Einleitung
Nach Beginn der militärischen Aktion gegen Afghanistan am 7. Oktober 2001 wurde von verschiedenen Seiten, nicht zuletzt von den Regierungen der USA und der Bundesrepublik Deutschland, auf die Organisation einer Post-Taliban-Ordnung in Afghanistan durch die Vereinten Nationen gedrängt. Der UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, der ehemalige algerische Außenminister Lakhdar Brahimi, äußerte sich diesbezüglich bis zum Fall Kabuls am 13. November sehr skeptisch. UN-Generalsekretär Kofi Annan selbst, von Anfang an reserviert gegenüber der US-Kriegführung, drängte schon kurz nach Beginn der militärischen Maßnahmen auf deren schnelle Beendigung.
Hinter dieser diplomatischen Kontroverse werden tief greifende Einschätzungsdivergenzen in mehrfacher Hinsicht deutlich: Eine betrifft die Chancen der UNO bei der Reorganisation Afghanistans. Eine zweite tangiert die Auswirkungen der militärischen Maßnahmen auf die Möglichkeiten, eine Neuordnung des Landes durchzusetzen. Drittens schließlich geht es um die Konsequenzen des militärischen Vorgehens für den Kampf gegen den Terror.
Der Beitrag zeichnet im ersten Teil nach, wie die Beauftragung der UNO, in Afghanistan tätig zu werden, zustande kam. Im Weiteren untersucht er die oben genannten Kontroversen vor allem unter dem Aspekt bisheriger Erfahrungen der UNO mit State-building und daraus resultierender Schlussfolgerungen für Afghanistan. Unter State-building wird die Re- bzw. Neuorganisation politischer und staatlicher Strukturen sowie notwendiger ökonomischer und infrastruktureller Kontexte verstanden.
I. Der Afghanistan-Auftrag der UNO
Am 14. November 2001, einen Tag nachdem Kabul in die Hände der Nordallianz gefallen war, fasste der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einen Beschluss. Er übertrug den UN-Verantwortlichen in vager Form jene vorher anvisierten State-building-Aufgaben, die bei Annan und Brahimi so wenig Begeisterung hervorgerufen hatten. In der Entschließung wurde eine "zentrale Rolle" der UNO bei den Anstrengungen verlangt, möglichst schnell eine Übergangsadministration zur Bildung einer neuen Regierung einzusetzen.
Die Art und Weise, wie die Vereinten Nationen mit der Aufgabe betraut wurden, die politische und staatliche Reorganisation Afghanistans zu bewerkstelligen, ist nicht nur ein Exempel für das Verhältnis der USA und anderer nationalstaatlicher Akteure zur Weltorganisation. Es ist auch ein Lehrbeispiel für die Dilemmasituation, in die sich die UNO aufgrund vollendeter Tatsachen gestellt sieht: Einerseits gibt es keine Alternative zur Bereitschaft, sich zu engagieren, andererseits ist die Überforderung der Organisation absehbar.
Simultan mit der Aufnahme der militärischen Offensive der USA gegen Afghanistan
Diese Forderungen waren so weitgehend, wie sie eine innere Logik aufwiesen: Stürzten die Taliban, entstünde ein Machtvakuum mit der Gefahr eines Bürgerkrieges wie vor der Machtübernahme durch die "Gottesschüler" 1996. Derartige Befürchtungen erwuchsen berechtigterweise aus der komplizierten ethnischen, religiösen und politischen Lage in dem Land.
Die UNO versuchte Hoffnungen und Erwartungen von vornherein zu dämpfen. Lakhdar Brahimi äußerte sich skeptisch hinsichtlich einer Peace-keeping-Rolle der Vereinten Nationen. Eine Rolle der UNO bei einem intendierten State-building nach den Taliban in Afghanistan sah er negativ.
UN-Generalsekretär Kofi Annan beurteilte von vornherein das eigenständige Vorgehen der USA gegen Afghanistan negativ.
Dessen ungeachtet war von Anfang an davon auszugehen, dass sich die UNO engagieren würde, wenn sich die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats hierauf verständigten. Vor diesem Hintergrund versuchte Brahimi nach einer geschlossenen Sitzung des Sicherheitsrats am 24. Oktober 2001 erneut, einerseits Illusionen über Möglichkeiten externen Agierens in Afghanistan entgegenzuwirken und andererseits den Sicherheitsratsmitgliedern auszureden, die UNO vor unrealistische und nicht zu bewältigende Aufgaben zu stellen. Bei einer Interimsregierung komme es vor allem darauf an, dass die Afghanen das Gefühl hätten, selbst zuständig zu sein; alles andere habe keine Zukunft. Die Hauptstadt Kabul und später das ganze Land dürften nicht an eine einzige ethnische Fraktion, politische Partei oder an eine "untaugliche Allianz" fallen.
