Als politisch umkämpfte Stadt ist Jerusalem ein Spiegelbild des komplexen palästinensisch-israelischen Konfliktes. Obwohl sie seit dem Krieg von 1967 von einer einzigen kommunalen Regierung verwaltet wird, bleibt die Stadt räumlich geteilt: Während die Altstadt und die Ost-Jerusalemer Viertel überwiegend palästinensisch sind, sind der Westteil und die jüdischen Siedlungen in Ost-Jerusalem israelisch. Die räumlichen Trennungen sind in Jerusalem deutlich sichtbar und hörbar. Architektonische Gestaltung, Sprache, Kleidung sowie die Regelung und Bereitstellung kommerzieller und kommunaler Dienstleistungen sind nur einige der Merkmale, die die Grenzen markieren und die Teilung der beiden nationalen Gruppen, Palästinenser und Israelis, vertiefen. Diese Merkmale zeigen nicht nur die Trennungen der Stadt an sich, sondern künden auch von den diversen politischen, religiösen, kulturellen und psychosozialen Unterschieden ihrer Bewohnerinnen und Bewohner.
Territoriale Vorherrschaft
Am 28. Juni 1967 verabschiedete die Knesset ein Gesetz, mit dem die israelische Gesetzgebung, Rechtsprechung und Zivilverwaltung formell auf 70 Quadratkilometer des arabischen Ost-Jerusalems sowie 28 Quadratkilometer umliegender Dörfer im Westjordanland ausgeweitet wurden. Die neuen Grenzen bescherten der Stadt an ihren nördlichen, östlichen und südlichen Randbereichen einen breiten Streifen zumeist unbewohnten Landes. Auf diesem sollten im Verlauf der folgenden 50 Jahre großflächige Siedlungsringe gebaut werden (Karte "Jerusalem und Umland"). Das israelische Innenministerium erließ eine Verordnung, durch die der jordanische Gemeinderat aufgelöst und die Gerichtsbarkeit der eigenen Stadtverwaltung auf das gesamte – also auch das besetzte – Stadtgebiet ausgedehnt wurde.
Zudem gab es eine Volkszählung, nach der Palästinenser den Status ständiger Residenten des Staates Israel erhielten; arabische Jerusalemer, die im Ausland arbeiteten oder wohnten – etwa die vielen Palästinenser, die seit den 1950er Jahren in den Golfstaaten arbeiteten – wurden als Abwesende eingestuft und hatten kein Recht auf Rückkehr in ihre Stadt.
Über diese formalen politisch-rechtlichen Handlungen hinaus setzte Israel eine Reihe von Entwicklungen in Gang, die darauf abzielten, vollendete Tatsachen zu schaffen. Mit großer Geschwindigkeit und Energie wurde eine zweigleisige Strategie umgesetzt: Zum einen wurde zum Aufbau einer starken jüdischen Präsenz in ganz Ost-Jerusalem ein umfangreiches jüdisches Siedlungsprogramm jenseits der vor 1967 geltenden Grenzlinie ("Grüne Linie") auf den Weg gebracht. Zum anderen bemühten sich die israelischen Behörden, die jüdische demografische Mehrheit zu bewahren – und wenn möglich sogar zu vergrößern –, indem sie Juden dazu ermutigten, sich in Jerusalem niederzulassen. Gleichzeitig wurden die arabischen Migrationsbewegungen nach Ost-Jerusalem eingeschränkt.
Seit 1967 wurden mehr als 30 Quadratkilometer palästinensischen Landes in Ost-Jerusalem (34 Prozent der Fläche) für den Bau jüdischer Siedlungen konfisziert; in den zwölf Siedlungen, die seither entstanden sind, leben inzwischen über 200.000 Menschen.
Auch in Bezug auf palästinensisches Bauwesen und wirtschaftliche Entwicklung verfolgt Israel eine restriktive Politik, was zur Abwanderung zahlreicher Palästinenser aus der Stadt in die angewachsenen Randbezirke führt.
Erstens: Die Altstadt, die knapp einen Quadratkilometer groß ist. Zweitens: Urbane Wohngegenden aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert im östlichen Teil der geteilten Stadt, etwa Sheikh Jarrah, Wadi al-Joz und Bab a-Zahara. Dabei ist erwähnenswert, dass die meisten Bewohner dieser Viertel Flüchtlinge infolge der Nakba (Katastrophe) von 1948 waren: palästinensische Elite, Mittelschicht und gebildete Bevölkerungsgruppen, in der Mehrzahl christlichen Glaubens, die gezwungen waren, die Stadtteile, die später zu West-Jerusalem wurden, zu verlassen. Ihre Zahl bezifferte sich auf etwa 30.000; sie hatten in acht Stadtvierteln und 39 Dörfern gewohnt – die meisten dieser Dörfer wurden nach dem Krieg abgerissen.
