Einleitung
Werden die rasanten Veränderungen auf der internationalen politischen Bühne, bei denen - wie der Irak-Krieg gezeigt hat - die USA eine entscheidende Rolle spielen, einen Einfluss auf das Verhältnis zwischen der VR China und Taiwan haben? Da die bilateralen Beziehungen bedeutend für die asiatisch-pazifische Region sind, ein Konflikt in der Taiwanstraße eine chinesisch-amerikanische Konfrontation heraufbeschwören und damit Sicherheit und Stabilität in der Region gefährden könnte, erscheint eine nähere Betrachtung dieses Konflikts und seiner Implikationen notwendig.
Die Position Taiwans
Seitdem Chen Shui-bian von der Democratic Progressive Party (DPP) im Mai 2000 zum Präsidenten Taiwans gewählt wurde, sind die Beziehungen zwischen beiden Ländern stabil. Dies ist nicht zuletzt auf seine Antrittsrede und seine erklärte Absicht, Präsident des gesamten Volkes werden zu wollen, zurückzuführen.
Dreh- und Angelpunkt des gesamten Konflikts ist das "Ein-China-Prinzip",
Dies lehnt die Regierung der Republik China auf Taiwan (im Folgenden: Taiwan) jedoch ab. Taipei fordert, ohne Vorbedingungen über alles zu verhandeln - und zwar auch über das "Ein-China-Prinzip".
Im April 2002 hat die Regierungspartei DPP zugestimmt, dass Chen Shui-bian neben dem Amt des Präsidenten auch den Posten des Parteichefs übernimmt; seit dem 1. August vergangenen Jahres hat er den Vorsitz inne.
Chen ist bereits zweimal in den USA gewesen. Beide Male verband er Besuche bei diplomatischen Verbündeten Taiwans in Mittelamerika mit einem Transitaufenthalt in den USA. Als er im August 2000 - noch während der Präsidentschaft von Bill Clinton - zum ersten Mal einen Transitstopp in den USA einlegte, blieben amerikanische Politiker ihm gegenüber auf Distanz.
Dies ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Washington nunmehr die Beziehungen zu Taiwan verbessern will. Da die USA das "Ein-China-Prinzip" anerkennen, ist ein offizieller Besuch des taiwanesischen Präsidenten in Washington ausgeschlossen. Nun aber, angesichts der freundlicheren Haltung der Bush-Administration, hofft die taiwanesische Seite, dass ein Besuch Chens in den USA in seiner Rolle als Parteivorsitzender eher möglich ist. Mittels eines solchen außenpolitischen Erfolges hofft Chen, innenpolitisch punkten zu können und seine Wiederwahl zu sichern; denn die komplizierte innenpolitische Lage in Taiwan verspricht momentan kaum Erfolge. In dieser Frage gibt es einen parteiübergreifenden Konsens: Auch der Besuch von Chens Amtsvorgänger Lee Teng-hui in den USA 1995 wurde von der Regierung dazu benutzt, um die Zustimmung zur eigenen Politik zu erhöhen. Dies veranlasste die chinesische Seite 1996, die Raketenkrise in der Taiwanstraße auszulösen.
Eine heftige Reaktion seitens der VR China auf einen eventuellen Besuch Chens in den USA würde diesem die Chance geben, Beijing zu dämonisieren und Sympathien im In- und Ausland zu gewinnen. Hielte China hingegen still, ließe sich dies als außenpolitischer Erfolg verkaufen. Beide Szenarien könnten sich günstig auf Chens Chancen für eine Wiederwahl auswirken; somit kann er in jedem Fall nur gewinnen. Dieses Kalkül ist aber nur solange richtig, wie die VR China Taiwan nicht wirklich militärisch angreift.
Im März 2004 finden die nächsten Präsidentschaftswahlen in Taiwan statt. Je näher der angestrebte USA-Besuch von Parteichef Chen an diesem Termin liegt, desto besser dürften seine Chancen auf eine Wiederwahl sein. Auch hier steht die Strategie von Vorgänger Lee Pate: Sobald China Taiwan militärisch bedroht, kann der jeweilige Amtsinhaber mit verstärkter Unterstützung an der Wahlurne rechnen. Das Amt des Parteivorsitzenden hat Präsident Chen schon inne; er wartet nur noch auf "grünes Licht" aus Washington.
