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10 Jahre nach Rio - Wie nachhaltig ist die Agrarpolitik? | Die Diskussion um Nachhaltigkeit | bpb.de

Die Diskussion um Nachhaltigkeit Editorial Konstruktives braucht Zeit. Über die langsame Entdeckung der Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit: Politik mit gesellschaftlicher Perspektive Lokale Agenda 21 in Deutschland - eine Bilanz 10 Jahre nach Rio - Wie nachhaltig ist die Agrarpolitik? "Ecopreneure": Nach der Dekade des Umweltmanagements das Jahrzehnt des nachhaltigen Unternehmertums?

10 Jahre nach Rio - Wie nachhaltig ist die Agrarpolitik?

Holger Meyer Wilfried Gaum Wilfried Holger / Gaum Meyer

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Zehn Jahre nach dem "Erdgipfel" von Rio fand im September 2002 in Johannesburg die Nachfolgekonferenz statt. Der Artikel von 2002 bewertet die bis dahin erzielten Nachhaltigkeitsfortschritte.

Nach einer Sitzung des UN-Gipfels für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg im Jahr 2002 zeigen sich nicht alle Delegierte zufrieden mit den Ergebnissen. Demonstranten kritisieren unter anderem, dass die auf der Konferenz getroffenen Ziele zum Schutz der Umwelt nicht tief greifend genug sind. (© (c) dpa - Fotoreport)

I. Krise als Chance - Die Wiederentdeckung rationaler Ressourcennutzung

"Lassen Sie uns die BSE-Krise als Chance zum Neuanfang begreifen", rief die frisch gebackene Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast den Eröffnungsgästen der Internationalen Grünen Woche am 18. Januar 2001 in Berlin zu. Damit lag sie zur Hochzeit der BSE-Krise Anfang 2001 voll im Trend der Zeit. Bundeskanzler Schröder hatte bereits vorher die konsequente "Abkehr von den Agrarfabriken" und von "industrieller Landwirtschaft" gefordert . Doch wie sieht es heute, eineinhalb Jahre nach diesem weitreichenden Aufruf aus? Schien der Ökolandbau noch bis vor kurzem die Allheilformel für die vielfältigen Probleme der Agrarwirtschaft zu sein, so ist nach dem Nitrofen-Lebensmittelskandal im Öko-Bereich auch dessen Image beschädigt. Perspektivisch stellt sich nun die Frage, ob sich die Landwirtschaft in Deutschland und Europa auf dem mühsamen Pfad der nachhaltigen Entwicklung befindet oder aber die vielbeschworene Wende in der Agrarpolitik gar ein Rohrkrepierer ist? Gibt es eine konsistente Nachhaltigkeitsstrategie für eine europäische Agrarpolitik? Um diese angesichts des Johannesburger Erdgipfels für die jetzige und zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik wichtigen Fragen beantworten zu können, bedarf es eines Rückblicks zu den Ursprüngen des Nachhaltigkeitsbegriffs. Erstaunlicherweise ging dessen Entstehung eine ebenso krisenhafte Entwicklung wie im Zuge des Auftretens der BSE in Deutschland voraus. Denn die gegen Ende des 17. Jahrhunderts rapide zur Neige gehenden und so dringend benötigten Holzreserven für den Silberbergbau im Erzgebirge gefährdeten das wirtschaftliche Rückgrat einer ganzen Region. Um diese wirtschaftliche Bedrohung abzuwenden, legte der Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz einen wesentlichen Grundpfeiler nachhaltiger Entwicklung fest. Sein Nachhaltigkeitskonzept sollte eine dauerhafte Bewirtschaftung des regionalen Waldbestandes garantieren und somit eine für die damalige Zeit wesentliche Grundvoraussetzung des Silberbergbaus langfristig sichern.

Ausgehend von dieser grundlegenden Idee eines Ressourcenübernutzungsverbots soll daher zunächst die Frage beantwortet werden, welche Nachhaltigkeitsaspekte für die deutsche und europäische Agrarpolitik zu berücksichtigen sind. Dabei können im Rahmen dieses Beitrages nur die maßgeblichen Meilensteine der Konzeptualisierung des Nachhaltigkeitsbegriffs aufgegriffen werden. Im Zuge dessen wird abzuwägen sein, inwieweit die auf die Agrarpolitik zugeschnittenen Nachhaltigkeitskonzepte als Lösungsansätze und Korrektiv für die offensichtlichen Fehlentwicklungen der Agrarpolitik fungieren können.

Als Ergebnis soll ein weitgehend auf der Arbeit der niedersächsischen Regierungskommission "Zukunft der Landwirtschaft - Verbraucherorientierung" fußender Vorschlag dargestellt werden, auf dem eine mittelfristig angelegte und dringend notwendige Debatte über ein belastbares agrarpolitisches Nachhaltigkeitskonzept aufbauen kann. In diesem Zusammenhang sollen auch die verschiedenen Nachhaltigkeitselemente einer Politik für die ländlichen Räume vorgestellt werden.

II. Nachhaltigkeit als sozial- ökologisches Modernisierungs- projekt

Die eigentliche Renaissance und Weiterentwicklung des Konzepts der Nachhaltigkeit ging von der Brundtland-Kommission im Jahre 1987 aus, die jedoch das global anzustrebende Nachhaltigkeitsleitbild in dessen Funktionen als Prozess und Struktur einer zukunftsverträglichen Entwicklung weitgehend inhaltsleer definierte. Die Aktivitäten der zivilgesellschaftlichen Ökologie- und Bürgerinitiativbewegungen und der parallele Aufschwung von Parteien mit ökologischem Programmschwerpunkt formierten einen Gegenpol zur klassischen oder keynesianischen Wachstumspolitik der etablierten Parteien. So wurde die Nachhaltigkeitsdebatte - spätestens nach dem Weltgipfel von Rio de Janeiro 1992 - zu einer Plattform für den beinahe korporativistisch organisiert zu nennenden Dialog zwischen Umweltorganisationen, Unternehmerverbänden, Parteien, Gewerkschaften und Kirchen. Insoweit hat die Idee der Nachhaltigkeit einen Pyrrhussieg errungen: War in den Anfängen der Debatte noch eine mehr oder weniger klare Stoßrichtung gegen die menschliche und natürliche Ressourcen verschwendenden Praktiken und Ideologien des Nordens gerichtet, so ist dieser Ansatz mittlerweile häufig nur noch in homöopathischen Dosen spürbar und hat vielerorts seine kritische Potenz verloren. Resigniert musste EU-Kommissar Prodi im Mai letzten Jahres in einer Rede vor dem Europäischen Parlament feststellen: "Selten bietet ein politisches Konzept so viel für so viele und wird von so wenigen in seinem Wert geschätzt." Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass heute nahezu alle politischen Kräfte und gesellschaftlich legitimierten Interessengruppen ein entschärftes Nachhaltigkeitsverständnis befürworten, das inhaltlich "den Bedürfnissen heutiger Generationen Rechnung trägt, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen, ihren eigenen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, ... zu behindern" .

Gerade diese weit gefasste Definition birgt die Gefahr der Überformung in sich. Insbesondere diejenigen Akteure, die den aus der Reichsnährstandsideologie der Nationalsozialisten in die Bundesrepublik Deutschland hinübergeretteten Status quo der agrarpolitischen Inhalte und Prozesse nicht verändert wissen wollen, nutzen geschickt die Defizite definitorischer Exaktheit für ihre Zwecke aus. Mit drohendem Machtverlust konfrontiert, versuchen derzeit die etablierten Interessenvertreter der Agrarwirtschaft, den mittlerweile auch sprachlich verschlissenen Allerweltsbegriff "Nachhaltigkeit" so nach ihrem Gusto zu besetzen, dass die Vorwendeagrarpolitik dazu hundertprozentig kompatibel erscheinen soll. Beispielsweise behauptet Philip Freiherr von dem Busche, Präsident der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft und ehemaliges Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung, im Rückblick auf die Agrartechnica 2001, dass nicht "ein regional-ökologischer Ansatz gleichbedeutend mit einer nachhaltigen Entwicklung", sondern "der Kernbestandteil eines nachhaltigen, zukunftsfähigen Deutschlands ... eine im internationalen Vergleich wettbewerbsfähige Wirtschaft" sei.