Annan warnte in diesem Kontext die USA ebenfalls vor einer politischen Situation in Kabul, die nach dem Sturz der Taliban und einer eventuellen Machtübernahme durch die Nordallianz von neuerlichen Grausamkeiten gekennzeichnet sein könnte. Er forderte die USA und Großbritannien auf zu überlegen, wie aus der Hauptstadt und der umliegenden Region eine neutrale Zone zu bilden sei. Dies sei etwas, worüber sich diejenigen Gedanken machen müssten, die in die von den USA geführte Bombardierung Afghanistans involviert seien.
Hinsichtlich einer Entsendung von UN-Friedenstruppen äußerte sich Brahimi mehrfach skeptisch: "Friedenserhaltung bedeutet, dass da ein Friede zu erhalten ist. Diese Situation ist qua Definition dazu nicht geeignet. Für Friedenserhaltung braucht man das Einverständnis aller Parteien." Der dann von ihm als "wünschenswerteste Lösung" bezeichnete Vorschlag - die Schaffung einer gemischten afghanischen Friedenstruppe mit Unterstützung der Vereinten Nationen - blieb weit hinter den Visionen zurück, die vor allem die NATO-Mitglieder, aber auch Staaten wie Iran und Russland, in den vorangegangenen Wochen eingebracht hatten.
II. Politische Konzeptionen und militärische Realitäten
Bezeichnend für eine Situation, in der es der Politik an klaren Vorgaben mangelt und sie zu einem Appendix der militärischen Entwicklung wird, war dreierlei: Erstens veränderten sich die Vorschläge für eine Post-Taliban-Ordnung je nach militärischer Konstellation. So wurden, als die Bombardements drei Wochen lang keine Auflösungserscheinungen bei den Taliban erkennen ließen, in Washington Teilungspläne ventiliert. Sie ordneten den Norden Afghanistans der Nordallianz zu, den paschtunischen Süden gegebenenfalls den Taliban. Während US-Außenminister Powell vor dem Fall Kabuls eine Beteiligung "gemäßigter Taliban" an einer Übergangsregierung in Übereinstimmung mit der pakistanischen Haltung verlangte, übernahm er unmittelbar danach die russische Position und lehnte eine derartige Partizipation ab.
Zweitens wurden von unterschiedlichsten Seiten die divergierendsten, sich teilweise krass widersprechenden Vorschläge eingebracht.
Für die Unklarheit über das politische Vorgehen und die politischen Perspektiven war drittens das institutionelle Durcheinander bei der Organisation des anvisierten "politischen Prozesses" kennzeichnend. Es gab eine ganze Zahl von Afghanistan-Beauftragten unterschiedlicher internationaler Organisationen wie auch einzelner Staaten, deren Koordination nur punktuell sichtbar wurde.
Nach dem Fall Kabuls intensivierte sich die Hektik diplomatischer Aktivitäten. Zuvor hatte sich die politische und militärische Führung in Washington die Bedenken bezüglich der Entstehung eines unkalkulierbaren Machtvakuums aufgrund eines unkontrollierten Einmarsches der Nordallianz in Kabul zu Eigen gemacht. Die Bombardements hatten Erfolge der Opposition im Norden des Landes ermöglichen sollen, nicht aber einen schnellen Einzug in die Hauptstadt. Zwei Faktoren hatten eine Veränderung der US-Militärstrategie Anfang November 2001 bedingt: Der eine bestand in der Enttäuschung über die Erfolglosigkeit diplomatischer Bemühungen, eine afghanische "repräsentative" Schattenregierung zustande zu bringen. Das zweite Problem war operativer Natur: der herannahende Winter und der Fastenmonat Ramadan. Beides erhöhte den militärischen wie den politischen Druck, mit der Kriegführung voranzukommen.
Darüber hinaus waren heftige Zweifel an der Strategie sowie Kritik an der "Erfolglosigkeit" des operativen Vorgehens nicht nur bei den neuen Verbündeten unter den islamischen Ländern, sondern auch in den USA und bei den NATO-Mitgliedern immer lauter geworden.
Wie berechtigt die Befürchtungen waren, erwies sich im Augenblick des Einmarsches der Nordallianz in Kabul. Wie erwartet, waren die neuen Machthaber weniger an einer repräsentativen, multiethnischen, demokratischen Regierung interessiert als an der Absicherung eigener Positionen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach den politischen Möglichkeiten und Zielen, nach Kompetenzen und Strategien jener "Streitmacht der Freiwilligen", die auf Basis des Beschlusses des Sicherheitsrats vom 14. November 2001 zur "militärischen Absicherung" des Ziels rekrutiert werden sollten, "möglichst rasch die Grundlagen für die Bildung einer Übergangsregierung" in Kabul zu schaffen.
Die Aktivitäten, die Brahimi mit dem Sieg der Nordallianz einzuleiten hatte, blieben von vornherein hinter den geschaffenen Tatsachen zurück. Zugleich war bereits eine Anpassung an die neuen Realitäten erkennbar. Der UN-Sonderbeauftragte ließ verlauten, er wolle mit der Nordallianz den "politischen Rahmen für die Zukunft des Landes abstecken". Dann sollten Vertreter anderer ethnischer Gruppen dazustoßen.
