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Der souveräne Arbeitsgestalter in der zivilen Arbeitsgesellschaft | "Neue Arbeitswelt" | bpb.de

"Neue Arbeitswelt" Editorial Ende oder Wandel der Erwerbsarbeit? Thesen zur Geschichte und Zukunft der Arbeit Der souveräne Arbeitsgestalter in der zivilen Arbeitsgesellschaft Mögliche Chancen und befürchtete Fallen der "Neuen Tätigkeitsgesellschaft" für Frauen Alte Leitbilder und neue Herausforderungen: Arbeitsmarktpolitik im konservativ- korporatistischen Wohlfahrtsstaat

Der souveräne Arbeitsgestalter in der zivilen Arbeitsgesellschaft

Gerd Mutz

/ 28 Minuten zu lesen

Die Arbeitswelt befindet sich in einem dramatischen Wandel: Es entwickeln sich neue Typen von Arbeits- und Beschäftigungsformen, und die Grenzen zwischen Erwerbsarbeit und anderen Lebensbereichen werden durchlässiger.

I. Pluralisierung der Erwerbsformen

Industrielle Arbeitsgesellschaften befinden sich in einem tief greifenden Wandel. Digitalisierung und Globalisierung sind die einschlägigen Stichworte. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir generell von einer Krise der Arbeit oder von einem Abschied von der Arbeitsgesellschaft sprechen können . Vielmehr geht es um das Argument, dass sich die gesellschaftliche Arbeit selbst und damit ihre Organisationsformen sowie die Lebensführung von Männern und Frauen verändert haben. Aus der industriell geprägten Arbeitsgesellschaft entsteht eine "Neue Arbeitsgesellschaft". Dies kann eine auf Bürgersinn gegründete zivile Arbeitsgesellschaft sein, wenn sich entsprechende Rahmenbedingungen herausbilden.

Wenn wir davon sprechen, dass die Organisation gesellschaftlicher Arbeit in eine Krise geraten ist, dann geht es heute nicht vorrangig darum, ob wir genug Arbeit "haben" (was selbstverständlich wichtig ist). Auch wenn die Vermutung zutreffen sollte, dass das Volumen der Erwerbsarbeit langfristig tendenziell abnimmt , so folgen daraus nicht zwangsläufig Unterbeschäftigung und hohe Arbeitslosigkeit. Ob dies der Fall ist, entscheidet sich nicht auf der quantitativen Ebene und ist keine Frage der Arithmetik, sondern der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen - nicht zuletzt sind auch national und regional unterschiedliche Arbeitskulturen von Bedeutung. Vielen westlichen Ländern - etwa den USA - ist es in den letzten Jahren gelungen, die bedrohliche Arbeitsmarktsituation umzukehren und gar eine Situation der Arbeitskräfteknappheit herbeizuführen; andere - wie die Niederlande und Dänemark - sind auf einem guten Weg in diese Richtung. Deshalb geht es um die Frage, ob die Menschen für die neu entstehenden Erwerbsformen gerüstet sind. Im Mittelpunkt steht die Diagnose einer Erosion des Normalarbeitsverhältnisses . Das Primat der abhängigen Erwerbsarbeit - Lohnarbeit - als dominante Organisationsform gesellschaftlicher Arbeit scheint gebrochen. Das heißt, dass sich neben den "normalen" Beschäftigungsverhältnissen, die es vor allem in den industriellen Bereichen und teilweise im Dienstleistungssektor nach wie vor in hoher Anzahl gibt, andere Formen der Erwerbstätigkeit entwickelt haben. Dazu zählen flexible Teilzeitbeschäftigungen und prekäre Beschäftigungsvarianten, aber insbesondere auch die vielen neuen Formen der selbstständigen und freiberuflichen Tätigkeiten. In den vergangenen Jahren wurde beispielsweise eine große Zahl von Mikro- und Solounternehmen - überwiegend von Frauen - gegründet. Außerdem wird Arbeit immer häufiger projektförmig organisiert, und es entstehen Projektkonsortien: Ist die Aufgabe beendet, erlischt das Beschäftigungsverhältnis, ruht die Freiberuflichkeit oder der Solobetrieb kontrahiert mit einem anderen Partner.

Wir können von einer Pluralisierung bzw. Diversifizierung der Erwerbsformen und einem Wandel des Normalunternehmertums sprechen. Die bisher strikte Trennung zwischen abhängiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit löst sich auf, und es werden im Verlaufe des Erwerbslebens unterschiedliche Tätigkeiten ausgeübt, nacheinander, teilweise auch nebeneinander. Verschiedene Erwerbsformen dieser Art können sich zeitlich überlagern: Mikrounternehmer sind unter Umständen zugleich abhängige Beschäftigte und Firmeninhaber - in der negativen Variante dauerhafte Scheinselbstständige. Folglich werden Männer wie Frauen zukünftig unterschiedliche Arbeitsfelder flexibel miteinander kombinieren und aufeinander abstimmen müssen. Bereits heute gibt es nicht mehr nur einen "sicheren" Beruf und eine "feste" Arbeitsstelle, sondern vielfältige Arbeitszusammenhänge; man "hat" keine Arbeit, sondern Fähigkeiten und Qualifikationen, um in unterschiedlichen Erwerbsfeldern tätig zu sein; man lernt nicht ein für alle Mal für den Beruf, sondern lebensbegleitend. Die Folge ist, dass Menschen ihr berufliches Umfeld häufig wechseln werden, dass Übergänge zwischen unterschiedlichen Arbeits- und Beschäftigungsformen nicht gelingen und dass'oft nicht einkalkulierte Unterbrechungen auftreten.

II. Wandel der Lebensführung durch Dezentrierung der Erwerbsarbeit

Doch nicht nur die Organisation der Arbeit, auch die Einstellung der Menschen zur Arbeit hat sich verändert. Von einem generellen Bedeutungswandel der Arbeit zu sprechen wäre jedoch zu unpräzise. Wir müssen zwischen dem instrumentellen Charakter der Arbeit (Gelderwerb und Status) und ihrem Sinngehalt unterscheiden (das, was die Menschen der Arbeit zuschreiben oder in ihr suchen). Auf der einen Seite können wir aus instrumenteller Perspektive eine nach wie vor hohe und ungebrochene Erwerbsorientierung beobachten. Die Menschen wollen also arbeiten - dies hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht verändert, und die Behauptung des Gegenteils wird durch häufiges Wiederholen oder durch Argumentation an prominenter Stelle nicht plausibler. Auf der anderen Seite gibt es im Hinblick auf die Sinndimension einen Wertewandel , der zu einer abnehmenden Erwerbszentrierung bei Frauen und Männern geführt hat . So hat beispielsweise der Wunsch an Bedeutung gewonnen, mehr Zeit in der Familie und bei den Kindern zu verbringen. Aber auch andere Tätigkeitsfelder sind attraktiver geworden: Die Bereitschaft zu Bürgerengagement und das Interesse, häufiger Eigenarbeiten sowie sozialwirtschaftliche Tätigkeiten durchzuführen, haben zugenommen , Phasen der Familien- und so genannte Sozial- und Eigenzeiten haben an Bedeutung gewonnen. Kurz: Die Lebensführung der Menschen hat sich (in dieser Hinsicht auch für Männer) gewandelt, und eine stabile Erwerbsorientierung bei abnehmender Erwerbszentrierung ist kein Widerspruch.