Sicherlich vermag die rein regional-ökologisch ausgerichtete Agrarpolitik als alleinige Nachhaltigkeitsstrategie nicht zu überzeugen. Noch weniger nachvollziehbar und durch die historische Genese des Nachhaltigkeitsbegriffs gerechtfertigt ist es jedoch, diese gegen eine eindimensionale rein betriebswirtschaftlich geprägte technisch-ökonomische Sichtweise auszuspielen. Das Beispiel zeigt deutlich, dass eine Konkretisierung des Nachhaltigkeitsleitbildes sowohl in der Agrarpolitik als auch in vielen anderen Politikfeldern dringend geboten ist, um dem offensichtlichen Missbrauch des "kritisch gedacht[en Konzepts] gegenüber Wachstumsfixierung und Ressourcenverschleiß" Einhalt zu gebieten.

III. Agenda 21 als universelle Grundlage agrarpolitischer Zukunftsfähigkeit?

Umso wichtiger wäre es daher, in der Agenda 21 eine eindeutig missbrauchssichere Ausprägung des Nachhaltigkeitsbegriffs fixiert zu wissen. Sollte dort eine konsistente und allgemeingültige Entwicklungsstrategie vorzufinden sein, wären die in den einzelnen Kapiteln für verschiedene Politikfelder formulierten Ziele und Maßnahmen bedeutende Wegweiser auf dem beschwerlichen Weg der Nachhaltigkeit. Insbesondere die Tatsache, dass 178 Staaten auf der von den Vereinten Nationen 1992 in Rio de Janeiro einberufenen Konferenz für "Umwelt und Entwicklung" an der Ausarbeitung dieses Dokuments beteiligt waren, bietet des Weiteren den Charme eines länderübergreifenden Konsenses der Weltgemeinschaft. Bedauerlicherweise vermag die Agenda 21 dieses hoch gesteckte Ziel nicht zu erreichen. Dies liegt nicht zuletzt in der Interessenheterogenität der unterzeichnenden Staaten begründet, wobei die Problemlagen wirtschaftlich starker Staaten von denen schwächerer maßgeblich variieren und somit in der Formulierung der jeweils angestrebten Lösungen zwangsläufig voneinander abweichen müssen.

Mag der erste, die Agenda 21 durchziehende Grundsatz, dass die Menschen im Zentrum der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung stehen, noch auf unsere Zustimmung stoßen, so ist eine allgemein postulierte, bereits heute stattfindende, primär ökonomisch motivierte Globalisierung als generelle Heilsbringerin abzulehnen. Gleiches gilt für einen weitgehend auf technischen Fortschritt reduzierten Nachhaltigkeitsansatz. Der in der Landwirtschaft als generelle Lösung der Welternährungsprobleme propagierte massive Einsatz der "grünen Gentechnik" übersieht beispielsweise, dass es sich beim heutigen Welthunger zunächst um ein Verteilungsproblem handelt. Davon abgesehen wären in den Entwicklungsländern - ausgehend vom Drei-Säulen-Modell der Agenda 21, das sowohl die ökonomische als auch ökologische und soziale Dimension der Nachhaltigkeit beinhaltet - hinsichtlich der Ernährungssicherheit breiter Bevölkerungsgruppen zweifelsohne Erfolge zu erzielen. Verkannt werden darf dabei jedoch nicht, dass gerade dadurch Folgeprobleme durch Freisetzung von Landarbeitskräften oder durch Überdüngung sowie Pestizideinsatz auftreten können. Beide aufgeführten Negativeffekte sind in Europa eingetreten und haben zu massivem Arbeitsplatzabbau in der Landwirtschaft und schwerwiegenden Umweltproblemen geführt. Diese Fehlentwicklungen gilt es in den Entwicklungsländern zu verhindern, was von den meisten unter dem Druck der eigenen hungernden Bevölkerung stehenden Regierungen aber als ökoimperialistische Bevormundung des Nordens verstanden wird. Die hoch technisierte Agrar- und Lebensmittelindustrie des primären und sekundären Wirtschaftssektors als essentiellen Bestandteil des Wohlstandsmodells der westlichen Welt vor Augen, wird es schwer werden, die Dritte Welt von anderen Entwicklungspfaden zu überzeugen.

Grundsätzlich gilt es aber zu beachten, dass die jetzigen Nachhaltigkeitsdefizite der europäischen und deutschen Agrarpolitik nicht durch eine fortschreitende Technisierung oder den Einsatz der grünen Gentechnik lösbar sind. Schließlich werden im EG-Binnenmarkt noch immer mehr Agrarprodukte produziert, als von den 370 Mio. Bürgern der Gemeinschaft verzehrt werden können. Freilich wäre eine Überproduktion in den mitteleuropäischen Gunstlagen nachzuvollziehen, gäbe es die Möglichkeit, Agrarprodukte auf den internationalen Märkten unsubventioniert zu verkaufen. Dies ist derzeit nicht der Fall, da beispielsweise Roggen nur dank EU-Exportprämien verbilligt auf dem Weltmarkt abgesetzt oder gar im Rahmen von Entsorgungsmaßnahmen vor der Küste Koreas als Fischfutter verklappt wird.

Schon heute zeigen die Forschungsergebnisse zur ökologischen Modernisierung sehr deutlich, wo die Grenzen eines rein technozentrierten und auf die wundersamen Heilkräfte der neoliberalen Ökonomie vertrauenden Ansatzes liegen. Konnten die technisch einfach zu lösenden Umweltschutzaufgaben durch End-of-Pipe-Technologien noch erfolgreich bearbeitet werden, so reift allmählich in der Politik die Erkenntnis, dass die "persistent problems" , die in ihrer Ausprägung als immer noch uneingeschränkter Flächenverbrauch, Artensterben und Klimaschutzfragen daherkommen, nur durch einen tief greifenden Strukturwandel in den Griff zu bekommen sind.

Diese einschlägigen Beispiele verdeutlichen, dass die die Agenda 21 durchziehenden Grundtendenzen der Liberalisierung der Weltmärkte und des technischen Fortschritts somit keinen Anspruch als maßgebliches Paradigma einer europäischen Nachhaltigkeitsstrategie für die Agrarpolitik haben können. Vielmehr droht der Agenda 21 dasselbe Schicksal, das bereits den Brundlandt-Bericht ereilte, da die "Vielfalt der darin enthaltenen Zielsetzungen und Strategien ... es den unterschiedlichen Akteuren (gestattet), ihre jeweiligen Interpretationen von Sustainable Development unter Berufung auf dieses Dokument zu legitimieren" .

IV. Agrarpolitisches Leitbild der Nachhaltigkeit

Sowohl der Bericht der Brundtland-Kommission als auch die Agenda 21 vermögen es aus den vorgenannten Gründen nicht, einen konsistenten Weg für eine nachhaltige Entwicklung der europäischen Agrarpolitik aufzuzeigen. Um aber auch für diesen Politikbereich zukunftsfähige Politikalternativen anbieten zu können, ist es zunächst erforderlich, Kriterien festzulegen. Nachhaltigkeit, ver-standen als Prozessregulierungsfunktion bestimmter Entwicklungsmuster, gründet dabei im engeren Sinne auf das bereits eingangs angeführte Ressourcenübernutzungsverbot. Die Enquete-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" des Deutschen Bundestages hat dazu im Jahre 1994 mit ihren vier Grundsätzen des Nachhaltigkeitsleitbildes einen bemerkenswerten Konkretisierungsbeitrag geleistet. Demnach drückt sich nachhaltige Entwicklung dadurch aus, dass

1. erneuerbare Ressourcen nur ihrer Regenerationsrate entsprechend genutzt werden sollen;

2. endliche Rohstoffquellen nur insoweit einer anthropogenen Nutzung unterzogen werden sollen, soweit diese sowohl in stofflicher als auch funktionaler Sicht durch erneuerbare Ressourcenträger ersetzt werden und gleichzeitig eine höhere Produktivität garantieren;

3. Umweltbelastungen nicht die natürlich vorgegebene Umweltkapazität der Hauptumweltmedien Luft, Boden und Wasser bzw. deren Abbauleistung übersteigen;

4. eine temporäre Äquivalenz zwischen Eintrags- bzw. Eingriffszeitpunkt einerseits und zwischen natürlichen Zeiträumen und Prozessabläufen andererseits bestehen soll.

