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Körper, Konsum, Genuss - Jugendkultur und mentaler Wandel in den beiden deutschen Gesellschaften | Deutsche Zeitgeschichte: 60er und 70er Jahre | bpb.de

Deutsche Zeitgeschichte: 60er und 70er Jahre Editorial 1968 im Westen - was ging uns die DDR an? 1968 im Osten - was ging uns die Bundesrepublik an? Körper, Konsum, Genuss - Jugendkultur und mentaler Wandel in den beiden deutschen Gesellschaften Amerikanisierung oder Internationalisierung? "Trau keinem über 30" Zwischen Integration und Distanzierung Von der Konfrontation zum Dialog

Körper, Konsum, Genuss - Jugendkultur und mentaler Wandel in den beiden deutschen Gesellschaften

Kaspar Maase

/ 22 Minuten zu lesen

In beiden deutschen Gesellschaften sahen die sechziger und siebziger Jahre Aufstieg und Normalisierung von bestimmten Jugendstilen. In deren Zentrum stand internationale Popmusik.

Einleitung

Dieser Aufsatz betrachtet Jugendkulturen in Ost und West als Motoren mentalen Wandels in den sechziger und siebziger Jahren. Die Bedingungen in beiden deutschen Gesellschaften waren unterschiedlich bis zum Gegensatz, doch Übereinstimmungen in der Entwicklungsrichtung scheinen unverkennbar. Eine große Linie deutscher Kulturgeschichte im 20. Jahrhundert bildet der Aufstieg der kommerziellen Populärkünste. Sie dominieren heute nicht nur den Alltag; ihre Werte haben die um 1900 noch allein gültigen Maßstäbe der so genannten Hochkultur an den Rand gedrängt. Der Durchbruch fand nach dem Zweiten Weltkrieg statt: Der Nachwuchs aus den Bildungsschichten -die bis dahin missionarisch und arrogant die vorgebliche Überlegenheit der von ihnen verkörperten Hochkultur vertraten - machte sich populäre Vergnügungen (Schlager, "wilde" Tänze, Kino) zu Eigen. Oberschüler, Studenten und junge Akademiker begannen, sich öffentlich zu den von ihren Eltern und Erziehern bekämpften Werten der Massenkultur zu bekennen: mitreißende Körperlichkeit und spontaner Genuss, Überwältigung der Sinne und Gefühlsqualität. Wir finden es heute selbstverständlich, dass die führenden Feuilletons ernsthaft und kompetent Rockkonzerte und Hollywood-Blockbuster, Fernsehshows und Bestseller besprechen. So etwas war 1960 in beiden deutschen Staaten undenkbar. Auf dem Weg dahin mussten tiefe kulturelle Gräben zugeschüttet werden, die soziale Milieus voneinander trennten; habituelle Distanzen wurden verringert und symbolische Hierarchien abgeflacht. Dabei spielte Jugendkultur eine wesentliche Rolle.

Dietrich Mühlberg hat als methodisches Prinzip für deutsch-deutsche Geschichtsschreibung vorgeschlagen, nach den Antworten zu fragen, die beide Gesellschaften für vergleichbare Herausforderungen entwickelten. Dahinter steht die Vorstellung von systemübergreifenden Modernisierungsaufgaben, die kapitalistische wie sozialistische Industriegesellschaften bewältigen mussten. Über diesen Ansatz ist sicher zu diskutieren; für die Betrachtung der Jugendkulturen scheint er mir jedenfalls produktiv. Heranwachsende wollen sich, einzeln wie in Gruppen, symbolisch-expressiv positionieren gegenüber der sie umgebenden Gesellschaft; in Ost und West entwickelten sie Verhaltensformen, Präsentationsstile und Richtungen der Populärkultur, um sich von der "Normalkultur" abzusetzen und abzugrenzen.

Gammler und Halbstarke

Zwei Schlaglichter: Am 31. Oktober 1965 versammelten sich auf dem Leuschnerplatz in der Leipziger Innenstadt etwa zweieinhalbtausend Menschen zu einer illegalen Kundgebung. Anlass war, dass der Rat des Bezirks über 50 Amateurbeatgruppen die Lizenz entzogen und damit faktisch Auftrittsverbot erteilt hatte. Die Fans zeigten sich unschlüssig, es gab weder Transparente noch Sprechchöre. Schließlich wurden sie von der Volkspolizei eingekesselt, gejagt und zusammengeknüppelt, 267 von ihnen wurden verhaftet. Mindestens 100 wurden anschließend zu mehrwöchigem Arbeitseinsatz verurteilt und ins Braunkohlerevier verfrachtet. Den meisten schnitt man gewaltsam die Haare. Vorangegangen war eine DDR-weite Pressekampagne gegen "Gammler und ähnliche Elemente", charakterisiert durch "lange, unordentliche, teilweise vor Schmutz starrende Haare". Beatgruppen, so war zu lesen, gebärdeten sich "beiihren Darbietungen wie Affen, stoßen unartikulierte Laute aus, hocken auf dem Boden oder wälzen sich auf ihm herum, verrenken die Gliedmaßen auf unsittliche Art".

1967 brachte der seit einiger Zeit nicht mehr besonders erfolgreiche westdeutsche Schlagersänger Freddy Quinn einen neuen Titel heraus: "Wir". Er griff ein Thema auf, das viele Bundesbürger seit Jahren empörte: die "Gammler". "Wer will nicht mit Gammlern verwechselt werden? WIR! / Wer sorgt sich um den Frieden auf Erden? WIR! / Ihr lungert herum in Parks und in Gassen, / Wer kann eure sinnlose Faulheit nicht fassen? WIR! WIR! WIR!" Von lautstarker Meute, ungewaschenen Haaren und Protestierern war die Rede. Lag es an der Dürftigkeit von Text und Musik, dass Freddy auch diesmal keinen Hit landete? "Volkes Stimme" hatte sich seit dem Auftreten der "Pilzköpfe" und langhaarigen Beatfans ähnlich artikuliert. Es gab Zwangshaarschnitte, Aufläufe und bedrohliche Situationen, wo "Gammler" sich in den Städten zeigten. Nicht nur in West-Berlin fielen Sätze wie "Alle ins Arbeitshaus sollen se se schicken. (...) Wenn das mein Sohn wär, den würd ich totschlagen."

