Einleitung
Die politische, ökonomische und soziale Lage in den meisten Staaten Afrikas südlich der Sahara ist katastrophal. Der Prozess der Entkolonisierung, der mit großen Hoffnungen verbunden war, hat in vielen Bereichen zu neuen Abhängigkeiten geführt. Einige Experten sehen Afrika erneut in den Fängen eines Neokolonialismus. Dieser zeige sich nicht in der militärischen Wiedereroberung, sondern komme in Form der Globalisierung mit all ihren Facetten daher. Vor allem aber sind die Regime Schwarzafrikas von Bürgerkrieg, Staatsverfall, Aids und einer chronischen Wachstumsschwäche geplagt. Die grassierende politische Gewalt verschärft noch die Lage. Der ganze Kontinent trägt nur zwei Prozent zum Weltbruttosozialprodukt bei. Impulse, die Anlass zur Hoffnung gäben, sind nur schwach ausgeprägt.
Für Rainer Tetzlaff oszilliert Afrika zwischen Demokratisierungsfortschritten und Staatsverfall. In seinem Essay zeichnet er ein Bild, in dem die Hoffnungslosigkeit überwiegt. Es gibt aber auch Lichtblicke. So hätten 15 Staaten beachtliche Fortschritte im Aufbau von demokratischen Strukturen gemacht, wohingegen in weiteren 15 Ländern das politische Chaos herrsche, d.h., diese vor dem Staatskollaps stünden. Afrika müsse angesichts der eigenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme entschlossener handeln, um wieder politische Stabilität zu erreichen. Dabei sollte es vom Westen tatkräftig unterstützt werden.
Einen Weg aus den Dilemmata will das "Afrika-Memorandum" einiger deutscher Wissenschaftler weisen. Sie schlagen vor, den herkömmlichen entwicklungspolitischen Weg zu verlassen und zuerst strukturelle Stabilität zu schaffen, damit die interne grassierende Gewalt beendet werden könne. Manfred Öhm und Heribert Weiland fassen die sich an die Veröffentlichung anschließende kontroverse Debatte zusammen. Die Thesen und Schlussfolgerungen des Memorandums seien von der deutschen außen- und entwicklungspolitischen Elite eher zurückhaltend aufgenommen worden.
Als einen Ausweg aus der latenten Krise schlägt Stefan Mair eine stärkere regionale Integration und Kooperation von Staaten vor. Am Beispiel der westafrikanischen Organisation ECOWAS und der SADC im südlichen Afrika zeigt der Autor, dass es trotz schwieriger Bedingungen politische und wirtschaftliche Fortschritte gibt. Eine externe Förderung der regionalen Integration könne durch einen "radikalen" und einen "konventionellen" Ansatz erfolgen.
Als ein Beispiel für eine externe Förderung kann die Afrikapolitik der EU gelten. Alexandra Krause beschreibt das Engagement der EU im Rahmen ihrer "Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik" (GASP) seit 1996. Obwohl die EU in fast allen afrikanischen Staaten präsent sei, verfüge sie nicht über ein kohärentes Konzept. Der mangelnde politische Wille der Mitgliedstaaten sei ein Grund für den mäßigen Erfolg der europäischen Afrikapolitik. Die Glaubwürdigkeit der EU würde durch eine stärkere Konfliktbearbeitungs- und Kooperationsstrategie gestärkt werden.
Rita Schäfer weist in ihrem Beitrag auf einen Aspekt in der Entwicklung hin, der lange Zeit vernachlässigt worden ist: die Geschlechterfrage (Gender). Aufgrund von gesellschaftspolitischen Veränderungen komme den Frauen bei der ländlichen Entwicklung eine überragende Rolle zu. In den meisten Ländern Afrikas stellten sie 70 bis 80 Prozent der Arbeitskräfte und produzierten über 90 Prozent der Grundnahrungsmittel. Die Rolle der Frauen dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet werden, sondern nur im Kontext sozialer und lokaler Hierarchien.