III. Die neuen Arbeitsgestalter

Mit dem Wandel in der Arbeitswelt und der Lebensführung entsteht ein neuer Typus von Erwerbstätigen: Menschen sind immer weniger Arbeitnehmer - sie werden zu Arbeitsgestaltern. Die Figur des Arbeitsgestalters ist historisch nicht neu. Wir finden sie in den theoretischen Debatten der siebziger Jahre um "Anders arbeiten - anders wirtschaften" (Joseph Huber 1979), in denen die gestalterischen Elemente von Arbeit gleichsam zum Prinzip einer neuen Lebensführung erhoben wurden. Auch in diesem Kontext wurde nach Erwerbsformen mit einem höheren Grad an Selbstständigkeit (und Selbstverwirklichungselementen) gesucht und ein bewusstes Zusammenführen von Leben und Arbeiten angestrebt. Pluralisierung von Erwerbsformen und Entgrenzung der Arbeit wurden längst diskutiert und praktiziert, bevor es eine Debatte um Flexibilisierung der Arbeit und Lebensverhältnisse gab. Sozialhistorisch neu ist, dass die Notwendigkeit (oder der Wunsch) zur Arbeitsgestaltung nun aus der Mitte der Gesellschaft kommt und nicht als "alternativ" oder "anders" apostrophiert wird. Es ist nicht der Gegenentwurf zur entfremdeten Lohnarbeit, der von (selbst ernannten) Außenseitern der Gesellschaft formuliert wird, sondern ein Formwandel der Organisation gesellschaftlicher Arbeit, der im Kern stattfindet und sowohl von hoch qualifizierten Eliten als auch von gering Qualifizierten praktiziert wird.

Arbeitsgestalter sind, wie häufig in extremer Weise (und negativ) formuliert, auch keine Arbeitskraftunternehmer , weil Kapital (eigenes) und Arbeit (anderer) nicht in unternehmerischer Weise eingesetzt werden. Wir können kaum von unternehmerischem Handeln sprechen, wenn keine freie Entscheidung zum Unternehmertum vorliegt. Manche Mikrounternehmen oder Freiberufler mögen über ausreichendes Kapital verfügen und in der Lage sein, über ihre eigene Erwerbstätigkeit hinaus weitere Personen zu beschäftigen. Dies trifft auf die genannten Eliten zu, häufig dürfte die Situation aber eher prekär und unfreiwillig sein . Wir wissen kaum etwas über die Stabilität von Mikrounternehmen oder der sozialen Lage von Projektarbeitern. Wir können jedoch annehmen, dass für den überwiegenden Teil der "Solisten" der permanente Wechsel zwischen unterschiedlichen Erwerbsformen zu einer neuen Normalität geworden ist . Sie lassen sich mit Managern vergleichen, die in hohem Maße ihr Arbeitsumfeld gestalten können, aber in ihren Entscheidungen nicht autonom sind; mehr noch: sie können und müssen ihr Arbeitsleben - in Grenzen und auf eigenes Risiko! - selbst bestimmen. Das Risiko der Arbeitsgestaltung wird den Arbeitsgestaltern jedoch nicht zusätzlich entlohnt. Die zentrale Frage ist folglich, ob sich mit diesen gesellschaftlichen Umbrüchen entsprechende Rahmenbedingungen entwickeln, die den Typus eines souveränen Arbeitsgestalters entstehen lassen.

IV. Entgrenzung der Arbeitsgesellschaft und das normative Gerüst der Tätigkeitsgesellschaft

Eine Dezentrierung der Erwerbsarbeit bedeutet -'dies klingt paradox - eine Ausweitung der Arbeitsförmigkeit von Tätigkeiten: Man spricht bereits von Erziehungs-, Pflege-, Familien- oder Bürgerarbeit. Aus dieser Perspektive können wir von einer zunehmenden Ausdehnung bzw. Entgrenzung der Arbeitsgesellschaft und damit der Einlösung ihrer Verheißungen sprechen: Arbeit und Leistung bestimmen weite Teile unseres Lebens, nicht etwa Abstammung oder andere traditionelle Ordnungsmuster und Zuweisungsmechanismen. Die Arbeitsgesellschaft hat ihre bisherigen Grenzen, die durch die Dominanz der Erwerbsarbeit gleichsam gesetzt waren, überschritten und wirkt nun bis in den letzten Winkel des Lebens hinein. Wir sind weit entfernt von einem "Ende der Arbeitsgesellschaft".

Damit ist in gewisser Hinsicht das eingetreten, was von feministischer Seite oder Theoretikern der Tätigkeitsgesellschaft schon lange diskutiert wurde . Zentrales Merkmal dieser Debatte ist ein erweiterter Zugriff auf Arbeit: Es geht darum, sich von der Fixierung auf Erwerbsarbeit zu lösen und den Blickwinkel auf nicht erwerbsförmige Tätigkeiten zu erweitern. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass in vielen Bereichen, insbesondere von Frauen, wertschöpfende Arbeiten geleistet werden, die gesellschaftlich notwendig und erwünscht sind, die aus der eingeschränkten Perspektive der Erwerbsgesellschaft jedoch nicht adäquat erfasst werden. Im Mittelpunkt der Debatten um die Tätigkeitsgesellschaft steht die Forderung, diese Tätigkeiten als gleichwertig zu betrachten. In den meisten Interpretationen heißt dies in erster Linie, dass sie der Erwerbsarbeit entsprechend zu behandeln seien. Damit wird aber auch deutlich, dass man sich in den meisten Varianten des Konzepts der Tätigkeitsgesellschaft weiterhin an der Dominanz der Erwerbsarbeit "abarbeitet" und nach Argumenten sucht, andere Tätigkeitsformen in analoger Weise aufzuwerten. Somit liegt den Überlegungen eine (durchaus nachvollziehbare und berechtigte) normative Orientierung über die mögliche zukünftige Gestalt der Arbeitsgesellschaft zu Grunde. Dies bedeutet, dass ein Übergang von der Erwerbsgesellschaft zur Tätigkeitsgesellschaft nicht theoretisch hergeleitet und begründet werden kann und somit nicht zwingend ist.

So beobachten wir gleichzeitig eine sich absetzende Gegenbewegung zur Überformung der persönlichen Lebensführung durch Arbeit. Oder anders formuliert: Es gibt nach wie vor Verharrungstendenzen gegen eine Entgrenzung der Arbeit. Die Menschen betonen einen Grundunterschied zwischen Erwerbsarbeit und nichterwerbsbezogenen Tätigkeiten und Lebensbereichen sowie den eigenständigen Sinngehalt dieser anderen Tätigkeits- und Lebensfelder. Das Konzept der Bürgerarbeit wird beispielsweise von vielen gesellschaftlichen Gruppen abgelehnt und stattdessen der Engagementcharakter dieser Tätigkeiten betont und von Bürgerengagement bzw. bürgerschaftlichem Engagement gesprochen .