Um zu klären, was die mentalitätsgeschichtlich offenbar verwandten Ereignisse in beiden deutschen Gesellschaften bedeuteten, beginnt man am besten mit den Halbstarken der Jahre 1956 bis 1960. Das waren männliche Arbeiterjugendliche, die um den Rock'n'Roll herum einen subkulturellen Stil entwickelten. Obwohl nur eine verschwindende Minderheit, avancierten sie doch rasch zum Bürgerschreck Nr. 1. Das hatte komplexe Ursachen. Die Halbstarken und ihre "Urwaldmusik" wurden als Herausforderung für die überkommene hierarchische Ordnung zwischen Generationen, Geschlechtern, Klassen und "Rassen" wahrgenommen. Rock'n'Roll und das, was die Jugendlichen damit machten, war keine neue Variante jener Schlager- und Tanzmusik, die beide deutschen Gesellschaften als unvermeidliche Trivialität akzeptierten; Rock'n'Roll - das machten Schlagzeug, E-Gitarren, Lautstärke und Bühnenshow ebenso deutlich wie die wilden Tanzformen - brach mit den melodischen, harmonischen Idealen des Schönen, die sich von der klassisch-romantischen E-Musik ableiteten. Sein Maßstab waren physische Sensationen und das körperliche Mitgehen; er schien alle Normen des Maßhaltens und der Selbstkontrolle aufzukündigen und wurde in Ost und West als unwiderstehliche Verführung zu unmittelbarem sinnlichem Genuss, als Propaganda für eine hedonistische Lebensauffassung und damit als Bedrohung der Kultur wahrgenommen.

Über die Halbstarken der DDR weiß die Geschichtsforschung nicht viel. Hier scheint es sich ebenfalls um Cliquen (groß)städtischer Arbeiterjugendlicher gehandelt zu haben. Sie traten weniger öffentlich in Erscheinung als ihr bundesdeutsches Pendant und bezogen Inspirationen oft aus dem Westen. Auch die Ost-Halbstarken wurden öffentlich gebrandmarkt, unter Druck gesetzt, kriminalisiert; der Innenminister erklärte "eine anständige Tracht Prügel" für angemessen. Mit der Schließung der Grenze durch den Mauerbau 1961 hofften viele DDR-Politiker, das fremde Gewächs auszutrocknen.

Teenager, Beatfans, bewegte Studenten

Im Westen nährte rasch ein kommerzielles Interesse die Jugendkultur - man wollte den "Teenagern" Musik und Filme, Kleidung und Getränke verkaufen. Die Teenager beerbten die Halbstarken, sie wirkten zahmer, eingedeutscht (Peter Kraus und Conny Froboess statt Elvis Presley und Bill Haley), nicht provokativ. Damit konnte der Stil einen weitaus größeren Kreis Jugendlicher bis in die Mittelschichten hinein anziehen, darunter auch Mädchen. Während (verglichen mit den Halbstarken) die expressive Körperlichkeit auf dem Weg in die Mitte der Jugend zurücktrat, wurde bis zu den Oberschülern eine hedonistische Einstellung dominant. Jungsein bedeutete immer weniger, in erster Linie zu lernen und an sich zu arbeiten; es hieß, die Freiheiten und Vergnügungsmöglichkeiten eines kurzen Lebensabschnitts nutzen - nicht zuletzt mittels Konsum.

Pädagogen, Jugendfunktionäre und Kulturkritiker zeichneten das Bild ahnungsloser, unpolitischer und manipulierter Halbwüchsiger, die von den Managern der Kulturindustrie zu Starkult und Modegläubigkeit verführt würden. Doch seit der Halbstarken-Hysterie der Jahre 1956 bis 1958 hatte sich eines geändert: Zwar verkörperten die "amerikanisierten" Jugendstile für viele Bürger weiterhin das Ende von Ordnung und Anstand; doch einflussreiche Sozialwissenschaftler und Politiker waren zu dem Schluss gekommen, die moralischen und politischen Grundfesten der Bundesrepublik seien nicht gefährdet. Mit dem Übergang zum Massenwohlstand müssten sich Konsum-, Freizeit- und Vergnügungsverhalten unvermeidlich verändern, und die Jugend gehe dabei voran; deshalb müsse man deren Impulse aufnehmen und integrieren - durch die Einbindung moderner Rhythmen in die Jugendarbeit wie durch Konsumerziehung. Schließlich diente im Kalten Krieg die Steigerung des Lebensstandards als Propagandatrumpf gegen den Kommunismus. Während die DDR Rock'n'Roll und jugendliche Normverletzungen als feindliche Aktivität bekämpfte, erlaubte es der tolerantere Umgang in der Bundesrepublik, die Überlegenheit westlicher Freiheit vorzuführen.

Im Alltag spielten solche strategischen Überlegungen keine große Rolle. Das zeigte die westdeutsche Reaktion auf Beatmusik und -fans seit 1964. Exzessive Formen weiblicher Fanbegeisterung, die Verwischung von Geschlechtergrenzen sowie sexuelle Provokationen in Songs ("Let's spend the night together") und Bühnenauftritten erschienen allen, die in einer sich tief greifend wandelnden Welt Halt an rigiden Moralnormen und Körperpanzern suchten, als Angriff auf ihre persönliche Lebensordnung. Die "Pilzköpfe" wurden zum Negativsymbol, auf das man mit mehr oder minder brutalen Haarschneideaktionen reagierte. So lag es nahe, Beatfans und die unter dem Einfluss der amerikanischen Hippie-Bewegung seit der Mitte der sechziger Jahre häufiger sichtbaren langhaarigen "Gammler" in einen Topf zu werfen mit allem, was an Protest und Kritik die durch die erste handfeste Wirtschaftskrise 1966 und die Erstarrung des CDU-Staates verunsicherten Bürger irritierte. Freddys Song fasste die Mischung aus Abwehr und Abscheu am Vorabend der Studentenbewegung zusammen.