Chinas damaliger Präsident Jiang Zemin hat in der ersten Aprilhälfte 2002 neben anderen Ländern auch die Bundesrepublik Deutschland und den Iran besucht.
Präsident Chen hat in einem Interview mit "Newsweek International" mehrmals betont, dass Taiwan ein unabhängiger Staat sei. Dabei hat er auch das Bush-Zitat von der "Republic of Taiwan" in den Mund genommen.
Taiwan steht unter den Handelspartnern der USA an zehnter Stelle, der Demokratisierungsprozess der vergangenen Jahre ist im Westen sehr positiv aufgenommen worden, und die Inselrepublik ist darüber hinaus auch ein wichtiger Stützpfeiler in der Eindämmungspolitik der USA gegenüber der VR China. Tatsächlich gleicht die Insel einem mächtigen Damm, der die Machtausdehnung Beijing in den pazifischen Raum hinein verhindert. Aber sobald die USA Unterstützung von der VR China brauchen - wie etwa gegen den Irak -, vermindert sich das Gewicht Taiwans im außenpolitischen Kalkül Washingtons immens. Sollte Washington das "Irak-Problem" lösen, dürfte die Bedeutung Chinas für die US-Außenpolitik jedoch wieder sinken. Taiwan würde sich dann wiederum zu einem wichtigen Faktor in der Eindämmungspolitik gegenüber der VR China entwickeln. Der Irak-Krieg und dessen Konsequenzen stellen somit einen neuen und besonderen Faktor im bestehenden Kräfteverhältnis zwischen Washington, Beijing und Taipei dar. Die genaue Ausgestaltung dieses Dreiecks ist nur von einer internationalen, geostrategischen Warte aus zu verstehen.
Dass Beijing in den vergangenen Jahren Taiwan mit seinen Drohungen keinen großen Schaden zugefügt hat, führte in der Inselrepublik zu dem Glauben, dass zum einen ein militärischer Angriff seitens der VR China immer unwahrscheinlicher sei und zum anderen im Falle eines Angriffes eine Intervention der USA schnell erfolgen werde.
Seit Mai 2000, als die DPP die Macht übernahm, hat sich die Wirtschaftslage Taiwans sowohl aufgrund innenpolitischer Instabilitäten als auch durch die weltweite Rezession verschlechtert. Dies hat im Jahre 2001 zum ersten negativen Wirtschaftswachstum (minus 2,18 Prozent) seit Jahrzehnten geführt.
Nach amtlichen Statistiken ist das Außenhandelsvolumen im Jahr 2001 auf 230 Milliarden US-Dollar gefallen (minus 20 Prozent zum Vorjahr), der Export ist auf 123 Milliarden US-Dollar gesunken (minus 17 Prozent) und der Import auf 107 Milliarden US-Dollar (minus 23 Prozent).
Im Jahre 2002 hat sich die Situation etwas gebessert. Alle oben genannten Zahlen sind im Durchschnitt um etwa 5 Prozent, der Außenhandelsüberschuss ist sogar um 15,6 Prozent auf 18,1 Milliarden US-Dollar gestiegen.
Nach dem Eintritt Taiwans in die Welthandelsorganisation (WTO) wird das Handelsvolumen mit China voraussichtlich weiter steigen, was die Abhängigkeit Taiwans vom Festland erhöht. Dieser Prozess kann aber gleichzeitig dazu führen, dass Taiwans Außenhandelsüberschuss aufgrund einer Steigerung der Importe vom Festland (wie z.B. Agrarprodukte) langsam abnimmt. Alles in allem bedeutet die Verschlechterung der Wirtschafts- und Handelslage eine immense Herausforderung für die Inselrepublik, die sich destabilisierend auswirkt. Gleichzeitig könnte der verstärkte Handel sich aber als stabilisierender Faktor für die Situation in der Taiwanstraße erweisen.
