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Freiwilligendienste in der Bürgergesellschaft Aktuelle Diskussion und politischer Handlungsbedarf

Gisela Jakob

/ 22 Minuten zu lesen

Im Kontext der Debatten um die Bürgergesellschaft und angesichts von Veränderungen beim Zivildienst erfahren die Freiwilligendienste derzeit eine gesellschaftliche Aufwertung. Als "Lernorte" stellen sie bürgerschaftliches Engagement dar.

I. Die Entdeckung der Freiwilligendienste

Freiwilligendienste, in denen sich Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 27 Jahren im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres, eines Freiwilligen Ökologischen Jahres oder auch im Kontext der internationalen Friedensdienste engagieren, erfahren derzeit eine ungeahnte Aufmerksamkeit. Das öffentliche und fachpolitische Interesse findet seinen Ausdruck in zahlreichen Tagungen und Veröffentlichungen.

Das von der Robert Bosch Stiftung initiierte "Manifest für Freiwilligendienste in Deutschland und Europa" hat die Diskussion um eine Ausweitung der Freiwilligendienste auf neue Handlungsfelder und um veränderte fachliche Konzepte bei der Durchführung angeregt. Auf europäischer Ebene wurde mit dem Programm für einen Europäischen Freiwilligendienst der Grundstein für einen Ausbau von Freiwilligendiensten in Europa gelegt. Im Zusammenhang mit anstehenden Veränderungen beim Zivildienst wird von Seiten der Verbände und der Politik über Möglichkeiten nachgedacht, Freiwilligendienste für die Kompensation des Wegfalls von Zivildienstressourcen zu nutzen. Um den veränderten Anforderungen und Erwartungen an Freiwilligendienste nachzukommen, ist ein so genanntes FSJ-Förderungsänderungsgesetz vorgelegt worden, das auf eine Novellierung der bestehenden Regelungen für ein Freiwilliges Soziales und Freiwilliges Ökologisches Jahr zielt.

Diese starke Aufmerksamkeit für Freiwilligendienste speist sich insbesondere aus zwei Quellen: In den Debatten um eine Stärkung der Bürgergesellschaft werden auch die Freiwilligendienste in ihrer Bedeutung als Lernorte für bürgerschaftliches Engagement neu entdeckt. Die Ergebnisse des Freiwilligensurveys zeigen die Bedeutung einer frühen Sozialisation in gemeinwohlorientiertes Handeln. Ein Engagement im Jugendalter ermöglicht Lernerfahrungen und setzt Bildungsprozesse in Gang, die zum Ausgangspunkt für ein späteres Engagement im Erwachsenenalter werden. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis erfahren auch die Freiwilligendienste als Sozialisationsinstanzen für bürgerschaftliches Engagement und als Gelegenheitsstrukturen für Partizipation und Mitgestaltung eine Aufwertung.

Die Neuentdeckung der Freiwilligendienste in den öffentlichen Debatten ist - als zweiter Kontext - stark von den anstehenden Veränderungen bei der Wehrpflicht und deren Auswirkungen auf den Zivildienst geprägt. Die Vorschläge für einen Ausbau der Freiwilligendienste sind dabei von einer Gemengelage unterschiedlicher Interessen bestimmt, die von Erwartungen einer Kompensation des Wegfalls von Zivildienststellen durch mehr Freiwilligendienste bis hin zu Überlegungen reichen, die freigesetzten Gelder, die sich durch die Veränderungen beim Zivildienst ergeben, für einen umfassenden Ausbau der Freiwilligendienste zu nutzen, um damit mehr Jugendlichen einen Zugang zu ermöglichen. Nicht zuletzt spielt bei den aktuellen Debatten auch das Argument einer Ressourcensicherung hinein, wenn es um die Rolle des Bundesamtes für Zivildienst bei einem Ausbau der Freiwilligendienste geht.

II. Zwischen Tradition und Erneuerung

1. Das Spektrum der Freiwilligendienste

Wenn von Freiwilligendiensten die Rede ist, dann sind damit verschiedene "Dienste" gemeint, die sich in ihren rechtlichen Grundlagen, in ihren Finanzierungsmodi und in ihren Organisationsformen unterscheiden. Der etablierteste und wohl auch bekannteste Freiwilligendienst ist das Freiwillige Soziale Jahr mit bundesweit knapp 11 400 Freiwilligen im Jahr 2000/2001, 10 327 Frauen und 1 032 Männer. Mit dem Gesetz zur Förderung eines Freiwilligen Sozialen Jahres wurde 1964 der gesetzliche Rahmen für pflegerische, erzieherische und hauswirtschaftliche Hilfstätigkeiten von jungen Erwachsenen im Alter zwischen 16 und 27 Jahren geschaffen. Träger des FSJ sind bislang die Wohlfahrtsverbände, die Kirchen und Gebietskörperschaften, die auch zugleich Anstellungsträger der Freiwilligen sind und diese in Einsatzstellen weitervermitteln. Diese organisieren auch die pädagogische Begleitung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Form von Seminaren, die mindestens 25 Seminartage während des zwölf Monate dauernden Freiwilligendienstes umfassen muss. Die Freiwilligen sind in dieser Zeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt; Kindergeldansprüche bleiben erhalten. Für ihre Tätigkeit erhalten sie ein Taschengeld sowie unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung.

Seit Ende der fünfziger Jahre gibt es auch die allgemeinen freiwilligen sozialen Dienste im Ausland, die vor allem von den in der "Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden" und im "Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee" zusammengeschlossenen Trägern organisiert werden und im Bereich der Friedens- und Versöhnungsarbeit aktiv sind. Diese Dienste unterliegen bisher nicht den gesetzlichen Grundlagen für ein Freiwilliges Soziales und Freiwilliges Ökologisches Jahr und finanzieren sich weitgehend aus Spenden, Eigenleistungen der Träger, kirchlichen Zuwendungen und aus Unterstützergruppen der Freiwilligen. Aufgrund ihrer Programmatik und ihrer Organisationsstruktur sprechen sie zwar nur eine kleine Gruppe von Jugendlichen an. Mit ihrer friedenspolitischen und -pädagogischen Arbeit haben allerdings Trägerorganisationen wie die "Aktion Sühnezeichen" insbesondere in den siebziger und achtziger Jahren wichtige Impulse gegeben.