Die Diskussionen über Zeitpunkt, Zusammensetzung, Tagungsort, Verlauf und andere Modalitäten der in Deutschland kurzfristig vorbereiteten, für Ende November anberaumten und am 5. Dezember beendeten Afghanistan-Konferenz, auf der über die politische Neuordnung nach den Taliban beraten wurde, waren ebenfalls Ausdruck einer Politik, die den militärischen Realitäten hinterherlief. Schon im Vorfeld verschärfte sich die Diskrepanz zwischen westlichem Wunschdenken und afghanischer Wirklichkeit. US-Außenminister Powell und US-Präsident Bush sprachen sich für "wirtschaftliche Freiheit" und eine "freie Gesellschaft" in Afghanistan aus, in der auch Frauen eine "bedeutende Rolle" zu spielen hätten. Der "Außenminister" der Nordallianz, Abdullah, äußerte sich zunächst hingegen eher skeptisch über die Notwendigkeit einer ethnisch breit gestützten Regierung.
Und gleichzeitig wurden die ersten Vorwürfe an die Adresse der Vereinten Nationen laut: Von pakistanischer Seite kam die Kritik, die Weltorganisation beginne erst fünf Wochen nach Kriegsbeginn, über eine politische Lösung nachzudenken.
III. Erfahrungen der UNO beim State-building
Fast alle State-building-Bemühungen der UNO
Die wichtigsten Missionen (und gleichzeitig diejenigen, die eine gewisse Beispielfunktion für ein Vorgehen in Afghanistan aufweisen könnten) sind die in Kambodscha (1992/93), Somalia (1993-1995), Bosnien-Herzegowina (seit 1995) (obschon im strengen Sinne keine UN-Mission, weil in Verantwortung des Büros des Hohen Repräsentanten
Die Analyse dieser Fälle von State-building durch die UNO lässt in Bezug auf Afghanistan wenig positive Erwartungen aufkommen. Dies umso mehr, als die Lage in Afghanistan ungleich schwieriger ist als im kleinen Ost-Timor (6 000 qkm, 800 000 Einwohner) und in den beiden südosteuropäischen Fällen. Am ehesten lässt sich die afghanische Situation mit Kambodscha und Somalia vergleichen.
Die Operation in Kambodscha galt seinerzeit als die ambitionierteste und teuerste Peacekeeping-Operation der UNO. 22 000 Soldaten und Beamte sollten die Umsetzung der im Oktober 1991 in Paris vereinbarten politischen Beilegung des Krieges gewährleisten. Die United Nations Transitional Authority in Cambodia (UNTAC) wurde damit beauftragt, eine politische Übergangsfunktion vor allem mit dem Ziel einzunehmen, durch Wahlen eine legitime Regierung für das Land, das lange Zeit unter gewaltsamen Aufständen und humanitären Katastrophen hatte leiden müssen, hervorzubringen.
Die Operation in Somalia stellte in zweierlei Hinsicht eine Neuerung im Vorgehen der Vereinten Nationen dar: Erstens wurde mit der Resolution 794 vom 3. Dezember 1992 erstmals eine eindeutig interne und humanitäre Krise zur Bedrohung der internationalen Sicherheit und des Friedens erklärt, wodurch Maßnahmen zur Durchsetzung des Friedens in Form der Etablierung einer United Task Force (UNITAF) gerechtfertigt erschienen. Und zweitens wurde erstmals der Anspruch fallen gelassen, das Eingreifen in einem Staat bedürfe einer Einladung durch dessen Regierung; seinerzeit existierte in Somalia gar keine Regierung, die die Autorität gehabt hätte, eine solche Einladung auszusprechen. Zum ersten Mal wurde also fehlende Staatlichkeit (und das damit einhergehende Chaos sowie der Bürgerkrieg) als Bedrohung der internationalen Staatengemeinschaft angesehen.
Mit der UN-Operation in Somalia (UNOSOM 2) unternahm die internationale Gemeinschaft den Versuch, in den Bürgerkrieg zu intervenieren, um Frieden durchzusetzen. Anfangs fehlten Personal und Ausrüstung. Nachdem die Truppenstärke auf 37 000 gut ausgerüstete Soldaten aufgestockt worden war, war es diese Stärke sowie die dann erhobene Zielsetzung, den Warlord Mohammed Farah Aideed festzunehmen, die es UNOSOM 2 verunmöglichte, Neutralität zu wahren. UNOSOM 2 wurde selbst zu einem Faktor im somalischen Kriegsgeschehen. Von großen Teilen der somalischen Bevölkerung als Invasoren angesehen, hatten sich die UN-Truppen nun neben der Aufgabe der Beilegung des somalischen Krieges auch noch gegen Angriffe beider Kriegsparteien sowie der Zivilbevölkerung zu verteidigen. Das Fehlen realistischer Ziele bedingte das Scheitern der UN-Intervention in Somalia.
