Für die meisten Menschen in Deutschland beginnt die Geschichte des Euro mit der Bargeldeinführung am 1. Januar 2002. Seitdem ist der Euro Teil ihres Alltags. Aber die Geschichte der Einheitswährung reicht weit zurück. Eine europäische Währungsunion mit festen Wechselkursen existiert seit 1999. Erste Vorläufer zur Stabilisierung schwankender Wechselkurse zwischen D-Mark, Franc oder Lira gab es schon in den 1970er Jahren. Den Beginn des Euro zu datieren, ist daher nicht einfach. Denn seine Einführung war nicht das Ergebnis eines spontanen Einfalls sentimentaler Europapolitiker. Natürlich war der Euro auch ein "Friedensprojekt", ein Symbol und Wegbereiter europäischer Integration. In erster Linie aber war er eine Antwort auf Probleme, mit denen wirtschaftlich verflochtene Nationen schon lange zu kämpfen hatten, auch wenn der Euro in seiner rund 20-jährigen Geschichte neue Probleme geschaffen hat.
In Deutschland sorgte die Einführung des Euro für eine Welle an Sentimentalität und Nostalgie. Die anfängliche Skepsis verflog rasch, als das neue Geld da war, und der Euro erwies sich hinsichtlich seiner Wertstabilität als zuverlässig. Die alten Sorgen vor Inflation, einst ebenso verbreitet wie Nostalgie für die D-Mark, sind wenig präsent. Dafür sind neue Ängste gekommen. Und ganz verflogen ist die Nostalgie nicht.
Als Helmut Kohl am 25. September 1992 im Bundestag den Vertrag von Maastricht verteidigte, der den Aufbruch in eine gemeinsame Währung besiegelte, begründete er den Euro so: Die Deutschen könnten ihre "wirtschaftliche und monetäre Stabilität" nur dann bewahren, wenn sie in Zukunft enger mit den anderen Staaten in Europa zusammenarbeiteten – "mit dem Ziel einer gemeinsamen Wirtschafts- und Währungspolitik". Keiner in Europa solle sich der Illusion hingeben, "dass er dazu noch allein in der Lage ist".
Vorgeschichte und Vorbereitungen
Die internationale Abstimmung von Ländern mit jeweils nationalen Währungen, die im Zuge von grenzüberschreitenden Handelsbeziehungen getauscht wurden, ist so alt wie die nationalen Währungen selbst. Noch vor der Gründung des Deutschen Reichs 1871 versuchten europäische Länder, den Wert ihrer Währungen aufeinander abzustimmen. Zu dieser Zeit war der Wert des Geldes in Europa durch eine bestimmte Menge an Edelmetall vorgegeben. Mit dem Entschluss des Deutschen Reichs, eine Goldwährung einzuführen, begann die Geschichte des "klassischen Goldstandards". Jedes Land versprach, sein Geld gegen eine klar definierte Menge an Gold zu tauschen. Dadurch standen die Währungen untereinander in einem festen Wechselkursverhältnis. Die politischen Zerwürfnisse des 20. Jahrhunderts führten immer wieder zu einer Aufhebung des Goldstandards. Am Ziel fester Wechselkurse aber hielten sowohl ökonomische Experten als auch Politiker fest. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs beschloss eine Gruppe von Ländern unter der Führung der USA das System von Bretton Woods. Auch dieses System sah feste Wechselkurse vor, erlaubte jedoch kleinere Anpassungen. In den frühen 1970er Jahren war Bretton Woods am Ende. Seitdem wird der Wechselkurs der meisten Währungen durch Angebot und Nachfrage ständig neu bestimmt. Deutsche Touristen in den USA machten nun die Erfahrung, dass sie für die gleiche Menge an D-Mark, die sie während ihres Aufenthalts tauschten, jedes Mal eine andere Menge an US-Dollar erhielten. Die gleiche Erfahrung machen sie heute mit Euro.
Noch während im internationalen Zahlungsverkehr das System fester Wechselkurse zusammenbrach, keimte in Europa der Gedanke einer gemeinsamen Währung. 1969 bekundeten die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Belgien, und Luxemburg ihre Absicht, eine Währungsgemeinschaft anzustreben.