Seit Beginn der neunziger Jahre lässt sich eine Tendenz zur Ausweitung der Freiwilligendienste beobachten. 1993 wurde mit der Einrichtung des Freiwilligen Ökologischen Jahres die gesetzliche Grundlage für Freiwilligendienste im Umweltbereich geschaffen. Arbeitsmarktpolitische Überlegungen waren ausschlaggebend für die Einrichtung des Modellprogramms Freiwilliges Soziales Trainingsjahr (FST). Das soziale Trainingsjahr zielt auf die Vermittlung von sozialen und beruflichen Schlüsselqualifikationen bei sozial benachteiligten Jugendlichen, um ihnen einen Einstieg in Ausbildung oder Beruf zu erleichtern.

Auch mit dem Freiwilligen Jahr in der Denkmalpflege und mit neuen - vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten - Modellprojekten wie dem Freiwilligen Sozialen Jahr im Kulturellen Bereich und dem von Deutschen Sportbund getragenen Freiwilligen Sozialen Jahr im Sport geht es um eine Ausweitung der Handlungsfelder und die Erwartung, damit auch Jugendliche anzusprechen, die einem Freiwilligendienst bisher fern standen.

Mit dem Europäischen Freiwilligendienst (EFD) erhält die Bildungs- und Lernorientierung der Freiwilligendienste eine explizit europäische Ausrichtung. Der EFD ist Teil der von der Europäischen Kommission in der Agenda 2000 beschriebenen Politik der Wissensförderung und des Ausbaus eines europäischen Bildungsraumes und soll zur Herausbildung eines europäischen Bewusstseins beitragen. Er unterliegt nicht den gesetzlichen Regelungen von FSJ und FÖJ und unterscheidet sich von seiner Anlage her von den anderen Freiwilligendiensten. Mit Projekten im sozialen, kulturellen und ökologischen Bereich sowie in der Kinder-, Jugend-, Frauen- und Seniorenarbeit sind die Einsatzfelder und Trägerstrukturen vielfältiger. Eine Besonderheit ist das Prinzip der Wechselseitigkeit bei der Aufnahme und der Entsendung von Freiwilligen. Aufnahme- und Entsendeorganisation sollen kooperieren, so dass nicht nur bei den jungen Freiwilligen, sondern auch auf der Ebene der Trägerorganisationen Kontakte entstehen und ein Austausch möglich wird.

Tabelle: Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den verschiedenen Freiwilligendiensten 2000/2001:

FSJ 11 359
FÖJ 1 640
Auslandsdienste 658
EFD 1 057
FST 895

Angeregt durch das Manifest "Jugend erneuert Gemeinschaft" hat die Robert Bosch Stiftung mehrere Freiwilligendienst-Programme aufgelegt. Dies umfasst "Freiwilligendienste im Austausch zwischen Deutschland und Mittel- und Osteuropa", "Freiwilligendienste in Projekten bürgerschaftlicher Initiative" in Ostdeutschland sowie das Pilotprogramm "Innovative Freiwilligendienste in Deutschland" das darauf zielt, neue Formen von Freiwilligendiensten zu erproben. Die Initiativen der Robert Bosch Stiftung sind darauf gerichtet, das Potenzial an interessierten Jugendlichen für Freiwilligendienste mit neuen Angeboten auszuschöpfen. Dazu werden neue Handlungsfelder entwickelt und alternative Formen der Begleitung durch ehrenamtliche Mentoren erprobt. Die Finanzierung der Projekte erfolgt aus Stiftungsfonds, kombiniert mit eigenen und weiteren Drittmitteln, z. B. des Europäischen Freiwilligendienstes.

2. Jugend- und bildungspolitische Bedeutung

Im Verlauf ihrer Geschichte haben sich die Freiwilligendienste immer stärker in Richtung auf ein jugend- und bildungspolitisches Instrument verändert, dem mit der pädagogischen Begleitung Rechnung getragen wird. In einer biografischen Phase, die von jugendspezifischen Anforderungen des Übergangs von der Jugendphase in den Erwachsenenstatus bestimmt ist, bieten die Freiwilligendienste Orientierung und Begleitung. Die Ablösung vom Elternhaus, die Erfahrung einer eigenständigen Lebensführung und Anforderungen zur Selbstfindung beeinflussen die Entscheidungen für einen Freiwilligendienst. Die Freiwilligendienste ermöglichen den Erwerb neuen Wissens, eröffnen Zugänge zum Kennenlernen fremder Lebenswelten und für die Erschließung neuer Sinnhorizonte. Hinzu kommt ihre große Bedeutung für die berufliche Orientierung und die Klärung des Berufsziels.

Voraussetzung für diese umfassenden Bildungserfahrungen ist die spezifische Konstruktion der Freiwilligendienste von Moratorium und Lernort einerseits sowie Tätigkeit mit konkreten Anforderungen und Verantwortlichkeiten andererseits. Im Unterschied zum Leben der Jugendlichen in ihren Herkunftsfamilien und in den Schulen stellt der Freiwilligendienst Anforderungen, die "Ernstcharakter" tragen. Die Freiwilligen übernehmen verantwortungsvolle Aufgaben, die für das Leben anderer folgenreich sein können, machen Erfahrungen mit einem gemeinwohlorientierten Handeln und engagieren sich für die Lösung gesellschaftlicher Probleme. Die besondere Mischung aus Moratorium und Anforderungen macht den Erfolg der Freiwilligendienste und ihre hohe Akzeptanz bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus. Anknüpfend an die Diskussion um bürgerschaftliches Engagement kann man hier auch von einem gelungenen Passungsverhältnis sprechen. Das Angebot der Freiwilligendienste passt offensichtlich zu den Anforderungen, vor denen die Freiwilligen in ihrer individuellen Situation und in der für sie besonderen Lebensphase stehen.

