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Der Ostseerat: Neue Funktionen subregionaler Zusammenarbeit im Kontext der EU-Osterweiterung | EU-Außenpolitik | bpb.de

EU-Außenpolitik Editorial Der Ostseerat: Neue Funktionen subregionaler Zusammenarbeit im Kontext der EU-Osterweiterung Europa und die arabischen Länder Krisenpotenziale im südlichen Mittelmeerraum China und die Europäische Union im Kontext der GASP Aktuelle Aspekte der EU-Entwicklungspolitik

Der Ostseerat: Neue Funktionen subregionaler Zusammenarbeit im Kontext der EU-Osterweiterung

Helmut Hubel Stefan Gänzle Stefan Helmut / Gänzle Hubel

/ 23 Minuten zu lesen

Seit nunmehr zehn Jahren besteht der Ostseerat. Bei der Bewältigung der politischen und ökonomischen Transformationsfolgen im Ostseeraum hat er eine maßgebliche Rolle übernommen.

I. Einleitung

Vor gut zehn Jahren, anlässlich eines Treffens des dänischen und des deutschen Außenministers Uffe Ellemann-Jensen und Hans-Dietrich Genscher am 22. Oktober 1991 in Rostock, war eine Intitiative zur Schaffung eines auf den Ostseeraum bezogenen Forums zwischenstaatlicher Zusammenarbeit vereinbart worden. Die Gründung des Ostseerates (Council of the Baltic Sea States, CBSS) erfolgte bereits wenige Monate später am 5. und 6. März 1992 in Kopenhagen. Dies war nur aufgrund der Tatsache möglich, dass bei dem Gründungsakt der beteiligten Regierungen auf den Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages verzichtet worden war. Damit konnte einerseits der "lockere Charakter" des multilateralen, intergouvernementalen Zusammenschlusses gewahrt und andererseits auf ein langwieriges Ratifizierungsverfahren in den Parlamenten der einzelnen Mitgliedstaaten verzichtet werden.

Der dänische Außenminister zielte mit dieser Initiative insbesondere darauf, die drei baltischen Staaten - Estland, Lettland und Litauen - in deren Streben nach Festigung ihrer staatlichen Unabhängigkeit und Entwicklung zu unterstützen. Dänemark nahm sowohl in der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), als auch im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) innerhalb der Europäischen Gemeinschaft eine Vorreiterrolle ein zugunsten einer zügigen Anerkennung der staatlichen Souveränität der baltischen Republiken durch die internationale Gemeinschaft.

Angesichts der Bestrebungen einzelner deutscher Bundesländer, ihre europapolitische Rolle im Kontext eines "Europas der Regionen" zu stärken, ging es für den deutschen Außenminister möglicherweise auch darum, die Ambitionen der nördlichen Bundesländer zu steuern und entsprechende Initiativen in die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland einzubinden. Insbesondere Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg verfolgen die Absicht, die transnationale Zusammenarbeit im Ostseeraum auszubauen und sich dabei landespolitisch zu profilieren. Aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik stehen für die drei norddeutschen Bundesländer die Zusammenarbeit der Regionen im Ostseeraum, die wirtschaftliche Entwicklung und der kulturelle Austausch im Vordergrund. Aber nicht nur unter den beteiligten Regierungen und auf der Ebene der Bundesländer, sondern auch zwischen den Städten und Gemeinden sowie einer Vielzahl von nichtstaatlichen Akteuren sind die Beziehungen in dieser europäischen Region im Laufe des vergangenen Jahrzehnts stark ausgeweitet und intensiviert worden.

Außerhalb Europas erfährt die Zusammenarbeit mit dem Ostseeraum ebenfalls ein reges Interesse, wie beispielsweise die 1997 ins Leben gerufene US-amerikanische "Nordeuropa-Initiative" zeigt. Diese Initiative zielt auf die Förderung von politischer Stabilität und Sicherheit, die Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung und der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit des gesamten Ostseeraums unter Einschluss des Nordwestens Russlands. Dabei sollen die genannten Ziele nicht nur auf Regierungsebene, sondern auch durch die Kooperation von und mit Nichtregierungsorganisationen und der Privatwirtschaft erreicht werden. Der Unterstützung amerikanischer Unternehmen im Ostseeraum, der Zusammenarbeit in Fragen der Justiz und bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, dem Aufbau der Zivilgesellschaft sowie der Kooperation in den Politikfeldern Energie, Umwelt und Gesundheit werden daher Priorität eingeräumt.

Insbesondere an der Peripherie der Europäischen Union sind neben dem Ostseerat im Laufe des vergangenen Jahrzehnts eine ganze Reihe subregionaler Organisationen entstanden, die eine Fülle von Aufgaben und Funktionen wahrnehmen. Als Beispiele lassen sich insbesondere die Zentraleuropäische Initiative, die Schwarzmeerkooperation, der Barents-Euro-Arktische Rat und der Arktische Rat anführen. Die Europäische Union hat mit der Anregung, die subregionale Zusammenarbeit als Vorbereitung für einen späteren Beitritt zu nutzen, einen nicht unerheblichen Anteil an der Schaffung dieser subregionalen Organisationen gehabt. Die Initiierung kooperativer Regime an der EU-Peripherie ist als eines der Schlüsselprinzipien künftiger Erweiterungen bezeichnet worden.

Dabei wurde allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass seit der Entscheidung des Europäischen Rates von Luxemburg im Dezember 1997, die Beitrittskandidaten mit Blick auf ihre Mitgliedsfähigkeit zu differenzieren, die bilaterale Ebene der Beziehungen der Union zu den beitrittswilligen Staaten Mittel- und Osteuropas in den Vordergrund getreten ist. Dies wurde insbesondere im Ostseeraum spürbar, wo die Ratsentscheidung auf der Grundlage der von der Europäischen Kommission im Juli 1997 vorgelegten Stellungnahme (avis) zur Beitrittsfähigkeit der einzelnen Bewerberländer zu einer Verringerung der Kooperation zwischen den baltischen Staaten - Estland (das der ersten Erweiterungsgruppe zugerechnet wurde), Lettland und Litauen - geführt hat. Aufgrund der Verhandlungsdynamik der Beitrittsgespräche zwischen der EU und den Kandidatenländern spielt diese Differenzierung heute zwischen den baltischen Staaten faktisch keine Rolle mehr.