Im März 1979 trat das Europäische Währungssystem (EWS) in Kraft. Es führte ein ausgeklügeltes System fester Wechselkurse mit geringen Schwankungsbreiten ein. Der unmittelbare Auslöser war, dass die Länder Europas auf sich allein gestellt den internationalen Währungsturbulenzen hilflos ausgeliefert waren. Seit dem EWS gab es in Europa eine fiktive Einheitswährung: ECU (European currency unit). Wie bei dem Bretton-Woods-System blieb jedoch ein Risiko bestehen. Arrangements mit festen Wechselkursen können Spekulanten auf den Plan rufen, sobald der Verdacht einer Auf- oder Abwertung im Raum steht. Die Möglichkeiten der Zentralbanken, dagegen zu halten, sind gerade für kleinere Länder begrenzt. Die Währungen werden zum Spielball, mit weitreichenden Folgen. Ein vergleichbares Risiko besteht bei einer gemeinsamen Währung nicht.
Die Ausarbeitungen für eine vollständige Währungsunion begannen im Sommer 1988 unter Jacques Delors, damaliger Präsident der Europäischen Kommission. Das Gefühl, dem Dollar eine alternative Leitwährung entgegensetzen zu müssen, hatte sich in den 1980er Jahren verstärkt. Im Winter 1991 kamen die Teilnehmerstaaten in Maastricht zusammen und einigten sich auf einen festen Fahrplan. Der für die Entwicklung der EU grundlegende Vertrag trat am 1. November 1993 in Kraft. 1994 wurde das Europäische Währungsinstitut (EWI) gegründet, ein Vorläufer der Europäischen Zentralbank (EZB) und bereits mit Sitz in Frankfurt. Der Fahrplan zur Einführung des Euro wurde schließlich im Dezember 1995 in Madrid angenommen. Seitdem stand auch der Name der Währung fest.
Im Mai 1998 beschloss der Europäische Rat, welche Länder bei der Einführung dabei sein werden. Auch die Wechselkurse wurden festgelegt. Am 1. Januar 1999 begann die Währungsunion. Die Wechselkurse waren nun fest und unwiderruflich. Genau drei Jahre später ersetzten die Euroländer ihre Bargeldbestände durch die neue Währung. Für den Beginn der Geschichte des Euro lassen sich also viele Jahre nennen. Anders als die vertraglich unwiderruflichen Wechselkurse der nationalen Währungen gegenüber dem Euro war die europäische Gemeinschaftswährung allerdings durchaus widerruflich. Während die ersten Vorbereitungen in den 1970er und 1980er Jahren von der Öffentlichkeit kaum beachtet wurden, begann in den 1990er Jahren ein politischer Kampf um die Einführung, der die europäischen Gesellschaften spaltete. Mehr als einmal schien die Einführung gefährdet.
Streit der Nationen
Die durch zahlreiche Feste markierte Einführung verdeckte, dass der Euro in Europa keineswegs von großer Eintracht getragen war. Schon die Wahl des Zentralbankchefs, die am Ende auf den Niederländer Wim Duisenberg fiel, war umkämpft. Tiefgreifender jedoch war der Streit zwischen Frankreich und Deutschland: Die Franzosen waren wesentliche Impulsgeber für die gemeinsame Währung, da sie diese als Möglichkeit sahen, Deutschland wirtschaftlich zu integrieren. Zugrunde gelegen habe dem, so der deutsche Altkanzler Helmut Schmidt, "die französische Besorgnis vor einem übermächtigen Deutschland – genauer gesagt: vor einer übermächtigen D-Mark".
Die Perspektive auf nationale "Interessen" oder "Kulturen" prägte zwar den öffentlichen Diskurs, aber im transnationalen Projekt der Europawährung war sie nur ein Aspekt unter vielen. Aus Sicht der deutschen Wirtschaft beispielsweise verliefen die Konfliktlinien keineswegs zwischen den Ländern. Mit ihrer Politik einer starken D-Mark hatte die Bundesbank Unternehmen und Arbeiterschaft immer wieder frustriert. Bankiers und Industrielle waren daher frühzeitig für den Euro. Innenpolitisch formierte sich in den späten 1990er Jahren dagegen parteiübergreifender Widerstand.