Eine Gesellschaft, in der nicht mehr der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitsgestalter zum zentralen Typus wird und in der Arbeit tendenziell ihrem "ehernen Gehäuse" der Erwerbsarbeit entweicht, ist weder mit dem traditionellen Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis noch mit dem Arbeit-Kapital-Gegensatz hinreichend zu beschreiben. Es handelt sich nach wie vor um eine Arbeitsgesellschaft, die durch Arbeitsbeziehungen strukturiert ist und in der sich die Menschen über Arbeit definieren - aber nicht mehr vorwiegend über den industriellen Typus von Arbeit. Zygmunt Baumann beschreibt treffend, wie sich die Agrargesellschaft zur industriellen Hardware-Gesellschaft und schließlich zur Software-Gesellschaft wandelte . Der institutionelle Rahmen, der den Kapital-Arbeit-Konflikt bislang bändigte, zerbricht, und es lassen sich kaum eindeutige Aussagen darüber formulieren, welches Ordnungsgerüst sich zukünftig entfalten wird. Damit liegen die desintegrierenden Momente dieses Umbruchs auf der Hand: Soziale Einbindung und soziale Sicherung, und damit auch der soziale Zusammenhalt, sind gefährdet, die negative Seite von Individualisierungsprozessen - Atomisierung und Vereinzelung der Menschen - kann durchschlagen, wenn sich nicht neue Rahmenbedingungen entwickeln, die Gestaltungshandeln aktivieren . Wir leben in einer Übergangszeit, in einem weit offenen und teilweise noch unstrukturierten Handlungsraum, der von den Menschen gestaltet werden kann und muss. Gestaltung ist der Schlüsselbegriff der Neuen Arbeitsgesellschaft.

V. Bürgerengagement schafft Sozialkapital

Eine zentrale Säule sozialer Integration besteht in dem sozialen Zusammenhalt in einer Gesellschaft. Analog zum Bildungskapital spricht man von sozialem Kapital. Soziales Kapital umschreibt - allgemein formuliert - die Fähigkeit einer Gesellschaft, den sozialen Zusammenhalt (von Institutionen und Menschen) zu bewirken . Gemeint sind Institutionen im soziologischen, also weiteren Sinne: Sie können sehr unterschiedlicher Natur sein und Familien, Betriebe, Gewerkschaften, Behörden, Vereine, Schulen usw. umfassen sowie auch Normen, Werte, (formelle und informelle) Regeln und Verhaltensmuster, die in einer Gesellschaft verbindlich sind. Kooperatives, gemeinschaftsbezogenes und solidarisches Verhalten gehören etwa dazu. Das soziale Kapital wirkt wie Bildungskapital. Es verbraucht sich durch seine Verwendung nicht, sondern hat im Gegenteil Prozesscharakter: Wenn der soziale Zusammenhalt nicht aktiv gelebt wird, dann schwindet das soziale Kapital einer Gesellschaft.

Auf der individuellen Ebene geht es um die Fähigkeit der Menschen, private und berufliche Kontakte einzugehen und aufrechtzuerhalten, also mit anderen Personen zusammenzuleben und zu arbeiten. Soziales Kapital existiert aber auch auf der mittleren Beziehungsebene der Vereine, Verbände, Parteien sowie im Bereich der gesellschaftlichen Großorganisationen (Mesobereich). Dies bedeutet anders formuliert, dass alle Gesellschaftsmitglieder zur sozialen Kapitalbildung beitragen können, einzelne Personen ebenso wie große Bürokratien oder Unternehmungen. Analytisch gesehen macht es keinen Unterschied, ob sich Menschen nur eigennützig verhalten und so den sozialen Zusammenhalt gefährden, ob bürokratische und rechtliche Rahmenbedingungen Bürgerengagement und andere Zusammenschlüsse behindern oder Wirtschaftsunternehmen sich in ruinöser Konkurrenz befinden und in dieser Weise das komplexe Gefüge des Wirtschaftssystems beeinträchtigen. Eine sozial integrierte Gesellschaft braucht Menschen, die sich auf vielen Ebenen - beruflich und privat - engagieren und vertrauensvoll miteinander umgehen, und auch Betriebe, die in der Lage sind, mit anderen Institutionen und untereinander zu kooperieren .

Bürgerengagement umfasst mehr als das vertraute Ehrenamt, gemeint sind auch Aktivitäten in der Selbsthilfe, der Nachbarschaft und in Projekten aller Art, die das Zusammenleben und das Funktionieren in Politik, Wirtschaft und im Bereich des Sozialen tangieren. Die Definition zielt auf all die freiwilligen und auf das Gemeinwesen bezogenen Aktivitäten, denen kein Erwerbszweck zu Grunde liegt und die zu einem großen Teil gemeinschaftlich und in der Úffentlichkeit stattfinden. Bürgerengagement ist neben dem Lernen die zweite zentrale Dimension, soziale Integration zu bewirken; dass in Engagementfeldern insbesondere soziales Lernen stattfindet, gilt als unumstritten .

Es gilt allerdings zu beachten, dass Bürgerengagement nicht nur sozialintegrativen Charakter hat. In Deutschland dominiert die Rezeption der amerikanischen Sichtweise auf Prozesse der Humankapitalbildung. Dabei verzichtet man weitgehend auf den französischen Diskussionskontext, der den Vorteil bieten würde, Humankapital in einem umfassenderen Sinne, nämlich eingebettet in einen gesellschaftstheoretischen Rahmen, zu analysieren. Aus dieser Perspektive würden positive und negative Effekte der Humankapitalbildung sichtbar werden, und es stünde theoretisch gehaltvolles und empirisch überprüfbares Instrumentarium zur Verfügung, das die Analyse der Genese von Kapitalien auf der individuellen und gesellschaftlichen Ebene erlaubt . Es ist das Verdienst des französischen Soziologen Pierre Bourdieu , darauf hingewiesen zu haben, dass Zusammengehörigkeit immer auch Ausschluss - der jeweils nicht dazugehörenden Personen - bedeutet, wenn der Zugang zu den Ressourcen selektiv ist. Und dies ist zweifellos der Fall: Ohne hier in das Detail wissenschaftlicher Studien zu gehen, leuchtet unmittelbar ein, dass der Zugang zu Bildungs- und Sozialkapital ungleich verteilt ist. Es sind folglich die Rahmenbedingungen im Auge zu behalten, die den Zugang zu Humanressourcen bestimmen.

VI. Wirtschaftliches Handeln hat zivilgesellschaftliche Dimensionen

Der Typus des souveränen Arbeitsgestalters kann sich nur entwickeln, wenn sich Partizipationsmöglichkeiten (und entsprechende Zugangschancen) für einen breiten Personenkreis erweitern. Die Neue Arbeitsgesellschaft kann zugleich eine zivile Arbeitsgesellschaft sein, die sich nicht nur durch globale Wettbewerbsfähigkeit auszeichnet, sondern auch durch ein hohes Niveau von Humanressourcen. Notwendig (aber nicht hinreichend) wäre ein Paradigmenwechsel im Hinblick auf die Definition wirtschaftlichen Handelns und wirtschaftlicher Institutionen. Wenn wir (wie oben gezeigt) zugrunde legen, dass die Trennung von Arbeit und Leben - Wirtschaft und Gesellschaft - eine Erscheinung der industriellen Moderne ist und dass diese Bereiche nun durch Pluralisierungs- und Entgrenzungsprozesse stärker zusammenwachsen, dann bedeutet dies in einem handlungstheoretischen Sinne, dass sich auf der Mikroebene wirtschaftliches Handeln immer weniger von anderen Formen des sozialen Handelns unterscheidet. Empirisch finden wir dafür viele Beispiele, denn wirtschaftliches Denken hat den Alltag längst überformt. Auch der Typus des Arbeitsgestalters deutet darauf hin, dass diese beiden Handlungsmuster immer weniger trennscharf sind. Dies gilt auch in umgekehrter Wirkrichtung, wenn etwa die soziale Dimension im Bereich des Dritten Sektors das (erwerbs)wirtschaftliche Handeln bestimmt.