Die Position Chinas
In den vergangenen Jahren hat Beijing den Druck auf Taiwan beständig aufrechterhalten. Dies liegt zum einen am chinesischen Nationalismus. Zum anderen steht dahinter die Befürchtung, dass durch eine Unabhängigkeit Taiwans separatistische Tendenzen in der VR China Auftrieb erhalten, was - gleichsam in einer Kettenreaktion - zum Auseinanderbrechen des chinesischen Staates führen könnte. Daher kann die chinesische Führung eine solche Entwicklung nicht zulassen.
Denn aus Sicht Beijings hat die kolonialistische Expansion der ausländischen Großmächte seit dem 19. Jahrhundert China großen Schaden zugefügt, was bis auf den heutigen Tag ein Trauma für die meisten Chinesen darstellt. Zwar sind Hongkong 1997 und Macao 1999 an China zurückgefallen, doch ist damit für Beijing die nationale Würde des chinesischen Volkes noch nicht wieder hergestellt.
Dies richtet sich hauptsächlich gegen eventuelle ausländische Einmischungen, da Taiwan unter chinesischem Druck nicht in der Lage ist, seine Unabhängigkeit zu erklären. Eine solche Einmischung von außen würde die alten, in der Kolonialzeit entstandenen Wunden wieder aufreißen; dies ist der Grund für die heftige Reaktion, die Beijing gegenüber taiwanesischen Unabhängigkeitsbestrebungen immer wieder zeigt.
Außerdem gibt es an der Peripherie Chinas mit Xinjiang und Tibet zwei weitere Gebiete, die sich aus dem chinesischen Staatsverbund lösen wollen.
So hat Beijing schon 1996 zusammen mit Russland, Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan die Shanghaier Konferenz für Zusammenarbeit ins Leben gerufen.
Für Russland spielt zudem die Tschetschenienfrage eine wichtige Rolle, und so erhoffen sich sowohl Beijing als auch Moskau gegenseitige Unterstützung im Kampf gegen die Unabhängigkeitsbewegungen in ihren Staaten. Dies ist auch der Grund für den Abschluss des sino-russischen Freundschaftsvertrages im Sommer 2001, in dem sich beide Staaten zur gemeinsamen Bekämpfung separatistischer Bewegungen verpflichteten, eventuelle taiwanesische Unabhängigkeitsbestrebungen eingeschlossen.
Die sechs Staaten der Organisation umfassen circa ein Fünftel der Fläche und ein Viertel der Bevölkerung der Welt. Zwar haben sie immer betont, dass sich ihr Zusammenschluss nicht gegen Drittstaaten richte. Doch tatsächlich zielt die VR China darauf ab, mithilfe dieses Sechserblocks ihre Position in den Verhandlungen mit den USA über das Nationale Raketen-Abwehr-System (National Missile Defense, NMD) und die Einbeziehung Taiwans in die taktische Raketenabwehr (Theater Missile Defense, TMD) zu stärken.
Darüber hinaus besitzen die Mitgliedstaaten des Bündnisses reichhaltige Erdöl- und Gasvorkommen. Dies hat eine starke strategische Bedeutung für die VR China.
Zudem wurden anlässlich des 50. Jahrestages der "Befreiung" Tibets im Juli 2001 117 Investitionsprojekte mit einem Auftragsvolumen von insgesamt 31,2 Milliarden Yuan (Renminbi/RMB) beschlossen.
Im Mai 2001 sagte der damalige Premierminister Zhu Rongji in Thailand Unterstützung für den Bau einer Eisenbahnverbindung zwischen Bangkok und Kunming im Süden Chinas in Höhe von 4 Milliarden US-Dollar zu.
Um den taiwanesischen Wähler einzuschüchtern und ihn von einer Stimmabgabe zugunsten Lee Tenghuis abzuhalten, beschoss die chinesische Volksbefreiungsarmee während der taiwanesischen Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 1996 die Küste der Inselrepublik mit Raketen. Lee hatte für Beijings Geschmack zu starke Unabhängigkeitsbestrebungen gezeigt, so dass die chinesische Führung ein Zeichen setzen wollte. Trotz dieser Drohung mit militärischer Gewalt entsprach der Wahlausgang nicht Beijings Vorstellungen: Lee Teng-hui erhielt 54 Prozent der Stimmen.