In den vergangenen Jahrzehnten waren es vor allem Frauen und dabei vor allem diejenigen, die über eine gute schulische Ausbildung verfügten, die Freiwilligendienste leisteten. Im FSJ liegt der Frauenanteil bei über 90, bei den anderen Freiwilligendiensten bei über 80 Prozent. Betrachtet man die Wahrnehmung der Freiwilligendienste in einer historischen Perspektive, so werden dabei Zusammenhänge zur Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation sichtbar. Insbesondere in Phasen, in denen die Ausbildungssituation prekär war, stiegen die Zahlen bei den Freiwilligendiensten. Allerdings hat die Attraktivität der Freiwilligendienste auch noch andere Gründe, die - so meine These - mit der gestiegenen Bildungsbeteiligung der Frauen zusammenhängen. Im Zuge der Bildungsreform profitierten insbesondere Mädchen und junge Frauen - und dabei erstmals auch Frauen aus bildungsfernen Milieus - von den neuen Möglichkeiten zur Partizipation an Bildungsprozessen. Für die damit eröffneten neuen beruflichen Optionen gab es aber in den siebziger und achtziger Jahren kaum Vorbilder und Lebensentwürfe, an denen sich die jungen Frauen hätten orientieren können. Die Freiwilligendienste und insbesondere das Freiwillige Soziale Jahr gewannen insbesondere für diese Gruppe junger Frauen Bedeutung zur Klärung der beruflichen Ziele und zur Entwicklung von Lebensentwürfen. So war mit der Entstehung des Freiwilligen Sozialen Jahres und seiner Ausrichtung auf helfende und pflegende Tätigkeiten zwar eine Orientierung an den traditionellen Geschlechterrollen verbunden. Im Zusammenhang mit veränderten gesellschaftlichen und (bildungs-)politischen Rahmenbedingungen konnte eine spezifische Gruppe junger Frauen dieses Instrument allerdings auch dafür nutzen, um sich neue berufliche und biografische Optionen zu eröffnen.

III. Die aktuelle gesetzliche Novellierung der Freiwilligendienste

1. Gesetzliche Neuregelungen

Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung der Gesetze für ein Freiwilliges Soziales Jahr und für ein Freiwilliges Ökologisches Jahr sowie die Änderungen des Zivildienstgesetzes zielen darauf, den neuen Erwartungen und Anforderungen an Freiwilligendienste gerecht zu werden. Eine wichtige Neuerung ist dementsprechend die Ausweitung der Handlungsfelder oder auch "Einsatzstellen" - so die Wendung im Gesetzestext - für ein Freiwilliges Soziales Jahr, das nun in allen gemeinwohlorientierten Einrichtungen anerkannter Träger verrichtet werden kann. Damit wird die Begrenzung auf Trägerorganisationen in der Wohlfahrts- und Gesundheitspflege aufgehoben und auf Träger der Kinder- und Jugendhilfe sowie der außerschulischen Jugendbildung und Jugendarbeit erweitert. Dies ermöglicht eine Ausweitung der Handlungsfelder auch auf die Bereiche Kultur, Sport, Jugendarbeit usw.

Auch mit einer stärkeren Flexibilisierung der Dauer reagiert der Gesetzgeber auf veränderte Erwartungen und Ansprüche an einen Freiwilligendienst. So kann der Freiwilligendienst, der in der Regel zwölf Monate am Stück geleistet wird, nicht nur bis zu sechs Monaten unterschritten, sondern auch bis zu einer Dauer von 18 Monaten verlängert werden. Innerhalb eines Gesamtzeitraums von 24 Monaten kann der Dienst in zeitlichen Abschnitten von mindestens drei Monaten erbracht werden. Voraussetzung für den Beginn eines Freiwilligendienstes soll nicht mehr ein Mindestalter sein, sondern die Erfüllung der Vollzeitschulpflicht. Dies zielt darauf, vermehrt auch Hauptschülerinnen und -schülern einen Freiwilligendienst zu ermöglichen.

Eine weitere wichtige Neuerung besteht in der Sicherung der gesetzlichen Basis für ein FSJ und ein FÖJ Jahr im Ausland. Es gelten die selben Bestimmungen wie für die entsprechenden Dienste im Inland, so dass die Trägerorganisationen Ansprüche auf eine Unterstützung der pädagogischen Begleitung durch finanzielle Mittel aus dem Bundeskinder- und Jugendplan erwerben und für die Freiwilligen die Ansprüche auf eine Weiterzahlung des Kindergeldes oder den Bezug einer Waisenrente gesichert sind.