Der verbreitete Vorwurf der Faulheit hatte einen antiintellektuellen Subtext. Er verweist auf das gewandelte Sozialprofil der Jugendstile. Oberschüler und Studierende wurden im Laufe der sechziger Jahre zunehmend in den jugendkulturellen Wertewandel einbezogen. Man kann deutlich verfolgen, wie Populärkultur ihren Einfluss auf die künftigen Vertreter der tonangebenden gebildeten Mittelschichten und akademischen Eliten erweiterte. Beatbegeisterung erfasste die Gymnasien in ganz anderer Weise als noch Rock'n'Roll und Teenagermusik.

Besonders folgenreich war der Wertewandel unter den Studenten. Zweifellos trug die Bewegung an den bundesdeutschen Hochschulen elitäre Züge. Doch hat Jakob Tanner auf den "nachhaltig wirkenden spill-over auf (die) Konsumkultur" hingewiesen, der von sub- und gegenkulturellen Impulsen ausging; er zeigt, entgegen mancher 68er-Legende, die Linie "von Woodstock in den Supermarkt", die aus der "Propagierung eines hedonistischen Zugangs zum Leben" folgte. Am deutlichsten trat der Wandel des kulturellen Habitus im alltäglichen Umgang mit populären Künsten hervor. Ende der sechziger Jahre war unter den Studenten Pop- und Rockmusik als Mittel zum persönlichen Stimmungsmanagement wie als Ausdruck sozialer Bewegung akzeptiert. Man erlaubte dem Körper sogar, danach zu tanzen - für die elitären Jazzfans der frühen Sechziger noch eine absolut vulgäre Entgleisung. Rückblickend spricht Ulf Preuss-Lausitz von "Revolutionen der Haut" und einer "Kultur der Lust", die intensive musikvermittelte Körpergefühle und das Sichverausgaben im Tanz ebenso einschloss wie befreiende Erfahrung von Sexualität.

Es förderte die Aneignung, dass junge Intellektuelle nun populären Künsten einen progressiven, demokratischen und befreienden Charakter zuschrieben. Traf das in den Fünfzigern nur für Jazz zu, so galten in den Sechzigern auch Beat und Rock in gesellschaftskritischen Milieus als antiautoritär und antimilitaristisch - Musik, die den Anspruch individueller Freiheit transportierte. Manche lasen gar Italowestern als revolutionäre Parabel.

Selbstverständlich wurde das kulturelle Kapital, das man aus dem Elternhaus mitbrachte und im Bildungsgang erwarb nicht irrelevant. Doch am Ende der sechziger Jahre teilten "gebildete" und "ungebildete" Jugendliche bereits einige ästhetische Vorlieben; sie schätzten Spannung, Tempo, visuelle Kraft, intensive sinnliche Erfahrung, das Spiel mit Standards, Stereotypen und populären Mythen. Es entstand gemeinsames kulturelles Terrain - auch wenn sich Volksschüler und Studenten unterschiedlich darauf bewegten.

Hebungsprogramm und"dekadente Lebensweise"

Die Jugendkultur der DDR war in vielfacher Hinsicht abhängig von den Kurswechseln der SED und von staatlichen Vorgaben, doch unzweifelhaft eroberten die Energien des Sichabsetzens und Sichabgrenzens einen sich ständig ausweitenden Raum. Im Mittelpunkt stand Popmusik; während einheimische Schlager wie im Westen an Einfluss verloren, lieferten Beat und Rock (auch deutschsprachiger) den symbolisch-demonstrativen Stoff für Jugendkultur. Als Ressource im Hintergrund ist die steigende Verfügung über Zeit und Kaufkraft zu erwähnen, die Jugendliche neue Freizeitmöglichkeiten verlangen ließ. Nach eigenem Selbstverständnis musste die DDR darauf eine sozialistische Antwort geben.

Darunter verstand man bis in die siebziger Jahre hinein ein planmäßiges "kulturelles Hebungsprogramm". Es gehörte durchaus in die aufklärerisch-volkserzieherische Tradition, war jedoch von KPD und SED reduziert worden auf einen Gegenentwurf zur westlichen Entwicklung, die man pauschal als "imperialistische Massenkultur" ablehnte. Dietrich Mühlberg hat die Konsequenzen zusammengefasst: "Kulturpolitik und Kulturarbeit bekamen (...) einen repressiv-autoritären Grundzug: Kampfansage an fast alle massenkulturellen Formen, Front gegen die vom Westen her einbrechende Amerikanisierung der Lebensweise; weitgehende Beseitigung kommerzieller kultureller Angebote und Zurückweisung der bunten Freizeit (als eines gefährlichen Mittels, mit dem die Ausbeuter beim Arbeiter das Bewusstwerden seiner entfremdeten Lebenssituation zu verhindern versuchen). Dagegen wurden vorindustrielle und proletarische Kulturmuster betont und entschlossen Anstalten gemacht, alle an die traditionellen Werte der (volkstümlichen) Hochkultur heranzuführen. Da zugleich (...) die Arbeit zum Hauptmittel der Persönlichkeitsentwicklung stilisiert wurde, führte das zur Pädagogisierung aller Bereiche des sozialen Lebens und zur Verwandlung der Gesellschaft in eine Umerziehungsanstalt mit Schule und Betrieb als bestimmenden Sozialisationsinstanzen." Aus dieser Sicht waren spontane Aktivitäten Jugendlicher mittels herausfordernder Populärkultur (die sie im Westen suchten und fanden) absolut unakzeptabel. Mehr noch: Jugendkultur erschien als systemfeindlich, als Unterwanderungsinstrument des Klassengegners.

In den frühen Sechzigern verfolgten die Sicherheitsorgane weiter Cliquen und "Meuten" überwiegend männlicher Arbeiterjugendlicher, die auf Straßen und Plätzen "herumhingen" und zu deren Standardausrüstung die laut aufgedrehte "Heule", das Kofferradio mit möglichst rockigem Sound, gehörte. Weniger auffällig, aber ebenso bedrohlich schienen Gruppen, die im privaten Rahmen "Parties" mit heißer Musik, Alkohol und "sexuellen Exzessen" feierten. Für die SED verkörperten diese Jugendlichen eine dem Sozialismus feindliche, "dekadente Lebensweise".