Damit stellt sich die Frage nach dem zivilgesellschaftlichen Charakter von Handlungen in einer neuen Weise. Bislang galt wegen der Trennung von Wirtschaft und Gesellschaft unhinterfragt die Unterscheidung von zwei Handlungssphären, in denen entweder das Handlungsmuster des Bourgeois oder des Citoyen wirksam wird. Wenn nun aber eine Entgrenzung stattfindet, dann ist nicht mehr eindeutig entscheidbar, in welchem Falle auf der Mikroebene zivilgesellschaftliche Handlungsweisen vorliegen und auf der Makroebene von zivilgesellschaftlichen Institutionen gesprochen werden kann. Entgrenzung bedeutet, dass in dieser Frage eine kaum noch zu überschauende Grauzone entstanden ist. Zu fragen ist dann beispielsweise, ob Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände nicht in selbstverständlicher Weise als zivilgesellschaftliche Formationen oder staatsbürgerschaftliche Vereinigungen zu betrachten sind - und ob Wirtschaftsunternehmen nicht auch in einigen Dimensionen ihres Tätigkeitsfeldes zivilgesellschaftlichen Charakter haben. Dann ist es aber nur konsequent, auch einen veränderten Blick auf die zivilgesellschaftliche Verantwortung von Wirtschaftsunternehmen zu werfen, die sich nicht nur auf die bekannten staatsbürgerschaftlichen Rechte und Pflichten bezieht, sondern darüber hinaus auf die wirtschaftlichen Aktivitäten selbst. Damit wird das typische Wirtschaftsunternehmen nicht zu einer gemeinnützigen Veranstaltung Ehrenamtlicher umdefiniert, es wird aber anerkannt, dass wirtschaftliches Handeln in hohem Maße zivilgesellschaftliche Züge trägt.

Wenn wir einen solchen Paradigmenwechsel in Bezug auf wirtschaftliches Handeln und wirtschaftliche Institutionen vornehmen, dann bedeutet dies, eine zivile Variante der Arbeitsgesellschaft als eine mögliche zukünftige Ausprägung der Neuen Arbeitsgesellschaft ins Auge zu fassen (die über das Konzept einer Tätigkeitsgesellschaft hinausreicht). Es ginge darum, Regeln des zivilgesellschaftlichen Zusammenlebens und Handlungsmuster des souveränen Bürgers gleichsam in das Wirtschaftsleben zu implementieren. Statt nur - wie oben bereits angedeutet - in den klassischen Widersprüchen zwischen Arbeit und Kapital und deren Disziplinierung durch Konflikt und Kontrakt zu denken (dies ist, wie etwa Tarifpolitik, in vielen Bereichen nach wie vor notwendig!), ginge es bei diesem Paradigmenwechsel gleichsam darum, die zivilgesellschaftlichen Dimensionen wirtschaftlichen Handelns und wirtschaftlicher Institutionen auszuloten. Im Hinblick auf die Interessengegensätze von Arbeit und Kapital gibt es bereits viel versprechende Ansätze, wie beispielsweise das Bündnis für Arbeit - wie unzulänglich und wenig wirksam es in der Praxis auch zeitweise sein mag, weil mediatorische Elemente des Interessensausgleichs fehlen.

Unternehmerisches Handeln kann wie die Aktivitäten anderer Gruppen auf dem Weg in eine zivile Arbeitsgesellschaft eine wichtige Rolle spielen. Dies soll hier abschließend thematisiert werden. Unternehmen können in vielfältiger Weise soziale Integration bewirken, nicht nur durch klassisches wirtschaftliches Handeln, das auf gesellschaftlicher Ebene Wertschöpfung bewirkt und auf der individuellen Ebene Einkommen, Anerkennung und sozialen Status schafft. Sie können zusätzlich in Humankapital "investieren", um einerseits einen höheren Unternehmensgewinn zu erzielen und andererseits zivilgesellschaftliche Werte zu schaffen, die ihnen selbst und den Mitbürgern zuträglich sind. Dass Bildungsinvestitionen in jeder Hinsicht und für alle Beteiligten von großer Bedeutung sind, ist heute weder in der Forschung noch in der Praxis umstritten; die Bedingungen unternehmerischen Handelns haben sich dergestalt verändert, dass Sozialkapitalinvestitionen ebenfalls notwendig werden: für die Unternehmen, die Beschäftigten und für das soziale Umfeld.

VII. Humanressourcen

Auch die Unternehmen sind in der Neuen Arbeitsgesellschaft in einer radikal anderen Situation als in der industriellen Phase des 19. und 20. Jahrhunderts, und zwar sowohl in ihren Außen-, als auch in ihren Innenbeziehungen. Sie stehen heute mit vielen anderen in einem globalen Wettbewerb, in dem sie sich positionieren und darstellen müssen. Unternehmen suchen deshalb nach einer Identität und unverwechselbaren Assoziationsmustern, die sich mit ihrem Namen verknüpfen. Dazu gehört, neben der ökologischen Dimension auch soziale Belange in das unternehmerische Handeln einzubeziehen. In der Zwischenzeit gibt es bereits ein weltweites Global Business Responsibility Resource Center, das ethische Standards sozialer Verantwortung herausarbeitet, in einem weiten Kreis von Unternehmen verbreitet, verbindlich macht und beispielsweise in diesem Rahmen jährlich The 100 Best Corporate Citizens auszeichnet .

Im betriebsinternen Bereich sind im Wesentlichen zwei Sachverhalte von Bedeutung. Zum einen muss sich in den Unternehmen ein soziales Wissen herausbilden, um den komplexen Informationsfluss höchst unterschiedlicher Wissenskanäle zu bündeln und optimal einzusetzen. Zum anderen wird es immer notwendiger, ein sozialverträgliches Klima zu schaffen, das über die einzelfallbezogene Form der betrieblichen Sozialberatung oder des Sozialmanagements hinausreicht. Es geht um mehr als die Vermeidung so genannten abweichenden Verhaltens im betrieblichen Geschehen, es geht um die Schaffung von Strukturen sozialen Zusammenhalts durch die Gestaltung eines dynamischen sozialen Gefüges. Beides erfordert aufseiten der Mitarbeiter besondere Sozialkompetenzen, nämlich die Fähigkeit, unterschiedliche (Lebens-/Arbeits-)Erfahrungen im Hinblick auf die Unternehmensorganisation zu integrieren. Die zentrale Einsicht ist allseits, dass diese Fähigkeiten im betrieblichen Ablauf nicht von selbst entstehen. Deshalb ist es in diesem Feld zu einer Flut von teils seriösen, oft aber unzureichenden und kuriosen (außer)betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen gekommen. Diese sind nicht nur von zweifelhafter Qualität, es kommt hinzu, dass es sich fast ausschließlich um "Trockenübungen" handelt, weil nicht im Arbeitsprozess oder im Bereich der privaten Lebenserfahrungen gelernt wird. Praktische Lern- und Erfahrungsfelder dieser Art liegen gleichsam vor den Betriebstoren, in den vielfältigen Feldern des Bürgerengagements.

An dieser Stelle greift das Konzept des unternehmerischen bürgerschaftlichen Engagements (UBE), das die genannten Anforderungen miteinander verknüpft und in zwei Richtungen wirksam wird. Es zielt im außerbetrieblichen Bereich darauf ab, durch das Bürgerengagement des Unternehmens ein ethisch verantwortungsvolles Verhältnis zu den Kunden und Geschäftspartnern aufzubauen, das stabiler ist als der rein wirtschaftlich motivierte Zusammenhalt. So entstehen zivilgesellschaftlich fundierte Vertrauensbeziehungen. Im Binnenverhältnis können Unternehmen das Bürgerengagement der Mitarbeiter fördern und somit neue Lern- und Engagementfelder etablieren. Dass es in hohem Maße sinnvoll ist, in beiden Dimensionen aktiv zu werden, zeigen Erfahrungen in einigen europäischen Ländern sowie in den USA und Kanada. In diesen Ländern gehört es zur Normalität, was in Deutschland bislang wenig bekannt ist: Corporate Citizenship. Dies hat sich in den vergangenen Monaten geändert: Es gibt erste (noch laufende) Untersuchungen zu diesem Thema , (noch zurückhaltende) Resonanz bei den Wirtschaftsunternehmen , Medienberichterstattungen und politische Unterstützung seitens des deutschen Bundeskanzlers ; schließlich wird dieses Thema auch in der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages behandelt .