Diese nun vordergründig sehr starke Ausrichtung auf die ökologische Dimension des Nachhaltigkeitskonzepts ist entwicklungshistorisch dadurch bedingt, dass die Nachhaltigkeitsdiskussion von Beginn an sehr stark mit Fragen der ökologischen Modernisierung und einer innovationsorientierten Umweltpolitik gekoppelt war. Dennoch darf dieser Sachverhalt nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch ökonomische und soziale Funktionen gleichberechtigt behandelt werden müssen. Letztgenannte Faktoren erfordern deshalb die Beachtung bestimmter Spielregeln hinsichtlich einer inter- und intragenerationellen Verteilungsgerechtigkeit um materielle und immaterielle Ressourcen. Letztendlich bedarf insbesondere die ökonomische Komponente gesteigerter Aufmerksamkeit, da es für eine nachhaltige Entwicklung von existenzieller Bedeutung ist, Wirtschaftsinteressen gezielt einzubinden und zu regulieren. Die heute in großem Umfang um den Preis ökologischer Degradation oder sozialer Ausbeutung realisierten kurzfristigen Gewinne sind in einem der Nachhaltigkeit verpflichteten Wirtschaftssystem nicht länger tolerierbar.

Die Extrapolation dieser Grundsätze auf die Agrarpolitik ergibt nun ein Leitbild, das bereits in weiten Teilen von der agrarpolitischen Arbeitsgruppe des Rats für nachhaltige Entwicklung treffend formuliert wurde. Diesem hier in einigen Punkten modifizierten und erweiterten strategischen Ansatz folgend, soll eine nachhaltige Agrarpolitik so ausgestaltet sein, dass sie eine Landwirtschaft ermöglicht, die

1. in ökonomischer Hinsicht durch unternehmerisches Handeln geprägt ist, weitgehend ohne Subventionen auskommt und somit wettbewerbsfähig ist. Die in der Agrarwirtschaft Beschäftigten erzielen ihr Einkommen nicht nur durch die Erzeugung gesunder Lebensmittel und deren teilweise regional gebundene Direktvermarktung und Weiterverarbeitung, sondern im Sinne einer multifunktionalen Landwirtschaft auch durch die Erschließung weiterer Erwerbsquellen im Tourismussektor, durch den Anbau nachwachsender Rohstoffe oder die Erzeugung von Energie aus Biomasse. Darüber hinaus ergeben sich weitere Einkommensmöglichkeiten durch die staatliche Honorierung von Naturschutz- und Landschaftspflegeleistungen;

2. in der ökologischen Dimension mit den natürlichen Ressourcen Boden, Luft und Wasser so umgeht, dass diese auch vor langfristigen negativen Einflüssen geschützt sind. Das bedeutet konkret, dass Dünge- und Pflanzenschutzmittel so sparsam und sorgfältig eingesetzt werden, dass angrenzende unkultivierte Bereiche und Gewässer nicht beeinträchtigt werden. Die Bewirtschaftungsform soll ferner eine artenreiche und vielfältige Kulturlandschaft erhalten, wobei es auch das genetische Potenzial alter Kulturpflanzensorten und Haustierrassen zu bewahren gilt;

3. im sozialen Bereich sichere Arbeitsplätze im ländlichen Raum bereitstellt. Die Frage, ob dabei auch der Erhalt bäuerlicher Familienbetriebsstrukturen angestrebt werden soll, ist hinsichtlich ihrer Arbeitsplatzwirksamkeit derzeit nicht eindeutig zu klären. So kann ein auf Gesellschafterbasis operierender Betrieb bei entsprechender Größe viel profitabler sein und sogar mehrere Familien ernähren. Der bäuerliche Familienbetrieb scheint hingegen als vorgeschobenes Argument zu dienen, die Sonderrolle der Agrarwirtschaft im Wirtschaftssystem sowie überkommene Gesellschaftsstrukturen zu zementieren und auch wenig zukunftsfähig zu sein, was durch den voranschreitenden Strukturwandel regelmäßig dokumentiert wird;

4. in den ethischen Fragen des Tierschutzes gewährleistet, dass Nutztiere sowohl in der Haltung als auch der Zucht und Fütterung tiergerecht behandelt und nicht unnötig gequält werden;

5. den Verbraucherschutz zu einem neuen politischen Paradigma macht. Der mit der Landwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg in einem fordistischen Produktionssystem abgeschlossene historische Kompromiss, gegen Einkommenssicherheit die Bereitstellung einer ausreichenden Lebensmittelversorgung für die städtischen Ballungsgebiete und die Industriebeschäftigten zu gewährleisten, hat in dieser Schlichtheit ausgedient. Dieser Kompromiss ist mit dem gesellschaftlichen Strukturwandel nunmehr selbst in Gefahr geraten. Die wachsende Skepsis gegenüber der Dauersubventionierung bestimmter Produkte, und zwar unabhängig von ihrer Qualität und den Drittwirkungen, die ihre Herstellung auslöst, geht einher mit dem Anwachsen neuer sozialer Milieus, die andere und qualitativ höhere Ansprüche an Nahrungsmittel stellen. Nachgefragt werden gesunde, nahrhafte und unter ökologischen und Tierschutzaspekten unbedenkliche Nahrungsmittel. Auskunftsansprüche des Verbrauchers gegenüber Behörden und sowohl Lebensmittel erzeugenden als auch vertreibenden Unternehmen helfen neben umfassenden Kennzeichnungspflichten, die Kultur des Misstrauens in eine Kultur des Vertrauens zu wandeln. Aber auch der mündige Verbraucher ist gefordert, durch sein Einkaufsverhalten eine nachhaltige Agrarpolitik zu honorieren und den Teufelskreis des dominierenden Preiswettbewerbs im Einzelhandel zu durchbrechen.

V. Nachhaltigkeitsdefizite der EU-Agrarpolitik

Neben der zu Recht kritisierten Beliebigkeit und Unverbindlichkeit soll jedoch anerkannt werden, dass in Kapitel 14.4 der Agenda 21 eine "Überprüfung der Agrarpolitik, Planung und Entwicklung integrierter Programme unter Berücksichtigung des multifunktionalen Aspekts der Land-wirtschaft ..." gefordert wird. Die gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) ist von ihrer Struktur her genau als solch ein Rahmenprogramm zu verstehen, dessen Ziele, Inhalte und Instrumente es hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitskompatibilität zu untersuchen gilt.

Die GAP, die bereits 1957 in den Römischen Verträgen angelegt wurde, ist das beste Beispiel für die fortschreitende europäische Integration, da mit ca. 44 Mrd. Euro jährlich etwa die Hälfte des EU-Haushalts für die europäische Landwirtschaft aufgewendet wird und nahezu 40 Prozent der gesamten EU-Gesetzgebung auf diesen Bereich entfallen. Bis auf Fragen der Agrarsozial- und -steuerpolitik werden die maßgeblichen Entscheidungen der Agrarpolitik auf EU-Ebene getroffen. Insgesamt fünf maßgebliche Ziele werden laut Artikel 33 EG-Vertrag durch die GAP verfolgt.

"Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik ist es:

a) die Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschritts, Rationalisierung der landwirtschaftlichen Erzeugung und den bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeitskräfte, zu steigern;

b) auf diese Weise der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Personen, eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten;

c) die Märkte zu stabilisieren;

d) die Versorgung sicherzustellen;

e) für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen."