Bei der Unfähigkeit, mit derartigen Phänomenen umzugehen, ist eines in Rechnung zu stellen: Große Teile der Bevölkerung lehnten, unabhängig von ihrer politischen Haltung, derartige jugendliche Normverletzungen aggressiv ab, als Verhöhnung von Ordnung, Anstand, Sauberkeit, als Zeichen für Arbeitsscheu und Asozialität. Auch direkte, teilweise demonstrativ "nach Arbeiterart" mit Schlägen oder Haareabschneiden durchgeführte Gewaltaktionen gegen so genannte Gammler fanden teilweise Zustimmung. Vermutlich hat Thomas Lindenberger Recht mit der These, dass gerade der repressive "Umgang mit den Asozialen und Rowdies eine jener wenigen Brücken zwischen SED und Bevölkerung darstellte, die die Kommunikation gemeinsamer Wertvorstellungen ermöglichte".

Das Konstrukt einer "feindlich-dekadenten Lebensweise" verknüpfte Stilzeichen (Rockmusik, Auseinandertanzen, lange Männerhaare und andere Verwischungen von Geschlechtergrenzen) geradezu kausal mit Unsauberkeit und Asozialität, mit exzessiver Sexualität, Straftaten und Bekämpfung des Sozialismus; es erlaubte nur prinzipiellen Kampf gegen die Jugendkultur. Raum für pragmatisches Handeln entstand überhaupt erst dort, wo man (bei fortbestehender grundsätzlicher Ablehnung) Musik und Tanzformen zur Privatsache erklärte. Anhand der Songtexte und der Lern- und Arbeitsleistungen sowie der Unauffälligkeit der Jugendlichen in Politik und Freizeit wurde entschieden, was man dulden wollte. Faktisch schwankten die Reaktionen zwischen beiden Polen. Grob kann man sagen, dass im Lauf der siebziger Jahre die zweite Variante bestimmend wurde. Die SED fand sich innerhalb der von ihr gezogenen Staatssicherheitsgrenzen in "friedlicher Koexistenz" mit der "unsozialistischen" Jugendkultur ab. In den Sechzigern waren gewissermaßen die Bedingungen des Burgfriedens ausgekämpft worden.

Im September 1963 verkündete das SED-Politbüro ein Jugendkommuniqué, das unter dem Motto "Der Jugend Vertrauen und Verantwortung" zur Musikfrage formulierte: "Welchen Takt die Jugend wählt, ist ihr überlassen: Hauptsache, sie bleibt taktvoll!" Das wurde als Schwenk zu mehr Toleranz verstanden, war aber zunächst eine Reaktion darauf, dass die Verantwortlichen vielerorts nicht wussten, wie sie mit der trotz Mauerbau wachsenden Zahl von Jugendlichen umgehen sollten, die öffentlich westliche Musik hörten, Twist tanzten, sich für eine zunehmende Zahl von Beat und Rock spielenden Bands mit zum Teil ekstatischer Bühnenshow begeisterten und dazu auf eine Weise kleideten und stylten, die sich irgendwie auf Bilder von Westlichem bezog.

Sicher verschafften in der DDR Westgüter Ansehen, und sicher gab es Imitationsversuche. Dennoch ist das Pauschalurteil einer Orientierung am Westen als Triebkraft der Jugendkultur fragwürdig. Es gab ältere Traditionen einer proletarischen Jugendästhetik des Knallig-Schicken, Glänzend-Extravaganten, körperlich-erotisch Herausfor-dernden; man bastelte sich aus dem - woher auch immer - zugänglichen Angebot und in Eigenarbeit eine "dufte Schale". Begeisterung für Westmoden war mit Loyalität zum Staat durchaus vereinbar. Von den frühen Sechzigern bis zur Mitte der siebziger Jahre gab es Konstellationen, in denen auch nicht sozialistisch engagierte Jugendliche sich als selbstbewusste Bürger einer DDR mit Zukunft fühlten. Man kann es durchaus als eigenständigen Stil sehen, wie ein junger Leipziger sich um 1960 zum Ausgehen herrichtete: "Schwarzes Nylonhemd, dottergelber Schlips, darauf war meistens noch ein Gemälde - Hula-Mädchen -, Bluejeans, Leuchtsocken dazu (...). Ringelsocken und dottergelbe Handschuhe, solche Wildlederhandschuhe, und dazu natürlich die Ente, (...) die geölte Ente."

Der verlorene Beat-Krieg

Jugendkultur konnte sich nach dem Kommuniqué von 1963 entfalten. Das stärkte aber zugleich die Widerstände im Apparat und unter den Älteren. Schon in der Vorbereitung zum "Deutschlandtreffen" der FDJ Pfingsten 1964 gab es öffentlichen, ja offiziellen Raum für Beat und Twist. Zum Treffen etablierte man das "Jugendradio DT 64", das mit kleinen Dosen heißer Musik das Ohr der Jugendlichen für die sozialistische Argumentation gewinnen wollte, aber eben auch der eigenen Musikszene Impulse und Verdienstmöglichkeiten gab. Im April 1965 brachte die volkseigene "Amiga" die erste Beatles-LP heraus. Die FDJ schrieb im Juli einen Wettbewerb für Musikgruppen aus, an dem sich Hunderte von nicht selten frisch gegründeten Bands beteiligten. Im Bezirk Leipzig stieg die Zahl der amtlich erfassten "Laiengitarrengruppen" von sechs Anfang 1965 auf 83 im November, in Berlin von 50 auf über 300.

Die Dynamik richtete sich nicht gegen die politischen Verhältnisse, aber sie war nicht einzupassen in das Korsett "gepflegter Beatmusik" (Honecker) und "sozialistischer Tanzkultur". Die Fronde gegen den neuen Kurs bekam Oberwasser; der Wettbewerb wurde abgeblasen, und das 11. ZK-Plenum verdammte im Dezember 1965 alles Unliebsame in der DDR-Kultur, auch die "Übersteigerung der Beat-Rhythmen", welche die Jugend zu "Exzessen" aufputsche. Zu den Maßnahmen, die den Umschwung einleiteten, gehörten die erwähnten Auftrittsverbote im Bezirk Leipzig. Darauf antwortete die "Beat-Demonstration" vom Oktober 1965. Von den Teilnehmern waren allerdings zwei Drittel "Sicherheitskräfte", und einiges spricht dafür, dass der Staatsapparat das Ereignis provozierte, um ein Exempel zu statuieren. In der nun folgenden Eiszeit wurden die öffentlichen Räume für unerwünschte Musik und ihre Fans drastisch eingeschränkt. Doch was in Jugendclubs und bei Tanzveranstaltungen unter dem Druck des Publikums geschah, war nicht zu kontrollieren; Bands und ihre Anhänger wichen in die Provinz aus. Mitschnitte und Kopien auf Tonband, das Kursieren importierter Schallplatten und die einschlägigen Sendungen westdeutscher Radio- und Fernsehanstalten sorgten dafür, dass Rock und Pop, Blues und Soul im DDR-Alltag Wurzeln schlugen.