Stabilitätskriterien und EZB
Stabilität und Wohlstand waren offensichtlich keine rein "deutschen" Tugenden, sondern auch Ziele der internationalen Experten der EZB. Sie hatten bei der Konstruktion der zukünftigen Währung nie einen Zweifel daran gelassen, dass die Geldwertstabilität ein primäres Ziel darstellen müsse.
Das institutionelle Gebilde des gemeinsamen Währungsraums war insofern einmalig, als die Entstehung moderner Nationalstaaten im 19. Jahrhundert immer eine eigene Währung mit sich gebracht hatte, sodass jede Nation ihre eigene Währungsgeschichte machte. Die Zentralbanken waren mit der Regierung häufig eng verknüpft und instrumentalisierbar. Die Deutschen machten diese Erfahrung zunächst während der Inflation von 1914 bis 1923, als die Reichsbank dem Geldbedarf des Staates durch die Notenpresse nachkam, später dann im Kontext der Schwarzmarktpreise der 1940er Jahre.
Die D-Mark aber blieb ein nationales Gebilde. Und eben das war der Euro nicht mehr. Von ihren Grundstrukturen her entspricht die 1998 gegründete EZB der Bundesbank insofern, als es ein Direktorium gibt, in dem Präsident, Vizepräsident sowie eine Gruppe von vier Generaldirektoren sitzen. Die Aufgabe dieses Gremiums ist es, Weisungen an die Nationalbanken entsprechend der Geldpolitik des EZB-Rates zu erteilen. Der EZB-Rat wiederum setzt sich aus den Mitgliedern des Direktoriums sowie den Zentralbank-Präsidenten der beteiligten EU-Länder zusammen und ist das oberste Entscheidungsorgan. Als internationale Institution und von der Zusammensetzung ihrer Mitglieder her war die EZB jedoch ein Novum, auch wenn die Mitglieder explizit nicht als Vertreter ihres Landes in Rat und Direktorium sitzen.
Ganz wohl war den meisten Beteiligten bei diesem transnationalen Experiment nicht, sodass neben der Unabhängigkeit die zweite Grundlage als gegenseitiger Vertrauensbeweis dienen sollte: die Vereinbarung von Stabilitätskriterien. Die Kriterien waren unter anderem eine geringe Inflationsrate, ein öffentliches Defizit, das nicht höher als drei Prozent des BIP sein durfte, sowie ein öffentlicher Schuldenstand von unter 60 Prozent des BIP. Im Vordergrund stand in der zeitgenössischen Debatte die Frage der Staatsschulden, die mit dem sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakt von 1997 zusätzliche Verbindlichkeit und Öffentlichkeit erhielt.
Die Realität der wirtschaftlichen Entwicklung in den 1990er Jahren ließ die am Reißbrett entworfenen Zahlen bald utopisch erscheinen. Ein Land nach dem anderen drohte aus dem Raster zu fallen. Am Ende erfüllten nur Luxemburg und Finnland die Kriterien. Eines der vieldiskutierten Sorgenkinder in den Jahren vor der Einführung war die Bundesrepublik, die lange Zeit sowohl an der 60-Prozent-Grenze (Schuldenstand) als auch an der 3,0-Prozent-Grenze (öffentliches Defizit) zu scheitern schien – auf den letzten Metern erfüllte sie zumindest letzteres Kriterium. Die genau festgelegten Grenzen erwiesen sich als Problem, weil sie in der öffentlichen Wahrnehmung als eine Art Damm betrachtet wurden. Einmal durchbrochen, müsste auch höher verschuldeten Ländern der Zugang gewährt werden. Das war an sich kein logischer Schluss. Klar war aber, dass sich Deutschland mit der Verschuldung in eine problematische Verhandlungsposition begab.