Beide UNO-Interventionen, sowohl die in Kambodscha als auch die in Somalia, gelten in ihren generellen wie in vielen ihrer konkreten Zielsetzungen als gescheitert.
Eine Analogie zur Ausgangslage für das State-building in Afghanistan zum Fall Kosovo im Jahre 1999 ergibt sich insofern, als auch dort das herrschende Regime durch externe militärische Maßnahmen zur Aufgabe gezwungen wurde. Allerdings handelt es sich bei Kosovo um eine ethnisch zu 90 Prozent homogene politisch-administrative Einheit, die gerade einmal zwei Drittel der Größe Schleswig-Holsteins aufweist (etwa 10 000 qkm, 2 Millionen Einwohner). Im Gegensatz zu einem eventuellen Einsatz einer "Streitmacht der Freiwilligen" in Afghanistan agieren die UN-Streitkräfte im Kosovo (KFOR) auf Grundlage eines Friedensabkommens. Dieses erfüllt alle politischen und militärischen Bedingungen, die von Seiten der NATO/UNO zuvor an die Konfliktparteien gestellt worden waren.
Doch selbst im Kosovo sind wesentliche politische Zielsetzungen eines State-building-Auftrags nicht erreicht worden: Auch nach Stationierung von 50 000 Soldaten und dem Einsatz praktisch aller relevanten internationalen Organisationen konnte weder die Vertreibung der nichtalbanischen Ethnien verhindert noch die Entwaffnung der UCK durchgeführt werden.
IV. Voraussetzungen in Afghanistan
Eine analoge, realiter noch viel kompliziertere und weiterreichende Aufgabe ist in einem asiatischen islamischen Land von der fast zweifachen Größe der Bundesrepublik Deutschland um ein Vielfaches schwieriger zu bewältigen. Die ethnischen Gegebenheiten sind ungleich heterogener, die klimatischen, kulturellen und infrastrukturellen Voraussetzungen ungleich problematischer. Die militärischen Bedingungen sind auf nicht absehbare Zeit mit ungleich höheren Risiken belastet. Wenn sich bereits für das Kosovo kein Zeitrahmen angeben lässt, der die UNO-Aktivitäten begrenzt: Welche Limitierung ist für Afghanistan denkbar? Drei Bedingungen sind für ein alternatives State-building unabdingbar, garantieren aber noch lange keinen Erfolg, wie die meisten Beispiele derartiger UNO-Aktivitäten (von Kambodscha über Somalia bis nach Bosnien-Herzegowina) zeigen:
- Massive militärische Präsenz ist nötig, um die minimalen Voraussetzungen (law and order) für den "politischen Prozess" zu gewährleisten;
- die externe Leitungsorganisation muss ein hohes Maß an Autorität, Verfügungsgewalt und Kompetenz besitzen, um sich gegenüber rivalisierenden Gruppen im Land durchzusetzen;
- massive Aufbauhilfe ist nötig, um den externen Verantwortlichen die Möglichkeit der Schaffung sozioökonomischer und politischer Grundlagen für das intendierte State-building (und hierüber bedingte Legitimität) zu verleihen.
Alle drei Voraussetzungen sind in Afghanistan außerordentlich schwer zu realisieren.
Wenn für das Kosovo nach Abschluss eines Friedensabkommens 50 000 Mann gebraucht wurden, wie viele sind dann für Afghanistan nötig? Wer soll diese Truppen stellen? Wie werden diese Truppen akzeptiert?
Abgesehen von organisationsinternen Kapazitäten hängen Autorität, reale Verfügungsgewalt und Kompetenz der UNO auch von den Voraussetzungen ab, die die afghanischen Verhältnisse selbst für eine State-building-Rolle der Organisation bereitstellen. Afghanistan bietet dafür, wie angedeutet, wenig Anhaltspunkte. Dem Gelingen einer UN-Intervention steht eine Multiethnizität im Wege, die seit der Staatsgründung
Dabei stellen die genannten Zahlen grobe Zuordnungen dar, die mit Blick auf eine beabsichtigte "ausgewogene Repräsentation" aber zum Politikum werden: In Afghanistan hat noch nie eine Volkszählung stattgefunden. Die Schätzung über die Einwohnerzahlen reichten in der Vergangenheit von 15 bis 26 Millionen. Dazu kommt ein politisches System, das im modernen Sinne keines ist. Die politische Macht ist stark "dezentralisiert": Sie liegt bei den Stämmen bzw. den Stammesältesten und lokalen Machthabern, für die das Zentrum Kabul meist nicht weniger weit entfernt ist als ehedem die sibirische Dorfgemeinschaft vom Zaren in Moskau.