Insbesondere die Neuerungen bei der Ausweitung der Trägerorganisationen und bei den Handlungsfeldern stellen wichtige Verbesserungen der individuellen und institutionellen Rahmenbedingungen für die Freiwilligendienste dar. Allerdings bleiben zentrale Probleme auch mit dem neuen Gesetz ungelöst. Insbesondere für die Freiwilligendienste im Ausland besteht nach wie vor ein erheblicher Handlungsbedarf. Entgegen der Empfehlungen der Trägerorganisationen, die bislang Freiwilligendienste im europäischen und außereuropäischen Ausland durchgeführt haben, ist in dem neuen Gesetz die Einbeziehung der Freiwilligen in alle Zweige der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung vorgesehen. Nach Einschätzung der Träger resultiert daraus das Problem, dass die Sozialversicherungspflicht der Freiwilligen im Ausland als arbeitnehmerähnlicher Status gilt und die Freiwilligen entsprechend als Arbeitnehmer eingestuft werden. Dies bringt für die Freiwilligen im Ausland zahlreiche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit ihrem Aufenthaltsstatus, der Arbeitserlaubnis, der Steuerpflicht sowie den Regelungen für Mindestlöhne mit sich. Die Bearbeitung dieser Probleme erfordert einen zusätzlichen organisatorischen Aufwand oder ist gar mit unüberbrückbaren Hindernissen verbunden, die einen Einsatz der Freiwilligen erheblich einschränken. Hinzu kommen die Kosten für die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung, die Träger aufbringen müssen, wenn sie sich an den neuen gesetzlichen Grundlagen orientieren. Insbesondere für kleine Träger, die bislang Hauptanbieter der Auslandsdienste sind, dürfte es schwierig sein, die neu entstehenden Kosten aufzubringen. So könnte die paradoxe Situation entstehen, dass die gesetzlichen Grundlagen zwar eine Ausweitung der Freiwilligendienste ermöglichen, dies aber aufgrund der Organisationsformen und -strukturen in dem Bereich nicht umsetzbar ist. Dies wäre vor dem Hintergrund des Interesses Jugendlicher an einem Freiwilligendienst im Ausland, dem bereits heute aufgrund der begrenzten Plätze nicht entsprochen werden kann, eine fatale Entwicklung.

Eine ähnlich paradoxe Situation wie bei den Auslandsdiensten könnte sich auch im Zusammenhang mit einer Ausweitung der Handlungsfelder ergeben. So ist in dem neuen Gesetz zwar eine Ausweitung auf die Bereiche Jugendarbeit und Jugendbildung, Kultur und Sport vorgesehen. Während die großen Träger im Spektrum ihrer breiten Angebotspalette über ,Refinanzierungsmöglichkeiten" verfügen, mit denen die Kosten für Freiwilligendienste gedeckt werden können, gibt es diese Möglichkeit für kleine Träger, die für Freiwilligendienste im Bereich der Jugendarbeit oder in der Soziokultur prädestiniert sind, nicht. Insofern könnte die Situation eintreten, dass die Möglichkeiten zur Ausweitung der Handlungsfelder in erster Linie den großen Trägerorganisationen zugute kommt, während kleine Vereine die neuen Potenziale nicht ausschöpfen können.

2. Ein "Freiwilliges Jahr" im Rahmen des Zivildienstgesetzes

Die Änderung des Zivildienstgesetzes, die in der gesetzlichen Novellierung ebenfalls vorgesehen ist, sieht die Einführung eines "Freiwilligen Jahres" für anerkannte Kriegsdienstverweigerer vor (§ 14c des Zivildienstgesetzes). Was bisher für Zivildienstleistende im Ausland (§ 14b des Zivildienstgesetzes) möglich war, wird damit auf alle Freiwilligendienste auf der gesetzlichen Grundlage des FSJ und des FÖJ ausgeweitet. Anerkannte Wehrdienstverweigerer werden nicht zu einem Zivildienst herangezogen, wenn sie sich nach ihrer Anerkennung als Wehrdienstverweigerer zu einem freiwilligen Dienst auf der Grundlage des FSJ- oder FÖJ-Gesetzes verpflichten. Der Dienst soll mindestens zwölf Monate dauern und schließt eine fünfwöchige pädagogische Begleitung ein. Die Träger erhalten vom Bundesamt für Zivildienst einen Zuschuss zu den Kosten für die pädagogische Begleitung, die Zahlung eines angemesssenen Taschengeldes und die Sozialversicherungsbeiträge.

Vorteile dieser neuen gesetzlichen Regelung bestehen darin, dass damit einer spezifischen Gruppe junger Männer Zugänge zu neuen Tätigkeiten in der Wohlfahrts- und Gesundheitspflege sowie in der Jugendbildung und Jugendarbeit eröffnet werden. Zugleich wird damit eine Option eröffnet, finanzielle Mittel aus dem Haushalt des Bundesamtes für Zivildienst in den Bereich der Freiwilligendienste zu transferieren. Diese Option könnte noch größere Bedeutung gewinnen, wenn die Wehrpflicht aufgehoben und der Zivildienst wegfallen würden. Allerdings ist diese gesetzliche Regelung eines "Freiwilligen Jahres" im Rahmen des Zivildienstes mit diversen Problemen behaftet. Da der Zivildienst ein Pflichtdienst ist, ist der im Rahmen von Paragraf 14c geleistete Dienst kein Freiwilligendienst. Mit dieser Regelung werden die Freiwilligendienste aufs Engste mit der Wehrpflicht verknüpft, was ihrer stärkeren Einbindung in die Bürgergesellschaft entgegenläuft. Hinzu kommen spezifische Probleme, die sich aus der gesetzlichen Konstruktion ergeben. Da die Kosten für die Zivildienstleistenden den Trägern vom Bundesamt für Zivildienst erstattet werden, besteht die Gefahr einer Verdrängung der Freiwilligen - zumeist junger Frauen -, die ein FSJ oder FÖJ leisten, da sie für die Träger letztendlich ,teurer" als die Zivildienstleistenden sind.

IV. Freiwilligendienste als Ressource der Bürgergesellschaft

1. Politischer Handlungsbedarf

Mit dem neuen Gesetz bleiben wichtige Fragen offen, und es besteht nach wie vor politischer Handlungsbedarf. Dies gilt insbesondere für die Freiwilligendienste im europäischen und außereuropäischen Ausland, deren Ausweitung durch die volle Einbeziehung in die Sozialversicherung äußerst begrenzt sein dürfte. Wenn der Gesetzgeber an diesen Regelungen festhalten will und gleichzeitig eine Ausweitung der Auslandsdienste politisch gewollt wird, muss über alternative Finanzierungsmöglichkeiten nachgedacht werden.