Der Begriff der Subregion verdeutlicht die - auf Kriterien der Funktionalität bzw. Homogenität eines politischen, geographischen, kulturellen oder sozioökonomischen Raumes beruhende - Zuordnung dieser Ebene zu einem übergeordneten "Ganzen". Aufgrund des Beitrittswunsches mehrerer Staaten bildet die Europäische Union im Falle des größten Teils der Ostseeanrainerstaaten diesen regionalen Bezugspunkt. Mit Blick auf diese regionale Ordnung lassen sich zwei Typen von Subregionalisierung unterscheiden.

Wegen seiner geographischen Lage bildet der Ostseeraum eine periphere Subregion. Dem Ostseerat kommt hierbei die Rolle zu, eine funktionale Verbindung zwischen EU, künftigen Mitgliedern und Nichtmitgliedern herzustellen. Schwerpunktmäßig bildet das Gremium ein multilaterales Forum zur Zusammenarbeit in nicht-militärischen Bereichen und unterstützt in dieser Hinsicht den Erweiterungsprozess der EU. Darüber hinaus stellt der Ostseerat durch seine enge Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen eine außenpolitische Innovation zur Kooperation mit der "Gesellschaftswelt" und Bildung strategischer Netzwerke im Bereich der Außenpolitik dar. Andererseits ist er aber auch ein Instrument seiner Mitgliedstaaten, das diesen erlaubt, sowohl in den internationalen Beziehungen als insbesondere auch im Kontext der subnationalen und transnationalen Kooperation im Ostseeraum eine Vermittlungs- bzw. Aufsichtsfunktion wahrzunehmen.

II. Grundzüge der Entwicklung des Ostseeraumes seit 1990

Kaum eine andere europäische Region hat sich nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes so tiefgreifend gewandelt wie der Ostseeraum. Bis 1989 bildete die Ostsee eine der Nahtstellen einer potenziellen Blockkonfrontation zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt. Zugleich bemühten sich einzelne der Anrainerstaaten (insbesondere Finnland) durch die Anregung des KSZE-Prozesses sowie mit anderen auf eine Verbesserung der Zusammenarbeit zielenden politischen Initiativen um Verständigung in diesem Spannungsfeld von antagonistischer Systemkonfrontation und -kooperation . Die Vereinigung Deutschlands und der Zusammenbruch der Sowjetunion zu Beginn der neunziger Jahre haben einen entscheidenden Einfluss auf die politische Landkarte des Ostseeraumes ausgeübt. Mit den drei baltischen Staaten, deren Unabhängigkeitsstreben einen maßgeblichen Anteil an der Auflösung der UdSSR hatte, und der Russischen Föderation betraten vier neue staatliche Akteure die regionalpolitische Bühne. Russlands Präsenz als Ostseeanrainer beschränkt sich nunmehr auf seine nordwestlichen Regionen Karelien, Pskow, Sankt Petersburg und Kaliningrad (das frühere Königsberg). Im Zuge der Osterweiterung der EU gewinnen diese Gebiete zunehmend an Aufmerksamkeit. Innerhalb weniger Jahre ist die Zahl der Ostseeanrainer von sieben auf neun gewachsen; die bilateralen Beziehungen haben ebenso wie die transnationalen Vernetzungen in den Bereichen Kommunikation, Handel und Verkehr in erheblichem Maße zugenommen. Der Ostseeraum entwickelt sich für die Anrainer zu einem Experimentierfeld differenzierter Integration - ob als Vollmitglied oder als Partner der Europäischen Union.

Der EU ist es gelungen, sich im Laufe der neunziger Jahre als maßgeblicher regionaler Ordnungsfaktor in Europa zu etablieren. Einerseits hat die EU durch eine behutsame vertragliche Weiterentwicklung der Politikinstrumente ihr außenpolitisches Profil und ihre "Akteursfähigkeit" steigern können; andererseits hat sie auch durch neue Mitgliedstaaten sowie durch die Teilnahme der Europäischen Kommission bzw. der Europäischen Ratspräsidentschaft an anderen multilateralen Foren - wie beispielsweise der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und dem Ostseerat - ihre "Präsenz" gerade im Ostseeraum erheblich ausweiten können. Die Bedeutung des Ostseeraumes für die EU-Erweiterung und die Ausgestaltung der Beziehungen zu Russland liegt auf der Hand.

So ist es nicht verwunderlich, dass die EU dem Ostseeraum seit der Mitgliedschaft der Kommission im Ostseerat im Jahre 1992 - und noch viel mehr seit Oktober 1994 mit der Verabschiedung der "Leitlinien für ein Konzept der Europäischen Union für die Ostseeregion" - eine besondere Aufmerksamkeit zukommen lässt. Mit der - von Finnland im Jahre 1997 initiierten - "Nördlichen Dimension" verfolgen die EU und insbesondere ihre nördlichen Mitgliedstaaten Finnland und Schweden das Ziel, ihre Politiken im Ostseeraum zu koordinieren und zu bündeln, um auf diese Weise Synergieeffekte zu erzielen und einen Beitrag zur Überwindung der sozioökonomischen Entwicklungsunterschiede zwischen West und Ost zu leisten. Die Nördliche Dimension basiert auf der Annahme, dass die bestehenden wirtschaftliche Interdependenzen im Ostseeraum in einem positiven Sinne genutzt werden können. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen bereits bestehender Finanzierungsinstrumente der EU , ohne eine zusätzliche Finanzierung in Aussicht zu stellen. Allerdings hat der Europäische Rat von Stockholm im März 2001 die Möglichkeit geschaffen, dass die Europäische Investitionsbank (EIB) nach spezifischen Kriterien für ausgewählte Projekte im Bereich der Umweltpartnerschaft "Nördliche Dimension" (Northern Dimension Environmental Partnership) - also auch unter Einbeziehung Russlands - Darlehen vergeben kann.