Unter diesem Druck milderte sich in den späten Sechzigern die Reglementierung, und um 1970 entsprachen Hörgewohnheiten, Tanz- und Kleidungsmaßstäbe der meisten Heranwachsenden der internationalen Jugendkultur. Michael Rauhut spricht von "offizieller Anerkennung" der DDR-Rockmusik ab 1969. Die Landschaft der Geschmäcker und Freizeitmuster war durchaus differenziert, aber Rhythmus und Sound im Gefolge der Beatles und Stones waren "schichtübergreifend für fast alle Jugendlichen attraktiv" geworden. Ihre Anziehungskraft empfanden FDJler und überzeugte Sozialisten, Abiturienten und Studenten, Mädchen und junge Frauen. Verglichen mit den Fünfzigern, als Rock'n'Roll-Begeisterung sich auf proletarische Jungen-Cliquen beschränkte, bedeutete das eine historische Annäherung im kulturellen Habitus der Bildungsschichten und Sozialmilieus. 1977 gaben bei einer Befragung in fünf DDR-Bezirken 84 Prozent der Schüler und Studenten an, sie interessierten sich besonders für "Beat" - für Schlager hingegen nur 38, für sinfonische und Kammermusik 24 Prozent.

In den siebziger Jahren etablierte sich eine vielfältige Musikszene. Sie schloss internationalen Mainstream ebenso ein wie alternative Nischen, in denen - auf dem Grat zwischen Duldung und Verbot - hoch artifizielle und anspruchsvolle Gewächse blühten. Der VIII. SED-Parteitag 1971 beschloss Erich Honeckers neuen Kurs, wonach Leistung für den Sozialismus sich unmittelbar in Lebensstandard und -genuss auszahlen sollte. Infrastruktur und Freizeitangebote für Jugendliche wurden deutlich erweitert: Clubs, Diskos und Musiksendungen, Tanz- und Konzertveranstaltungen, Mode und Unterhaltungselektronik. Die Grenzen waren allerdings eng gezogen. 60 Prozent der gespielten Musik mussten aus dem Sozialismus kommen; Auftritte westlicher Gruppen gab es kaum, und die seltenen Auflagen ihrer Platten blieben weit hinter der Nachfrage zurück. Den Bands fehlte moderne Klang- und Studiotechnik, für die Auftrittsgenehmigung mussten sie musikalische und textliche Zugeständnisse machen, und immer wieder wurde zensiert.

Doch trotz der verbreiteten Unzufriedenheit bildeten internationale Musik-, Mode- und Verhaltensstile unwiderruflich den Rahmen für Wünsche und Selbstpräsentation der Jugendlichen wie der Künstler zwischen Hitparade und Underground. Die Bedeutung dieser Erfahrungen hat Christoph Dieckmann in einem Schlaglicht eingefangen: "Man war ja dankbar für Live-Kopien unerreichbarer Originale (...). Deep Purple und Uriah Heep (...) erzeugten Andacht und Weihe in den Diskotheken, die damals landesweit entstanden. Wahrlich, wer nie nach Child in Time zerfloss, wer niemals zu Lady in Black in einer sächsischen Dorfdisko schmuste, der weiß nicht, was Ewigkeit ist."

Moderne Jugendkulturen veränderten nicht nur den Musikgeschmack. Der Körper, seine Sensationen wie seine Inszenierung, rückte in den Vordergrund der Aufmerksamkeit auch bei denen, die aus eher körperdistanzierten Milieus mit asketischem oder lustfeindlichem Habitus stammten. Ähnliches galt für Genüsse und Begehren, die sich mit auffälliger Kleidung oder einer Stereoanlage in modernem Design mit mächtigen Bässen verbanden. Konsumkultur in der DDR war - praktisch wie mental - sicher keine zurückgebliebene Variante des Modells Bundesrepublik; aber wenn ihre Trends "im Wesentlichen (...) westlichen Erfahrungen entsprechen" und der entscheidende Umbruch in den sechziger Jahren stattfand, dann hat die Durchsetzung einer am Ideal der Modernität orientierten Jugendkultur daran erheblichen Anteil.

Mentalitätswandel

Mit Blick auf die Jugendkultur(en) erscheinen in beiden Staaten die sechziger Jahre als heiße Phase konflikthafter Durchsetzung. In den Siebzigern wurde die Beteiligung an Jugendstilen Teil der Normalbiografie, und am Ende des Jahrzehnts war beiderseits der Elbe Populärkultur faktisch Kern einer "Gemeinkultur", an der fast alle unter 40 teilhatten. Der Wandel wurde im Westen früher sichtbar. Von 1956 an hatten die Halbstarken auf sich aufmerksam gemacht; ihr Gegenpart im Osten wurde von öffentlicher Resonanz abgeschnitten. Die Auseinandersetzungen um Teenager, Beatlemania und Gammler bewegten die Bundesrepublik bis etwa zur Mitte der Sechziger; danach gab es nur noch Nachhutgefechte. Detailstudien zeigen, dass der Werte- und Verhaltenswandel den Alltag bereits um 1965 bestimmte; spätere Empörungen waren eher eine Reaktion auf die Massivität der unumkehrbar gewordenen "Fundamentalliberalisierung". Von Jugendstilen ging in den Siebzigern keine Unruhe mehr aus; dieMedien und die Jugendzentrumsbewegung verbreiteten sie nun in die hintersten Winkel des Landes.