In kultureller Hinsicht bieten das Clan- und Stammeswesen sowie die religiöse Determination des privaten wie des öffentlichen Lebens ebenfalls keine positive Ausgangslage für ein von außen induziertes State-building. Afghanistan ist ein Vielvölkerstaat mit grenzüberschreitender ethnischer Vernetzung,
Ökonomisch ist Afghanistan vorwiegend agrarisch geprägt. Über zwei Jahrzehnte Krieg haben das Land in hohem Maße verarmen lassen; Afghanistan gehört zu den ärmsten Regionen der Welt. Im Krieg gegen die Sowjetunion und danach im Bürgerkrieg wurden große Teile der institutionellen und physischen Infrastruktur zerstört, was zu einer fortschreitenden Erosion der Wirtschaft geführt hat, die heute aus kaum mehr als ländlicher Subsistenzwirtschaft und geringfügigem grenzüberschreitendem Handel besteht. Das Pro-Kopf-Einkommen ist entsprechend den limitierten Möglichkeiten zur Unterhaltsbeschaffung gering. Laut Untersuchungen besitzt Afghanistans Territorium die Kapazität, mehr als die notwendigen Lebensmittel zu produzieren, doch kann dieses Potenzial nicht genutzt werden, solange im Land Krieg herrscht. Ein Großteil der Einwohner leidet Mangel an Nahrungsmitteln, Kleidung, Wohnung und medizinischer Versorgung. Das Ausbleiben der Niederschläge seit Herbst 1999 ließ die Situation schließlich Besorgnis erregende Ausmaße annehmen und führte zum Eingreifen der UNO mit Nahrungsmittellieferungen. Laut Angaben der Vereinten Nationen sind mindestens zehn Prozent der Bevölkerung vom Hungertod bedroht, die Tendenz ist steigend.
In sozialer Hinsicht weist Afghanistan überwiegend eine Nomaden- und Bauernbevölkerung auf. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt nach Angaben der UNO bei 40 Jahren, der Analphabetismus rangiert bei 70 Prozent - weitere exemplarische Hinweise auf die in hohem Maße fehlende Infrastruktur in jeglicher Hinsicht.
Zusätzlich zu der prekären ökonomischen Lage im Innern Afghanistans hatten die vom afghanischen Staat lange Zeit nicht unterbundene Opiumproduktion, der Bürgerkrieg und die Loyalität zu Usama Bin Ladin zu einer immer weiter reichenden Isolation des Landes von der internationalen Gemeinschaft geführt. Im November 1999 begonnene UN-Sanktionen trugen weniger zu einer Modifizierung der Politik der Taliban als vielmehr zur Vergrößerung der internationalen Kluft bei.
Damit zusammenhängend stellen sich in Bezug auf ein längerfristiges Engagement der UNO Fragen in finanzieller Hinsicht. Wer soll das Geld für eine Rekonstruktion Afghanistans aufbringen, das ausreichend wäre, um das Land durch externe Hilfe zu führen und zu stabilisieren? Bereits die Summen, die investiert werden müssten, um die Mobilität dort zu stationierender Truppen zu gewährleisten, überstiegen bei dem Zustand, in dem sich Afghanistan befindet, alles, was bisher für derartige Aktionen ausgegeben wurde. Es gibt weithin keine Polizei. In weiten Teilen des Landes sind weder asphaltierte Straßen noch elektrischer Strom, Telefon, Post oder fließendes Wasser vorhanden. 80 Prozent der Bevölkerung haben nicht einmal sauberes Trinkwasser.
Als letzter hier zu nennender Faktor stehen einer Erfolg versprechenden UN-Intervention auch die politischen Konditionen, die sich durch die Stichworte prästaatliche und prädemokratische Strukturen sowie Abwehr "westlicher" Dominanzversuche charakterisieren lassen, entgegen. Der Bürgerkrieg hatte eine Situation geschaffen, in der der Kampf um persönliche Macht geführt wurde und mit dem Streben nach Hegemonie der eigenen ethnischen Gruppe verknüpft war. In der Bevölkerung entstand ein Überdruss an der Fortsetzung des sinnlosen Krieges, den sich die Taliban ab Ende 1994 zunutze machten: Als neue, unverbrauchte, religiös motivierte und einem moralischen Anspruch folgende Bewegung waren sie den zuvor herrschenden Mudschaheddin-Parteien, die sich völlig diskreditiert hatten, überlegen. Binnen zwei Jahren lösten sie diese in der Regierung ab. Die politisch-religiöse Rigorosität unter ethnischen Vorzeichen war es jedoch, die eine nationale Integration auch unter Federführung der Taliban unmöglich machte. Seither bestehen keine funktionierenden Regierungsinstitutionen.
V. Eliten- und State-building unter externem Einfluss
Eine tragfähige Rolle des externen Akteurs UNO ist unter diesen Umständen unwahrscheinlich - noch dazu, wenn die "berechtigten Sicherheitsinteressen" der Staaten im Umfeld Afghanistans "Berücksichtigung" erfahren und damit auf die Politik der UNO beim State-building in Afghanistan Einfluss nehmen sollen.
