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Editorial | Dreißigjähriger Krieg | bpb.de

Dreißigjähriger Krieg Editorial Gründe und Verlauf einer europäischen Tragödie "Das sich einem Stein solt erbarmet haben". Der Dreißigjährige Krieg im Erleben der Zivilbevölkerung Deutungen des Dreißigjährigen Krieges. Mythos, Legenden und Einsichten Der Dreißigjährige Krieg: Ein Bürgerkrieg, der zugleich ein Hegemonialkrieg war Ein doppeltes "Westphalian System"? Der Westfälische Friede, das Reich und Europa Ein Westfälischer Frieden für den Nahen Osten? Zeittafel: Wegmarken des Dreißigjährigen Krieges Karten

Editorial

Johannes Piepenbrink

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Als sich im Mai 1618 die protestantischen Stände in Böhmen gegen die Herrschaft der Habsburger erhoben und zwei kaiserliche Statthalter sowie einen Sekretär aus einem Fenster der Prager Burg warfen, war es weder absehbar noch zwangsläufig, dass diesem Ereignis ein jahrzehntelanger, verheerender Krieg folgen würde. Doch aus der Rebellion entwickelte sich rasch ein Kräftemessen mehrerer europäischer Mächte um die religiöse und weltliche Vorherrschaft auf dem von Reformation und Gegenreformation konfessionell zerrissenen Kontinent. Vor allem auf einer Achse zwischen Stralsund und Freiburg hinterließen die Kämpfe, die heute als Dreißigjähriger Krieg bekannt sind, eine Spur der Verwüstung und des Elends.

Der 1648 nach mehrjährigen Verhandlungen erreichte Westfälische Friede galt seinerzeit als Weltwunder. Er wurde schon bald ebenso mystifiziert wie der gesamte Dreißigjährige Krieg, der in der deutschen Historiografie des 19. Jahrhunderts zum nationalen Trauma stilisiert wurde, nicht zuletzt, um preußische Großmachtambitionen zu rechtfertigen. In dieser Lesart geriet der Friedensschluss zur nationalen Schmach, die es den europäischen Nachbarn, insbesondere Frankreich, erlaubt habe, Deutschland gespalten und ohnmächtig zu halten.

Inzwischen hat sich die geschichtspolitische Bedeutung des Dreißigjährigen Krieges weitgehend verflüchtigt. Angesichts aktueller Kriege und Krisen, die religiös und geopolitisch nicht weniger verworren und unlösbar erscheinen als die Situation in Europa vor 400 Jahren, wird heute jedoch wieder vermehrt auf die friedensstiftende Wirkung der Verträge von Münster und Osnabrück verwiesen – etwa mit Blick auf den Krieg in Syrien. Im Detail mag ein solcher Vergleich an vielen Stellen hinken, doch verbindet sich mit ihm schlicht die Hoffnung, dass sich auch im Nahen Osten ein für alle beteiligten Parteien erträglicher und tragfähiger Frieden finden ließe.