingriffe wird dann geäußert, wenn die zivilgesellschaftliche Bedeutung organischer Strukturen ignoriert oder unterminiert wird. So gibt es zum Beispiel Empfindlichkeiten, wenn eigene selbst organisierte und kooperative Formen des Wirtschaftens aus einer westlich geprägten zivilgesellschaftlichen Vogelperspektive als nicht politisch relevant bezeichnet werden. Darüber hinaus konnten wir erfinderische Kombinationen von traditioneller und moderner Praxis beobachten: Aktivisten in Chiang Mai im Norden Thailands, die das Abholzen von Wäldern für den Bau einer Seilbahn bekämpften, führten eine "Tree Ordination Ceremony" durch, bei denen den Bäumen - wie sonst nur Buddha-Figuren - die bekannten orangefarbenen Tücher umgebunden wurden. So wurde die Bedeutung von Bäumen kulturell anschlussfähig an die eigene Welterfahrung zum Ausdruck gebracht sowie dem Anliegen Nachdruck verliehen. Trennungslinien zwischen unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Formationen werden überwunden - soziologisch interpretiert lässt sich von Entgrenzungsprozessen sprechen.

Im Hinblick auf Verknüpfungsmöglichkeiten wird auch diskutiert, inwieweit moderne Organisationen zu stark auf Mittelschichten gründen, und es wird immer wieder die Vermutung aufgestellt, dass viele vom Ausland finanziert würden. Deshalb gibt es vielfältige Bemühungen, eigenständige Strukturen aufzubauen. Wiederum in Thailand konnten wir bei unserem jüngsten Forschungsaufenthalt in Chiang Mai beobachten, dass mehrheitlich Studenten und einige wenige Professoren eine Offene Universität (Midnight University) betreiben, bei der es in Vorträgen und Diskussionen um die Vielfalt partizipativer Verfahren ging.

Das Thema Eigenständigkeit zivilgesellschaftlicher Formen und Entwicklungen hat in den südostasiatischen Diskursen durchaus eine hohe Relevanz. So hat Pasuk Phongpaichit bei ihrer Untersuchung zu sozialen Bewegungen Besonderheiten herausgearbeitet, die nicht nur für derartige Organisationen von Bedeutung sind. Bei den zivilgesellschaftlichen Aktivitäten gehe es anders als in westlichen Ländern um "bread-and-butter-Themen" (wesentlich um Ressourcen wie Energie oder Wasser) und damit um basale Lebensbedingungen. Dies sei der Grund für die große Beteiligung der "einfachen" Bevölkerung. Nach Ansicht von Phongpaichit sollte man deshalb einen eigenen Begriff prägen und von "popular movements" sprechen, auch wenn Akteure aus der Bildungsschicht beteiligt seien und moderne Aktionsformen angewendet würden. Schließlich weist die Autorin auf einen interessanten Sachverhalt hin, der für die .asiatischen Diskurse über Zivilgesellschaft von Bedeutung ist: Es gehe nicht um individuelle Wege der Partizipation; vielmehr seien zivilgesellschaftliche Aktivitäten " commu- nity based", aus den Gemeinschaften heraus formuliert. Dieses Ergebnis ist unmittelbar einsichtig und bestätigt sozial- und kulturwissenschaftliche Untersuchungen in der Region. Somit wird deutlich, dass zivilgesellschaftliche Diskurse eher eine republikanische Prägung aufweisen, weil es kein Konzept des A-priori-Individuums gibt. Zivilgesellschaft findet somit innerhalb einer gedachten gesellschaftlichen Ordnung statt. Dabei ist es kein Widerspruch, dass die zivilgesellschaftlichen Diskurse gleichzeitig in hohem Maße von Wirtschaftsinteressen gesteuert sind. In gewisser Weise kommt hier eine Variante zum Vorschein, die aus Osteuropa, insbesondere aus Ungarn, bekannt ist. Die zivilgesellschaftlichen Aktivitäten richten sich nicht generell gegen den Staat, weil Staat und (Zivil-)Gesellschaft nicht als Gegensatz gedacht werden; vielmehr wenden sie sich gegen staatliche Einflussnahmen, die (individuelles oder kooperatives) Wirtschaften behindern.