Die Antiterrorkoalition war unter anderen Voraussetzungen als denen eines möglicherweise länger dauernden Krieges der USA in Afghanistan zustande gebracht worden. Die Kriegsentwicklung zusammen mit der Veränderung politischer Ziele führt zu einem Differenzierungsprozess, der im Kontext sich verändernder politischer Zielsetzungen dem Einfluss unterschiedlichster Interessen ausgesetzt ist.
Pakistan protegierte jahrelang die Taliban, um in der Auseinandersetzung mit Indien im Osten und Iran im Westen ein politisch und militärisch sicheres Hinterland zu haben. Die fortdauernde Unterstützung für die paschtunischen Gruppen ist neben extern-strategischen Erwägungen auch dem Sachverhalt geschuldet, dass etwa zwölf Millionen dieser Ethnie östlich der afghanischen Grenze in Pakistan beheimatet sind. Moskau dagegen hilft seit Jahren der Nordallianz, um seinen Interessen in den zentralasiatischen Republiken der ehemaligen Sowjetunion und gegen die Taliban Rechnung zu tragen. Die indische Führung äußerte sich (ebenso wie die russische) gegen eine Beteiligung der Taliban an einer zukünftigen afghanischen Regierung, nicht zuletzt, weil diese den Garanten pakistanischen Einflusses auf das Land darstellten und außerdem in der Rivalität mit Pakistan um Kaschmir gegen die indischen Interessen gerichtet seien. Das schiitische Iran wiederum ist ein Gegner der paschtunischen Vorherrschaft im Nachbarland, weil die kulturell-sprachlich wie religiös zum Teil näher stehenden Gruppen der Nordallianz mehr Möglichkeiten und Zuverlässigkeit für die Einflussnahme nach Osten versprechen.
Die politische Schwäche sowie die politische, ethnische und religiöse Heterogenität der Nordallianz als bewaffnete innerafghanische Opposition, die trotz jahrelanger Unterstützung durch Russland, Iran und Indien auf eine Fläche von fünf bis zehn Prozent im Nordosten des Landes zurückgedrängt war
Diese Art der Strategieentwicklung brachte diverse Dilemmata zur Wirkung: Militärisch hatten nicht nur Usama Bin Ladin und seine Al-Qaida fast fünf Wochen lang Zeit gehabt, sich auf militärische Angriffe durch die USA vorzubereiten und ihnen auszuweichen, sondern auch die Taliban. Im Innern Afghanistans stößt sich das Ansinnen der USA, eine breite Koalitionsregierung für die Post-Taliban-Zeit zu schmieden, an ethnischen und religiösen Rivalitäten sowie alten und neuen Machtkämpfen zwischen Monarchisten, lokalen Kriegsherren und verfeindeten Fraktionen ohne herausragende Kommandeure und Integrationsfiguren.
Die Afghanistan-Konferenz in Bonn Ende November und Anfang Dezember 2001 verbesserte die Voraussetzungen für ein Eingreifen der UNO nur begrenzt.
Zwar demonstrierten die teilnehmenden Gruppen mit Blick auf die für den 5. Dezember angesetzte Geberkonferenz zum Wiederaufbau des Landes Konzilianz. Die vertretenen Gruppen einigten sich auf eine "Interim-Authority", die ab 22. Dezember 2001 die Amtsgeschäfte übernehmen sollte. Neben einer Reihe innerafghanischer Unwägbarkeiten blieben indes wesentliche konkrete Punkte und noch mehr die strategischen kontrovers: vom Problem, wie eine internationale "Friedenstruppe" zusammengesetzt sein, bis zur Frage, wie die künftige Staatsform Afghanistans aussehen sollte.
Beeinträchtigt war das Bonner Treffen und sein Ergebnis auch dadurch, dass es von diversen politischen und militärischen Führern in Afghanistan als nicht repräsentativ und von "Ausländern" dominiert abgelehnt wurde. Divergenzen hatten darüber hinaus von Anfang an zwischen den aus Afghanistan angereisten Repräsentanten und den zur Konferenz ebenfalls eingeladenen Exilgruppen bestanden.
Der zweite für die ins Auge gefasste State-building-Funktion der UNO zentrale Problembereich war nicht weniger umstritten als die Führungsfrage: wie eine militärische Absicherung des "Friedensprozesses" erfolgen könne. Schon zur Gewährleistung der elementaren Versorgung der Bevölkerung und zur Linderung der mit dem Winter sich ausweitenden humanitären Katastrophe war nach Ansicht der UNO und aller westlichen Politiker eine mit einem "robusten" Mandat ausgestattete und möglichst schnell einzusetzende externe Truppe notwendig. Doch abgesehen von schon erwähnten kulturell bedingten Vorbehalten wollte sich zunächst die Nordallianz die Absicherung ihrer Positionen im noch nicht einmal beendeten Krieg nicht durch auswärtiges Militär streitig machen lassen. Andere Gruppen der Afghanen stimmten dagegen einer Stationierung auswärtiger Kräfte nicht zuletzt aus machtpolitischem Kalkül zu: Ohne solche Kräfte würde die Nordallianz noch weniger bereit sein, die Macht im Land zu teilen.