Diese drei Beispiele zeigen, dass Beijing in eine Sackgasse geraten ist. Egal, welche Politik die VR China gegenüber Taiwan verfolgt, die Ergebnisse widersprechen immer den eigenen Interessen. Aber die Rede des damaligen stellvertretenden Premierministers Qian Qichen im Januar 2002, die eher eine pragmatische Orientierung offenbarte, erwies sich als wichtig für die bilateralen Beziehungen in der Taiwanstraße.
Seit 1987, als Taiwan das Reiseverbot nach China aufhob, wurden rund 20 Millionen Reisen auf das Festland gezählt. Diese wurden allerdings nur von 4 Millionen Menschen unternommen, also nur von einem Sechstel der taiwanesischen Gesamtbevölkerung.
Doch in den vergangenen Jahren ist Chinas Entwicklung weit vorangeschritten. Das Festland wird für Arbeitssuchende und Studenten aus Taiwan immer attraktiver, während sich die Situation in Taiwan als zunehmend schwieriger erweist.
Die Rolle der USA
Die Beziehungen zwischen der VR China und den USA sind insbesondere seit den neunziger Jahren sehr vielschichtig. Entsprechend vorsichtig agieren beide Seiten und ziehen eine Kooperation der Konfrontation vor. Doch mit dem Erstarken der VR China sehen sich die USA in ihrer Vormachtstellung immer mehr herausgefordert. Daher existiert in den USA seit Anfang der neunziger Jahre die so genannte "China-Threat"-Theorie.
Im Juli 2002 haben das Verteidigungsministerium und der Kongress in Washington Studien zur militärischen Entwicklung der Streitkräfte der VR China veröffentlicht.
Nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 hat US-Präsident Bush eine klare Freund-Feind-Politik implementiert. Aus amerikanischer Sicht hat sich das Wesen der Bedrohung verändert. Es müsse nun schnell und präventiv reagiert werden, um amerikanische Interessen zu schützen.
Als die USA den Sturz des irakischen Regimes zum wichtigsten Ziel ihrer Außenpolitik erhoben, hatten sie ihren Einfluss in Zentral- und Südasien durch den Angriff auf Afghanistan bereits massiv ausgeweitet.
Während seines Besuches in den USA im Frühjahr 2002 hat der heutige Präsident Hu Jintao indirekt die Nichteinmischung der VR China in die zukünftige Irak-Politik der USA angedeutet, wie aus Analysen amerikanischer Wissenschaftler hervorgeht. Dies dürfte dazu geführt haben, dass sich die Taiwan-Politik Washingtons wieder geändert hat.
Maßgeblich für diese Änderung war dabei nicht so sehr der Besuch Hus, der eher den Charakter eines Vorstellungsbesuches hatte, sondern vielmehr die Reise Jiang Zemins nach Deutschland und in den Iran.
Dies steht dem außenpolitischen Konzept Washingtons diametral entgegen. Die Opposition Beijings gegen einen US-amerikanischen Waffengang im Irak hätte jedoch die Politik der Bush-Administration gegenüber Taiwan beeinflusst. So wurde der für April 2002 geplante Besuch einer amerikanischen Delegation des Naval Sea Systems Command, Washington D. C., in Taiwan, bei dem es hauptsächlich um den Erwerb von U-Booten gehen sollte, verschoben. Trotz der Unterschrift von Präsident Bush unter eine von Senat und Kongress gemeinsam getragene Resolution für einen Beitritt Taiwans zur Welthandelsorganisation (WHO) erhielt Taipei in der Generalversammlung der Organisation im Mai 2002 keinerlei Hilfe von amerikanischer Seite.
Während seines Besuches in den USA konnte Hu Jintao das Pentagon besuchen, was ein Novum darstellt, da zuvor noch kein hochrangiger chinesischer Politiker Einlass ins US-Verteidigungsministerium erhalten hatte. Damit setzte die amerikanische Seite ein wichtiges Zeichen für einen Neuanfang in den militärischen Beziehungen zur VR China, die sie nach dem "spy-plane-incident"
Jüngste Entwicklung
An jenem Tag im Juli 2002, als Präsident Chen Shui-bian auch den Parteivorsitz der DPP übernahm, hat Beijing diplomatische Beziehungen zu dem pazifischen Zwergstaat Nauru aufgenommen. Auf chinesischen Druck hin brach Nauru seine Beziehungen zu Taiwan ab. Chen hat dieses Vorgehen in seiner Antrittsrede als Parteichef scharf kritisiert, was zu einer Verschlechterung der sino-taiwanesischen Beziehungen führte.