Somit kann das Resümee gezogen werden, dass sich in der Mekong-Region Südostasiens Formen republikanischer Zivilgesellschaft am ehesten als durchsetzbar erweisen. Westliche Deutungsangebote haben dann eine Chance, wenn sie sich alltagspraktisch in die gelebte traditionelle Ordnung einfügen lassen. In diesem Verwendungsprozess entstehen dann neue Muster zivilgesellschaftlichen Handelns und somit spezifische asiatische Prägungen. Es verhält sich mit der Diskussion um die Zivilgesellschaft wie mit der sehr kontrovers geführten Wertedebatte: Letztlich haben nicht die Werte eine eigene asiatische Prägung, sondern es ist die besondere Fähigkeit der asiatischen Gesellschaften, westliche Konzepte in eigene Weltvorstellungen zu integrieren - ohne den eigenen Kosmos aufzugeben. Und somit geht es - um abschließend noch einmal Amartya Sen zu zitieren - darum, "multiple institutions" aufzubauen, die den gesellschaftlichen Gebrauch von "varying norms of behavior" gewährleisten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. zu den unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Diskursen und deren ideengeschichtlichen Hintergrund die Übersicht in: Ansgar Klein, Der Diskurs der Zivilgesellschaft, Opladen 2001.

  2. Vgl. Michael H. Nelson, Thailand: Problems with Decentralization?, in: ders. (Hrsg.), Thailand's New Politics (KPI Yearbook 2001), Bangkok 2001. Aus seiner Sicht klingen die Dezentralisierungsbemühungen, als seien sie "taken from Western textbooks on public administration" (S. 263). Vgl. auch Ulrich Metzger, Dezentralisierung in Entwicklungsländern, Würzburg 2001; Walter Thomi/Markus Steinich/Winfried Polte (Hrsg.), Dezentralisierung in Entwicklungsländern, Baden-Baden 2001.

  3. Amartya Sen, The Market, Democracy, and Development, in: M. H. Nelson (Anm. 2), S. 1-25.

  4. Es hat sich in den vergangenen Jahren durchgesetzt, von Myanmar/Burma zu sprechen, um sich sprachlich einerseits nicht nur auf die burmesisch sprechenden Burmanen zu beschränken; andererseits wird damit der früheren, eher traditionellen Namensgebung Rechnung getragen.

  5. Aktuell zur Entwicklung in der Mekong-Region vgl. Mingsarn Kaosa-ard/John Dore (Hrsg.), Social Challenges for the Mekong Region, Bangkok 2003. Den folgenden Ausführungen liegen mehrere Studienaufenthalte in den genannten Ländern zugrunde. Insbesondere in Vietnam hat der Autor in den vergangenen Jahren intensive Feldstudien zum Thema Sozialkapital und Institutionenaufbau durchgeführt. Vgl. Rainer Klump/Gerd Mutz (Hrsg.), Doi Moi in Wirtschaft und Gesellschaft. Soziale und ökonomische Transformation in Vietnam, Marburg 2002; dies. (Hrsg.), Modernisation and Social Transformation in Vietnam. Social Capital Formation and Institution Building, London-New York 2003. Die thailändische Botschaft in Deutschland ermöglichte einen Aufenthalt in Thailand, um Gespräche zu diesem Thema durchzuführen; ihr sei an dieser Stelle gedankt. Mein besonderer Dank gilt allen Gesprächspartnern in der Mekong-Region, insbesondere aber Nina N. Ouan, die Forschungsreisen vorbereitete und Länderberichte zusammenstellte.

  6. Zu den einzelnen Länderdaten vgl. die Internetseite des Auswärtiges Amtes, http://www.auswaertigesamt.de/laenderinfos; UNDP, National Human Development Report, Vientiane 2002; World Bank, Civil Society Assessment in Cambodia, Phnom Penh 2001; Til Schönherr, Vietnam. Politische und wirtschaftliche Perspektiven (unv. Manuskript), Bonn 2003; Kenneth Thompson, Social Protection in Lao PDR, zu finden unter: http://library.fes.de; Kham Lee, Social Challenges for Lao PDR, in: M. Kaosa-ard/J. Dore (Anm. 5).

  7. Hans-Joachim Lauth/Wolfgang Merkel, Zivilgesellschaft und Transformation, in: Forschungsjournal Neue soziale Bewegungen, 10 (1997) 1, S. 12 - 34.