Dabei war die angestrebte Übereinkunft unter den an der Konferenz Beteiligten hinsichtlich einer UN-"Friedenstruppe" nur ein Teil des Problems: Abgesehen von den ungelösten Fragen des Mandats, seines Umfangs und der Finanzierung, waren die ventilierten Vorschläge über Zusammensetzung und Führung solcher militärischer Kräfte Ausdruck des bereits angesprochenen Dilemmas: Einerseits herrschte die Überzeugung vor, ohne einen "westlichen" Kern, der die militärisch anspruchsvollen Komponenten zu stellen haben, gehe es nicht.
Vor diesem Hintergrund lehnte wie Russland auch das Brüsseler Hauptquartier der NATO eine Beteiligung an internationalen Friedenstruppen von vornherein ab, während zunehmend "unbelastete" Länder wie Deutschland und Spanien sowie die Europäische Union für eine Führungsfunktion in die Debatte gebracht wurden. Auf der Bonner Konferenz wurde nur umso deutlicher, dass einerseits weder die UNO noch bedeutsame Mitglieder wie Deutschland sich den Zwängen entziehen können würden, die sich aus der durch den Krieg noch verschärften chaotischen Lage in Afghanistan und den beschriebenen Umständen ergäben. Und dass es andererseits gerade die Kontingenz der Lage war, die für die UNO im Allgemeinen und für alle in Afghanistan an einer internationalen Truppe zu beteiligenden Streitkräfte im Besonderen eine größere Herausforderung und ein höheres Risiko bedeuten würde als alles, was bisher in dieser Richtung von der "internationalen Gemeinschaft" versucht worden ist.
VI. Terror und asymmetrischer Krieg
Vier Aspekte weist die Frage auf, ob das militärische Vorgehen in Afghanistan produktiv mit Blick auf das letztliche Ziel der Terrorbekämpfung ist:
- Werden die Terroristen und ihre Helfershelfer getroffen?
- Wird das Chaospotenzial und der Antrieb verringert, aus dem sich die Terroristen rekrutieren?
- Wird der internationale Kampf gegen den Terror gestärkt?
- Wird die Sicherheitslage in den vom Terror betroffenen Ländern verbessert?
Um das Terrorregime der Taliban und um die Terroristen, die durch das Bombardement getroffen wurden, ist es nicht schade. Doch die erste Frage selbst dann mit Skepsis zu beantworten, wenn Bin Ladin gefasst oder getötet wird, die Taliban in ganz Afghanistan von der Macht verdrängt werden und ein Demonstrations- und Abschreckungseffekt durch die Kriegführung unterstellt wird: Das militärische Vorgehen ist in einer Form erfolgt, die es den Terroristen (auch außerhalb Afghanistans) leicht gemacht hat, ihre Positionen zu räumen und zu reorganisieren, bevor sie angegriffen wurden. Außerdem bindet der Krieg in Afghanistan militärische, politische, wirtschaftliche und diplomatische Kapazitäten, die für ein viel breiter angelegtes gezieltes militärisches Vorgehen auf der Ebene von Low-intensity-Kriegführung gegen terroristische Strukturen fehlen.
Die zweite Frage ist ebenfalls keineswegs eindeutig positiv zu beantworten, auch wenn in kurzer Zeit begonnen werden sollte, den Plan in Angriff zu nehmen, durch umfassende Hilfe das Land aufzubauen. Die Diskrepanz zwischen Absichtserklärungen und ihrer Realisierung oder Realisierbarkeit, die schon in allen anderen Fällen eines versuchten State-building zu konstatieren war, dürfte in Afghanistan besonders drastisch ausfallen. Der Krieg hat das Land zusätzlich verwüstet, erheblich zum Flüchtlingschaos beigetragen und vielen Bewohnern ihre ohnehin schwachen Lebensgrundlagen genommen. Berichte über Bandenüberfälle auf die Büros von Hilfsorganisationen prägen die Nachrichten, und von Verhandlungen über sicheres Geleit für Hilfslieferungen kann nicht ausgegangen werden, solange der Krieg und der Bürgerkrieg im Gange ist.
Wie das Vorgehen der Nordallianz nach dem Rückzug der Taliban aus dem Norden des Landes und aus den Städten gezeigt hat, wird versucht, das entstehende Vakuum durch einen teilweise gewaltsam geführten Machtkampf zu füllen, weil eine anerkannte alternative staatliche Autorität nicht existent ist und von außen nur begrenzt auf diese Situation eingewirkt werden kann.