Klärungsbedarf bleibt nach wie vor bei der Frage des besonderen Status der Freiwilligen. Insbesondere bei deutschen Freiwilligen im Ausland, aber auch für ausländische Freiwillige, die in Deutschland leben und einen Dienst im Ausland absolvieren wollen sowie für ausländische Freiwillige, die in Deutschland einen Freiwilligendienst übernehmen, führt die ungeklärte Statusfrage immer wieder zu Problemen. Zur Klärung dieser Fragen könnte ein Freiwilligengesetz beitragen, das die Freiwilligkeit betont und die verschiedenen Freiwilligendienste in einem gesetzlichen Rahmen zusammenführt. Dies sollte unter Berücksichtigung der internationalen Situation sowie auch unter Beachtung der Regelungen und Praxis in Deutschland erfolgen. Handlungsbedarf besteht auch auf europäischer Ebene bei der Angleichung der unterschiedlichen länderspezifischen Regelungen für Freiwilligendienste. Dabei wird vorgeschlagen, eine Richtlinie zur Freizügigkeit von Freiwilligen entsprechend der Regelung für Studierende zu schaffen.

Aus der Perspektive einer aktiven Bürgergesellschaft ergibt sich auch bei der Ausweitung der Handlungsfelder ein politischer Handlungsbedarf. So sieht der Gesetzentwurf zwar eine Ausweitung der Handlungsfelder auf gemeinwohlorientierte Einrichtungen anerkannter Träger in der Wohlfahrts- und Gesundheitspflege sowie in der Kinder- und Jugendhilfe und im Kulturbereich vor. Handlungsfelder mit einem stärkeren gesellschaftlich-politischen Anspruch wie politische Initiativen und Organisationen im lokalen Raum, aber auch Freiwilligenagenturen, Bürgerbüros und ähnliche Infrastruktureinrichtungen zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements bleiben dabei allerdings ausgespart. Damit werden die Potenziale von Freiwilligendiensten als "Lernorte" für eine stärkere Partizipation und Mitgestaltung der Bürgerinnen und Bürger nicht ausgeschöpft.

Handlungsbedarf besteht angesichts der beschriebenen finanziellen Probleme insbesondere für kleine Träger auch im Hinblick auf Regelungen für neue Finanzierungsmodelle. Die neuen gesetzlichen Regelungen zur Flexibilisierung der Dauer der Freiwilligendienste sowie auch die vielfältigen Initiativen für eine Ausweitung der Handlungsfelder können dazu beitragen, das Interesse an Freiwilligendiensten zu wecken und neue Gruppen von Jugendlichen anzusprechen. Hier stellt sich die Frage der Finanzierung neuer Handlungsfelder und Einsatzstellen. Eine staatliche Lösung bestünde darin, dass der Staat hierbei neue finanzielle Verpflichtungen eingeht und die Träger zum Beispiel durch Zuschüsse zu den Sozialversicherungsbeiträgen unterstützt. Eine zivilgesellschaftliche Lösung wäre dass Stiftungsmodell, was im Kontext des "Manifestes für Freiwilligendienste" vorgeschlagen wird und eine gemeinsame Finanzierung aus öffentlichen Geldern und privaten Mitteln aus Spenden und Stiftungen vorsieht. Dabei sollen die bisher für den Zivildienst bereitgestellten Bundesmittel bei einer Einschränkung oder Abschaffung des Zivildienstes in eine "Stiftung für Freiwilligendienste" überführt werden. Dieses Stiftungskapital soll durch private Mittel aufgestockt und für eine umfassende Förderung von Freiwilligendiensten junger Menschen eingesetzt werden.

2. Grenzen einer Kompensation des Zivildienstes

Der Zivildienst hat sich im Verlauf der Jahre de facto zu einem Teil des Sozialsystems entwickelt. Mehr als zehn Prozent der Wochenarbeitsleistung des gesamten Personals in der Freien Wohlfahrtspflege werden mittlerweile von Zivildienstleistenden erbracht. Ungeachtet des Gebotes zur Arbeitsmarktneutralität stellen Zivildienstleistende eine Arbeitskraftressource dar, die für die Erbringung sozialer Dienstleistungen zu einer wichtigen Größe geworden ist. Für die Träger sozialer und wohlfahrtsverbandlicher Einrichtungen, aber auch für politische Akteure stellt sich demnach die Frage, wie Veränderungen beim Zivildienst infolge von Umstrukturierungen oder gar einer Aufhebung der Wehrpflicht kompensiert werden können. Dabei wird u. a. auch auf die Möglichkeit einer Ausweitung der Freiwilligendienste als Kompensation für den Wegfall von Zivildienstplätzen verwiesen.

Verknüpft man die Kompensation des Zivildienstes durch Freiwilligendienste mit der Möglichkeit, damit auch die dabei freiwerdenden finanziellen Mittel in den Ausbau der Freiwilligendienste zu transferieren, so wirkt diese Idee durchaus attraktiv. Allerdings dürfte sich dieser Vorschlag angesichts haushaltsrechtlicher Regelungen, knapper finanzieller Mittel im Bundesetat sowie vor dem Hintergrund der Interessen anderer politischer Akteure nicht einfach verwirklichen lassen. Des weiteren ist auf die Grenzen einer Kompensation des Zivildienstes zu verweisen, die sich aus der begrenzten Nachfrage nach Freiwilligendiensten, aus den unterschiedlichen Strukturen beider "Dienste" sowie aus betriebswirtschaftlichen Gründen ergeben. Selbst bei einer Ausweitung der Handlungsfelder und einer attraktiveren Gestaltung der Freiwilligendienste ist nicht davon auszugehen, dass die 124 000 Zivildienstleistenden im Jahr 2000 durch die entsprechende Zahl von Freiwilligen ersetzt werden könnten. So ist es keineswegs selbstverständlich, dass junge Männer, die bisher einen Zivildienst absolviert haben, beim Wegfall dieses Pflichtdienstes in Zukunft einen Freiwilligendienst übernehmen. Dies mag für eine kleine Gruppe eine Zukunftsperspektive sein, die mit einer attraktiven Gestaltung der Rahmenbedingungen von Freiwilligendiensten gewonnen werden könnte. Selbst wenn es gelänge, die Zahl von derzeit etwa 15 000 Freiwilligen in den Freiwilligendiensten zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen, könnte dies die große Zahl der Zivildienstleistenden und die von ihnen erbrachten Leistungen bei weitem nicht ersetzen.