Landschaftsplanung als Herrschaftsinstrument
Die israelische Stadtplanung ist ein wichtiges Instrument, um die politische Agenda der territorialen Vorherrschaft in Jerusalem voranzutreiben: zur Förderung eines exklusiv jüdischen Charakters der Stadt, zur Ermöglichung jüdischer Landbeteiligungen, zur Bewahrung der jüdischen Mehrheit sowie zur Zersplitterung des palästinensischen Raumes und Beschränkung seiner Entwicklung.
So werden die offenen Flächen in Ost-Jerusalem, die eigentlich ein wesentlicher Bestandteil der Stadtplanung sein sollten, um auf die Bedürfnisse der dort lebenden arabischen Bevölkerung einzugehen, regelmäßig in den Dienst anderweitiger geopolitischer und nationaler Ziele gestellt. Insgesamt sind etwa 35 Prozent der Ost-Jerusalemer Fläche als "Grünflächen" ausgewiesen, auf denen jede Bautätigkeit untersagt ist. Auch die Einrichtung öffentlicher Spielplätze oder Grünanlagen ist dort nicht gestattet; die darauf stehenden Häuser sind allesamt vom Abriss bedroht.
Dabei sind diese Flächen, soweit es Palästinenser betrifft, fast das einzige Land, das ihrer Entwicklung dienen könnte. In den meisten Fällen handelt es sich um brachliegenden, sehr steinigen und landwirtschaftlich nicht nutzbaren Grund. Die israelische Stadtverwaltung hat sich nie aktiv um diese Gebiete gekümmert und weder für eine Grunderhaltung noch für eine Grundinstandhaltung gesorgt, etwa durch Maßnahmen zur Reinigung, zur Sanierung landwirtschaftlicher Terrassen oder zur Verhinderung des Abladens von Bauschutt.
Während die "Grünflächen" um bebautes palästinensisches Gebiet somit für zukünftige Entwicklungen nicht zur Verfügung stehen, werden die Flächen um die jüdischen Siedlungen als Freiflächen ausgewiesen, was diesen eine veränderte Landnutzung ermöglicht.
Die israelischen Siedlungen wiederum bilden einen Ring um die Stadt, mit der die geografische und demografische Kontinuität der palästinensischen Gebiete unterbrochen wird. Dagegen wurden palästinensische Gebiete von verzweifelten Privatinitiativen von Landbesitzern und Kleinunternehmern erschlossen – mit nur begrenzten finanziellen, technischen und administrativen Ressourcen und ohne Landschaftsplanung oder die Unterstützung nationaler oder lokaler Autoritäten.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Israelis die "Grünflächen" in Ost-Jerusalem als "Reserve" nutzen, die später den Expansionsinteressen jüdischer Siedler dient. In den vergangenen zehn Jahren gab es mindestens zwei Fälle, bei denen derartige Flächen in Bauland für Siedlungen umgewandelt wurden: in Har Homa im Süden und in Ramat Shlomo im Norden – beides Siedlungen, die Mitte der 1990er Jahre gegründet wurden und ihre Bevölkerung seither auf inzwischen knapp 19.000 beziehungsweise 15.000 Einwohner vervielfacht haben.
Die überschaubare palästinensische Stadtentwicklung vollzieht sich organisch, setzt sich aus Einzelinitiativen zusammen und funktioniert meist als Überlebenstechnik innerhalb der Grenzen und Einschränkungen der von Israel ausgeübten Kontrolle. Das israelische Urbanisierungsmodell dagegen wurde vor der Gründung Israels 1948 von Zuwanderergruppen vorangetrieben und danach vom israelischen Staat. Die von Israel verfolgte Strategie fördert dauerhaft eine Erweiterung der eigenen politischen, territorialen, demografischen und wirtschaftlichen Kontrolle.
