Kaum ein anderes Land ist durch ein so verfeinertes System von "checks and balances", von Machtteilung und Machtverschränkung sowie auch von Machtferne definiert wie das deutsche. Zu dieser Erkenntnis kommt Gerd Langguth in seinem Beitrag. Kraftvolles Regieren werde hier aufgrund unterschiedlichster, parallel wirkender Einflusssphären erschwert, zumal die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland die Entscheidungsprozesse komplizierten - auch auf der europäischen Ebene. Die Autonomie der deutschen Bundesländer, folgert der Autor, müsse gestärkt werden, auch im Rahmen einer vom Bundesverfassungsgericht geforderten Reform des Länderfinanzausgleiches.
Mathias Jopp und Uwe Schmalz beschäftigen sich dagegen mit den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts für die Europäische Union, die für diese von überlebenswichtiger Natur seien. Beachte man entscheidende Weichen für den Weg zu einer erweiterten und politisch handlungsfähigen EU, werde immer bedeutender: die institutionellen Reformen, die Ausarbeitung einer europäischen Grundrechtscharta, der Aufbau der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und die Steuerung des Erweiterungsprozesses. Darüber hinaus gehe es um eine konstruktive Umsetzung des Stabilitätspakts für Südosteuropa sowie um die insbesondere seit dem Tschetschenien-Krieg schwieriger gewordene Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen der EU und Russland.
Zunehmende Bedeutung gewinnt der europäische Entscheidungsprozess auch für die Landesparlamente, wie Aloys Lenz und Roland Johne feststellen. Je komplexer das europäische Mehrebenen-Verflechtungssystem sei, desto mehr komme ihnen für den europapolitischen Willensbildungsprozess im Bund-Länder-Verhältnis die Funktion demokratischer Legitimationsvermittlung zu.
"Wie sieht es beispielsweise mit den bisherigen Anstrengungen der Landesparlamente aus, ihre parlamentarische Infrastruktur auf die Herausforderung Europa einzustellen?", fragen die Autoren. Im Zentrum stehe dabei die Einrichtung von Europaausschüssen und die Bereitstellung parlamentarischer Instrumentarien, um neben einer sachgerechten Erfüllung der Legitimationsfunktion auch Teilhabe an der Gestaltung der Europapolitik der Länder zu erlangen.
Mit der für dieses Jahr angesetzten Regierungskonferenz beschäftigt sich Beate Kohler-Koch. Diese solle eine Vereinbarung über institutionelle Reformen bringen, mit denen sichergestellt werde, dass die mit zusätzlichen Aufgaben betraute und künftig um viele Mitglieder erweiterte EU regierungsfähig bleibe. Es gehe hier um Verfassungspolitik, so die Autorin, und folglich solle wie bei jeder Verfassungsreform geprüft werden, ob die Weichen im Sinne demokratischer Legitimität richtig gestellt seien.