Betrachtet man objektiv den Erreichungsgrad der vorgenannten Ziele, so wird deutlich, dass die Produktivität der Landwirtschaft in den vergangenen fünf Jahrzehnten EU-weit exponentiell zugenommen hat und die Versorgung der Bevölkerung mit preiswerten Lebensmitteln im Binnenmarkt sichergestellt ist. Wie das Janusgesicht, so weisen aber auch die Erfolge der EU-Agrarpolitik eine Kehrseite auf. Denn neben diesen offensichtlichen Wohlstandsgewinnen hat die GAP gleichzeitig bei der Stabilisierung der Einkommen der in der Landwirtschaft Tätigen und bei der Angebotsbegrenzung auf den Produktmärkten kläglich versagt. Insbesondere das unzeitgemäße Beharren auf falschen Mechanismen der GAP hat dazu geführt, dass das eine zugunsten des anderen zunehmend teurer erkauft wurde. Während vor der McSharry-Reform 1992 die produktionsgekoppelten Stützungsmaßnahmen zu einem gigantischen Anstieg der Produktion führten, drohten die Agrarmärkte im Sinne einer massiven Überschussproduktion außer Kontrolle zu geraten. Nur noch durch umfangreiche Stützungskäufe sowie durch teuer subventionierte Lagerhaltung und Exporte konnten die Märkte auf einem bestimmten Preisniveau gehalten werden. Gleichzeitig wurden die kleinen und mittleren Betriebe durch diese Politik zunehmend aus dem Markt gedrängt, da nur die reine Massenproduktion honoriert wurde. Der Strukturwandel ist deshalb nicht als ein notwendiges Übel, sondern als das Ergebnis einer politisch bewusst gewollten, aber aus heutiger Sicht fehlgesteuerten GAP zu verstehen, die die großen Betriebe immer verhältnismäßig stärker subventionierte als die Kleinbauern. Zwar ist durch die Einführung von einkommenstützenden Direktzahlungen an die Landwirte in Form von Flächenprämien zumindest die unmittelbare, produktionssteigernde Wirkung bei den bedeutenden Ackerbaukulturen entfallen und durch die Erweiterung der Quotierungsmodelle im Milch- und Zuckermarkt eine Mengenbegrenzung erzielt worden; den Strukturwandel, dem jährlich etwa drei bis vier Prozent aller Betriebe zum Opfer fallen, konnte dies jedoch nicht aufhalten.

Die Zielstrukturen der heutigen GAP sind veraltet und dringend reformbedürftig, weil sie der Nachkriegszeit entstammen, in der Nahrungsmittel Mangelware waren. Auf der EU-Agrarpolitik lastet damit ein Reformstau, der alle Dimensionen der Nachhaltigkeit betrifft und nur durch eine Änderung des EG-Vertrages aufgelöst werden kann:

1. Die GAP ist ökonomisch nicht nachhaltig, weil sie aus volkswirtschaftlicher Perspektive den Verbrauchern in der EU enorme Subventionskosten anlastet und aus betriebswirtschaftlicher Sicht kein angemessenes Einkommen für die kleinen und mittleren Betriebe gewährleistet. Fiskalisch betrachtet, ist die GAP ein schwerer Mühlstein für den Finanzhaushalt der EU, dessen Rahmen durch eine Expansion auf die MOE-Beitrittskandidaten endgültig gesprengt werden dürfte.

2. In der ökologischen Dimension fördert die jetzige GAP eine Landwirtschaft, die Massenrohstoffe für den Weltmarkt produziert und damit nicht nur Märkte in sich entwickelnden Ländern zerstört, sondern auch große Umweltprobleme mit sich bringt, deren Umweltkosten bis heute von der Allgemeinheit getragen werden. Die seit 1992 von der EU geförderten Agrarumweltmaßnahmen sind jedoch nur als ökologisches Feigenblatt zu bewerten, die den zunehmenden Belastungstrend nicht aufzuhalten oder umzukehren vermögen. Vielfach dienen sie - wie beispielsweise in Bayern oder Baden-Württemberg - nur einer zusätzlichen Subventionierung von Landwirten, ohne konkrete ökologische Gegenleistungen abzufordern.

3. Letztendlich ist die GAP auch sozial ungerecht, da diejenigen vier Prozent der Landwirte, die einen Spitzenbetrieb bewirtschaften, 40 Prozent der Subventionen erhalten, während diejenigen Bauern, die ums Überleben kämpfen, weitgehend leer ausgehen. Neben dem Versagen der GAP im Tier- und Umweltschutzbereich wird zunehmend mehr Verbrauchern klar, dass diese Politik maßgeblich zum Strukturwandel des ländlichen Raums beigetragen hat. Infolgedessen sind die Verbraucher vor allem in ländlichen Regionen ebenso Leidtragende der wegbrechenden Infrastrukturen. Auf anderer Ebene hingegen wird insbesondere von urbanen Bevölkerungsgruppen, die durch die vielfältigen Lebensmittelskandale aufgeschreckten worden sind, mehr Transparenz in der Lebensmittelproduktion gefordert. Insbesondere die städtische Bevölkerung wurde durch BSE, Schweinepest und MKS aus der weit verbreiteten, aber realitätsfernen Vorstellung einer ländlichen Idylle gerissen. Sie fordern nunmehr stärkere Transparenz in der Lebensmittelerzeugung und sind nicht mehr bereit, die Kosten für eine fehlgeleitete Agrarpolitik zu tragen.

Neben diesen ungelösten agrarinnenpolitischen Fragen existieren aber auch durch die EU-Osterweiterung und die nächste Verhandlungsrunde der WTO weitere agraraußenpolitische Herausforderungen, die eine Reform der GAP unter echten Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zwingend erforderlich machen. Im Folgenden soll die Arbeit der 17-köpfigen Niedersächsischen Regierungskommission "Zukunft der Landwirtschaft - Verbraucherorientierung" vorgestellt werden, die sich dieser Aufgabe bereits gestellt und ein weitgehend konsistentes, finanzierbares und nachhaltiges Agrarpolitikmodell entworfen hat.

VI. Zukunftsperspektiven für eine nachhaltige EU-Agrarpolitik

Dass Niedersachsen für die Konzeption einer neuen, nachhaltigen europäischen Agrarpolitik eine besondere Rolle spielt, ist alles andere als ein Zufall. Zwei Drittel der Landesfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Die trotz eines rapiden und umfassenden Strukturwandels immer noch relativ hohe Bedeutung der Landwirtschaft in Niedersachsen spiegelt sich in der Bruttowertschöpfung des Landes wider: Während im Bundesdurchschnitt nur noch 1,1 Prozent in diesem Sektor erwirtschaftet werden, sind es in Niedersachsen mehr als doppelt so viel: 2,8 Prozent. Mit 175 000 Personen umfasst der Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft immerhin noch 4 Prozent der Beschäftigten und liegt damit wiederum doppelt so hoch wie im Bundesvergleich. Noch existieren 66 000 Bauernhöfe, allerdings ca. 42 Prozent davon im Nebenerwerb. Der gesamte Landwirtschaftssektor inklusive der Ernährungsindustrie ist, gemessen an der Beschäftigtenzahl und Wertschöpfung, der zweitwichtigste Wirtschaftszweig nach der Automobilindustrie. 1999 wurde Niedersachsen neben 7,8 Mio. Menschen u. a. von 2,8 Mio. Rindern, 5,5 Mio. Schweinen, 13,7 Mio. Legehennen und 26,4 Mio. Jung-Masthühnern "bevölkert".

Aber Niedersachsen teilt als führendes Agrarland Deutschlands ebenso Licht und Schatten einer Landwirtschaft, die permanenten gesellschaftlichen und industriellen Umwälzungen und Fortentwicklungen unterworfen ist. Steter struktureller Wandel und schließlich der erste BSE-Fall in Schleswig-Holstein gaben am 24. November 2000 der niedersächsischen Landesregierung den Anstoß für die Einsetzung einer Regierungskommission. Unter dem programmatischen Titel "Zukunft der Landwirtschaft - Verbraucherorientierung" hatte sie den Auftrag, sowohl die dringlichsten Schritte zu einer umfassenden Qualitätssicherung und -kontrolle in der Fleischproduktion aufzuzeigen als auch die "derzeitige Agrarpolitik vorbehaltlos zu hinterfragen" . Nicht unerwähnt soll dabei bleiben, dass Zusammensetzung und Arbeitsweise der Kommission selbst ein Politikum waren: Bei der Auswahl der Experten hatte die Staatskanzlei darauf geachtet, dass vom Bioland-Verband über den Naturschutzbund und die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft bis zum Landvolk das ganze Spektrum agrarpolitischer Interessenverbände vertreten war. Die Professionen der Beteiligten sollten zugleich garantieren, dass die verschiedensten Facetten für eine fundierte agrarpolitische Bestandsaufnahme und Diskussion eingebracht werden konnten: Hier fanden sich Mitglieder aus dem ökologischen Land- und Pflanzenbau, eher liberal ausgerichtete Agrarökonomen und FAO-Sachverständige.