Bei Überlegungen, Zivildienstleistende durch Freiwillige zu ersetzen, müssen auch die unterschiedlichen Arbeitsplatzanforderungen und Aufgaben bedacht werden, die in den unterschiedlichen Strukturen der Dienste begründet sind. Der Charakter des Zivildienstes als Pflichtdienst hat zur Folge, dass die Zivildienstleistenden zu allen Aufgaben, die in der Einsatzstelle anfallen, herangezogen werden können und ihnen vor diesem Hintergrund zahlreiche Aufgaben übertragen werden, die wenig attraktiv sind. Dies wird bei den Freiwilligen im Rahmen eines gesetzlich geregelten Freiwilligendienstes nicht so einfach möglich sein. Aufgrund der Freiwilligkeit der Tätigkeit müssen sich die Träger und Einsatzstellen auch immer um eine attraktive Gestaltung der Arbeitsbedingungen bemühen, um Freiwillige zu gewinnen und zu halten.

Angesichts dieser Grenzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass Freiwilligendienste in absehbarer Zeit den Wegfall des Zivildienstes umfassend kompensieren können. Dies entbindet allerdings nicht von Überlegungen und Initiativen, wie man die Freiwilligendienste so gestalten könnte, dass sie bei weiteren Veränderungen oder gar einer Aufhebung der Wehrpflicht auch für junge Männer eine interessante Möglichkeit eines gesellschaftlichen Engagements eröffnen. Neue Handlungsfelder, gute Arbeitsbedingungen, die individuelle Bildungsprozesse ermöglichen, sowie eine Ausweitung der Auslandsdienste mit der Eröffnung interkultureller Lernerfahrungen sind dafür wichtige Rahmenbedingungen.

3. Freiwilligendienste in der Bürgergesellschaft

Der Begriff der Bürgergesellschaft beschreibt ein Gemeinwesen, in dem sich die Bürgerinnen und Bürger auf der Basis gesicherter Bürgerrechte und im Rahmen einer demokratischen Gesellschaft selbst organisieren und das Gemeinwesen mitgestalten. Freiwillige Zusammenschlüsse, in denen die Bürgerinnen und Bürger ihre Teilhabe- und Mitgestaltungsmöglichkeiten wahrnehmen, sind Ausdruck einer lebendigen Bürgergesellschaft. In der wissenschaftlichen und politischen Debatte werden unterschiedliche Konzepte einer Bürgergesellschaft diskutiert. Diesen verschiedenen Entwürfen ist die Aufwertung des Bürgerstatus gemeinsam, mit dem die Einzelnen als mit Rechten und Pflichten ausgestattete Mitglieder eines politischen Gemeinwesens gesehen werden. Eine aktive Bürgergesellschaft ist darauf angewiesen, dass die Bürger soziale Verantwortung übernehmen und freiwillig Beiträge zum Gemeinwohl erbringen. Dabei geht es nicht lediglich um symbolische Formen der Teilhabe, sondern mit der Übernahme sozialer Verantwortung ist auch das Recht auf Mitgestaltung im Gemeinwesen und Mitentscheidung bei politischen und gesellschaftlichen Themen verbunden. Dies setzt gesellschaftliche Institutionen und Organisationen voraus, die sich für die Belange der Bürgerinnen und Bürger öffnen, Beteiligung ermöglichen und förderliche Rahmenbedingungen für das Engagement schaffen.

Freiwilligendienste stellen eine wichtige Ressource der Bürgergesellschaft dar, indem sie Jugendlichen und jungen Erwachsenen Erfahrungsräume und "Lernorte" für gesellschaftliche Partizipation und bürgerschaftliches Engagement eröffnen. Die jungen Freiwilligen entwickeln Sensibilitäten für die Probleme von Menschen, denen es in dieser Gesellschaft weniger gut geht, und machen Erfahrungen mit fremden Kulturen in anderen Ländern. In den Handlungsfeldern in Krankenhäusern, Altenheimen, Behinderteneinrichtungen oder auch in der Jugendarbeit erhalten sie Einblicke in die Lebenswelten von Menschen, die in besonderer Weise Benachteiligungen und Stigmatisierungen ausgesetzt und von gesellschaftlicher Marginalisierung bedroht sind. Im Freiwilligen Ökologischen Jahr werden die Freiwilligen mit Problemen der Umwelt, der Dorf- und Stadtentwicklung und mit ökologischen Fragen konfrontiert. Mit ihrem Freiwilligendienst übernehmen die Freiwilligen soziale Verantwortung für Belange des Gemeinwesens. Sie unterstützen andere Menschen in ihrer Lebensführung, geben Hilfestellung bei der Bewältigung von Problemen und engagieren sich für die Umwelt. Insofern erfüllen die Freiwilligendienste eine wichtige Funktion für die Sozialisation Jugendlicher und junger Erwachsener in ein gemeinwohlorientiertes bürgerschaftliches Engagement.