Um tatsächlich Synergieeffekte zu erzielen, ist eine enge Abstimmung bzw. eine Arbeitsteilung zwischen dem Ostseerat und der EU erforderlich. Als die Europäische Kommission im April 2000 ihren Entwurf für einen Aktionsplan zur Nördlichen Dimension vorlegte, nahm dies der Ostseegipfel der Regierungschefs zum Anlass, über die Ausgestaltung des künftigen Verhältnisses des Ostseerates zur Europäischen Union zu diskutieren. Die Überlegung, dem "Ostseerat eines Tages die Form eines Regionalgremiums der EU - unter Einschluss Russlands" zu geben, war innerhalb der Regierungschefs jedoch nicht konsensfähig. Neben Dänemark und Schweden, die traditionell als skeptisch gegenüber der Europäischen Union gelten können, haben sich sowohl die Beitrittskandidaten - Polen, Estland, Lettland und Litauen -, als auch Norwegen und Island gegen diese Vorstellung ausgesprochen. Einzig Finnland plädierte für eine erkennbare Ausrichtung des Ostseerates auf die EU im Rahmen der Nördlichen Dimension. Deutschland und Russland favorisieren eine auf die Eigenständigkeit des Ostseerates gerichtete Rolle des Gremiums bei gleichzeitiger enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Union.

Den ersten Schritt zur Realisierung der Nördlichen Dimension bildete der auf dem Europäischen Rat von Santa da Feira am 19. und 20. Juni 2000 verabschiedete Aktionsplan. Er misst dem Ostseerat prinzipiell eine wichtige Rolle zu, führt diese allerdings im Kontext der Beziehungen zur EU nicht weiter aus. Der Aktionsplan bietet dem Ostseerat die Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen und in Absprache mit dem Rat der Europäischen Union bei der Identifizierung gemeinsamer Interessen und Prioritäten mitzuwirken. Dem Ostseerat wurde eine aktive Rolle bei der Umsetzung von Kooperationsmaßnahmen zuerkannt, ebenso wie die Mitwirkung der Europäischen Kommission an der Arbeit dieses subregionalen Gremiums festgeschrieben wurde. Im April 2001 überreichte der Ostseerat der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft eine Liste mit Vorschlägen von vorrangigen Projekten für den Ostseeraum. Damit hat das Gremium seine politische Kompetenz und Handlungsfähigkeit ebenso unter Beweis gestellt, wie auch seine grundsätzliche Bereitschaft zu einer engen Zusammenarbeit mit der EU bekundet.

III. Struktur und Funktionen des Ostseerates

Der Ostseerat umfasst heute zwölf Mitglieder: neben Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen, Polen, Russland und Schweden ist die Europäische Kommission gleichberechtigt vertreten. Zur Gewährleistung einer vollen Einbeziehung der Europäischen Union wird der Ratsvorsitzende der EU und der Kommissionspräsident zu den Gipfeltreffen des Ostseerates jeweils eingeladen. Daneben genießen Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, die Ukraine, die Slowakei und die USA einen Beobachterstatus. Darum bemüht sich auch Weißrussland, was allerdings auf die Zurückhaltung der EU-Mitglieder im Ostseerat stößt, sind sie doch durch die Beschlüsse der EU dazu gehalten, politische Kontakte mit diesem Land möglichst zu vermeiden. Insgesamt scheint die Auffassung der Bundesregierung konsensfähig zu sein, den regionalen Charakter des Ostseerates zu erhalten und nicht durch eine Ausweitung der Beteiligung von Drittstaaten in Frage zu stellen.

Bei den Mitgliedsländern sind vier Gruppen zu unterscheiden: Zum einen ist die im Jahre 1995 um Finnland und Schweden erweitert EU vertreten; zweitens gehören dem Rat vier Staaten an, die seit 1998 bzw. 2000 mit der EU über einen Beitritt verhandeln - (Polen, Estland, Lettland und Litauen); drittens sind mit Norwegen und Island zwei nordische Länder beteiligt, die nicht der EU angehören und dennoch durch ihre Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) enge Kontakte zu ihr unterhalten; schließlich ist Russland Mitglied - ein Staat, der zwar aufgrund seiner Größe, seiner politisch-kulturellen Prägung und seiner wirtschaftlichen Verfassung auf absehbare Zeit kein Mitglied der EU werden kann, aber inzwischen über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit der Union verfügt. Auch nach einem Abschluss der geplanten Osterweiterung werden somit mit Island und Norwegen einerseits und mit Russland andererseits Mitglieder im Ostseerat repräsentiert sein, die dem europäischen Integrationssystem nicht (voll) angehören. Norwegen und Island nehmen zwar bereits heute an den Vereinbarungen von Schengen teil und dokumentieren damit ihr Bestreben, unterhalb der Schwelle einer EU-Mitgliedschaft an einer differenzierten europäischen Integration in einzelnen Sachbereichen teilzuhaben. Aus der Sicht der EU könnte sich gegenüber Russland mit dem Ostseerat in ähnlicher Hinsicht die Chance bieten, eine in definierten Sachbereichen intensivierte Zusammenarbeit zu praktizieren.