Die Kommission entwickelte im Kern folgendes Szenario für eine zukunftsfähige Agrarpolitik und setzt dabei zeitlich im Jahr 2007, mit dem Auslaufen der Beschlüsse der EU zur "Agenda 2000", an:

1. Entkoppelung von der Produktion und Auslaufenlassen der bisherigen landwirtschaftlichen Direktzahlungen innerhalb eines Zeitraumes von rund 20 Jahren. Die dabei eingesparten Mittel sollen für einen Zeitraum von zehn Jahren in vollem Umfang in eine Politik für den ländlichen Raum investiert werden, also für die Weiterentwicklung und Neuausrichtung der Agrarstruktur zur Verfügung stehen.

2. Gleichzeitig soll die "2. Säule der gemeinsamen Agrarpolitik", also die Maßnahmen für die Landwirtschaft und die ländlichen Räume zur Honorierung von gesellschaftlich erwünschten Leistungen ausgebaut werden, die durch das Marktgeschehen selbst nicht ausgelöst werden. Dieser Bereich zielt unmittelbar auf eine auf Nachhaltigkeit angelegte Politik in der Landwirtschaft und im Tierschutz ab.

3. Aus ethischen bzw. gesellschaftlichen Gründen gewählte höhere nationale Produktionsstandards in der Landwirtschaft sollen durch nationale Kompensationszahlungen ausgeglichen werden. Als Instrumente dieser Politik sind Kompensationszahlungen auf EU-Ebene, Schutzzölle auf Drittlandsprodukte und die Besteuerung nicht gewünschter Haltungs- und Produktionsverfahren durch Abgaben auf entsprechende in- und ausländische Produkte denkbar.

Mit diesem Szenario wird für die Agrarpolitik ein Paradigmenwechsel vorgeschlagen. Anstelle von Subventionen soll eine Honorierungspolitik für das Erbringen gesellschaftlich erwünschter Leistungen treten. Danach können zukünftig alternative Einkommensquellen in der Landwirtschaft, beispielsweise durch verstärkten Tier- und Umweltschutz, ergebnisorientierter erschlossen werden. Zudem hat das Szenario das Potenzial, den anstehenden Verhandlungen zur WTO und EU-Osterweiterung standhalten zu können. Es wäre daher wünschenswert, wenn dieses Konzept von der Bundesregierung in die bevorstehenden Verhandlungen zum mid-term-review der Agenda 2000 einbezogen würde, da in diesem Verfahren für ein Bundesland keine direkte Einwirkungsmöglichkeit auf die EU-Ebene besteht.

Eine Reihe von Vorschlägen der Kommission zielt auf eine Verbesserung der ökologischen Rahmenbedingungen, unter denen die Landwirtschaft produzieren soll. Stärkere Förderung des Vertragsnaturschutzes, Ackerrandstreifenprogramme und Handlungsempfehlungen im Bereich des Grundwasserschutzes zur Begrenzung des Nährstoffaustrages sind hier beispielhaft zu nennen. Die in der Düngemittelverordnung fixierten Obergrenzen für die Ausbringung sollen reduziert, die tatsächlichen Ausbringungsmengen bundesweit - wie bereits in Niedersachsen - geregelt und kontrolliert werden. Zur Ahndung einer Überschreitung der Grenzwerte der betriebsspezifischen Stickstoffsalden wird ein Modell von an Bilanzüberschüssen bemessenen Abgaben im Sinne einer Stickstoffabgabe vorgeschlagen. Erheblicher Forschungsbedarf existiert jedoch bei der Entwicklung möglichst zielgenauer agrarumweltpolitischer Maßnahmen, die möglichst geringe Transaktionskosten verursachen.

Für den Bundesgesetzgeber relevant ist die Forderung, den Tierschutz zu stärken. Tierschutz ist in Deutschland schon seit einigen Jahren, und zunehmend auch in der EU, ein Thema von wachsender Bedeutung. Bestehende Mindeststandards müssen wie bei der Schweinehaltung überprüft und angehoben oder sogar in einigen Bereichen wie beispielsweise bei der Rinderhaltung neu etabliert werden. Dabei ist zu beachten, dass ein Abwandern der Tierhaltung in Gebiete mit niedrigeren Haltungsanforderungen vermieden wird.

Nach den Vorschlägen der Kommission soll mit dem Ausbau der 2. Säule eine deutliche Politikentflechtung im Mehrebenensystem EU-Bund-Bundesländer einhergehen. Das Ziel ist eine allgemeine Effizienzsteigerung durch die Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips mit damit einhergehender fiskalischer Äquivalenz. Somit ist mit der Politikentflechtung gleichzeitig eine Neuordnung des Finanzierungssystems der GAP verbunden. Auf diese Weise sollen die unteren Ebenen in die Lage versetzt werden, ihrer neu gewonnenen Gestaltungs- die erforderliche Finanzierungskompetenz gegenüberzustellen.

In diesem Kontext ist die einzelbetriebliche Investitionsförderung EU-weit auf Investitionen zu beschränken, mit denen gesellschaftliche Ziele wie Tier- oder Umweltschutz verfolgt werden. Das Gutachten schlägt eine Förderung nur für über dem Standard liegende Umwelt- bzw. Tierschutzstandards vor.

VII. Die dritte Säule der Nachhaltigkeit und eine Politik für die ländlichen Räume

Der Endbericht der Regierungskommission greift prägnant einen Aspekt in der Diskussion um eine nachhaltige Agrarpolitik auf, der in der öffentlichen Wahrnehmung oft zu kurz kommt. Die Forderungen nach einer umweltverträglicheren und Aspekte des Tierschutzes berücksichtigenden Agrarpolitik sind mittlerweile geläufig. Was allerdings ein Desiderat zu werden droht, ist die Auseinandersetzung um die dritte Säule der Nachhaltigkeitsstrategie: die soziale Dimension der Entwicklung ländlicher Räume.

Dies erstaunt umso mehr, als die Fakten allgemein zugänglich sind. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe und der Beschäftigten sank in den letzten zehn Jahren stark, während die durchschnittliche Betriebsgröße wuchs. 2001 gab es rund 447 000 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland, 32 Prozent weniger als 1991. Gleichzeitig sank die Zahl der in der Landwirtschaft beschäftigten Menschen um 560 000 auf 1,3 Mio., darunter 860 000 Familienarbeitskräfte. Die durchschnittliche Hofgröße wuchs im gleichen Zeitraum von 26,1 ha auf 38,2 ha. Die Gewinnentwicklung nach Betriebsgrößen verlief sehr unterschiedlich: Die kleineren Haupterwerbsbetriebe mussten 1999/2000 einen geringfügigen Einkommensrückgang hinnehmen, die mittleren Betriebe steigerten ihre Gewinne um 6,3 Prozent, die größeren Betriebe verzeichneten mit 29,9 Prozent den stärksten Gewinnanstieg.