Dass die Bundesrepublik die Kriterien nicht erfüllen konnte, führte zu Buchungstricks, die alles andere als stabilitätstauglich waren. Einen Knalleffekt bewirkte die Forderung an die Bundesbank, ihren Goldschatz neu zu bewerten. Da der Goldwert seit der letzten Bewertung stark gestiegen war, ließ sich der Wert derselben Menge an Gold – in D-Mark berechnet – über Nacht vergrößern. Ein Teil des dadurch "gewonnenen" Geldes sollte nach Bonn überwiesen werden, was als Rückgriff auf die Notenpresse interpretiert wurde. Eine solche Strategie war mit dem Trauma der Inflation belastet, das Kohl und Finanzminister Theo Waigel unterschätzt hatten. Die Regierung musste unter dem öffentlichen Druck einen Rückzieher machen. Hierbei handelte es sich primär um ein psychologisches und symbolisches Problem. Das wird dadurch deutlich, dass der Wert der D-Mark in keiner Weise vom Gold der Bundesbank abhängig war und stabile Länder wie Finnland und Luxemburg vergleichsweise geringe Goldbestände in ihren Zentralbanken hatten.
Euro als Buchgeld
1. Januar 1999, der Euro wird offizielles Zahlungsmittel: Der Umrechnungskurs ist unwiderruflich festgelegt. Das Geld taucht auf den Konten auf. Die Geschäfte zeichnen die Preise bereits doppelt aus. Was die europäische Bevölkerung vom Euro mitbekommt, sind aber zunächst nur vereinzelte Feiern mit jungen Menschen in merkwürdigen Euro-Kostümen. Ansonsten ist der Euro noch kaum Teil ihres Alltags. Verglichen mit dem Tag der Währungsreform von 1948 geht das Ereignis unter. Die meisten Steuern werden nach wie vor in D-Mark gezahlt. Auf den Tastaturen taucht das Euro-Zeichen nicht auf. Aus den Geldautomaten ziehen die Menschen Scheine, die immer noch Carl Friedrich Gauß und Annette von Droste-Hülshoff zeigen. Entsprechend kalkulieren die Deutschen in D-Mark. Nur vereinzelte Unternehmen stellen ihre Bilanzen auf die neue Währung um. Ansonsten machen nur Schauspieler, deren Filme nach 2002 erscheinen, erste Bekanntschaft mit dem neuen Geld.
In den drei Jahren des Übergangs vom offiziellen, aber virtuellen Buchgeld zum tatsächlichen Zahlungsmittel war der Euro vor allem ein Wechselkursphänomen. Mit der Einführung änderte sich der Fokus, der zuvor meist im Kontext widerstreitender nationaler Interessen gestanden hatte. Der Wechselkurs der Gemeinschaftswährung führte dazu, dass sich ein einheitliches Europa den USA gegenübergestellt sah. Um die Jahrtausendwende stand allerdings der schwache Kurs des Euro im Zentrum der Debatte. Innerhalb eines knappen Jahres war der Euro von 1,17 Dollar auf unter die magische Grenze von einem Dollar gesunken.
Auch im neuen Jahrtausend schien der Trend nicht zu stoppen. Die "Bild" spottete über die "Weicheiwährung". Der "Spiegel" sah es nationalpatriotisch: "Was die Urlaubsweltmeister grämt, erfreut den Exportkönig – und der heißt ebenfalls Deutschland."
Euro als Bargeld
Die Dimensionen der Einführung des Euro als Bargeld waren enorm. Allein in Deutschland standen die Behörden vor der Herausforderung, die Zahl von 2,6 Milliarden Euro-Geldscheinen in Umlauf zu bringen. Die 12,1 Milliarden Euro-Münzen mit einem Gewicht von 100.000 Tonnen hätten nach Einschätzung des Bundesfinanzministeriums rund 35 Güterzüge mit je 20 Waggons füllen können. Sicherheitsexperten befürchteten Überfälle und eine Falschgeldschwemme. Man dachte zwischenzeitlich sogar daran, UV-Lampen im Taschenformat auszuhändigen, um der Bevölkerung die Erkennung von Blüten zu ermöglichen. Am Tag der Notenausgabe war von der langjährigen Skepsis wenig zu spüren. Das neue Geld in den Händen der Menschen erzielte eine völlig andere Wirkung als das kryptische Buchgeld. Wie 1948 bildeten sich lange Schlangen vor den Bankschaltern.