Ähnlich wie - bis zur Ratifizierung des Vertrages von Amsterdam - die EU hat auch der Ostseerat ein Troika-System um die Präsidentschaft eingerichtet. Die jährlichen Außenministertreffen zwischen den Ostseeanrainern wurden mittlerweile um die Treffen der Fachminister (Verkehr, Kultur, Energie, Bau, Wirtschaft und Inneres) erweitert. Der Ostseerat gewinnt somit eine Koordinierungsfunktion für die gesamte Regierungszusammenarbeit seiner Mitglieder. Zwar ist an keine weitere Institutionalisierung gedacht, um die sektorale Eigenverantwortlichkeit zu wahren, aber "die Informationsverpflichtungen der Ressorts und nachgeordneter staatlicher Stellen gegenüber dem Ostseerat wachsen" . Ein Ausschuss Hoher Beamter (AHB) - Vertreter aus den jeweiligen Außenministerien - führt zweimonatlich die laufenden Abstimmungen durch. Neben der Möglichkeit, ad-hoc-Arbeitsgruppen nach Bedarf einzurichten, befassen sich derzeit drei Arbeitsgruppen mit den Themen wirtschaftliche Zusammenarbeit, nukleare Sicherheit und Strahlenschutz sowie Förderung demokratischer Institutionen. Auf diese Weise sollen Informationen ausgetauscht und Entscheidungen koordiniert werden.

Seit 1996 finden auch in einem zweijährigen Rhythmus Ostseegipfel der Staats- und Regierungschefs statt. Im selben Jahr beriefen die Regierungschefs eine Expertengruppe (Task Force) ihrer persönlichen Beauftragten zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Angesichts der hohen HIV-Infektionsrate in Kaliningrad wurde auf norwegische Initiative im Jahr 2000 eine Expertengruppe zur Kontrolle ansteckender Krankheiten eingerichtet. Ergänzt wird diese Arbeitsstruktur auf Regierungsebene durch regionale und subregionale Aktivitäten in der Wirtschaft, beim Umweltschutz, im Verkehrswesen und in der Kultur, insbesondere durch die "Stavanger Initiative" der Subregionen (Baltic Sea States' Sub-regional Conference, BSSSC), die bereits seit 1974 bestehende Helsinki-Kommission (HELCOM) zum Schutz der Umwelt in der Ostsee, durch die Union der Ostseestädte (UBC) sowie Zusammenschlüsse von Wirtschaftsverbänden und Nichtregierungsorganisationen. Hierbei sind insbesondere die Aktivitäten des Business Advisory Council (BAC) zu erwähnen, das in die Tätigkeiten der Arbeitsgruppe für wirtschaftliche Zusammenarbeit eingebunden ist (siehe Abb.).

IV. Ergebnisse in den Politikfeldern des Ostseerates

Die Politikfelder zwischenstaatlicher Zusammenarbeit im Rahmen des Ostseerates liegen vor allem im Bereich der sogenannten "weichen Sicherheit" (soft security). Darunter werden jene Bedrohungsprotenziale und -szenarien verstanden, die nicht unmittelbar mit militärischen Sicherheitsrisiken (hard security) in Zusammenhang stehen. Sie gefährden weniger die staatliche Souveränität, als vielmehr die Identität und Wertvollstellungen der jeweiligen Gesellschaft. Zu ihnen rechnet der Ostseerat im engeren Sinne insbesondere Probleme wie grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, Menschenhandel und Zivilschutz. Fasst man darunter alle nicht-militärischen Sicherheitsrisiken, dann bleiben auch ausgesprochen politische Themen wie beispielsweise die Frage der russischsprachigen Minderheiten in den baltischen Staaten oder aber die Entwicklung der zukünftigen EU-Enklave Kaliningrad nicht ausgespart. In diesem Sinne lassen sich "weiche Sicherheitsrisiken" entlang der Betroffenheit der einzelnen Staaten im Ostseeraum differenzieren: So sind gemeinsame - alle Staaten gleichermaßen betreffende - von stärker auf den Transformationsfolgen im post-sowjetischen Raum beruhenden Sicherheitsrisiken unterscheidbar.

Als ein Beispiel für die Bewältigung des sowjetischen Erbes im Ostseeraum lässt sich der Umgang mit der russischsprachigen Minderheit in Estland und Lettland anführen. Im Mai 1994 nahm auf Anregung Russlands der Kommissar für demokratische Institutionen und Menschenrechte, einschließlich der Rechte von Minderheiten seine Tätigkeit auf. Der ehemalige dänische Justizminister Øle Espersen, der das Mandat des Ostseerats-Kommissars bis September 2000 ausübte, hat sich in seinen Berichten an die Mitgliedstaaten u. a. auf die Rechtsentwicklung gegenüber den russischsprachigen Minderheiten in Estland und Lettland konzentriert. Ihm ist in diesem Zusammenhang der Vorwurf gemacht worden, einseitig zugunsten Russ-lands Partei zu ergreifen. Die Weigerung Estlands und Lettlands, einer Fortsetzung seines Mandats zuzustimmen, hat dann dazu geführt, dass anlässlich des Ministertreffens in Bergen im Juni 2000 das Amt mit Helle Degn neu besetzt und die Bezeichnung in "Kommissar des Rates der Ostseestaaten für demokratische Entwicklung" umgewidmet wurde. Zwar war Espersen mit der Erstellung einer Datenbank zu der rechtlichen Entwicklung - innerhalb der Grenzen seines Aufgabenbereiches - in den Ostseerats-Mitgliedstaaten sicherlich erfolgreich, insgesamt aber blieb die Wirksamkeit seiner Empfehlungen an die Mitgliedstaaten beschränkt.

Der Ostseerat hat sich auch zu einem "Scharnier" im Gefüge der europäischen Sicherheitsstruktur entwickelt, das neben den Institutionen "harter" Sicherheit (insbes. der NATO mit einer gegenseitigen Verteidigungsverpflichtung) auch weitere Formen der Sicherheitsvorsorge entwickelt. Besonders effektiv war die Zusammenarbeit der Ostseeanrainerstaaten in den Bereichen transnationaler organisierter Kriminalität und öffentlicher Gesundheit. Bereits 1996 wurde zur Verbesserung der Abstimmung bei der Verbrechensbekämpfung eine Expertengruppe eingerichtet. Sie bündelt und koordiniert die Bemühungen der Mitgliedstaaten, transnationalen Problemen wie z. B. dem Menschenhandel, illegaler Immigration, Waffen-, Drogenschmuggel und Geldwäsche zu begegnen. Hierzu hat die Expertengruppe verschiedene gemeinsame Kontrollmaßnahmen initiiert. Der Erfolg dieser Expertengruppe, deren Mandat bis 2004 verlängert worden ist, führte dazu, dass der Ostseegipfel im April 2000 im dänischen Kolding die Gründung einer zweiten Task Force zur Kontrolle übertragbarer Krankheiten ins Leben rief. Bereits im Dezember 2000 präsentierte diese Expertengruppe einige Vorschläge für Projekte zur Verbesserung der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen in einzelnen Mitgliedstaaten des Ostseerates.