In der DDR zeigte sich nach der Grenzschließung 1961, dass Rhythmen und Klänge der internationalen, vom Rock geprägten Populärmusik, expres-sive Formen des Tanzens und der Bühnenperformance sowie erotisierte und gruppenstilbezogene Muster jugendlicher Selbstpräsentation über Körper, Kleidung, Freizeitutensilien (Motorrad, Kofferradio) dem Lebensgefühl und den Individualisierungsbedürfnissen Jugendlicher auch in der sich modernisierenden sozialistischen Industriegesellschaft entsprachen. Anregungen und Vorbilder kamen weithin aus dem Westen, doch DDR-spezifische Modetrends und die breite Laienbandbewegung belegten, dass das Verlangen nach einer Jugendkultur, die weder Traditionen der Arbeiterbewegung noch Mustern der bürgerlichen Jugendbewegung folgte, ein Eigenprodukt war. Der "Kahlschlag" Ende 1965 setzte noch einmal auf Repression und ein ideologisch präformiertes Jugendleben, doch am Ende des Jahrzehnts war klar: Die SED musste sich arrangieren.

Nach 1971 gab man Jugendmode und Musikszene Raum - um den Preis politischen Wohlverhaltens. Zwischen West-Imitation und eigenständiger Kunstbemühung gelang es, einen DDR-Akzent in der Weltsprache der Rockmusik und der Jugendkulturen zu setzen - wenngleich der Mainstream des Pop den breitesten Zuspruch fand. Doch das Populäre blieb ein Unruheherd - nicht nur, weil offizielle Versprechungen nicht eingelöst und Erwartungen enttäuscht wurden, sondern vor allem, weil Misstrauen, Überwachung und Zensur für eine Kontinuität der Reibungen und Reglementierungserfahrungen sorgten. Jugendkultur blieb ein Stachel im Fleisch der SED; und weil das alle wussten, trug sie auch nicht zur erhofften Integration oder gar Motivierung bei.

Der Blick auf die Politik darf jedoch nicht verdecken: Jugendkultur bedeutete in beiden Staaten, dass Jungen und Mädchen sich in täglichen Konflikten behaupten mussten. Vor den Eltern, in der Schule, auf der Arbeit mussten sie sich rechtfertigen für lange Haare, unerwünschte Kleidung, wilde Musik, teure Konsumwünsche. Das war in der DDR stärker politisiert, und Angriffe auf jugendliche Selbstachtung fielen brutaler aus, aber Millionen Heranwachsender lernten in West wie Ost, ihre Präsentation und ihre ästhetischen Vorlieben zu behaupten. Sich gegen eine verständnislose oder gar feindliche Umwelt durchzusetzen war eine einzigartige Schule der Individualisierung.

Der emotional-aggressive Widerstand hatte noch ein weiteres Motiv: Man verteidigte die Normativität der Hochkultur. Beide deutschen Staaten kanonisierten ein kulturelles Erbe, in dessen Zentrum Klassik, Romantik und Realismus standen. Im Westen diente die Berufung auf die große deutsche Kultur dem Bürgertum dazu, soziale Führungsansprüche gegenüber "der Masse" zu begründen und über die peinliche Liaison mit dem Nationalsozialismus hinweg selbstversichernde Traditionslinien zu ziehen. In der DDR symbolisierte der Kult der Klassik, dass der Sozialismus allen den Reichtum der Hochkultur zugänglich mache.

In der Geschichte der Jugendkultur waren es oft die Zuspitzungen der Gegner, die den Neigungen Halbwüchsiger grundsätzliche Bedeutung verliehen. Erst die Abstempelung als Antikultur machte aus dem Siegeszug moderner Populärkünste die Entthronung der Hochkultur, eine demokratische Aufwertung des "gewöhnlichen" Geschmacks sowie ein Votum für ästhetische Weltoffenheit. Dabei kam es in beiden Gesellschaften zur sozialkulturellen Annäherung der Jüngeren. Als Vorkämpfer modern-internationaler Jugendkultur traten zuerst Cliquen großstädtischer Arbeiterjugendlicher auf; doch innerhalb eines Jahrzehnts erfasste die Dynamik auch Mittelschichtkinder und Intellektuelle. Unterschiedliche Stile entwickelten sich, doch klassen- und schichtübergreifende Linien sind unübersehbar. Gemessen am herkömmlichen Ideal der Jugendbildung wurde hochkulturelles Wissen relativiert und spontaner Genuss sowie sinnlich-körperliche Lusterfahrung aufgewertet; man öffnete sich für die Ästhetik des Populären. Das hat den Habitus der Intellektuellen markant verändert und die Kulturdiskurse demokratisiert.

Die Entwicklung verlief in Ost und West spezifisch. Neben der Unternehmerschaft war in den fünfziger Jahren auch ein Großteil der bürgerlichen Bildungsschichten aus der DDR vertrieben worden - mit weit reichenden Folgen für die Sozialkultur. Noch wird diskutiert, ob man von einer "arbeiterlichen Gesellschaft" sprechen sollte oder von einer "Unterschichtengesellschaft", in der weithin Maßstäbe und Bedürfnisse der "kleinen Leute" dominierten. Jedenfalls war die Lebenswelt von Abiturienten und Studenten in der DDR bis Ende der siebziger Jahre sehr viel weniger von tradierter Bildungsorientierung geprägt als bundesdeutsche Gymnasien und Hochschulen. Das macht die These plausibel, die Impulse der Jugendkultur hätten in einem stark von "proletarischem Hedonismus" (Mühlberg) durchdrungenen Alltag leichter die junge Intelligenz erreicht als in der Bundesrepublik, wo sich "Gebildete" und "Ungebildete" viel schärfer voneinander abgrenzten. Auch im Westen erwiesen sich die kraftvolle Musik und die spontane Genussbereitschaft, die Halbstarke und Teenager vorlebten, als attraktiv. Beim Überwinden von Distinktionsbarrieren half den Studenten dann eine ideologische Legitimation: Der "spirit" der Rockmusik sei aufbegehrend, rebellisch, antiautoritär.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Dietrich Mühlberg, Von der Arbeitsgesellschaft in die Konsum-, Freizeit- und Erlebnisgesellschaft, in: Christoph Kleßmann/Hans Misselwitz/Günter Wichert (Hrsg.), Deutsche Vergangenheiten - eine gemeinsame Herausforderung, Berlin 1999, S. 176 - 205.