Beim unternehmerischen Bürgerengagement steht weder das Sponsoring (in Kultur, Sport oder anderen werbeträchtigen Bereichen) im Vordergrund noch die karitativ motivierte finanzielle Alimentierung sozialer Einrichtungen durch Spenden. Dies sind durchaus wichtige Unterstützungsformen, es ist aber ein einseitiges Geben, das keine Lernprozesse (in den Betrieben oder in den sozialen Einrichtungen) in Gang setzt, und das auch nur in sehr geringem Maße soziales Kapital bildet. Beim UBE steht vielmehr im Vordergrund, Synergieeffekte zwischen den verschiedenen Lebens- und Arbeitsfeldern entstehen zu lassen und diese für das Unternehmen und die private Lebensführung nutzbar zu machen.

Unternehmerisches Bürgerengagement kann unterschiedliche Erscheinungsformen annehmen : So kann es sich im Sinne "traditionellen" unternehmerischen Engagements um monetäre Aktivitäten handeln, wenn beispielsweise das Spendenverhalten der Mitarbeiter unterstützt oder jede Spende eines Beschäftigten in gleicher Höhe aufgestockt wird (Allianz, Chase Manhattan Bank, New York). Die Unterstützung von gemeinnützigen Einrichtungen durch Sachspenden (etwa: Bereitstellung einer Computerausrüstung oder anderer Arbeitsmaterialien: New York Life Insurance Company) gehört ebenfalls dazu. Weitaus integrativer und sozial wahrnehmbarer ist bspw. die Regelung, dass Mitarbeiter für ihr Engagement die Einrichtungen des Betriebs nutzen können (Telefon, Kopierer usw.; Rank Xerox, Chicago). In hohem Maße anspruchsvoll sind ebenfalls Mentorenprogramme: Firmenangehörige übernehmen Patenschaften für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche; sie begleiten und unterstützen ihre "Mentis" - oftmals über viele Jahre hinweg (Broker-Investmenthaus William Blair, Chicago). Ebenfalls sehr innovativ sind Programme, die das Engagement der Mitarbeiter außerhalb oder während der Arbeitszeit aktiv unterstützen. Sehr bekannt und in den USA sehr beliebt ist die Aktivierung projektbezogenen Bürgerengagements an so genannten Projekttagen (Days of Service), an denen sich viele Unternehmen zugleich beteiligen. Sie finden einmal im Jahr oder häufiger statt, und einzelne Teams oder die gesamte Belegschaft führen konkrete Vorhaben durch. Dies kann die Renovierung einer Schule, die Mitarbeit in einer sozialen Einrichtung oder Øhnliches sein. Die Unternehmen übernehmen die Materialkosten oder unterstützen zusätzlich die Organisation und Logistik. Eine stärkere soziale Verbindlichkeit hat die Unterstützung kontinuierlichen Engagements. Häufig handelt es sich um einwöchige Programme (pro Jahr) oder um mehrere Stunden pro Monat. In den angelsächsischen Ländern haben sich in diesem Umfeld in den letzten beiden Jahrzehnten neue Berufsgruppen herausgebildet - agents for civic activities -, die gleichsam als Scharnier zwischen Unternehmen und den Lern- und Engagementfeldern passgenaue Programme herausarbeiten und diese durch Vor- und Nachbereitungen begleiten .

VIII. Das Projekt Switch

In Anlehnung an das "Münchner Modell" wurde von der Siemens AG und dem Sozialreferat der Stadt München das Konzept Switch entwickelt . Beschäftigte der Siemens AG können bis zu einer Woche (mit Wiederholungsmöglichkeit im gleichen Jahr) in einer sozialen Einrichtung der Stadt München mitarbeiten. Switch gilt zwar betriebsintern als Bildungsmaßnahme, es wird aber zugleich das Ziel verfolgt, das langfristige Bürgerengagement der Mitarbeiter zu fördern. Es geht um Wissenstransformationen und Bürgerengagement, also Aktivierung von Bildungs- und sozialen Ressourcen. Die Beteiligung der Stadt München ermöglicht eine Vernetzung im Sinne des "privat-public-partnership-Ansatzes" .

Unsere wissenschaftliche Begleitforschung der Pilotphase hat gezeigt, dass ein solches Programm auf mehreren Ebenen wirksam und deshalb sehr differenziert zu beurteilen ist . Es lassen sich vier, jeweils eng miteinander verknüpfte Dimensionen nennen:

1. Die Beschäftigten müssen in diesem relativ fremden Arbeitsalltag einen Perspektivenwechsel vornehmen und erwerben (oder verstetigen) die Fähigkeit der Perspektivenverschränkung.

2. Der mehrtägige Aufenthalt in einer anderen Arbeitswelt ermöglicht es, die Strukturen dieses Tätigkeitsfeldes zu erkennen - Gestaltlernen wird gefördert und vertieft.

3. Die aktive Mitarbeit (nicht nur Hospitation ) erhöht die soziale Flexibilität, also die Fähigkeit, sich tatsächlich in einer anderen Welt kompetent bewegen zu können.

4. Das intensive Erleben (nicht "Nachspielen") und die professionelle Moderation dieses Prozesses fördert die Kompetenzüberzeugungen, also die Sicherheit, sich in fremden Welten zurechtzufinden und soziale Kompetenzen entfalten zu können.

Der Wissenstransfer besteht folglich nicht darin, aus der einen - fremden - Welt neues Wissen in die andere - eigene Arbeitswelt - übertragen zu können. Dies kann im Hinblick auf manche fachlichen und methodischen Kompetenzen durchaus der Fall sein. Es geht vielmehr darum, überhaupt einer anderen Welt zu begegnen und sich dieser Herausforderung zu stellen. Diese Art des Transformationsprozesses wirkt noch lange nach der Switch-Woche. Für viele Mitarbeiter der Siemens AG ist es das erste Mal, dass sie aus dem vertrauten Arbeitsalltag (und Privatleben) heraustreten. Diese soziale Flexibilität einzuüben ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn sich die Beschäftigten in Arbeitssituationen befinden, die sich rasch verändern können, oder wenn ein Wechsel (in eine andere Abteilung, in das Ausland) bevorsteht. In gesellschaftlicher Sicht ist es wichtig, dass die Siemens AG gemäß ihrem Leitsatz: "Wir tragen gesellschaftliche Verantwortung" handelt und dass dieser Switch nicht nur auf wichtige Lernbedürfnisse zugeschnitten ist. Switch stellt zugleich eine Gelegenheit für die Mitarbeiter dar, sich bürgerschaftlich zu engagieren und damit ein Aufgabenfeld zu erschließen, das gemeinwohlorientiert ist und die berufliche Arbeit ergänzt oder ausgleicht. Die Beschäftigten der Siemens AG können sich auf einen souveränen Umgang mit den vielfältigen Aufgaben der Arbeitsgestaltung vorbereiten. Es ist allerdings auch deutlich geworden, dass unternehmensgestütztes Bürgerengagement nicht für jeden Beschäftigten geeignet ist. Voraussetzung ist die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit und die Offenheit, sich auf neue und ungewohnte Situationen einzulassen. Für manche Personen kann der Switch eine zu starke psychosoziale Belastung bedeuten (was letzten Endes Transferprozesse verhindert) .