Die asymmetrischen Strukturen stehen nicht nur in Zusammenhang mit politischer Macht und der Fähigkeit oder Unfähigkeit, den urbanen Raum zu gestalten, sondern auch mit den gesellschaftlichen und kulturellen Mustern, die aus der israelischen Vorherrschaft und Zerstückelung von Raum sowie dem Mangel an Urbanisierung und organisierter Gemeindearbeit im Dienste der breiten palästinensischen Öffentlichkeit resultieren. Die soziokulturellen Verhaltensmuster der arabischen Bevölkerung Jerusalems lassen sich als individuelles Überlebensprinzip definieren, um das Recht auf einen Wohnsitz in der Stadt und den Zugang zu ihr zu wahren sowie um die sozialen und wirtschaftlichen Bindungen an das Hinterland und das restliche Westjordanland aufrechtzuerhalten.
Auswirkungen DeR Mauer
Als die israelische Regierung im Juni 2002 beschloss, eine Sperranlage zum Westjordanland zu errichten, war das Sicherheitsargument nicht der einzige Grund hierfür: Bei der Planung des Verlaufs der Anlage, die tief in die besetzten Gebiete hineinreicht, wurde eine De-facto-Annexion sämtlicher größerer Siedlungsblöcke erwogen. Und tatsächlich wird die Barriere mit geplanten 710 Kilometern mehr als doppelt so lang sein wie die Grenze entlang der Grünen Linie. Nach Angaben des UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA) sind bislang etwa 460 Kilometer davon fertiggestellt.
Der erste Mauerabschnitt in Jerusalem wurde im Juli 2003 errichtet: eine 22 Kilometer lange Betonabsperrung, die innerhalb der Stadtgrenzen das nördliche Viertel Kafr ’Aqab mit seinen rund 23.500 Einwohnern mit Jerusalemer Ausweis vom übrigen Stadtgebiet isoliert. Zudem schneidet dieser Teil der Mauer auch das benachbarte Ramallah von Jerusalem ab, während ein weiterer Abschnitt im Süden Bethlehem und die in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden palästinensischen Viertel voneinander trennt.
Das Konzept der israelischen Gebietskontrolle durch die Einverleibung von Siedlungen im Jerusalemer Großraum erfreut sich im linken wie im rechten Lager Israels breiter Zustimmung. Der mäandernde Verlauf der Mauer in und um Jerusalem schließt dabei Gebiete mit Entwicklungspotenzial für palästinensische Wohngegenden aus und führt insgesamt dazu, dass zahlreiche Viertel und Dörfer innerhalb und außerhalb des Stadtgebietes zu nur umständlich zu erreichenden Enklaven geworden sind.
Der Bau der Mauer durch Jerusalem hat dramatische Folgen für die Stadt und ihr Umland; er ist die wichtigste Veränderung seit der Besetzung Jerusalems 1967. Die Sperranlage wirkt sich nicht nur auf die Grenzen der Stadt und des gesamten Ballungsraumes aus, sondern hat vor allem einschneidende Konsequenzen für die Mobilität und Wohnsituation der palästinensischen Bevölkerung. Darüber hinaus eliminiert sie die zentrale Bedeutung, die die Stadt zuvor für alle Palästinenser einnahm.
Die Mauer trennt rund 60.000 palästinensische Jerusalemer, die innerhalb der Stadtgrenzen leben, vom Zentrum der Stadt – und damit auch von den dort angebotenen lebensnotwendigen öffentlichen und individuellen Dienstleistungen. Aber auch die Anbindung der Stadt und ihrer Vororte zum Hinterland ist damit unterbrochen: Für Jahrhunderte war Jerusalem für das gesamte Westjordanland die wichtigste palästinensische Großstadt und somit ein wichtiger Schnittpunkt und Bestimmungsort für Hunderttausende Menschen, die in diesem Gebiet leben. Diese Rolle wurde in den 1990er Jahren durch den israelischen Beschluss, Inhabern von im Westjordanland ausgestellten Ausweisen die Einreise zu verweigern, enorm erschüttert. Was mit der Errichtung von Checkpoints und Ausweisbestimmungen begann, gipfelt im Bau der Mauer um Jerusalem.
All dies untergräbt auch den Einfluss Ost-Jerusalems als palästinensische Metropole; sie ist nicht länger der zentrale Ort zum Einkaufen, Beten oder zur Inanspruchnahme grundlegender Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung und Bildung. Tatsächlich wurde der kulturelle und wirtschaftliche Rang Ost-Jerusalems und seines Umlandes extrem geschmälert.