  8. Jean L. Cohen/Andrew Arato, Civil Society and Political Theory, Cambridge/M.-London 1992. Eine solche Erweiterung des Blicks ist nicht unproblematisch. Denn es stellt sich die Frage, welche Bedeutung Vermittlungsinstitutionen zukommt, die wie etwa Handelskammern in stellvertreterischer Weise privatwirtschaftliche Ziele verfolgen.

  9. Ulrike Liebert/Hans-Joachin Lauth, Do Informal Institutions Matter?, in: dies. (Hrsg.), Im Schatten demokratischer Legitimität, Opladen-Wiesbaden 1999.

  10. Es war der Nobelpreisträger Amartya Sen, der darauf hingewiesen hat, "that markets need other institutions to function well (...): system of shared values, related to trust, reliability, and basic business ethics, which have made the success of capitalism possible". Vgl. A. Sen (Anm. 3), S. 3f.

  11. Vgl. prominent Robert D. Putnam, Making Democracy Work: Civic Traditions in Modern Italy, Princeton 1993.

  12. Zitiert nach Charles Keyes, Communist Revolution and the Buddhist Past in Cambodia, in: ders./Laurel Kendall/Helen Hardacre, Asian Visions of Authority. Religion and the Modern States of East and Southeast Asia, Honolulu 1994, S. 43 - 73, S. 35. Vgl. auch Eric J. Hobsbawm/Terence Ranger, The Invention of Tradition, Cambridge 1983; Yos Hut Khemacaro, Steering the Middle Path: Buddhism, Non-Violence and Political Change in Cambodia, in: Accord, 5 (1998), S. 71 - 76; Peter Gyallay-Pap/Hean Sokhom (Hrsg.), Buddhism in Cambodia, Phnom Penh 1996.

  13. Walter Aschmoneit, Traditionelle Solidargemeinschaften in Kambodscha (unv. Manuskript), Eschborn 1998, S. 21.

  14. Zu diesen Aktivitäten siehe ders. (unter Mitarbeit von Chan Sotheavy, Kao Kalyan, Narak Sovann, Top That), Traditionel Organizational Landscape in Cambodia (unv. Manuskript), Kampong Thom 1997.

  15. Siehe Kim Sedara, Reciprocy, Informal Patterns of Social Interaction in a Cambodian Village near Angkor Park (Master Thesis), Phnom Penh 2001; Judy Ledgerwood, Contemporary Cambodian Society, zu finden unter: www.seasite.niu.edu/khmer; Peter Gyallay-Pap, From Conflict to Reconciliation in Cambodia? (unv. Manuskript), Battambang 1993.

  16. Zu diesem Mikrofinanzierungsmodell und Entwicklungsbanken vgl. die Internetseite der GTZ www.gtz.de/themen/deutsch/wirtschaft-beschaeftigung/fse/projekte/asien.htm; http://www.dse.de/zeitschr/ez1100 - 4.htm.

  17. Das Zusammenwirken von Pagoden, religiösen Riten und Praktiken mit wirtschaftlichen Erfordernissen ist freilich nicht unproblematisch und muss vor allen Dingen dann hinterfragt werden, wenn es zu politischer Einflussnahmen kommt.

  18. Hema Goonatilake, Vertreterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Phnom Penh, in einem persönlichen Gespräch mit dem Autor am 18. 2. 2002.

  19. Vgl. etwa World Bank (Anm. 6); Kao Kim Hourn (CICP), Emerging Civil Society in Cambodia. Opportunities and Challenges, Phnom Penh 1999. Nach diesen Daten gab es eine Explosion von nationalen und internationalen Organisationen: 2001 arbeiteten dort 185 internationale und über 384 kambodschanische Organisationen. Diese Zahlen weisen eher auf den Grad der Selbstbestimmung der kambodschanischen Bevölkerung hin als auf ihre zivilgesellschaftliche Verfasstheit.

  20. Unter "Animismus" versteht man die Lehre von der Beseeltheit aller Dinge.

  21. Interessant hierzu: Clay G. Wescott (Hrsg.), Key Governance Issues in Cambodia, Lao PDR, Thailand, and VietNam, ADB, Asian Development Bank, Manila 2001, und Mahadi Nawi, Role of Civil Society, zu finden unter: www.unescap.org/pop/icpd/ippf.htm.