Aufgrund fehlender eigener finanzieller Ressourcen ist der Ostseerat in besonderem Maße auf die Bereitschaft seiner Mitglieder angewiesen, nationale Interessen und Politiken abzustimmen. So verfolgte beispielsweise die deutsche Präsidentschaft das Ziel, die verschiedenen Aktivitäten und Foren der Zusammenarbeit im Ostseeraum und in Nordeuropa insgesamt zu koordinieren und dadurch Synergieeffekte zu bewirken. Gerade weil kein organisatorischer Zusammenschluss zwischen den verschiedenen subregionalen Organisationen des Ostseeraumes - wie insbesondere dem Barents-Euro-Arktischen Rat und dem Nordischen Ministerrat - zu erwarten ist, soll der Ostseerat als eine Plattform zur multilateralen Koordinierung der gesamten regionalen Zusammenarbeit im nördlichen Europa genutzt werden. Angesichts der Tatsache, dass im Rahmen der "Nördlichen Dimension" der EU keine neuen Institutionen geschaffen werden sollen, bietet der Ostseerat der EU die Möglichkeit, regionale Expertise verstärkt zu nutzen.

Entgegen mancher Befürchtungen unmittelbar nach dem Zerfall der Sowjetunion hat das Baltikum keine blutigen ethnischen Konflikte - wie auf dem Balkan - erlebt. Im Gegenteil: Diese europäische Subregion ist in hohem Maße gekennzeichnet durch eine friedliche Transformation, einen erfolgreichen (wenn auch noch nicht vollendeten) Aufbau demokratischer Insittutionen, einen hinreichenden Schutz der Minderheitenrechte sowie eine Heranführung an die EU. Allerdings besteht im Ostseeraum noch ein erhebliches sozioökonomisches Gefälle. Hierzu wurde während der deutschen Präsidentschaft im März 2001 in Berlin eine hochrangig besetzte Wirtschaftskonferenz veranstaltet. Noch sind zahlreiche in den Aktionsplänen des Ostseerates enthaltene Empfehlungen zur Verbesserung des Grenzübertritts im Güterverkehr, zur Anpassung bei Standardisierung und Zertifizierung, zur Korruptionsbekämpfung, zum Schutz geistigen Eigentums, zum Abbau von Investitionshemmnissen und zur Schaffung eines günstigen Geschäftsklimas für kleine und mittlere Unternehmen in die Tat umzusetzen. Einen Schlüssel zur Behebung der ökonomischen Unterschiede stellt die Entwicklung einer "Wissensgesellschaft" im Ostseeraum dar. Hierzu wurde im Mai 2001 in der deutschen Hauptstadt eine Fachtagung durchgeführt, welche die spezifischen Wettbewerbsvorteile dieser Region angesichts besonderer Potenziale in den Bereichen Hochschulkooperation, IT-Gesellschaft und Technologietransfer herausarbeitete. Die Einbeziehung Russlands in die europäische "Wissensgesellschaft" unterstreicht die im September 2000 in Kaliningrad eröffnete EuroFakultät.

Ein weiterer Schwerpunkt der deutschen Präsidentschaft lag in dem bereits klassischen Feld der Ostseekooperation: dem Umweltschutz und der nachhaltigen Entwicklung. Hierbei geht es darum, die präventiven Maßnahmen, etwa in der Frage der Sicherheit der Schifffahrt, weiterzuentwickeln und so den maritimen Umweltschutz auszubauen. Dem besonderen Merkmal der Ostseekooperation, die auch politische Prozesse "von unten nach oben" (bottom-up) fördern soll, wurde durch die Organisation eines Forums für Nicht-Regierungsorganisationen Ende Mai 2001 in Lübeck Rechnung getragen. Dabei stand im Vordergrund, übergreifende Zielvorstellungen für eine verbesserte Zusammenarbeit zu entwickeln. Bedeutsam ist, dass Russland an all diesen Aktivitäten gleichberechtigt mitwirkt. Zwar beruht die Teilnahme auf Freiwilligkeit, und es gibt für die Umsetzung von Entschlüssen keinen Kontrollmechanismus. Dennoch erfolgt hier mittels Zusammenarbeit und Anreizen eine gewisse Festlegung Russlands auf europäisch-westliche Verhaltensweisen und -normen.

V. Der Ostseerat als Forum zur Bearbeitung "weicher" Sicherheitsprobleme

Die Besonderheit des Ostseerates besteht darin, als ein subregionales Forum für Information, Konsultation und Koordination an einer früheren Nahtstelle zwischen West und Ost das friedliche "Zusammenwachsen" Europas im Bereich der Ostsee zu fördern. Bedeutsam ist, dass dieses Gremium in einem Gefüge sich überlappender Institutionen (insbes. NATO, EU, Europarat und OSZE) besondere Funktionen im Bereich nichtmilitärischer Probleme wahrzunehmen sucht. Erstens gilt dabei das Prinzip gemeinsamer Betroffenheit; zweitens geht es um diejenigen Probleme, die aus dem Zusammenbruch des Sowjetsystems herrühren. Gerade weil hier harte Sicherheitsprobleme - etwa die Frage einer künftigen NATO-Mitgliedschaft der baltischen Staaten - ausgeklammert sind, bietet sich die Chance, praktische Fragen von geringerer sicherheitspolitischer Brisanz zu bearbeiten und gegenseitige Lernprozesse auf unterschiedlichen staatlichen wie nichtstaatlichen Ebenen anzustoßen, um den "Wachstumsraum Ostsee" weiterzuentwickeln.

