In seinem Beitrag beschäftigt sich Max Wingen mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur einkommensteuerlichen Freistellung des zum Existenzminimum zu zählenden Betreuungs- und Erziehungsbedarfs von Kindern. Dieser Umstand, so der Autor, habe den Bestrebungen um eine nachhaltige finanzielle Anerkennung der elterlichen Erziehungsarbeit durch eine besondere einkommenswirksame Leistung neuen Auftrieb gegeben. Im Kern bleibe diese höchstrichterliche Entscheidung innerhalb des einkommensteuerlichen Bezugsrahmens.
Wingen plädiert dafür, erstens ein Erziehungseinkommen nicht mit zu vielen Zielsetzungen gleichzeitig zu überfrachten, zweitens nicht - was gerade aus frauenpolitischer Sicht höchst problematisch wäre - zu arbeitsmarktpolitischen Zwecken zu "instrumentalisieren" und drittens keine Erwartungen damit zu verknüpfen, die nur sehr begrenzt berechtigt erscheinen. Solche Grenzen sollten aber andererseits nicht dazu verleiten, die mit einem Erziehungseinkommen angestrebte Weiterentwicklung der familienbezogenen Einkommenspolitik gar nicht erst verfolgen zu wollen.
Das 1998 veröffentlichte Gutachten "Erziehungsgehalt 2000" steht in Michael Opielkas Analyse im Mittelpunkt. Es habe im Kontext einer seit vielen Jahren andauernden öffentlichen Diskussion um eine gerechtere Verteilung von Erwerbs- und Erziehungsarbeit sowie Einkommen zwischen den Geschlechtern und zwischen Eltern und Nicht-Eltern gestanden. In besonderer Weise werde auch die Verbesserung der Situation von Alleinerziehenden zu einem Hintergrund der Forderung nach einem Erziehungsgehalt, weil aus der Erziehungsarbeit selbst ein Unterhalt resultiere, der unabhängig sei vom Lebenspartner und anderen Elternteil.
In den zurückliegenden Jahren habe die Familienpolitik ihr Gesicht verändert, weiß Irene Gerlach zu berichten. Anfänglich noch nicht einmal als policy-fähig anerkannt, sei sie heute neben der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik in das Zentrum der Neubestimmung sozialstaatlicher Sicherungsgewährung einerseits und bestandssichernder Leistungsanerkennung andererseits gerückt. Dies sei nicht zuletzt einer mit immer mehr Nachdruck formulierten Urteilssprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Familie und zum Familienlastenausgleich zu verdanken.
In mehr als 50 Urteilen habe dieses die wesentlichen Strukturelemente des Familienlastenausgleichs definiert und inhaltlich strukturiert sowie die Konturen eines Familienleistungsausgleichs markiert. Im Zusammenspiel der Verfassungsinstitutionen habe sich hier eine politikgestaltende, praktisch wirksam werdende Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts herausgebildet, die so vom Verfassungsgesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sei, aber im Sinne der Gerechtigkeit Gestaltungsdefizite der Legislative ausgleiche.