  22. Patrick Ladwig, The center approaching the peasant village: decentralisation and social capital in the context of rural development planning in Lao PDR, Vientiane 2001, und UNDP (div. Autoren), National Human Development Report Lao PDR, Vientiane 2001.

  23. Auf andere einkommensstarke Aktivitäten, wie etwa Mohnanbau (auch in Laos) und Diamantabbau, wird hier nicht weiter eingegangen.

  24. International Crisis Group, Myanmar/Burma: The Role of Civil Society, Bangkok-Brüssel 2001, S. 3.

  25. Vgl. Burma Centrum Nederlands and Transnational Institute (Hrsg.), Strengthening Civil Society in Burma: possibilities and dilemmas for international NGOs, Chiang Mai 1999.

  26. Vgl. zum Beispiel Government decree No 35/HDBT, Jan 28 1992 (non-profit scientific organisations); Regulations on the operations of international NGO in Vietnam promulgated in accordance with Decision No. 340/TTg, May 24 1996; Regulations on the exercise of democracy in communes in conjunction with Decree No. 29/1998/ND-CP; Decree No. 177/1999/ND-CP on promoting organisation and operation of social funds and charity funds, Dec 22 1999.

  27. Le Bach Duong/Khuat Thu Hong/Bach Tan Sinh/Nguyen Thanh Tung, Civil Society in Vietnam (unv. Manuskript), Hanoi o.J., S. 5 und S. 26. Zur weiteren Interpretation vgl. Michael Gray, Creating Civil Society? The emergence of NGOs in Vietnam, in: Development and Change, 30 (1999), S. 693 - 713; Mark Sidel, The emergence of a Nonprofit Sector and Philantropy in the Socialist Republic of Vietnam, in: Tadashi Yamamoto (Hrsg.) Emerging Civil Society in The Asia Pacific Community, Tokio 1995. Til Schönherr spricht treffend von einem "politischen Pluralismus der besonderen Art". Vgl. T. Schönherr (Anm. 6), S. 10.

  28. Es geht nicht um die Bezeichnung eines fest umrissenen Raumes. Dorf meint hier durchaus auch Region, Provinz oder Gemeinwesen.

  29. Lesenswert sind immer noch die Ausführungen von Nguyen Tien Huu, Dörfliche Kulte im traditionellen Vietnam, München 1970.

  30. Adam Fforde/Nguyen Dinh Huan, Vietnamese Rural Society and its Institutions (unv. Manuskript), Hanoi 2001.

  31. Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) ist sich dieser Zusammenhänge durchaus bewusst. Vgl. die verschiedenen Beispiele auf deren Website: www.gtz.de. Solche Programme setzen im Übrigen voraus, dass man weiß, wie derartige Strukturen in den jeweiligen Regionen funktionieren und mit welchen Personen eine Zusammenarbeit machbar ist. Ersteres erfordert eine soziologische livelihood- oder social capital-Analyse, Letzteres eine Untersuchung der strategischen Gruppen; beides wird von Organisationen der Donor-Gemeinschaft fast immer unterlassen.

  32. Vgl. zusätzlich für Thailand: Pasuk Phongpaichit, Social Movements in Thailand (unv. Manuskript), Bangkok 2002; Pinkaew Laungaramsri, Competing discourses and practices of "Civil Society" (unv. Manuskript), Chiang Mai 2002.

  33. Insbesondere in Thailand ist die Vielfalt von Organisationen beachtlich. Neben den bereits bekannten Organisationen finden sich darunter auch soziale Bewegungen und Philanthropieverbände sowie Corporate Social Responsibility-Ansätze.

  34. Dieses Beispiel ist in der Broschüre der Heinrich-Böll Stiftung, Regionalbüro Thailand und Südostasien, dokumentiert.

  35. Vgl. P. Phongpaichit (Anm. 32).

  36. A. Sen (Anm. 3), S. 12.

Dr. rer. pol., geb. 1952; Privatdozent an der Universität Konstanz, Leiter des Münchner Instituts für Sozialforschung (miss).
Anschrift: miss, Hohenzollern Str. 112, 80796 München
E-Mail: E-Mail Link: Gerd.Mutz@SocialScience.de

Zahlreiche Veröffentlichungen zur interkulturellen Arbeitssoziologie.