Ost-Jerusalem erfährt dadurch nicht nur einen Niedergang, sondern wird zunehmend zersplittert. Durch die Mauer werden Tatsachen geschaffen, die die funktionale Integrität der Stadt zerstören und die städtische Kontinuität mit ihrer natürlichen Erweiterung und ihren potenziellen Entwicklungsgebieten auflösen. Sämtliche Flächen, die für palästinensische Erschließung und Bebauung in der Stadt genutzt werden können, werden letztendlich außerhalb der Mauer liegen. Dies bedeutet, dass es in Ost-Jerusalem keine neuen Viertel für die Unterbringung seiner Bewohner geben kann. Tatsächlich hat die Mauer die Entwicklung der Stadtviertel in dicht besiedelte Elendsgebiete beschleunigt, was zu einer sozioökonomischen Schwächung großer Bevölkerungsgruppen führt.
Gleichzeitig erfährt West-Jerusalem als israelische Metropole durch die Mauer eine Aufwertung. Seit Ende der 1990er Jahre intensiviert Israel diesen Prozess durch den Aufbau einer Infrastruktur, die aus Straßen, Tunnels, Brücken und Siedlungs-Umgehungsrouten besteht, mit denen die Strecken zwischen den Siedlungen und West-Jerusalem verkürzt und die Anbindung dieser Siedlungen an die jüdische Hauptstadt verbessert werden. Deshalb gibt es inzwischen zwei parallele Straßennetze: nämlich ein modernes, entwickeltes, das zum Ausbau der jüdischen Siedlungen beigetragen hat, sowie ein altes, das durch den kurvigen Mauerverlauf zu einer unzusammenhängenden und ausschließlich von Palästinensern genutzten Ansammlung von Sackgassen geworden ist.
Relevanz der Hauptstadtfrage
Die dramatischen Veränderungen, die Ost-Jerusalem in über 50 Jahren israelischer Besetzung erlebt hat, stellen die palästinensische Forderung, Jerusalem solle die zukünftige Hauptstadt eines palästinensischen Staates werden, infrage. Tatsächlich haben die Israelis klar zum Ausdruck gebracht, dass die von ihnen geschaffenen Tatsachen einer Friedenslösung (in ihrem Narrativ: einer "Teilung der Stadt") entgegenstehen.
Auch wenn hier und da weniger bedeutende Stimmen eine Einstaatenlösung als Alternative zur gescheiterten Zweistaatenlösung ins Gespräch bringen, dominiert im palästinensischen Diskurs nach wie vor das Narrativ, Jerusalem solle eine zentrale politische Rolle einnehmen. Trotz der rasch fortschreitenden Israelisierung beziehungsweise erzwungenen Integration in Ost-Jerusalem, insbesondere nach dem Oslo-Friedensprozess und dem Bau der Mauer, ist ein Erfolg einer Einstaatenlösung ohnehin unwahrscheinlich. Nach fünf Jahrzehnten der Versuche, israelische Hoheitsgewalt auf palästinensischem Boden zu erzwingen, werden palästinensische Jerusalemer ihre nationalen Bestrebungen nicht aufgeben – schon gar nicht, wenn die angebotene Alternative institutionalisierte Diskriminierung ist. Aus pragmatischen Erwägungen heraus verschieben sich mit den Umständen natürlich auch die Prioritäten: Selbstverständlich ist den Ost-Jerusalemer Palästinensern daran gelegen, ihre Präsenz in Jerusalem beizubehalten und sich weder physisch noch administrativ aus ihrer Stadt vertreiben zu lassen. Ihre oberste Priorität liegt aber darin, ihren Wohnsitz als Privatperson zu bewahren. Dies macht sie jedoch nicht zu Israelis, und die große Mehrheit der arabischen Ost-Jerusalemer lehnt die israelische Staatsbürgerschaft nach wie vor ab.
Zugleich unterminiert die von Israel seit 1967 aufgezwungene Realität die Perspektive, dass Ost-Jerusalem jemals wieder zum palästinensischen Zentrum werden könnte, und nimmt der Stadt fast gänzlich das Potenzial, in Zukunft als Hauptstadt eines palästinensischen Staates fungieren zu können. Diese Wirklichkeit wirft die Frage auf, ob ein Friedensschluss überhaupt noch möglich ist. Nach der Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump und der Behauptung, die Jerusalemfrage sei nun "vom Tisch", hat sich die Problematik nochmals verschärft. Denn die offizielle Position der Palästinenser sieht Ost-Jerusalem nach wie vor als integralen Bestandteil der besetzten palästinensischen Gebiete und als zukünftige Hauptstadt eines eigenen Staates an. Eine Zweistaatenlösung aber wird ohne eine Einigung über die Zukunft Jerusalems nicht möglich sein.
