Einleitung
Die Terroranschläge vom 11. September 2001 haben zu einem Paradigmenwechsel in der US-amerikanischen Außenpolitik geführt. Der Terrorismus in seiner islamistischen Variante rückte ins Zentrum und wird den sicherheitspolitischen Diskurs auf Jahre hinaus bestimmen. Seine Bekämpfung ist zum obersten Prinzip der Außenpolitik der USA geworden. Sie erfolgt primär mit militärischen Mitteln, obwohl die Ursachen des Terrorismus vielschichtig sind. Sowohl in der Ursachenanalyse als auch in der Bekämpfung der Wurzeln des Terrorismus gibt es Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten.
Auf die Gefahr einer zunehmenden Entfremdung zwischen Europa und den USA geht Jochen Thies in seinem Essay ein. Für ihn setzt dieser Entfremdungsprozess bereits mit dem Ende des Kalten Krieges ein. Der Autor konstatiert auch einen latent vorhandenen, kulturell bedingten Antiamerikanismus. Der Anti-Terror-Krieg habe auch zu neuen Allianzen geführt. So wurde Russland zu einem begehrten Partner der USA. Die eigentlichen Herausforderungen Europas sieht Thies auf dem Balkan und in der westlichen Einbindung Russlands.
Auch Peter Rudolf stellt erhebliche Strukturprobleme in den transatlantischen Beziehungen fest, die sich seit dem 11. September noch verstärkt haben. Im Einzelnen zählen dazu: Wertedifferenzen, Machtasymmetrie und strategische Divergenzen. Der 11. September wirke in zweifacher Hinsicht wie ein "transformatives Moment" für die Außenpolitik der USA: Das dort immer befürchtete worst case-Szenario habe sich bestätigt, und die US-Außenpolitik stehe vor einer strategischen Neuausrichtung.
Wird die Bekämpfung des internationalen Terrorismus also zum neuen organisatorischen Prinzip der US-amerikanischen Politik, fragt Heinrich Kreft. Dieser Kampf gegen den Terror könnte zum neuen Paradigma der US-Außenpolitik werden. Der Autor diagnostiziert eine Veränderung vom Kalten zum "Grauen Krieg" hin. Als mögliche Partner in diesem Kampf gegen den Terror kommen Europa, Russland, Indien und China in Frage. Auch das 21. Jahrhundert werde von den USA dominiert, weil sie die Herausforderungen des 11. September angenommen hätten.
Die US-amerikanische Außenpolitik wird seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges immer wieder von einer Debatte um Multilateralismus versus Unilateralismus geprägt. Auch nach den Ereignissen des 11. September ist diese Diskussion wieder entbrannt. Stefan Fröhlich stellt einen neuen amerikanischen Pragmatismus in Fragen der äußeren Sicherheit fest, der es den USA geboten erscheinen lässt, je nach Bedrohungspotenzial unilateral oder im Rahmen von Ad-hoc-Bündnissen zu handeln.
Im Rahmen des Kampfes gegen den Terror sprach Präsident George W. Bush von einer "Achse des Bösen" und meinte damit Irak, Iran und Nord-Korea. Ferhad Ibrahim geht der Frage nach, ob eine einheitliche Strategie gegen diese Staaten ein adäquates Mittel im Anti-Terror-Krieg sei. Der Autor analysiert die dual containment-Strategie, die Irak und Iran isolieren soll. Der Autor bezweifelt, ob die Vorgehensweise gegen Afghanistan auch für den Irak tauge.
Chinas strategische Handlungsfähigkeit sei durch die Bildung der internationalen Anti-Terror-Koalition eingeschränkt worden, so Kay Möller. Aufgrund der enormen wirtschaftlichen Abhängigkeit habe China aber keine andere Wahl gehabt, als sich mit den USA zu arrangieren. Zugleich profitiert China von der Anti-Terror-Koalition, indem es, wie Russland gegenüber Tschetschenien, unbehelligt gegen separatistische bzw. ethnische Bestrebungen vorgehen kann.