Für die sozialen Einrichtungen war die Mitarbeit der Siemens-Beschäftigten zunächst ungewohnt, weil sie einen Mehraufwand bedeutete und die Bereitschaft, den eigenen Arbeitsbereich transparent zu machen. Durch die aktive Mitarbeit der Siemens-Beschäftigten konnten im Verlauf der Woche aber derartige Vorbehalte gegen das Hineinwirken Fremder abgebaut werden. Je stärker das Engagement war, desto nachhaltiger entwickelte sich ein sozialer Zusammenhalt zu beiderseitigem Nutzen. Die meisten Mitarbeiter der sozialen Einrichtungen konnten von der Begegnung mit anderen Sichtweisen profitieren und die zahlreichen, teilweise ungewohnten Erfahrungen in die eigene Arbeit integrieren. Doch nicht jede Einrichtung oder Initiative ist für ein solches UBE-Programm geeignet. Ein Switch ist wenig sinnvoll, wenn beispielsweise Beratungssituationen ein Vertrauensverhältnis voraussetzen (Aidsberatung). Allerdings hat sich auch gezeigt, dass Grenzerfahrungen, etwa im Hospizbereich, von allen Beteiligten positiv verarbeitet wurden, da eine entsprechende Nachbereitung durchgeführt wird.

Im Gegensatz zu den Programmen anderer Länder wird die Vor- und Nachbereitung und die Qualitätssicherung bei Switch nicht von außenstehenden privaten Agenturen durchgeführt, sondern vom Sozialreferat der Stadt München. Dies hat nicht nur Vorteile, denn eine professionelle Moderation und Abstimmung der unterschiedlichen Interessen durch unabhängige Organisationen (z. B. Freiwilligenagenturen) wäre wünschenswert. Es ist auch deutlich geworden, dass Nachhaltigkeit nur dann erreicht werden kann, wenn es eine stetige aktive Unterstützung und Wiederholungen derartiger Lern- und Engagementerfahrungen gibt. Es ist daher sinnvoll, UBE-Programme langfristig in das Unternehmenskonzept bzw. in die Unternehmensphilosophie zu integrieren. Dies bedeutet nicht, dass es das "richtige" UBE-Konzept für jedes Unternehmen gibt. Es muss vielmehr im Hinblick auf die jeweilige Unternehmenskultur und wechselnde betriebliche Erfordernisse variabel gestaltet und es muss in die regionalen Bedingungen sinnvoll eingepasst werden.

In der Pilotphase des Projekts Switch waren die Aktivitäten auf soziale Einrichtungen beschränkt. Eine solche Fokussierung ist jedoch aus mehreren Gründen problematisch. Zum einen "liegt" nicht allen Mitarbeiter die Tätigkeit in sozialen Einrichtungen. Zum anderen beschränkt sich Bürgerengagement nicht nur auf den sozialen Bereich. Daher sollten auch in Deutschland kulturelle und ökologische Einrichtungen sowie freie Initiativen einbezogen werden. Derartige Einrichtungen und Initiativen stellen für Unternehmensmitarbeiter ebenfalls eine fremde Welt dar und können - wie die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen - Lern- und Engagementfelder von vergleichbar hoher Qualität anbieten.

IX. Kulturelle und politische Implementationsprobleme?

In Deutschland haben sich diese unterschiedlichen Lern- und Engagementformen bislang wenig durchgesetzt, und es gab auch kaum ein breites öffentliches Interesse oder gar ein Diskussionsforum. Die deutsche Abstinenz hat viele Ursachen. Im Wesentlichen erklärt sie sich daraus, dass hier eine andere Kultur des Gebens vorherrscht. "Gutes zu tun" ist durchaus gestattet, aber es ist überlagert von der Vorstellung, Geben dürfe nur im Verborgenen stattfinden. Insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen sind in Deutschland in vielen Feldern aktiv (wenn auch meist nicht in den genannten hochintegrativen Formen oder mit ausformulierten Konzepten); sie schweigen aber und scheuen die Úffentlichkeit, weil sie (wohl mit Recht) annehmen, dass ein einseitiges Publicrelations-Interesse unterstellt wird. In den USA ist es dagegen nicht verpönt, sich durch Formen des unternehmerischen Bürgerengagements in der Úffentlichkeit zu positionieren und sich somit von anderen zu unterscheiden .

Ein weiterer Grund liegt darin, dass in Deutschland kulturell und politisch bedingt eine andere Auffassung darüber herrscht, welche individuellen und gesellschaftlichen Angelegenheiten als "Privatsache" gelten oder öffentlich geregelt werden müssten. Die deutsche Zurückhaltung beim unternehmerischen Bürgerengagement fällt leicht, weil es herrschende Meinung ist, dass Bildung und Soziales in erster Linie eine Angelegenheit des Staates seien. Ob eine solche Auffassung angesichts der radikalen Veränderungen im arbeitsgesellschaftlichen Bereich auch zukünftig noch sinnvoll ist, sei dahingestellt. Zumindest spricht vieles dafür, dass sich private und öffentliche Verantwortung neu justieren. Dazu wird sich auch das Verständnis im Hinblick auf den Umfang des staatlichen Aufgabenbereichs ändern müssen.

Die Neue Arbeitsgesellschaft wird in Europa zukünftig weiterhin eine soziale Marktwirtschaft sein und sich in dieser Hinsicht von den angelsächsischen Modellen unterscheiden; sie kann aber zusätzlich Züge einer sozialen Bürgergesellschaft entfalten, oder anders formuliert, eine "auf Bürgersinn gegründete Arbeitsgesellschaft" werden . Im Zentrum dieser zivilen Arbeitsgesellschaft agiert der souveräne Arbeitsgestalter - wenn sich staatliche und private Gelegenheitsstrukturen herausbilden, die eine Entfaltung von differenzierten Lern- und Engagementfeldern begünstigen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. hierzu für Deutschland: Ulrich Beck, Wohin führt der Weg, der mit dem Ende der Vollbeschäftigungsgesellschaft beginnt?, in: ders. (Hrsg.), Die Zukunft von Arbeit und Demokratie, Frankfurt/M. 2000, S. 7-66, und Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen, Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland: Entwicklung, Ursachen und Maßnahmen. Teil III - Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungslage, Bonn 1997; für die USA: Jeremy Rifkin, Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft, Frankfurt/M. 1995; für Frankreich: André Gorz, Kritik der ökonomischen Vernunft, Berlin 1989.

  2. Vgl. Carmen Klement, Wirtschafts- und Arbeitsmarktindikatoren im internationalen Vergleich, unveröff. Ms. des Projektes B4 des Sonderforschungsbereichs 536, München 2001.

  3. Vgl. Wolfgang Bonß, Was wird aus der Erwerbsgesellschaft?, in: U. Beck (Anm. 1) S. 327-415.

  4. Vgl. Kommission (Anm. 1).

  5. Vgl. Ronald Inglehart, Modernization and Postmodernization: Cultural, economic and political change in 43 societies, Princeton 1997.

  6. Offe spricht von "Dezentrierung" der Erwerbsarbeit; vgl. Claus Offe, Arbeit als soziologische Schlüsselkategorie?, in: Joachim Matthes (Hrsg.), Krise der Arbeitsgesellschaft? Frankfurt/M. - New York 1983.