  2. Vgl. Stichwort "Jugendkultur", in: Hans-Otto Hügel (Hrsg.), Handbuch Populäre Kultur, Stuttgart 2003, S. 40 - 45.

  3. Zit. nach Dorothee Wierling, Der Staat, die Jugend und der Westen, in: Alf Lüdtke/Peter Becker (Hrsg.), Akten. Eingaben. Schaufenster. Die DDR und ihre Texte, Berlin 1997, S. 223 - 240.

  4. Zit. nach Martin Hartwig, Langhaarige Nichtstuer - Die Gammler der 60er Jahre, www.dradio.de/cgi-bin/es/neu-merkmal/246.html (vom 18. 8. 2003); der komplette Liedtext unter www.mannis-webpage.de/ly_deutsch/d_interpret/freddy_quinn/wir.htm.

  5. Vgl. Thomas Grotum, Die Halbstarken. Zur Geschichte einer Jugendkultur der 50er Jahre, Frankfurt/M. 1994; Kaspar Maase, Rhythmus hinter Gittern - Die Halbstarken und die innere Modernisierung der Arbeiterkultur in den fünfziger Jahren, in: Andreas Kuntz (Hrsg.), Arbeiterkulturen, Düsseldorf 1993, S. 171 - 204.

  6. Vgl. Uta Poiger, Jazz, Rock, and Rebels. Cold War Politics and American Culture in a Divided Germany, Berkeley 2000.

  7. Eindrucksvolle Erinnerungen in: Iris Czak, Spitzname: Elvis. Interview mit Schorsch T., in: Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (Hrsg.), Wunderwirtschaft. DDR-Konsumkultur in den 60er Jahren, Köln 1996, S. 194 - 197; vgl. auch Michael Rauhut, Beat in der Grauzone. DDR-Rock 1964 bis 1972, Berlin 1993, S. 27 - 33.

  8. Vgl. Thomas Lindenberger, Volkspolizei. Herrschaftspraxis und öffentliche Ordnung im SED-Staat 1952 - 1968, Köln 2003, S. 368 - 382, hier: S. 389; vgl. auch U. Poiger (Anm. 6), S. 196 - 200.

  9. Vgl. Ruth Münster, Geld in Nietenhosen. Jugendliche als Verbraucher, Stuttgart 1961. Vgl. auch Rolf Lindner, Teenager. Ein amerikanischer Traum, in: Willi Bucher/Klaus Pohl (Hrsg.), Schock und Schöpfung. Jugendästhetik im 20. Jahrhundert, Darmstadt 1986, S. 278 - 283; Kaspar Maase, BRAVO Amerika. Erkundungen zur Jugendkultur der Bundesrepublik in den fünfziger Jahren, Hamburg 1992, S. 158 - 175.

  10. Vgl. Detlef Siegfried, Vom Teenager zur Pop-Revolution. Politisierungstendenzen in der westdeutschen Jugendkultur 1959 bis 1968, in: Axel Schildt/ders./Karl Christian Lammers (Hrsg.), Dynamische Zeiten. Die 60er Jahre in den beiden deutschen Gesellschaften, Hamburg 2000, S. 582 - 623, hier S. 586 - 590.

  11. Vgl. U. Poiger (Anm. 6).

  12. Vgl. Barbara Ehrenreich/Elizabeth Hess/Gloria Jacobs, Beatlemania: Girls Just Want to Have Fun, in: Lisa A. Lewis (Hrsg.), The Adoring Audience, London 1992, S. 84 - 106.

  13. Vgl. Tom Schroeder/Manfred Miller, Haare auf die Szenen. Zur Gegenkultur der Hippieyippieyeahmakelovenotwarandfuck&luck-Generation, in: W. Bucher/K. Pohl (Anm. 9), S. 224 - 232.

  14. Vgl. Dieter Baacke, Beat - die sprachlose Opposition, München 1968; Wolfgang Kraushaar, Time is on my Side. Die Beat-Ära, in: W. Bucher/K. Pohl (Anm. 9), S. 214 - 223.

  15. Jakob Tanner, "The Times They Are A-Changin'". Zur subkulturellen Dynamik der 68er Bewegungen, in: Ingrid Gilcher-Holtey (Hrsg.), 1968 - Vom Ereignis zum Gegenstand der Geschichtswissenschaft, Göttingen 1998, S. 207 - 223, hier: S. 210, 218, 221f.

  16. Vgl. Ulf Preuss-Lausitz, Vom gepanzerten zum sinnstiftenden Körper, in: ders. u.a., Kriegskinder, Konsumkinder, Krisenkinder. Zur Sozialisationsgeschichte seit dem Zweiten Weltkrieg, Weinheim 1983, S. 89 - 106, hier: S. 95, 98. Zum neuen Umgang mit Sexualität in der studentischen Linken vgl. auch Dagmar Herzog, Antifaschistische Körper. Studentenbewegung, sexuelle Revolution und antiautoritäre Kindererziehung, in: Klaus Naumann (Hrsg.), Nachkrieg in Deutschland, Hamburg 2001, S. 521 - 551.

  17. Vgl. D. Siegfried (Anm. 10).

  18. Ein solcher "sozialer Schmelztiegel der neuen Jugendkultur" war in den sechziger Jahren der Hamburger Star-Club; vgl. ebd., insbes.S. 601.

  19. Vgl. Wunderwirtschaft (Anm. 7).

  20. Dietrich Mühlberg, Die DDR als Gegenstand kulturhistorischer Forschung, in: Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung, 16 (1993) 33, S. 7 - 85, hier: S. 39.

  21. Ebd.

  22. Vgl. T. Lindenberger (Anm. 8), S. 385 - 387; Marc-Dietrich Ohse, Jugend nach dem Mauerbau, Berlin 2003, S. 77 - 79.

  23. Vgl. etwa D. Wierling (Anm. 3), S. 229f.; dies., Geboren im Jahr Eins. Der Jahrgang 1949 in der DDR, Berlin 2002, S. 222f.; M.-D. Ohse (Anm. 22), S. 26, 98, 309f., 321.

  24. T. Lindenberger (Anm. 8), S. 443.

  25. Eine materialreiche, differenzierte Darstellung gibt M. Rauhut (Anm. 7).

  26. Zit. nach M.-D. Ohse (Anm. 22), S. 72.

  27. Vgl. Gerlinde Irmscher, Der Westen im Ost-Alltag. DDR-Jugendkultur in den sechziger Jahren, in: Wunderwirtschaft (Anm. 7), S. 185 - 193; Erinnerungen von Zeitzeugen ebd., S. 198 - 203.