Die Besonderheit der Freiwilligendienste als Bildungsjahr und Orientierungsphase für junge Erwachsene einerseits sowie als Übernahme sozialer Verantwortung und Einführung in gemeinwohlorientiertes Handeln andererseits, die in der bisherigen Debatte eher unterbelichtet ist, gilt es zu stärken. Als Ressource der Bürgergesellschaft, in der Gemeinsinn und Engagement nicht mehr selbstläufig hervorgebracht werden, kommt Institutionen wie den Freiwilligendiensten, aber auch Schulen und Einrichtungen der Jugendarbeit eine wichtige Rolle für die Einführung in ein gemeinwohlorientiertes Handeln zu. Da ein Engagement nicht mehr einfach abrufbar ist und sich infolge gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse und eines Strukturwandels in Veränderung befindet, bedarf es einer gezielten Förderung und der Bereitstellung ermöglichender Strukturen und Rahmenbedingungen. Freiwilligendiensten kommt dabei die Aufgabe zu, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Zugänge zu einem Engagement und Perspektiven für gesellschaftliche Partizipation zu eröffnen. Dies kann nur gelingen, wenn Freiwilligendienste "gleichzeitig als Chance für jeden einzelnen wie für das System eines Gemeinwesens" konzipiert werden. Es geht also keineswegs um eine Funktionalisierung der Freiwilligen, sondern die Freiwilligendienste müssen für die Teilmehmerinnen und Teilnehmer konkrete gesellschaftliche Beteiligungsmöglichkeiten eröffnen und Optionen für die individuelle Biografiegstaltung bereitstellen. Das Leitbild der Bürgergesellschaft mit ihrem Kerngedanken einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Bürger zu einem sozialen und politischen Engagement erteilt Vorschläge für einen Pflichtdienst, wie sie in der öffentlichen Diskussion unter verschiedenen Vorzeichen immer wieder auftauchen, eine klare Absage. Bürgerschaftliches Engagement lässt sich nicht durch staatliche Gewalt verordnen, sondern ist in einer demokratischen Gesellschaft an das Kriterium der Freiwilligkeit gebunden.

Eine Reformierung der Freiwilligendienste sollte sich an ihrer Bedeutung für die Bürgergesellschaft ausrichten. Dabei geht es sowohl um Veränderungen bei der Gestaltung von Arbeitsabläufen in den jeweiligen Handlungsfeldern, um neue Beteiligungsstrukturen für die Freiwilligen, die ihnen Mitsprache- und Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen als auch um die Erprobung zusätzlicher Formen der Begleitung der Freiwilligen durch ehrenamtliche Mentoren, die eine Öffnung der Freiwilligendienste in die Gesellschaft schaffen können. Aus der Perspektive einer Stärkung der Bürgergesellschaft ist des weiteren eine Ausweitung der Handlungsfelder und eine Anerkennung weiterer Trägerorganisationen erforderlich. "Lernorte" für ein bürgerschaftliches Engagement wären dann auch Initiativen im Bereich der Stadtteilarbeit, Netzwerke bürgerschaftlichen Engagements wie Freiwilligenagenturen und Bürgerbüros sowie auch Organisationen im politischen Bereich wie Parteien, Bürgerinitiativen, Eine-Welt-Gruppen und Agenda-21-Initiativen.  

Internetverweise der Autorin  

Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden:
www.friedensdienst.de

Arbeitskreis Lernen und Helfen in Übersee:
www.entwicklungsdienst.de

Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements":
www.bundestag.de/buergerengagement

Europäischer Freiwilligendienst:
www.ijab.de/euro

Freiwilliges Soziales Jahr u. a.:
www.bmfsfj.de/Anlage15549/Adressen.pdf

Robert Bosch Stiftung:
www.bosch-stiftung.de

Fussnoten

Fußnoten

  1. Der vorliegende Beitrag gibt nicht die Meinung der Enquete-Kommission "Zukunft der Bürgerschaftlichen Engagements" wieder.

  2. Vgl. Bernd Guggenberger (Hrsg.), Jugend erneuert Gemeinschaft. Freiwilligendienste in Deutschland und Europa, Baden-Baden 2000; Klaus Sieveking (Hrsg.), Europäischer Freiwilligendienst für Jugendliche. Statusfragen und rechtspolitische Probleme, Neuwied - Kriftel 2000.

  3. Vgl. Kommission Jugendgemeinschaftsdienste in Deutsch"land und Europa, Jugend erneuert Gemeinschaft. Manifest für Freiwilligendienste in Deutschland und Europa, Stuttgart 1998.

  4. Vgl. Ulrich Beckers/Klaus Sieveking, Europäischer Freiwilligendienst für junge Menschen (EFD) - Eine Einführung zur gegenwärtigen Debatte, in: K. Sieveking (Hrsg.) (Anm. 1).

  5. Vgl. Karin Beher/Reinhard Liebig, Transferpotenziale von Tätigkeiten jenseits der Lohnarbeit, in: WSI-Mitteilungen, 54 (2001) 3, S. 188.

  6. Vgl. Bundestagsdrucksache 14/7485 vom 14. 11. 2001 (FSJ'= Freiwilliges Soziales Jahr; FÖJ = Freiwilliges Ökologisches Jahr).

  7. Die Hälfte aller Engagierten waren bereits als Jugendliche, im Alter von unter 20 Jahren, bürgerschaftlich engagiert (vgl. Sybille Picot, Jugend und freiwilliges Engagement, in: Bernhard von Rosenbladt, Freiwilliges Engagement in Deutschland - Freiwilligensurvey 1999 - Band 1: Gesamtbericht, Stuttgart 2000).

  8. Vgl. Harry Kalinowsky, Aktuelle Probleme des Zivildienstes aus der Sicht der Beschäftigten des Bundesamtes, in: Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag (Hrsg.), Zivildienst, Berlin 2000.

  9. Vgl. Bundestagstagsdrucksache 14/6415 vom 22. 6. 2001, S. 71.

  10. Vgl. Maren Stell, Kontinuität und Aufbruch. Zur Politik und Soziologie der Jugendgemeinschaftsdienste seit den fünfziger Jahren, in: B. Guggenberger (Hrsg.) (Anm. 1).