  7. Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Freiwilliges Engagement in Deutschland: Ergebnisse der Repräsentativerhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaftlichem Engagement (3 Bände), Stuttgart 2001; Irene Kühnlein, Weniger Erwerbsarbeit - mehr Eigenarbeit? Chancen und Potenziale Öffentlicher Eigenarbeit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 48-49/97, S. 41-46; Karl Birkhölzer (Hrsg.), Grundwerte und Strukturen Sozialer Unternehmungen in Westeuropa, in: Veröffentlichungsreihe der IFG Lokale Ökonomie 29d, Berlin 1997.

  8. Vgl. Günter G. Voß/Hans J. Pongratz, Der Arbeitskraftunternehmer: Eine neue Grundform der Ware Arbeitskraft?, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 50 (1998), S. 131-158.

  9. Während die Zahl der so genannten "unfreiwilligen Arbeitslosen" sinkt, steigt die der "unfreiwilligen Selbstständigen". Es entsteht eine "Neue Soziale Frage", weil es neue soziale Unsicherheiten gibt. Denn Flexibilisierung bedeutet, dass sich Menschen immer häufiger vorübergehend in sozialen Problemlagen befinden. Neben den Personenkreis, der durch lang andauernde Arbeitslosigkeit und/oder Sozialhilfebezug dauerhaft vom "normalen" gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen ist, tritt die neue Gruppe der "Prekären" (siehe dazu Heinz Bude, Die Überflüssigen als transversale Kategorie, in: Peter A. Berger/Michael Vester (Hrsg.), Alte Ungleichheit - Neue Spaltung, Opladen 1998, S. 363-382). Dies sind Personen, die sich im Prinzip in der Gesellschaft befinden, aber permanent vom Ausschluss bedroht sind: Jeder Wechsel der Erwerbsform (oder insbesondere bei Frauen zwischen Erwerbstätigkeit und anderen Lebens-/Tätigkeitsbereichen) kann der letzte gewesen sein. Die Möglichkeit des Scheiterns wird wie die Chance des Erfolgs zum Normalfall - jedoch mit dem Unterschied, dass sich erfolgreiches Handeln individuell auszahlt, während das Scheitern nach gängiger Auffassung von der Solidargemeinschaft zu tragen ist.

  10. Dagmar Deckstein, Megatrend Mikrounternehmen: Solisten geben den Ton an: Seit 1994 wächst auch in Deutschland die Zahl der Ein-Personen-Betriebe rasant an, in: Süddeutsche Zeitung vom 23./24. April 1999, S. 25.

  11. Vgl. Gerd Mutz/Wolfgang Ludwig-Mayerhofer/Elmar Koenen/Klaus Eder/Wolfgang Bonß, Diskontinuierliche Erwerbsverläufe: Analyse zur postindustriellen Arbeitslosigkeit, Opladen 1995.

  12. Zentraler Anknüpfungspunkt der Diskussion um die Tätigkeitsgesellschaft sind die Gedanken von Hannah Arendt zur Vita activa (Hannah Arendt, Vita activa oder Vom tätigen Leben, München 1992): Sie beschreibt, wie es durch den Siegeszug der industriegesellschaftlichen Produktionsweise zu einer Verengung des Arbeitsbegriffs kam und fordert dessen Erweiterung im Sinne sokratisch-aristotelischer Denktradition.

  13. Vgl. Ulrich Beck, Modell Bürgerarbeit, in: ders. (Hrsg.), Schöne neue Arbeitswelt, Vision: Weltbürgergesellschaft, Frankfurt/M. - New York 1999, S. 7-189.

  14. Vgl. Gisela Jakob, Wenn Engagement zur "Arbeit" wird - Zur aktuellen Diskussion um freiwilliges Engagement im Wandel der Arbeitsgesellschaft, in: Rolf G. Heinze/Thomas Olk (Hrsg.), Bürgerengagement in Deutschland, Opladen 2000; sowie Ute Klammer/Gerhard Bäcker, Niedriglöhne und Bürgerarbeit als Strategieempfehlungen der Bayerisch-Sächsischen Zukunftskommission, in: WSI-Mitteilungen, 51 (1998), S. 359-370.

  15. Vgl. Deutscher Bundestag, Enquete-Kommission "Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements", Berlin 2000. Anmerkung der Redaktion: Siehe hierzu auch die am 15. Juni 2001 erscheinende Ausgabe von Aus Politik und Zeitgeschichte, B 25-26/2001.

  16. Baumann spricht von "liquid modernity": Zygmunt Baumann, Die Moderne als Geschichte der Zeit, Teilübersetzung des Originals "Liquid Modernity", in: Jahrbuch Arbeit + Technik 1999/2000, hrsg. und bearbeitet von Werner Fricke, Bonn 2000, S. 19-30.

  17. Damit ist nicht der allseits intonierte Flexibilisierungsdiskurs angesprochen, der per se nur die negativen Seiten betont und die Potenziale gemeinschaftlich ausgehandelter Arbeits- und Lebensgestaltung (etwa auf betrieblicher Ebene zwischen Unternehmen und Beschäftigten) unberücksichtigt lässt. Vgl. Richard Sennet, Der flexible Mensch: Die Kultur des neuen Kapitalismus, Berlin 1998.

  18. Vgl. André Habisch, Sozialkapital, Soziales Kapital, in: Wilhelm Korff (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftsethik, Gütersloh 1999, Bd. IV, S. 472-508; Peter A. Hall, Social Capital in Britain, in: British Journal of Political Science, (1999) 29, S. 417-462; Ernst Kistler/Heinz-Herbert Noll/Eckard Priller (Hrsg.), Perspektiven gesellschaftlichen Zusammenhalts: Empirische Befunde, Praxiserfahrungen, Messkonzepte, Berlin 1999; E. Ostrom, Social Capital: A Fad or a Fundamental Concept, in: Partha Dasgupra/Ismail Serageldin (Hrsg.), Social Capital: A multifaceted Perspective, Washington, D.C. 2000., S. 172-214; R.D Putnam, Bowling Alone: The Collapse and Revival of American Community, New York 2000, und sehr früh das Konzept von James S. Coleman, Social Capital in the Creation of Human Capital, in: American Journal of Sociology, 94 (1988), S. 95-120.

  19. Vgl. André Habisch, Die Konkurrenz der konkurrenzfreien Räume: Sozialvermögen und die Zukunftsfähigkeit moderner Gesellschaften, in: Felix Hinterberger/Andreas Renner (Hrsg.), Zukunftsfähigkeit durch Wettbewerb, Berlin 1998.

  20. Die Literatur zu bürgerschaftlichem Engagement ist kaum noch überschaubar, siehe für viele andere: Adalbert Evers, Bürgerschaftliches Engagement und soziale Reformpolitik. Über Verständnis vom Umgang mit einer Form des sozialen Kapitals, in: Klaus D. Hildemann (Hrsg.), Abschied vom Versorgungsstaat, Mühlheim 2000, S. 27-38; R. G. Heinze/Th. Olk (Anm. 14); Warnfried Dettling, Bürgergesellschaft. Möglichkeiten, Voraussetzungen und Grenzen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B38/98, S. 22-28; Annette Zimmer/Stefan Nährlich, Engagierte Bürgerschaft. Traditionen und Perspektiven, Opladen 2000, und die empirische Studie des BMFSFJ (Anm. 7).