  28. Vgl. Wolfgang Engler, Die Ostdeutschen. Kunde von einem verlorenen Land, Berlin 1999, S. 126 - 133, 146 - 153; M.-D. Ohse (Anm. 22), S. 66f., 281f.

  29. M.-D. Ohse (Anm. 22), S. 55 (Ente meint die mit Fett gestylte Langhaarfrisur, die am Hinterkopf zum "Entenschwanz" gekämmt wurde).

  30. Vgl. zum Folgenden Michael Rauhut, DDR-Beatmusik zwischen Engagement und Repression, in: Günter Agde (Hrsg.), Kahlschlag. Das 11. Plenum des ZK der SED 1965, Berlin 1991, S. 52 - 63; Ulrich Mählert/Gerd-Rüdiger Stephan, Blaue Hemden - Rote Fahnen. Die Geschichte der Freien Deutschen Jugend, Opladen 1996, S. 150 - 172.

  31. Vgl. D. Wierling, Geboren im Jahr Eins (Anm. 23), S. 217; M. Rauhut (Anm. 7), S. 98.

  32. Erich Honecker, Bericht des Politbüros an das 11. Plenum, zit. nach M. Rauhut (Anm. 30), S. 56.

  33. Vgl. D. Wierling (Anm. 3), S. 226.

  34. Vgl. M. Rauhut (Anm. 7), S. 235 - 298; zum Wiedererstarken von Beat und Rock ab 1967 ebd., S. 216 - 234. Vgl. auch Andreas Bauhaus, Jugendpresse, -hörfunk und -fernsehen in der DDR, Diss. Münster 1994, S. 196ff.

  35. D. Wierling, Geboren im Jahr Eins (Anm. 23), S. 216 (Hervorhebung K. M.); vgl. die Zeitzeugen-Erinnerungen ebd., S. 230 - 236. Vgl. auch Bernd Lindner/Dieter Wiedemann, Kultur- und Medienforschung, in: Walter Friedrich/Peter Förster/Kurt Starke (Hrsg.), Das Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig 1966 - 1990. Geschichte, Methoden, Erkenntnisse, Berlin 1999, S. 301 - 351, insbes.S. 325ff.

  36. Vgl. Helmut Hanke, Freizeit in der DDR, Berlin (Ost) 1979, S. 90. Nach den Erinnerungen eines 1948 Geborenen gehörte ein Drittel seiner Mitabiturienten 1967 zum harten Kern der Jugendkultur, ausgewiesen durch "Haartracht (Matte); Vorliebe für lautstarke rhythmische Musik westlichen Ursprungs ((...)); Kleiderordnung (Bluejeans, Parka); ein auffälliges Freizeitverhalten vorwiegend in Gruppen, vorzugsweise in den Nacht- und Abendstunden, an Wochenenden und in den Ferien (Gammeln); Nikotin, Alkohol und Medikamentenmissbrauch ((...)); Promiskuität und Renitenz". Mit Sympathisant/innen zählte er rund 50 Prozent der Klasse; zit n. W. Engler (Anm. 28), S. 307f.

  37. Vgl. Paul Kaiser/Claudia Petzold, Boheme und Diktatur in der DDR, Berlin 1997.

  38. Christoph Dieckmann, My Generation. Cocker, Dylan, Lindenberg und die verlorene Zeit, Berlin 1991, S. 57.

  39. Hier sind Befunde zumindest zu erwähnen, die darauf hinweisen, dass in der DDR jugendliche Sexualität vergleichsweise lustvoll und spontan praktiziert wurde. Vgl. Kurt Starke/Konrad Weller, Partner- und Sexualforschung, in: W. Friedrich u.a. (Anm. 35), S. 396 - 419; Dietrich Mühlberg, Sexualität und ostdeutscher Alltag, in: Mitteilungen aus der kulturwissenschaftlichen Forschung, 18 (1995) 36, S. 8 - 39; W. Engler (Anm. 28), S. 233 - 273.

  40. Vgl. Ina Merkel, Utopie und Bedürfnis. Die Geschichte der Konsumkultur in der DDR, Köln 1999, hier: S. 326; vgl. auch Wunderwirtschaft (Anm. 7).

  41. Vgl. G. Irmscher (Anm. 27), S. 189f.; zur spezifischen Modernität der DDR sehr anregend W. Engler (Anm. 28)

  42. Vgl. Kaspar Maase, "Gemeinkultur". Zur Durchsetzung nachbürgerlicher Kulturverhältnisse in Westdeutschland 1945 bis 1970, in: Georg Bollenbeck/Gerhard Kaiser (Hrsg.), Die janusköpfigen 50er Jahre, Wiesbaden 2000, S. 170 - 189.

  43. Vgl. Ulrich Herbert (Hrsg.), Wandlungsprozesse in Westdeutschland. Belastung, Integration, Liberalisierung 1945-1980, Göttingen 2002.

  44. Vgl. C. Dieckmann (Anm. 38), S. 168.

  45. Vgl. Kaspar Maase, Grenzenloses Vergnügen. Der Aufstieg der Massenkultur 1850 bis 1970, Frankfurt/M. 20013.

  46. W. Engler (Anm. 28).

  47. Dietrich Mühlberg, Sexuelle Orientierungen und Verhaltensweisen in der DDR, in: Sowi, 24 (1995) 1, S. 49 - 57, hier: S. 53f.; abwägend dazu I. Merkel (Anm. 40), S. 308f.

Dr. phil., geb. 1946; Privatdozent an der Universität Tübingen, Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft.
Anschrift: Universität Tübingen, Ludwig-Uhland-Institut, Schloss, 72070 Tübingen.
E-Mail: E-Mail Link: kaspar.maase@uni-tuebingen.de

Veröffentlichungen u.a.: Grenzenloses Vergnügen. Der Aufstieg der Massenkultur 1850 bis 1970, Frankfurt/M. 2001(3); (Hrsg. mit Bernd Jürgen Warneken) Unterwelten der Kultur. Themen und Theorien der volkskundlichen Kulturwissenschaft, Köln 2003.