  11. Vgl. Thomas Arnold/ Werner Wüstendörfer, Abschlußbericht zum Freiwilligen Ökologischen Jahr, Stuttgart u. a. 1996; Helmuth Sagawe, Ökologisch orientierte Jugend, eine "postökologische" Bewegung?, in: neue praxis, 26 (1996) 4, S. 313. Das FÖJ unterliegt den selben gesetzlichen Grundlagen wie auch das FSJ. Lediglich die Anerkennung von Trägern ist anders organisiert und liegt in der Kompetenz der Bundesländer.

  12. Vgl. Deutsche Stiftung Denkmalschutz, o. J.

  13. Vgl. Hildegard Bockhorst, Warum eine Erweiterung des Freiwilligen Sozialen Jahres im Kulturellen Bereich?, in: Forum Jugendhilfe, (2001) 1, S. 52 - 53.

  14. Vgl. www.dsj.de.

  15. Einen Überblick über die europäische Diskussion zu Freiwilligendiensten gibt der Band von K. Sieveking (Anm. 1).

  16. Die folgenden Zahlen basieren auf der Zusammenstellung in der Bundestagsdrucksache 14/6415 vom 22. 6. 2001. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nur die Freiwilligen erfasst sind, deren Einsatz durch Mittel aus dem Bundeskinder- und -jugendplan unterstützt wurde. Dies bedeutet zum Beispiel für die Auslandsdienste, dass hier die Zahlen höher liegen dürften, da nur ein Teil der Träger öffentliche Zuschüsse erhält.

  17. Vgl. Kommission "Jugendgemeinschaftsdienste..." (Anm. 2).

  18. Vgl. Andrea Rahrbach/Werner Wüstendörfer/Thomas Arnold, Untersuchung zum Freiwilligen Sozialen Jahr, Stuttgart u. a. 1998.

  19. Vgl. Gisela Jakob, Zwischen Dienst und Selbstbezug. Eine biographieanalytische Untersuchung ehrenamtlichen Engagements, Opladen 1993, S. 269 ff.

  20. Vgl. A. Rahrbach/W. Wüstendörfer/Th. Arnold (Anm. 17).

  21. Vgl. Christa Schmidt-Strauch/Claudia Becker/Traude Sturmfels, 25 Jahre Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) - Kein Grund zum Jubeln, in: Theorie und Praxis der sozialen Arbeit, 42 (1991) 1, S. 30.

  22. Vgl. Hanna Beate Schöpp-Schilling, Persönliches Plädoyer eines Mitglieds der Kommission, in: B. Guggenberger (Anm. 1).

  23. Vgl. Bundestagsdrucksache (Anm. 5).

  24. Vgl. zum Beispiel Ulrich Frey, Für ein neues Freiwilligengesetz, in: B. Guggenberger (Anm. 1). Die Trägerorganisationen von Auslandsdiensten fordern ein Freiwilligengesetz, das sowohl den Status von Freiwilligen aus Deutschland als auch von ausländischen Freiwilligen in Deutschland klärt. Bezüglich der Integration in die Sozialversicherung plädieren sie für einen Statuserhalt der Freiwilligen zum Beispiel in der Arbeitslosenversicherung.

  25. Vgl. Bundestagsdrucksache (Anm. 5).

  26. Vgl. Klaus Sieveking, Statement bei der Anhörung der Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements" zum Thema "Zukunft der Freiwilligendienste am 12. Februar 2001, in: (www.bundestag.debuergerengagement).

  27. Vgl. Ulrich Bopp, Warum eine Stiftung für Freiwilligendienste auf Bundesebene?, in: B. Guggenberger (Anm. 1).

  28. Vgl. Beate Finis-Siegler, Konversion des Zivildienstes. Sozialpolitische Betrachtungen zum Thema "Konversion", in: B. Guggenberger (Anm. 1).

  29. Vgl. zum Beispiel Arbeitsgrupppe Zukunft des Zivildienstes, Empfehlungen für die Ausgestaltung des Zivildienstes, Manuskript, o. O. 2000.

  30. Vgl. K. Beher/R. Liebig (Anm. 4), S. 193.

  31. Vgl. zum Überblick den Band von Bert van den Brink/Willem van Reijen (Hrsg.), Bürgergesellschaft, Recht und Demokratie, Frankfurt a.M. 1995.

  32. Vgl. Adalbert Evers, Soziales Engagement. Zwischen Selbstverwirklichung und Bürgerpflicht, in: TRANSIT, (2000) 15, S. 186 ff.; Rolf G. Heinze/Thomas Olk, Bürger"engagement in Deutschland - Zum Stand der wissenschaftlichen und politischen Diskussion, in: dies. (Hrsg.), Bürgerengagement in Deutschland, Opladen 2001; Herfried Münkler, Bürgerschaftliches Engagement in der Zivilgesellschaft, in: Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements", Deutscher Bundestag (Hrsg.), Bürgerschaftliches Engagement und Zivilgesellschaft, Opladen 2002.

  33. Vgl. Karin Beher/Reinhard Liebig/Thomas Rauschenbach, Strukturwandel des Ehrenamtes, Weinheim - München 1999.

  34. Wilhelm Mader, Freiwillige soziale Dienste als Erfahrungsfelder einer zivilen Gesellschaft, in: B. Guggenberger (Anm. 1), S. 214.

Dr. phil., geb. 1959; wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements".

Anschrift: Deutscher Bundestag, Sekretariat der Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements", Platz der Republik 1, 11011 Berlin.

Veröffentlichungen u. a.: (Hrsg. zus. mit Holger Backhaus-Maul, Olaf Ebert und Thomas Olk) Bürgerschaftliches Engagement in Ostdeutschland, Opladen 2002.