Aus dem Charakter des Ostseerates als einem multilateralen Forum zwischenstaatlicher Kooperation, in dem keines der Mitglieder aufgrund seiner militärischen Bedeutung einen Führungsanspruch erheben kann, ergeben sich aber auch Nachteile. Wie im Falle der OSZE sind die Beschlüsse des Gremiums lediglich politisch, nicht aber rechtlich bindend. Hindernisse auf dem Weg einer stärkeren Zusammenarbeit ergeben sich auch aus der unterschiedlichen Interessenlage der beteiligten Staaten. Die Mitglieder der EU stehen unter dem "außenpolitischen Primat" der Union und sind gehalten, ihre Politiken mit der Gemeinschaftspraxis abzustimmen. Andererseits ist davon auszugehen, dass die EU ein erhebliches Interesse daran hat, ihr normatives System - im Sinne von "soft governance" - auch auf Nichtmitglieder auszudehnen und diese gewissermaßen zu "EU-ropäisieren" . Im Falle Polens und der baltischen Staaten wird der Ostseerat weniger als Ausdruck einer innovativen Kooperationspolitik, als vielmehr als ein Instrument zur Förderung einer baldigen EU-Mitgliedschaft verstanden. Die nordischen Nicht-EU-Mitglieder (Island und Norwegen) sehen wiederum im Ostseerat eine Möglichkeit, zu den europäischen Kooperations- und Integrationsprozessen einen gewissen Anschluss zu halten. Russland geht es nicht zuletzt darum, den Rat als ein Organ zur Artikulation seiner Interessen gegenüber der sich nach Osten erweiternden EU zu nutzen.

VI. Der Ostseerat als subregionales Bindeglied zwischen der Euro- päischen Union und Russland

Für Russland, das sich an anderen Abschnitten seiner Außengrenze mit erheblichen militärischen Problemen - etwa Tschetschenien und Kaukasus - und teilweise ungeklärten Nachbarschaftsverhältnissen - insbesondere Japan, aber auch China - konfrontiert sieht, bietet die Ostsee-Kooperation besondere Bedingungen und Chancen: An seiner nordwestlichen Grenze hat es als Nachbarn Mitglieder der EU oder mit der EU zunehmend verbundene Staaten. Mit diesen wickelt es derzeit annähernd 40 Prozent seines Außenhandels ab; nach einem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten dürften es mehr als 50 Prozent werden. Aus dieser Tatsache ergeben sich weitere Interessen, so etwa der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Vor allem die nordwestlichen Regionen Russlands, die an die EU oder die EU-Beitrittskandidaten grenzen, sehen vor sich die Herausforderung, die sich möglicherweise noch vertiefende Kluft insbesondere im wirtschaftlich-sozialen Entwicklungsniveau zu überbrücken. Auf extreme Weise stellt sich dieses Problem im Fall der russischen Exklave Kaliningrad.

Die Zusammenarbeit im Rahmen des Ostseerates bietet Chancen, diesen Herausforderungen zu begegnen und Lösungen herbeizuführen. Die gegenwärtige Präsidentschaft Russlands im Ostseerat ist in dieser Hinsicht geradezu ein Symbol für die grundlegend veränderten Beziehungen in Europa zehn Jahre nach dem Ost-West-Konflikt: An Stelle der Blockkonfrontation und der Absprachen von Großmächten auf Kosten kleinerer Staaten wird hier in einem multilateralen Rahmen gehandelt. Konsultativforen wie der Ostseerat bieten die Chance zur Bearbeitung von Problemen, die andernfalls zu ernsten Sicherheitsfragen werden könnten. Der Ostseerat ist damit Teil eines neuartigen Systems von Institutionen, um in Europa den friedlichen Wandel konkret zu verwirklichen.

Aus der Sicht Russlands bietet die Mitgliedschaft im Ostseerat die Möglichkeit, seine Interessen gegenüber seinen nordwestlichen Nachbarn wahrzunehmen. Die russische Ostseerats-Präsidentschaft kann so verstanden werden als eine praktische Probe aufs Exempel: Wie weit die Anbindung Russlands an die EU vorangeschritten ist und wie weit nichtmilitärische Instrumente dienlich sind, um in einer sich rapide verändernden europäischen Subregion die Stabilität zu bewahren.

VII. Schlussfolgerungen

Der Ostseerat stellt eine Verknüpfung zwischen den heute maßgebenden regionalen Ordnungen - der EU und der von Russland dominierten Region der früheren Sowjetunion (mit Ausnahme der drei baltischen Staaten) - und der nationalstaatlichen Ebene in Europa her. Er ermöglicht gleichzeitig eine regionale, auf die Ostsee gerichtete zwischenstaatliche Kooperation, die durch eine differenzierte Form der Mitgliedschaft und Teilnahme von weiteren Staaten über diesen geographischen Raum hinausweist. Inwieweit es sich nach einer Erweiterung der EU als eigenständige Institution erhalten wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Insbesondere ist offen, ob die Ereignisse vom 11. September 2001 in den USA nicht nur in der Frage der NATO-, sondern auch EU-Osterweiterung zu einer institutionell neuartigen Verbindung zwischen den jeweiligen Akteuren - NATO bzw. EU einerseits und Russland andererseits - führen könnten. Allerdings hat Russland sein Interesse daran bekundet, auch weiterhin den Ostseerat als unabhängige Institution neben dem Dialog mit der Europäischen Union bewahren zu wollen. Wichtig ist die Beteiligung von substaatlichen Akteuren - Regionen, Städten und Gemeinden, Wirtschaftsverbänden und anderen nichtstaatlichen Organisationen. Dieser Akzent auf transnationale gesellschaftliche Zusammenarbeit entspringt vor allem der nordeuropäischen politischen Kultur - haben doch die fünf nordischen Staaten seit Jahrzehnten ein intensives Netzwerk zwischenstaatlicher Kooperation, insbesondere im Rahmen des Nordischen Rates und transnationaler Zusammenarbeit, ferner auf der Ebene von Verwaltungsbezirken und Gemeinden sowie nichtstaatlichen Organisationen geschaffen.