Um die Hürden zu überwinden, die sich als physische Tatsachen vor Ort und im derzeit fehlenden politischen Willen Israels und der USA zu Verhandlungen über die Zukunft Jerusalems manifestieren, schlage ich die folgenden Prinzipien vor, mit denen Palästinenser und Israelis zu einer einvernehmlichen Lösung der Jerusalemfrage gelangen könnten:
Die geopolitische Lösung für die Zukunft von Jerusalem sollte auf dem Prinzip des Territoriums beruhen, also auf einer eigenstaatlichen politischen Trennung, und nicht darauf, dass Israel derzeit über Demografie und Siedlungen "Fakten schafft" und die alleinige Kontrolle über die gesamte Stadt ausübt.
Die politische Teilung sollte auf einer eindeutigen Grenzziehung zwischen einem zusammenhängenden Ost-Jerusalem als palästinensische (Haupt-)Stadt und einem separaten West-Jerusalem als israelische (Haupt-)Stadt basieren, nicht auf der israelischen Neudefinierung eines palästinensischen Jerusalems, die das städtische Gefüge zersplittert und aus der palästinensischen Metropole eine von Siedlungen, Mauern und Straßen zerschnittene Grenzstadt gemacht hat.
Jerusalem sollte eine offene Stadt sein, in der ein Höchstmaß an grenzüberschreitender Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten herrscht. Die Stadt sollte politisch zwar in zwei eigenständige Hauptstädte mit jeweils eigener Stadtverwaltung geteilt werden. Wirtschaftlich aber sollte sie als eine urbane Einheit fungieren, um ihre Erfüllung als offene, gemeinsam genutzte Stadt des Friedens zu finden.
Die Grenzen zwischen den beiden Hauptstädten sollten offen oder zumindest durchlässig sein, ohne physische Absperrungen. Eine offene Stadt wird den freien Verkehr von Menschen, Gütern, Ideen und Werten zwischen den beiden Hauptstädten ermöglichen.
Die offene Stadt sollte sowohl die palästinensischen als auch die israelischen Gebiete umfassen; die Zufahrten in und die Ausfahrten aus der Stadt könnten über Sicherheits- und Zollkontrollpunkte an den äußeren Stadtgrenzen überwacht werden. Der urbane, wirtschaftliche, soziale, religiöse und kulturelle Mehrwert, der mit diesem Status verbunden ist, könnte Jerusalem zum Durchbruch verhelfen, damit die Stadt über den Status einer doppelten Hauptstadt hinaus eine globale Stadt für die gesamte Menschheit werden kann.
Die Jerusalemer Altstadt ist ein lebendes Museum. Zwischen den beiden Seiten muss es ein Höchstmaß an Zusammenarbeit geben, damit der Status der Altstadt und ihre pluralistische universale Rolle ausgebaut wird und religiös motivierte Zusammenstöße wie auch das Ringen um Kontrolle, Identität und Perspektiven der Stadt minimiert werden können. Die universelle Perspektive könnte das gemeinsame "Markenzeichen" beider Seiten sein.
Damit Ost-Jerusalem überhaupt als palästinensisches Zentrum und Hauptstadt fungieren kann, müssen territoriale Nachbarschaft, städtische Funktionen und die Erweiterung des palästinensischen Ostteils forciert und in den geopolitischen Verhandlungen über die Zukunft von Jerusalem berücksichtigt werden.
Es ist wichtig, die internationalen Funktionen der Stadt sowie die Identität und die Art der internationalen Parteien und Akteure, die eingebunden werden sollen, zu definieren. Dabei sollte darauf geachtet werden, wie sich deren Interessen auf die Zukunft der Stadt auswirken, insbesondere mit Blick darauf, wie diese Interessen die pulsierende Stadt fördern und nachhaltige Lösungen ermöglichen könnten.
Schlussendlich könnte Jerusalem also entweder ein Zentrum der Menschlichkeit und ein Bindeglied im Netzwerk globaler Städte sein – zusätzlich zum Status als Hauptstadt zweier Staaten – oder aber eine Brutstätte für den Kampf von Kulturen, Religionen und Völkern, was unweigerlich zu einem allumfassenden Konflikt führen würde und ein unvorstellbarer Verlust wäre.
Übersetzung aus dem Englischen: Peter Beyer, Bonn.