Handel erzeugt Wohlfahrtsgewinne – und zwar für alle beteiligten Länder. So lautet die zentrale These David Ricardos (1772–1823), eines Hauptvertreters der klassischen Nationalökonomie. Bis heute zählt dieses Credo zum vermittelten Grundwissen der Wirtschaftswissenschaft, und Freihandel gilt als Garant des Wohlstands westlicher Industrienationen. Doch nicht zuletzt der Wahlsieg Donald Trumps, die Entscheidung der Briten für den Brexit und das vorläufige Scheitern der TTIP-Verhandlungen zwischen der USA und der EU offenbaren eine zunehmende Abneigung in reichen Ländern gegenüber freien Märkten.
Die Akzeptanz des Freihandels variiert mit den wahrgenommenen Verteilungseffekten innerhalb eines Landes. Dem Meinungsforschungsinstitut Pew zufolge sind in den USA lediglich 17 Prozent der Bevölkerung davon überzeugt, dass der globale Handel die Löhne steigen lässt. In China glauben dies 61 Prozent. Umgekehrt meint die Hälfte der US-Amerikaner, der freie Handel zerstöre Jobs, während dies in China nur elf Prozent der Menschen denken. In Deutschland hat der Freihandel einen nicht ganz so schlechten Ruf: Hierzulande sind 43 Prozent der Bevölkerung der Meinung, dass Freihandel Arbeitsplätze schafft.
Viele fragen sich, ob der Siegeszug der Globalisierung beendet ist – aber auch, welche Rollen die EU, China und andere Staaten künftig bei der Gestaltung des Welthandels spielen werden. Nachdem die EU bereits im Juli 2017 eine Grundsatzeinigung über das angestrebte Freihandelsabkommen mit Japan erzielen konnte, steht sie kurz vor dem Abschluss der vor 20 Jahren begonnenen Verhandlungen mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur. Diese intensivierten Bemühungen können als Antwort auf Trumps protektionistische Rhetorik gedeutet werden.