Die Einbindung von nichtstaatlichen Akteuren in Prozesse der Außenpolitik von Nationalstaaten im Rahmen multilateraler Einrichtungen spiegelt zugleich einen Aspekt "postmoderner" Politik wider, die sich von klassischen staatszentrierten Betrachtungsweisen löst. Auch im Ostseerat bleiben die Nationalstaaten allerdings die Schlüsselakteure, welche die transnationalen Prozesse weiter zu steuern suchen. Denkbar und auch wünschenswert ist die Weiterentwicklung des Ostseerates im Rahmen der "Nördlichen Dimension" der Europäischen Union. Angesichts einer EU-27 ist es wahrscheinlich, dass sich die Formen der EU-Mitgliedschaft in einzelnen Politikbereichen weiter ausdifferenzieren werden. Vorstellbar wäre etwa, dass sich der Ostseerat zu einem Katalysator für eine formalisierte regionale Zusammenarbeit der EU mit Russland - etwa in den Bereichen "Inneres und Justiz" - entwickeln könnte.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Der Beitrag entstand im Rahmen des von der Fritz Thyssen Stiftung an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena geförderten Forschungsprojektes "Die Europäische Union, die baltischen Staaten und das post-sowjetische Russland". Vgl. Dänisches Außenministerium, Speaking Notes of the Danish Foreign Minister for the Danish-German Ambassadors Meeting in Rostock, 22. Oktober 1991, S.'5.

  2. Vgl. Conference on Security and Cooperation in Europe (Hrsg.), Helsinki Follow-up Meeting 1992. Opening Statements, Helsinki 1992; Sven Arnswald, The Politics of Integrating the Baltic States into the EU, in: Mathias Jopp/Sven Arnswald (Hrsg.), The European Union and the Baltic States. Visions, Interests and Strategies for the Baltic Sea Region, Kauhava 1998, S. 35.

  3. Vgl. Carl-Einar St'lvant, The Council of the Baltic Sea States, in: Andrew Cottey (Hrsg.), Subregional Cooperation in the New Europe. Building Security, Prosperity from the Barents to the Black Sea, London - New York, S. 55Äf.

  4. Als jüngstes Beispiel der besonders intensiven Zusammenarbeit zwischen diesen Bundesländern kann das Forum "Nördliche Dimension" genannt werden, das gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt am 31. August und 1. September 2000 in Schwerin veranstaltet wurde.

  5. Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg wechseln sich auch jährlich in einer Sprecherrolle für die Ostseezusammenarbeit ab. Darüber hinaus hatte Schleswig-Holstein, das 2000/01 diese Funktion ausübte, zur Verstärkung der deutschen Ostseeratspräsidentschaft einen Mitarbeiter der Landesregierung in das Auswärtige Amt entsandt.

  6. Vgl. Michael Karlson, Transnationale Beziehungen in der Ostsee-Region, in: WeltTrends. Zeitschrift für internationale Politik und vergleichende Studien, 23 (1999), S. 9-29; Jan Ruszkowski, Das geopolitische Modell Europas im Ostseeraum in den Jahren 1990-1998, in: Deutsche Studien, 36 (1999) 2, S. 108-119.

  7. Vgl. Peter van Ham, Testing Cooperative Security in Europe"s New North: American Perspectives and Policies, in: Dmitri Trenin/Peter van Ham (Hrsg.), Russia and the United States in Northern European Security, Kauhava 2000, S. 64.

  8. Darüber hinaus zielt beispielsweise die verteidigungspolitische Initiative BALTOPS darauf, in jährlich stattfindenden Manövern auf der Ostsee, die Interoperabilität der US- bzw. NATO-Seestreitkräfte und ihrer PfP-Partner zu verbessern.

  9. Vgl. hierzu u.Äa. Andrew Cottey (Hrsg.), Subregional Cooperation in the New Europe. Building Security, Prosperity from the Barents to the Black Sea, London - New York 1999.

  10. Vgl. Christopher Preston, Obstacles to EU Enlargement: The Classical Community Method and the Prospects for a Wider Europe, in: Journal of Common Market Studies, 33 (1995) 3; Christopher Preston, Enlargement and Integration in the European Union, London 1997.

  11. Vgl. Ramunas Vilpisauskas, The Impact of the European Union on Intra-Baltic Economic Cooperation, in: Lithuanian Foreign Policy Review, (1999) 3, S. 97-124.

  12. Estland begann im März 1998 mit den offiziellen Beitrittsverhandlungen, Lettland und Litauen folgten erst im Februar 2000. Der Ausdruck ist dabei nicht ganz zutreffend, da es aus der Sicht der Beitrittskandidaten im wesentlichen nur darum geht, den sogenannten gemeinsamen Besitzstand (acquis communautaire) der Europäischen Union anzunehmen und diesen vor allem effektiv zu implementieren. Es ist dabei erklärtes Ziel der Mitgliedstaaten der EU und der Europäischen Kommission, nur eine möglichst begrenzte Zahl von gerechtfertigt erscheinenden Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen für die Kandidatenländer zuzulassen. Der acquis wiederum ist in Kapitel unterteilt worden wie Wettbewerb, Industrie, Umwelt usw. Bis zum 28. November 2001 hatten von den insgesamt 31 Kapiteln Lettland und Litauen 21, Estland 20 Kapitel vorläufig schließen können; vgl. Europäische Kommission, State of play, (http://europa.eu.int/comm/enlargement/negotiations/pdf/stateofplay_nov2001.pdf, 15. 1. 2001).

  13. Vgl. Ernst-Otto Czempiel, Weltpolitik im Umbruch. Das internationale System nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, München 1993, insbesondere S. 105-132.

  14. Vgl. Mette S. Filtenborg/Stefan Gänzle/Elisabeth Johannsson, An Alternative Approach to EU Foreign Policy: `Network Governance" and the Case of the Northern Dimension, in: Cooperation and Conflict, 37 (2002) 4 (i.E.).