Diese Entwicklung trifft auch auf Niedersachsen zu . Die bewirtschaftenden Einheiten werden immer größer, sodass beispielsweise der Anteil der Höfe größer als 50 ha 1996 25 Prozent betrug, während 1960 erst drei Prozent in diese Kategorie fielen. Die kleineren Höfe bis 30 ha sind im gleichen Zeitraum um mehr als 65 Prozent zurückgegangen. Gegenwärtig wächst die Zahl der Betriebe nur in den Größenklassen ab 75 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche, in den Größenklassen darunter ist eine weitere Abnahme festzustellen. Die Einkommensunterschiede zwischen den Klein-, Mittel- und Großbetrieben sowie den ertragsstarken und ertragsschwachen Betrieben sind sehr groß. Die untere Hälfte der Betriebe erreichte im Wirtschaftsjahr 1999/2000 lediglich einen Wert von ca. 37 Prozent, die obere Hälfte dagegen ca. 164 Prozent des Durchschnittergebnisses von 59 392 DM. Den zur Existenzsicherung notwendigen Mindestgewinn von 60 000 DM pro Betrieb erreichten 1998/99 im Bereich der Landwirtschaftskammer Hannover lediglich 41 und in der Region Weser-Ems 28 Prozent. Kein Wunder, dass bereits 1995 mehr als die Hälfte der Betriebsleiter älter als 50 Jahre war und nur rund die Hälfte der in den nächsten 20 Jahren ausscheidenden Landwirte einen Betriebsnachfolger hat. Diese Zahlen mögen verdeutlichen, dass insbesondere die strukturschwachen ländlichen Räume mit niedriger Bevölkerungsdichte und geringem Arbeitsplatzangebot im außerlandwirtschaftlichen Bereich wenig Anreiz zum Verbleib bieten und so einer weiteren Abwanderung von Menschen und Unternehmen ausgesetzt sind. Gleichzeitig steigen die gesellschaftlichen Kosten für die Aufrechterhaltung einer Infrastruktur, die von immer weniger Menschen genutzt wird. Gleichwertige Lebensbedingungen für alle Menschen in den verschiedenen Teilräumen sind so jedenfalls nicht zu erlangen.

Die ausreichende Besiedlung der ländlichen Räume und damit ihre Funktionsfähigkeit hängen davon ab, ob bei der landwirtschaftlichen Nutzung auch eine ökologisch intakte und vielfältige Kulturlandschaft bewahrt wird. In diese Richtung weisen die Vorschläge der Regierungskommission. Mit einer Umwidmung der Finanzmittel werden wesentliche Bedingungen für attraktive und qualitätsvolle Wohnstandorte, für Naherholung und Fremdenverkehr geschaffen. Den konzeptionellen Mittelpunkt bildet das "neue Dorf". Es geht darum, das bürgerschaftliche Engagement durch die Verwaltung zu fördern, die Nachteile bei der verkehrlichen Anbindung durch den Zugang zu modernen IuK-Techniken zu kompensieren und sich um eine lebendige örtliche Kultur zu bemühen. Entscheidend neben solchen weichen Standortfaktoren wird es sein, den Landwirten Einkommensalternativen insbesondere im Bereich des Tourismus und der erneuerbaren Energien zu bieten. In Niedersachsen mit seinem vielfältigen und reichen Angebot an unterschiedlichen Landschaftstypen, aber auch in anderen Regionen Deutschlands wäre dies ein gangbarer Entwicklungspfad, der durch Regionalisierungskonzepte politisch zu unterstützen ist. Einer der wesentlichen Schwachpunkte der bisher entwickelten Politikkonzepte liegt allerdings darin, dass die Bevölkerung der ländlichen Räume in der Regel selbst noch zu wenig an der Entwicklung neuer Konzepte beteiligt ist und so der vorhandene Sachverstand für die "Weiterentwicklung der Agrarlandschaften" nicht ausgeschöpft wird.

Im Rahmen einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie ist insbesondere den ländlichen Räumen eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen und organisatorisch abzusichern, indem die Zuständigkeiten für Regionalmanagement, Strukturförderung, Infrastrukturentwicklung und regionale Wirtschaftsförderung in einer Hand zusammengeführt werden. Unter diesem Aspekt ist Agrarpolitik heute nicht mehr in Landwirtschaftsressorts traditionellen Zuschnitts, sondern in Ministerien für den ländlichen Raum mit entsprechenden Zuständigkeiten anzusiedeln.

VIII. Fazit

Nach unserem Eindruck kann die weitere Diskussion um die Neuausrichtung der Agrarpolitik, die materiell eine Debatte um eine nachhaltige Landwirtschaft sein muss, in vielen Bereichen aus dem oben dargestellten Endbericht der Regierungskommission "Zukunft der Landwirtschaft - Verbraucherorientierung" wertvolle Ansätze entnehmen. Entscheidend ist, dass unabhängig davon die an einer nachhaltigen Landwirtschaft Interessierten einige Leitlinien beachten, mit denen wir unseren Überblick über die Problematik der bisherigen Landwirtschaft und die Lösungsansätze für eine Konzeption der Nachhaltigkeit schließen wollen:

These 1: Nachhaltigkeit als neues Leitbild. Nach der BSE-Krise und auch nach dem Nitrofen-Skandal besteht die politische Chance, qualitativ ein neues Leitbild in der Ernährungs- und Gesundheitspolitik durchzusetzen. Das Interesse an der Produktion ausreichender und preislich billiger Nahrungsmittelmengen tritt hinter einem Interesse an gesundheitsförderlichen und sicheren Nahrungsmitteln zurück, deren Produktion die Umweltbedingungen nicht verschlechtert: "Klasse statt Masse." Dieser Paradigmenwechsel der Nahrungsmittelerzeugung bietet zudem die Möglichkeit für neue Bündnisse, denn dieses Leitbild ist nicht nur für aufgeklärte Unternehmer und die Öko-Branche gültig, sondern entspricht auch den Zielen der Arbeitnehmer-, Verbraucher- und Umweltorganisationen für die "Qualität des Lebens", die diese Forderung bereits in den Zeiten der sozialliberalen Reformperiode erhoben haben.

These 2: Neues Politikmodell fördert Nachhaltigkeitsansätze. Mit der BSE-Krise hat ein Wechsel des Politikmodells in der Agrarpolitik begonnen. Auch hier gilt nunmehr die Erkenntnis, dass eine hochkomplexe kapitalistische Industriegesellschaft nicht mehr zentralistisch, ohne Mitwirkung aller an einem Problem beteiligten gesellschaftlichen Kräfte quasi "von oben" geleitet werden kann. Beteiligung, strukturierte Diskussion an "Runden Tischen" und die abschließende Absicherung der Ergebnisse durch die gewählten Parlamente und Regierungen sind moderne Politikformen. Dieser Wechsel ist ein wichtiger Bestandteil der von der Bundesregierung postulierten "Agrarwende" oder besser "Neuausrichtung der Agrarpolitik". Wichtig ist dabei die Einbeziehung der Interessen der Verbraucher und der abhängig Beschäftigten.

These 3: Europäisierung und Globalisierung von Nachhaltigkeitspolitik. Die politische Debatte darf nicht ohne Berücksichtigung der hier wirksamen Aspekte von Europäisierung und Globalisierung geführt werden. Der in der Vergangenheit erzeugte Preisdruck auf die landwirtschaftlichen Produzenten verführte zum Unterlaufen von Gesundheitsstandards und ökologischen Anforderungen. Diese Tendenz wird im Zusammenhang mit der anstehenden EU-Osterweiterung und WTO-Runde nicht verschwinden, sondern sich eher verstärken. Die Öffentlichkeit darf daher nicht einseitig die Landwirte aufs Korn nehmen, sondern muss die Verantwortung der Nahrungsmittelindustrie und Handelsketten für diesen Prozess benennen. Darüber wurde und wird in der öffentlichen Debatte nach der BSE-Krise bisher zu wenig oder gar nicht diskutiert. Hier kann nur dann wirkungsvoll entgegengesteuert werden, wenn Nachhaltigkeitsforderungen und -ansätze auf europäischer und internationaler Ebene politisch mit Bündnispartnern aus der Ökologiebewegung und den Landwirtschaftsverbänden abgestimmt und vernetzt werden.