  21. Vgl. Deutscher Bundestag (Anm. 15).

  22. Vgl. das aktuelle Programm "Lernen im sozialen Umfeld" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, etwa John Erpenbeck/Johannes Sauer, Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm "Lernkultur Kompetenzentwicklung", in: QUEM-report: Schriften zur beruflichen Weiterbildung, (2001) 67, S. 9-66, sowie Gerd Mutz, Soziales Lernen in Tätigkeitsfeldern des Bürgerengagements - Transferprozesse in die Erwerbsarbeit. Exemplarische Fallstudien in ausgewählten Regionen Deutschlands, unveröffentlichtes Manuskript, Berlin - München 2001.

  23. Vgl. Sebastian Braun, Soziales Kapital - zwischen sozialer Kohäsion und sozialer Reproduktion, unveröffentliches Manuskript, 2000. Anmerkung der Redaktion: Siehe auch den Essay des Autors: Bürgerschaftliches Engagement im politischen Diskurs, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 25-26/2001, S. 3 ff., der am 15. Juni 2001 erscheint.

  24. Pierre Bourdieu, Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, in: Reinhard Kreckel (Hrsg.), Soziale Ungleichheiten, in: Soziale Welt, Sonderband, (1983) 2, Göttingen, S. 183-198.

  25. Siehe: http://www.bsr.org/resourcecenter/ und analog dazu die vergleichbare europäische Variante vom CSR (ehemals: EBNSC European Business Network for Social Cohesion): http://www.ebnsc.org/ und http://www.business-impact.org/. Ein "European Year on CSR" ist für 2004 oder 2005 geplant.

  26. Vgl. Brigitte Rudolph, Unternehmerisches bürgerschaftliches Engagement in Deutschland. Ausgewählte Fallstudien, Unveröffentlichtes Manuskript, München - Berlin 2001. Anmerkung der Redaktion: Siehe auch den Beitrag der Autorin in diesem Heft.

  27. Im November 2000 gab es zu diesem Thema eine sehr gut besuchte Veranstaltung der SPD-Bundestagsfraktion im Reichstag; vgl. SPD-Bundestagsfraktion (2000) mit einem Beitrag des Bundeskanzlers und 14 "best practices" (SPD-Bundestagsfraktion, Unternehmen und bürgerschaftliches Engagement: Aufbruch zu neuer Verantwortung, Berlin 2000).

  28. Vgl. Brücken Bauen, in: Wirtschaftswoche, Heft Nr. 48 vom 23.11.2000; Unternehmen und Bürgerschaftliches Engagement - Aufbruch zu neuer Verantwortung, in: Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 24.11.2000, und Die neuen Sozialarbeiter, in: SZ vom 24./25. 2. 2001.

  29. Vgl. Gerhard Schröder, Die zivile Bürgergesellschaft. Anregungen zu einer Neubestimmung der Aufgaben von Staat und Gesellschaft, in: Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 47 (2000), S. 200-207.

  30. Vgl. Michael Bürsch, Bürgergesellschaft und aktivierender Staat. Eckpunkte für einen neuen Gesellschaftsvertrag, in: ebd., S. 452-459.

  31. Vgl. Holger Backhaus-Maul, Unternehmen und bürgerschaftliches Engagement in den USA, unveröffentlichtes Manuskript, Chicago 2000; Heinz Janning/Heinz Bartjes, Ehrenamt und Wirtschaft, Stuttgart 1999; Cedric Janowicz/ Carmen Klement/Gerd Mutz, Corporate Volunteering als neue Form bürgerschaftlichen Engagements in der Tätigkeitsgesellschaft, in: Berliner Debatte Initial, (2000) 4, S. 17-26.

  32. Das sind z. B. so genannte City Cares: etwa New York Cares, Power Skills, Chicago usw., siehe Bob Schout, Viewpoints on Corporate Citizenship and Corporate Social Responsibility & Models for Corporate Volunteerism in the United States, Chicago 2000².

  33. Vgl. Gerd Mutz, Von der Erwerbsgesellschaft zur Tätigkeitsgesellschaft. Das Münchner Modell, in: Walter Eichendorf (Hrsg.), We can work it out. Beiträge zur Zukunft der Arbeit, Wiesbaden 1998.

  34. Das "Münchner Modell" ist ein umfassenderes UBE-Konzept, das auf deutsche Verhältnisse zugeschnitten ist. Es zeigt organisatorische und finanzielle Möglichkeiten auf, Bürgerengagement zu unterstützen. So sind in diesem Grundmodell etwa Freiwilligenagenturen als Vermittlungsorganisationen und Bürgerstiftungen als Finanzierungsinstrument vorgesehen. Das "Münchner Modell" bezieht alle betrieblichen Hierarchieebenen und Arbeitslose mit ein; siehe Gerd Mutz, Strukturen einer Neuen Arbeitsgesellschaft: Der Zwang zur Gestaltung der Zeit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 9/99, S. 3-11.

  35. Netzwerkansatz, soziale Verantwortung seitens des Unternehmens und Förderung des Bürgerengagements der Mitarbeiter sind die wesentlichen Dimensionen, die Switch von reinen Weiterbildungsprogrammen, wie etwa Seitenwechsel, unterscheidet. Zu der Verbreitung weiterer UBE-Programme in Deutschland siehe: B. Rudolph (Anm. 26).

  36. Vgl. Gerd Mutz/Susanne Korfmacher, Das Projekt Switch: Ein "take off" für bürgerschaftliches Engagement: Voraussetzungen, Erfahrungen, Empfehlungen: Forschungsbericht an die Siemens AG, München 2000.

  37. Zu Prozessen der Wissenskooperationen durch Hospitationsprogramme vgl. das vom BMBF geförderte gleichnamige Projekt: http://www.wissenskooperationen.de/

  38. An dieser Stelle ist vor der unprofessionellen Übernahme solcher Konzepte ausdrücklich zu warnen: Unsere Stichproben zu UBE-Konzepten in Deutschland haben ergeben, dass oft wohlklingende Programme ohne entsprechende Vor- und Nachbereitung "gekauft" werden und Mitarbeiter zum "Sozialerlebnis" eingesetzt werden - und dann mit ihren Erlebnissen sich selbst überlassen bleiben. Die sozialen Einrichtungen erhalten für diesen Sozialtourismus lediglich eine finanzielle Entschädigung.

  39. Vgl. den Slogan: "We make a difference"; zu diesen Vergleichen siehe: Cedric Janowicz/Carmen Klement/ Irene Kühnlein/ Gerd Mutz, Corporate Citizenship in den USA und NL: Interner Bericht der Münchner Projektgruppe für Sozialforschung (MPS) an den Sonderforschungsbereich 536 "Reflexive Modernisierung" der DFG 2000.

  40. Klaus Eder, Die Tätigkeitsgesellschaft: Euphemisierung postindustrieller Dienstleistungsarbeit und Normalisierung von Diskontinuität, Schwerpunkt "Pfade in die Tätigkeitsgesellschaft", in: Berliner Debatte Initial, 11 (2000) 4, S. 13.

  41. Dies darf weder theoretisch, noch in der sozialen oder politischen Praxis heißen, nun einem neuen Arbeitsmythos, dem des selbstverantwortlichen, eigenständigen - eben des unternehmergleichen Arbeitsbürgers das Wort zu reden. In dieser Hinsicht ist große Vorsicht anzumahnen.

PD, Dr. rer. pol.; geb. 1952; Leiter des Münchner Instituts für Sozialforschung (MISS); Lehre an der Universität Konstanz.

Anschrift: MISS, Hohenzollernstr. 112, 80796 München.
E-Mail: Gerd.Mutz@SocialScience.de

Zahlreiche Veröffentlichungen im Bereich der interkulturellen Arbeitssoziologie.