Anfang August 2002 hat Chen in einer weiteren Rede deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht sowohl Taiwan als auch die VR China eigenständige Staaten sind. Darüber hinaus betonte er, dass die Zukunft Taiwans durch ein Referendum entschieden werden solle; dies steht in deutlichem Gegensatz zum "Ein-China-Prinzip".
Dieser Schachzug Chens ist sowohl Mittel als auch Ziel. Er will die Grenzen chinesischer Geduld austesten. Seine Partei, die DPP, sieht die VR China als Papiertiger, da die bisherigen militärischen Einschüchterungsversuche gegenüber Taiwan fehlgeschlagen sind bzw. sogar kontraproduktiv waren. Würde Beijing auf die Äußerungen Chens nicht reagieren, könnte die DPP weitere Schritte in Richtung Unabhängigkeit wagen. Reagiert es aber wieder mit militärischen Drohungen, könnte Taipei einerseits die VR China dämonisieren und andererseits Unterstützung seitens der Wähler gewinnen. Somit sind die provokativen Äußerungen Chens auch ein Mittel zur Verbesserung der eigenen innenpolitischen Situation. Dies ist vergleichbar mit der Zielsetzung des USA-Besuches von Lee Teng-hui 1995.
Jüngster Höhepunkt der sino-amerikanischen Beziehungen war der Besuch des damaligen Präsidenten Jiang Zemin in den USA im Oktober 2002.
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch ein Interview, das US-Außenminister Colin Powell nach der Rückkehr von seiner China-Reise im Februar dieses Jahres in Washington gab.
Schlussfolgerungen
Nach heutiger Einschätzung könnte das momentane Patt zwischen China und Taiwan noch einige Zeit fortbestehen. Die Rolle Taiwans in dieser Konstellation ist aufgrund der stetig zunehmenden Macht der VR China und der andauernden Einflussnahme der USA Schwankungen unterworfen. Nun versucht Beijing, Washington auf seine Seite zu ziehen. Diese Strategie des "fu di chou xin", des An-der-Wurzel-Packens, hat zur Zeit nur begrenzte Auswirkungen. Die Reise von Präsident Chen in die USA wäre ein neuer Prüfstein für das künftige Verhältnis der drei Staaten. Nach dem Krieg im Irak wäre Nordkorea für Beijing wieder ein Ansatzpunkt in seinem Kräftespiel mit den USA.
Doch sollte Taiwans Wirtschaftskraft sich dauerhaft verschlechtern, wird die Inselrepublik immer weniger in der Lage sein, diesem Kräftemessen standzuhalten. Somit wird sich die VR China höchstwahrscheinlich nicht dem Risiko einer militärischen Intervention aussetzen müssen, um Taiwan in den volksrepublikanischen Staat zurückzuholen. Die wirtschaftliche Entwicklung der Inselrepublik selbst dürfte Taiwans Interesse an einer friedlichen Lösung erhöhen.
Beijing betrachtet seine Beziehungen zu Taiwan im Gegensatz zu Taipei als innere Angelegenheit. Eine mögliche Lösung wäre es, das Verhältnis als "Beziehungen besonderer Art" zu deklarieren. Auf der einen Seite könnte Beijing den Anschein aufrechterhalten, dass die Integrität des chinesischen Staates nicht von der Taiwan-Frage berührt ist, und so das Gesicht wahren. Auf der anderen Seite könnte Taiwan sowohl in machtpolitischer als auch in wirtschaftspolitischer Hinsicht profitieren. Dies würde eventuell ein friedliches Arrangement ermöglichen.
Denn das Ausmaß der US-amerikanischen Einflussnahme variiert je nach weltpolitischer Lage. Letzten Endes wird das taiwanesische Volk über seine Zukunft entscheiden müssen. Wenn es sich für einen - für beide Seiten akzeptablen - Modus vivendi entscheidet, könnte dies die Krise entschärfen und der gesamten Region Frieden und Stabilität bringen. In diesem Zusammenhang könnte auch die Europäische Union eine konstruktive Rolle spielen.