These 4: Keine Nachhaltigkeit ohne Bündnis mit den Verbrauchern. Es wird darauf ankommen, dass dieses neue Leitbild nicht zu einer Spaltung der Verbrauchergruppen führt. Dazu bedarf es der politischen Mobilisierung der Organisationen, die sich traditionell den Interessen der breiten Schichten der Verbraucher verpflichtet fühlen, die abhängig oder gar nicht beschäftigt sind. Ein politischer Ansatz für eine nachhaltige Agrarpolitik bedarf daher der Flankierung durch die Organisations- und Durchsetzungspotenz der verbraucherstärkenden Maßnahmen. So sind in den Länder- und Bundeshaushalten ausreichende Mittel für den institutionellen Verbraucherschutz einzustellen und entsprechend präventiv wirksame Werbekampagnen für gesunde und richtige Ernährung vor allem in den Schulen zu implementieren. Aber die Aspekte einer nachhaltigen Landwirtschaft sind auch in lokale Agenda 21-Prozesse einzubeziehen, da viele Dorfbewohner gar keinen Kontakt mehr mit Landwirten haben.

These 5: Koordinierte Entwicklungsprogramme für den gesamten ländlichen Raum. Nachhaltigkeit ist nicht erreichbar, wenn Landflucht und Perspektivlosigkeit für die Bewohner der ländlichen Regionen einerseits und die weitere Verdichtung in den Metropolregionen andererseits ungebremst fortschreiten. Ohne politische Steuerung ist diesem Trend nicht zu begegnen. Die Landwirtschaft im eigentlichen Sinne ist dabei ein wesentlicher Faktor, aber nicht der alleinige Schlüssel zur Problemlösung in den ländlichen Räumen. Die Politik für die ländlichen Räume kann nicht allein von den Zentren her und mit einer ungezielten Subventionierung gesteuert werden. Nachhaltigkeit ist ohne die Beachtung ihrer dritten Säule, also ohne soziale Verträglichkeit und Perspektivenbildung für die Bewohner der ländlichen Räume, nicht erreichbar. Entwicklungskonzepte für die Regionen sollten an ihren jeweiligen Stärken ansetzen, um Schwachstellen in der Infrastruktur und im kulturellen Bereich auszugleichen. Dazu muss der Sachverstand der Landwirte und der Bewohner der ländlichen Regionen genutzt und ihre Beteiligung an der Realisierung von regionalen Entwicklungskonzepten institutionalisiert werden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder vor dem Deutschen Bundestag am 29. 11. 2000.

  2. Die Begriffe "nachhaltige bzw. zukunftsfähige Entwicklung" und "Nachhaltigkeitsleitbild bzw. -strategie" werden in diesem Beitrag synonym als Übersetzung des "Sustainable Development"-Begriffs verwendet.

  3. Vgl. U. v. Alemann/C. Strünck, Die neue Koalitionsrepublik. FDP, Bündnis 90/Die Grünen und die PDS im vereinigten Parteiensystem, in: W. Süß (Hrsg.), Deutschland in den neunziger Jahren. Politik und Gesellschaft zwischen Wiedervereinigung und Globalisierung, Opladen 2002.

  4. Vgl. Die Zeit vom 25. 11. 1999, S. 98.

  5. Dabei gehen wir davon aus, dass eine nachhaltige Agrarpolitik den ganzen ländlichen Raum, in dem die aktiven Landwirte zumindest in Deutschland heute nur noch eine Minderheit ausmachen, zu erfassen hat.

  6. Vgl. World Commission for Environment and Devel opment, Our Common Future, Oxford 1987.

  7. Kanzleramtschef F.-W. Steinmeier hat dieses Politikverständnis in einem instruktiven Artikel zum "Bündnis für Arbeit" dargelegt, vgl. dazu Abschied von den Machern, in: Die Zeit vom 1. 3. 2001. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung kann als ein Ausdruck für diese modernisierte Korporativismusvariante gewertet werden.

  8. C. Merey, Nachhaltigkeit hat Hochkonjunktur, dpa vom 15. 5. 2002.

  9. World Commission for Environment and Development (Anm. 6), S. 43.

  10. Vgl. W. Henrichsmeyer/H. P. Witzke, Agrarpolitik, Band 2: Bewertung und Willensbildung, Stuttgart 1994, S. 418 ff.

  11. Vgl. Homepage des Sachverständigenrates für Umweltfragen, Stellungnahme zur deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, "Umweltrat fordert anspruchsvollere Nachhaltigkeitsstrate gie", http://www.umweltrat.de/aktuell.htm, Stand 13. 2. 2002.

  12. P. Freiherr v. d. Busche erklärte mit dieser Begründung gegenüber Bundeskanzler Gerhard Schröder seinen Austritt aus dem Rat für Nachhaltige Entwicklung. Die Bundesregierung hatte zuvor in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie den Indikator "20 % Ökolandbau bis zum Jahr 2010" als einen von 21 Indikatoren festgesetzt, vgl. Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) vom 20. 4. 2002.

  13. P. Freiherr v. d. Busche, Abdruck der Rede anlässlich der RHG-Gespräche "Nachhaltige Landwirtschaft - Chance oder Risiken für die Landwirte?", 20. 11. 2001.

  14. J. Raschke, Die Zukunft der Grünen. So kann man nicht regieren, Frankfurt/M. - New York 2001, S. 79.

  15. Vgl. Bundesministerium für Umweltschutz und Reaktorsicherheit (BMU) (Hrsg.), Umweltpolitik. Agenda 21. Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro, Dokumente, Bonn 1997.

  16. Vgl. H. Meyer, Quo vadis? Perspektiven der sozialwissenschaftlichen Umweltforschung, in: F. Müller-Rommel (Hrsg.), Studium der Umweltwissenschaften, Sozialwissenschaften, Berlin - Heidelberg 2001, S. 157 ff.

  17. Vgl. BMU (Anm. 15), S. 129 ff.

  18. Derzeit wird auf EU-Ebene auch diskutiert, ob Getreide in Biomassekraftwerken als Brennstoff eingesetzt werden soll, um Überkapazitäten abzubauen. Vgl. dazu Land &Forst, (2002) 16, S. 69.

  19. Vgl. M. Jänicke, Ökologische Modernisierung als Innovation und Diffusion in Politik und Technik: Möglichkeiten und Grenzen eines Konzeptes, in: Zeitschrift für angewandte Umweltforschung, 13 (2000) 3/4, S. 281 - 297.

  20. Ob dieser Anspruch auch für andere Politikfelder erfüllt werden kann, ist zweifelhaft.

  21. K.-W. Brandt/G. Jochum, Abschlussbericht eines DFG-Projekts zum Thema "Sustainable Development/Nachhaltige Entwicklung - Zur sozialen Konstruktion globaler Handlungskonzepte im Umweltdiskurs", Münchener Projektgruppe für Sozialforschung e.V., MPS-Texte, (2000) 1, S. 26.

  22. Vgl. Enquete-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" des Deutschen Bundestages (Hrsg.), Die Industriegesellschaft gestalten. Perspektiven für einen nachhaltigen Umgang mit Stoff- und Materialströmen, Bonn 1994, S. 45 ff.

  23. D. und D. Meadows, Die neuen Grenzen des Wachstums, Stuttgart 1992, S. 230 ff.

  24. Vgl. Homepage des Sachverständigenrates für Umweltfragen, Bericht zur Auftaktveranstaltung des Rates am 28. 9.2001 in Berlin (http://www.nachhaltigkeitsrat.de).

  25. Insbesondere in den neuen Bundesländern hat sich die Betriebsform GmbH sowohl im Öko- als auch konventionellen Landbau als Nachfolgeform der LPG-Betriebe bewährt.

  26. Zu den Etappen der deutschen Agrarpolitik vgl. M. Kapfer/A. Heißerhuber/H. Hoffmann, Modulation - ein Ansatz zur Neuorientierung der Agrarpolitik?, in: ifo Schnelldienst, (2001) 24, S. 15 - 17.

  27. Der wachsende Markt für Bioprodukte zeugt davon ebenso wie das Auftauchen einer "wellness"-Szene, deren Ansprüche an naturschonende Produktionsweisen und gesundheitsfördernde Wirkungen von Nahrungsmitteln vielleicht wissenschaftlich obskur sein mögen. Es sollte jedoch bedacht werden, dass nach der herrschenden wirtschaftswissenschaftlichen Lehre die Bedürfnisse des "rational egoistisch motivierten" Nachfragers (REM-Hypothese) nicht benotet werden dürfen.