  15. Vgl. Wilfried von Bredow, Antagonistische Kooperation als Form der Systemkonkurrenz, in: Manfred Funke (Hrsg.), Friedensforschung - Entscheidungshilfe gegen Gewalt, München 1975.

  16. Vgl. Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an den Rat. Die Europäische Union und das Kaliningrader Gebiet, KOM (2001) 26 endgültig, Brüssel, 17. 1. 2001.

  17. Vgl. Wolfgang Wessels, Die Europäische Union als Ordnungsfaktor, in: Karl Kaiser/Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Die neue Weltpolitik, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 334, Bonn 2000, S. 486.

  18. Zu den Begriffen der "Akteursfähigkeit" und "Präsenz" vgl. David Allen/Michael Smith, Western Europe"s Presence in the Contemporary International Arena, in: Review of International Studies, 16 (1990) 1, S. 19-37.

  19. Vgl. Mitteilung der Kommission an den Rat: Leitlinien für ein Konzept der Europäischen Union für die Ostseeregion, SEC (94) 1747 endgültig, Brüssel, 25. Oktober 1994.

  20. Vgl. René Nyberg, Ökonomische Interdependenz im Ostsee-Raum. Transportbedürfnisse Russlands und des Baltikums, in: Internationale Politik, 53 (1998) 2, S. 41-53.

  21. Z.ÄB. die Förderprogramme Phare, SAPARD, ISPA, INTER"REG, TEMPUS und TACIS.

  22. Vgl. die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates, 23. und 24. März 2001, Tagung des Europäischen Rates in Stockholm; Beschluss des Ministerrat der Europäischen Union vom 6. November 2001 über eine Garantie der Gemeinschaft für etwaige Verluste der Europäischen Investitionsbank aus einer Darlehenssonderaktion für ausgewählte Umweltprodukte im russischen Ostseebecken im Rahmen der Nördlichen Dimension (2001/777/EG), Brüssel, 9.Ä11. 2001.

  23. Jasper von Altenbockum, Der Ostseerat auf der Suche nach einer neuen Zukunft. Uneinigkeit über das künftige Verhältnis zur Europäischen Union. Die Russland-Politik, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. April 2000, S. 6.

  24. Vgl. Prioritäten der russischen Ostseeratspräsidentschaft (http://www.baltinfo.org).

  25. Vgl. CBSS, Priorities and Projects. Contribution of the Council of the Baltic Sea States to the "Action Plan for the Northern Dimension with external and cross-border policies of the European Union 2000-2003"", (http://www.cbss.st/, 20.01.02).

  26. Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Jürgen Koppelin, Dr. Helmut Haussmann, Ulrich Irmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der F.ÄD.ÄP., Drucksache 14/3424, S. 3.

  27. Ebd., S. 6.

  28. Vgl. Bary Buzan, People, States and Fear. An Agenda for International Security Studies in the Post-Cold War Era, New York 1991²; Barry Buzan/Ole Wver/Jaap de Wilde, Security: A Framework for Analysis, Boulder, Col. 1997.

  29. Vgl. Helmut Hubel/Stefan Gänzle, Soft Security Risks in the Region and the Role of the CBSS, in: Baltinfo, (2001) 40, S. 5Äf.

  30. Vgl. Jasper von Altenbockum, Streit im Ostseerat. Estland gegen dänsichen Menschenrechts-Beauftragten, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. Juni 2000, S. 6; ders., Unmut über Minderheitenpolitik der baltischen Staaten. Menschenrechtsbeauftragter des Ostseerats im Mittelpunkt der Kritik. Estland will Espersen nicht unterstützen, in: ebd. vom 8. Juli 1999, S. 4.

  31. Vgl. Ineta Ziemele, The Role of International Organisations in Strengthening Human Rights Performances in the Baltic Sea Region, in: German Yearbook of International Law/Jahrbuch für Internationales Recht, 43 (2000), S. 30.

  32. Vgl. hierzu Helmut Hubel/Stefan Gänzle, Chancen für das Zusammenwachsen im baltischen Raum. Deutschland übergibt Russland die Ostseerats-Präsidentschaft, in: Das Parlament, Nr. 40/2001, S. 6.

  33. Vgl. Artikel 11 (ex-Artikel J.1) EUV.

  34. Vgl. Lykke Friis/Anna Murphy, The European Union and Central and Eastern Europe: Governance and Boundaries, in: Journal of Common Market Studies, 37 (1999) 2, S. 211-232.

  35. Vgl. Prioritäten der russischen Ostseeratspräsidentschaft, (http://www.cbss.st/, 20.01.02).

  36. Vgl. Sven Fund, Grammatik(en) der Macht. Die Mittelmeerpolitik der Europäischen Union und die Zentralamerika-Politik der USA, Opladen 2001, S. 266-269.

Dr. phil. habil., geb. 1951; Lehrstuhl für Außenpolitik und Internationale Beziehungen, Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Anschrift: FSU Jena, Institut für Politikwissenschaft, Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena.
E-Mail: Helmut.Hubel@uni-jena.de

Veröffentlichungen u. a.: Rüstungskontrollpolitik im Ostseeraum, Frankfurt/M. 1980; (Hrsg. unter Mitarbeit von Aino Bannwart und Stefan Gänzle) EU Enlargement and Beyond: The Baltic States and Russia, Berlin 2002.

M. E. S. (Masters in European Studies), geb. 1970; wiss. Mitarbeiter und Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Außenpolitik und Internationale Beziehungen, Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Anschrift: FSU Jena, Institut für Politikwissenschaft, Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena.
E-Mail: stefan_gaenzle@yahoo.com

Veröffentlichungen u. a.: The EU's Presence and Actorness in the Baltic Sea Area: Multilevel Governance Beyond its External Borders, in: Helmut Hubel (Hrsg.), EU Enlargement and Beyond: The Baltic States and Russia, Berlin 2002.