Sowohl in Afghanistan als auch im islamischen Ausland verstärkt sich der Antiamerikanismus, womit der Nährboden für den Terror noch tiefer wird. Der Krieg nicht nur gezielt gegen Terroristen, sondern in der Perzeption großer Teile der islamischen Bevölkerungen von Afrika bis zu den Philippinen gegen ein Land, dessen unschuldige Einwohner unter den Bombardements zu leiden haben, steigert die Bereitschaft, zum Mittel des Terrors zu greifen. Den Extremisten laufen nicht weniger, sondern mehr Leute zu.
Gleichzeitig ist eine Distanzierung von Staatsführungen islamischer Länder von der US-Strategie ersichtlich, in Form eines konventionellen Krieges den Kampf gegen den Terror zu führen. Außerdem wird dieser Kampf durch den innenpolitischen Druck in islamischen Ländern geschwächt, den größere Teile von Bevölkerungen, die das Vorgehen der USA verurteilen, auf ihre Staatsführungen ausüben. Auch die Regierungen der islamischen Länder in Asien haben bereits ihren Unmut über Wünsche der US-Regierung geäußert, gegen Angehörige des Al-Qaida-Netzes und andere Terrorismusverdächtige offen oder verdeckt auch in Indonesien oder Malaysia vorzugehen.
Vor diesem Hintergrund kann höchstens partiell - resultierend vor allem aus der Abschreckung gegenüber Regimen, die bisher Terroristen auf ihrem Staatsgebiet geduldet haben - von einer Verbesserung der Sicherheitslage in den westlichen Ländern durch den Afghanistan-Krieg gesprochen werden. Zugleich zeigt das Zögern, mit aller Konsequenz gegen Staatsführungen vorzugehen, die den Terror in viel gefährlicheren Dimensionen unterstützen als die Taliban - etwa Irak und Saudi-Arabien (dessen Zuwendungen, wie auch denen Pakistans, die Taliban einen wesentlichen Teil ihrer Macht zu verdanken hatten) -, welchen politischen und anderen Opportunitäten der "Kampf gegen den Terrorismus" unterliegt.
Die USA wie die UNO geraten darüber hinaus in ein spezifisches Dilemma: Engagieren sich die Vereinigten Staaten vor allem politisch-militärisch sichtbar und nachhaltig, stoßen sie auf noch größere Aversionen in der islamischen Welt als ohnehin schon. Ziehen sie sich zurück, droht ein anderes Desaster: Ob Washingtons Interesse an einem "umfassenden Engagement" in Bezug auf Afghanistan bestehen bleibt, wenn das Kriegsziel der Tötung Bin Ladins und seiner Unterstützer sowie der Eliminierung der Taliban-Führung und -Streitkräfte erreicht ist, wird sich erst noch herausstellen. Die Risiken eines längerfristigen Engagements mit Blick auf das State-building sind hoch. Angesichts des Ausmaßes der Schwierigkeiten, in Afghanistan für dauerhafte Ordnung zu sorgen, könnte die Versuchung groß sein, in dieser Hinsicht nur mehr symbolische Politik zu machen. Dies würde die UNO als Organisation wie auch andere Mitglieder der Staatengemeinschaft, die ihre Bereitschaft zur Hilfe erklärt haben, in eine noch schwierigere Lage bringen. Und es hätte fatale Konsequenzen für Afghanistan und die Region.
Daraus ergibt sich als Schlussfolgerung für das Vorgehen gegen den Terror:
Im Prinzip nicht kontrovers sind Maßnahmen zur Erhöhung der inneren Sicherheit in den westlichen Ländern und Bemühungen, zentrale Krisenherde zu beruhigen, die mentaler wie realer Ausgangspunkt für Selbstmordterrorismus sind (wie z. B. der israelisch-palästinensische Konflikt). Das Gleiche gilt für die Unterbindung von Finanzströmen für terroristische Organisationen sowie die Einwirkung auf islamische Länder, extremistische Koranschulen zu schließen, in denen Hass und Terror gegen die westliche Welt und "Ungläubige" gepredigt wird. Auf der militärischen Ebene scheint indes das verdeckte Vorgehen von dafür ausgebildeten Spezialgruppen und die Erweiterung solcher Kapazitäten und Aktivitäten sowie die Verstärkung und Koordination geheimdienstlicher Tätigkeit mit Blick auf Terrororganisationen Erfolg versprechender als das Mittel konventioneller Kriegführung und Regimewechsel. Zumal eine ganze Reihe von Ländern existiert, die entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, auf ihrem Territorium operierenden Terrororganisationen das Handwerk zu legen. Darüber hinaus sind die Kalamitäten zu berücksichtigen, die sich aus einer zusätzlichen Destabilisierung von Staaten und aus einer westlicherseits durch Krieg forcierten Regimeveränderung ergeben. Schließlich sind auch der Umfang und die Bindung von Ressourcen zu gewärtigen, die mit einer solchen Kriegführung und den danach notwendig werdenden Rekonstruktionsmaßnahmen verbunden sind.