  28. Leider hat der jüngste Nitrofen-Skandal gezeigt, dass die "Gesetze der industriellen Produktion" auch vor der Bio-Branche nicht Halt machen und daher eine Kultur des Vertrauens auch hier erst noch erarbeitet werden muss. Vgl. dazu nur Busse u. a., Die große Bio-Illusion, in: Der Spiegel, Nr. 24/2002.

  29. BMU (Anm. 15), S. 106.

  30. Vgl. R. Sturm/H. Pehle, Das deutsche Regierungssystem, Leverkusen 2001, S. 176 ff.

  31. Diese wurden zunächst durch die Bauernverbände vehement bekämpft, da so die direkte Subventionierung der Landwirtschaft sichtbar wurde.

  32. Vgl. Homepage des BMVEL, Agrarbericht der Bundesregierung 2001, Stand 3. 6. 2002 (http://www.verbraucherministerium.de).

  33. Vgl. L. Ribbe, Die Wende in der Landwirtschaft, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B24/2001, S. 30.

  34. Vgl. ebd., S. 31.

  35. Wir konzentrieren uns auf dieses Modell, weil es im Unterschied zu anderen Vorschlägen durch die Zusammensetzung der Kommission einen tragfähigen Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessengruppen in der Landwirtschaft und Agrarwissenschaft abbildet.

  36. Vgl. Niedersächsisches Landesamt für Statistik, Niedersachsen, ein statistisches Profil, Hannover 2000, S. 151 ff.; dass., Niedersachsens Landwirtschaft in Zahlen, Hannover 2000.

  37. "Neuausrichtung des Verbraucherschutzes und der Agrarpolitik in Niedersachsen", Regierungserklärung des Ministerpräsidenten S. Gabriel am 24. 1. 2001, Presse- und Informationsstelle der Niedersächsischen Landesregierung Hannover, März 2001, S. 12.

  38. Diese Zusammensetzung spiegelt auch die internen politischen Differenzierungsprozesse in der Bauernschaft wider, wie sie bei G. Schmidt/U. Jasper, Agrarwende - oder die Zukunft unserer Ernährung, München 2001, S. 100 ff. breiter dargestellt werden. Sie kann als ein Schritt zu der in dieser Schrift geforderten erhöhten Transparenz und Demokratie im Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft begriffen werden, vgl. ebd., S. 186 f.

  39. Vgl. "Zukunft der Landwirtschaft - Verbraucherorientierung", Endbericht der Niedersächsischen Regierungskommission, November 2001, hrsg. von der Presse- und Informationsstelle der Niedersächsischen Landesregierung, November 2001, S. 73 ff. (zit. als Endbericht).

  40. Dass die Forderung nach mehr Tierschutz gesellschaftlich zwar verankert - siehe die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz - , aber wissenschaftlich nicht immer eindeutig entscheidbar ist, hat der Konflikt um die "Legehennenverordnung" gezeigt, der auch die Kommission beschäftigt hat. Vgl. Endbericht, ebd., S. 57, mit der Forderung nach einer intensiveren Forschung. Das BMVEL hat diesen Konflikt politisch wohl auch deshalb ohne weiteres Zuwarten weitgehend in seinem Sinne lösen müssen, um nicht bei der angestrebten Neuausrichtung der Agrarpolitik einen ersten massiven Imageschaden erleiden zu müssen und so in die Defensive zu geraten.

  41. Vgl. Endbericht (Anm. 39), S. 55 f.

  42. Vgl. ebd., S. 62.

  43. Vgl. ebd., S. 62 ff.

  44. Vgl. ebd., S. 61. Das Land Niedersachsen wird diesen Gedanken der Kommission aufgreifen und im Rahmen eines Pilotprojektes "Maßnahmen für eine erfolgsorientierte Honorierung gesellschaftlich erwünschter Leistungen der Landwirtschaft" entwickeln.

  45. Vgl. ebd., S. 53 ff., 58.

  46. Nach den Beschlüssen des EU-Gipfels von Nizza und der Einsetzung eines EU-Konventes ist in dieser Hinsicht Bewegung in die Diskussion gekommen. Insbesondere die deutschen Länder fordern vom Bund, sich bei der EU für eine stärkere Durchsetzung des Subsidiaritätsprinzips einzusetzen.

  47. Vgl. Endbericht (Anm. 39), S. 80. Auch diese Diskussion ist Gegenstand von Bund-Länder-Arbeitsgruppen in einer sehr intensiven und breit angelegten Föderalismus-Diskussion, die von einigen finanzstarken Bundesländern massiv forciert wird, um einen Wettbewerbsföderalismus durchzusetzen. Dieser Konflikt verläuft in der Regel entlang der Linie Nettozahler vs. Nettoempfänger im Länderfinanzausgleich.

  48. Hier dürfte Niedersachsen bereits eine positive Rolle spielen: Die Investitionsförderung ist in Niedersachsen im Gegensatz zu anderen Bundesländern bereits seit 1995 an Vorgaben hinsichtlich des Umwelt- und Tierschutzes gebunden. Es dürfen 2,5 Großvieheinheiten (GVE) pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche nicht überschritten werden. Ab 2002 ist diese Grenze auf 2,0 GVE gesenkt worden. Niedersachsen wird darüber hinaus in Gebieten mit hoher Nutztierdichte (Vechta, Cloppenburg) die Förderung im Bereich der Schweine- und Geflügelhaltung ausschließen, es sei denn, es werden emissionsmindernde Maßnahmen durchgeführt.

  49. Vgl. Angaben des Statistischen Bundesamtes, in: dpa vom 16. 1. 2002. Dabei soll auf die erheblichen Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern hingewiesen werden: Die Betriebe im Osten Deutschlands sind im Durchschnitt mit 182,3 ha bewirtschafteter Fläche sieben Mal so groß wie die im Westen mit durchschnittlich 27,6 ha.

  50. Vgl. BMVEL (Hrsg.), Agrarbericht der Bundesregierung 2001, Berlin 2001, S. 18.

  51. Dabei weist Niedersachsen bereits günstigere Betriebsgrößen auf als im Bundesdurchschnitt: Betriebe bis 10 ha Landfläche in Niedersachsen 29,4 Prozent (Bund: 40,5 Prozent), 50 bis 100 ha Landfläche 22,2 Prozent (Bund: 11,5 Prozent) und ab 100 ha Landfläche 8,1 Prozent (Bund: 5,2 Prozent), vgl. Niedersächsisches Landesamt für Statistik, Niedersachsens Landwirtschaft in Zahlen, Hannover 2000.

  52. Mitteilung von Landvolkpräsident Niemeyer in der Regierungskommission am 28. 6. 2001.

  53. Vgl. F. Isermeyer, Die Agrarwende - was kann die Politik tun?, Arbeitsbericht 2/2001 des Instituts für Betriebswirtschaft, Agrarstruktur und ländliche Räume, FAL Braunschweig, S. 10 ff. (http://www.fal.de).

  54. So das Motto eines Kongresses der IG-Metall 1972 in Hannover, bei dem als ein Hauptreferent der damalige Entwicklungshilfeminister Erhard Eppler auftrat.

  55. Die entsprechenden Haushaltsmittel des BMVEL erreichten 2002 den Stand von 1992.

Dipl.-Umweltwissenschaftler, geb. 1976; seit Juni 2000 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Politikwissenschaft I der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Anschrift: Sozialwissenschaftliches Institut, Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf.
E-Mail: hmeyer@uni-duesseldorf.de

Veröffentlichungen zu Themen der sozialwissenschaftlichen Umwelt- und Policyforschung.

geb. 1955; Ministerialrat in der Niedersächsischen Landesverwaltung.

Anschrift: St.-Georg-Str. 26, 30890 Barsinghausen.
E-Mail: wilfried.gaum@stk.niedersachsen.de

Veröffentlichungen zu Theorie Geschichte des Kündigungsschutzes, Urheber- und Arbeitnehmererfindungsrecht.