In den Händen war der Euro angekommen; in den Köpfen war die Umstellung schwieriger. Noch über Jahre hinweg rechnete die große Mehrheit in der alten Währung. Ohne diese Rechenübung fehlte ihnen schlicht das Gefühl für die Preise, das heißt, ob das, was sie auf dem Preisschild sahen, auch ein gutes Angebot war. Die meisten Deutschen waren bald der Überzeugung, dass der Euro in Wahrheit ein "Teuro" sei. Von einem Vertrauensverlust in die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, einer Krise im Einzelhandel und einer allgemeinen Lähmung war die Rede. Laut dem Institut für Demoskopie Allensbach hatten 70 Prozent der Befragten wenige Monate nach der Einführung "wenig oder kein Vertrauen in den Euro".
An diesem Punkt setzten Wirtschaftspsychologen an, um den "Teuro" zu erklären: Es handele sich um einen systematischen Rechenfehler, der durch die Erwartungen, die öffentliche Debatte und die selektiven Berichte über tatsächlich vorhandene Preistreibereien begründet und verstärkt worden war. Um den Euro-Preis eines Angebots einschätzen zu können, rechneten die Deutschen diesen in D-Mark um. Dabei verrechneten sie sich sowohl nach oben als auch nach unten. Aber weil sie einen "Teuro" erwarteten, korrigierten sie nur die Resultate, die ihnen zu günstig erschienen. Dadurch wurde der Eindruck einer Preissteigerung verstärkt. Die tatsächlichen und wahrgenommenen Preistreibereien blieben im Gedächtnis, während die ausgleichenden Preissenkungen nicht wahrgenommen wurden.
Neue Sehnsucht?
In langfristiger Betrachtung war der Euro zu keinem Zeitpunkt "weich" oder "teuer". Im Außenverhältnis zum Dollar war er stabiler als die D-Mark vor der Währungsreform. Im Inneren lag die Inflationsrate in Deutschland meist nah an den Zielvorgaben der EZB und führte die geldpolitische Tradition der Bundesbank in dieser Hinsicht nahtlos weiter. An den Kriterien der zeitgenössischen Kritik gemessen, war der Euro also erfolgreich. Die EZB hat unter der Führung eines Niederländers, eines Franzosen und eines Italieners nie Erinnerungen an die Instabilität der Lira erweckt. Auch in Deutschland erhält der Euro aktuell ansehnliche Zustimmungswerte von über 80 Prozent.
Gleichzeitig gibt es nach wie vor lautstarke Gegenstimmen. Um festzustellen, wie groß eine Währungsunion sein sollte, gibt es in der Ökonomie die Theorie des "optimalen Währungsraums". Sie besagt, dass die Vorteilhaftigkeit einer gemeinsamen Währung durch die wirtschaftlichen Strukturen und Ähnlichkeiten innerhalb eines Raums definiert ist, sodass ökonomische Schocks nicht durch Änderungen der Wechselkurse ausgeglichen werden müssen. Voraussetzung dafür sind ein hohes Maß an Faktormobilität – das heißt, dass Arbeit und Kapital leicht den Ort wechseln können – sowie eine große Produktdifferenzierung. Demnach erfüllt die europäische Währungsunion das Kriterium eines optimalen Währungsraums nur bedingt.
Die Staatsschuldenkrise Griechenlands hat – wie schon im Konflikt zwischen Deutschland und Frankreich – zu einer Gegenüberstellung vermeintlich nationaler Interessen und erneut zum Denken in nationalen Kategorien geführt. Sie hat eine neue Sehnsucht nach der D-Mark befeuert. So ganz verschwunden war diese allerdings nie. Ende des Jahres 2017 waren Schätzungen zu Folge noch fast 13 Milliarden D-Mark im Umlauf, 5,93 Milliarden in Form von Banknoten und 6,7 Milliarden in Form von Münzen. Der in der Geldtheorie geläufige Begriff des "Umlaufs" ist in diesem Fall allerdings irreführend. Denn anders als die Münzen und Banknoten, die als Euro täglich Portemonnaies wechseln, bezahlt heute kaum noch jemand in D-Mark. Wo genau sich das alte Bargeld befindet, weiß niemand. Es könnte im Ausland versteckt, im Garten vergraben oder schlicht zerstört sein. Nur in vereinzelten Handelsketten, die nach wie vor D-Mark akzeptieren, taucht die alte Währung gelegentlich auf, bei der Modekette C&A im Wert von monatlich 50.000 bis 100.000 Mark. Danach wird sie aus dem Verkehr gezogen.