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Kommunalpolitik Editorial Die Lokale Agenda 21 Die Krise der "sozialen Stadt" "Soziale Stadt" Ressourcen für das Leben im Problemquartier

Ressourcen für das Leben im Problemquartier

Rolf Keim Rainer Neef Rainer Rolf / Neef Keim

/ 28 Minuten zu lesen

Städtische Problemviertel gelten gemeinhin als "Stadtteile mit besonderer Bedürftigkeit". Die Untersuchung eines Problemviertels in einer westdeutschen Großstadt bezieht sich auf die Fähigkeiten der Bewohner zur Bewältigung ihrer sozial konfliktreichen Situation.

Einleitung

Ein neuer städtischer Entwicklungstyp ist noch nicht recht auf den Begriff gebracht: Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, Problemviertel, Armutsghettos, Stadtteile mit Entwicklungspriorität, andernorts quartiers sensibles genannt. Hinter diesen Bezeichnungen verbirgt sich die Beobachtung, dass in allen Großstädten seit Ende der achtziger Jahre Stadtteile mit überwiegend arbeitsloser und armer Bevölkerung, mit sozialer und baulicher Vernachlässigung, mit Drogenkriminalität und jugendlicher Gewalt entstehen. Hier leben auch viele Ausländer, es gibt ethnische Konflikte.

Seit über einem Jahr untersuchen wir einen solchen Stadtteil hin auf die Potentiale der Bewohnerinnen und Bewohner . Wir sehen den städtischen Raum nicht als "Behälter" in einem schlechten (baulichen) Zustand, der mit sozial Benachteiligten und Diskriminierten "angefüllt" ist, sondern als eine Ressource, die der Bewältigung ihrer zumeist schwierigen Lebenssituation dient , oder sie erschwert (so Hartmut Häußermann in diesem Heft); und die Bewohnerinnen und Bewohner sehen wir nicht als Träger von Defiziten, sondern als Akteure. Welche Bewohnergruppen nutzen den sozialräumlichen Zusammenhang des Viertels als Stütze, und für welche Bewohnergruppen besiegelt das Leben hier den sozialen Abstieg bzw. führt ins gesellschaftliche "Draußen"?

Stadt und Stadtteil werden in unserer Darstellung namenlos bleiben, aus Rücksicht auf die Bewohner, die dort aktiven Initiativen und Einrichtungen sowie nicht zuletzt auf den Fortgang unserer Untersuchung. Es ist nicht leicht, verarmte oder verbitterte Bewohner für Interviews zu gewinnen - erst recht nicht, wenn man ihr Quartier damit ins Gerede bringt. Das Stigma solcher Viertel ist ein ernsthaftes Problem, das auch den Sozialarbeitern, Initiativen und Wohnungsgesellschaften zu schaffen macht. Die Zusammenarbeit zwischen ihnen und mit ihnen ist störungsanfällig und kann durch Veröffentlichungen zusätzlich beschädigt werden. Wir werden daher im Folgenden unser Untersuchungsgebiet schlicht Quartier nennen. Der Begriff Quartier unterstellt zwar eine einheitliche, eben quartierliche Lebenssituation; tatsächlich ist unser Untersuchungsgebiet aber gespalten in unterschiedliche Bewohnergruppen, räumliche Einheiten und Wohnungsteilmärkte.

I. Kontinuitäten und Wandel: Stigmatisierung des Quartiers

Als im Frühjahr 1997 das Dezernat für Soziales, Schule und Gesundheit ein "Sozial- und bewohnerorientiertes Stadtteil-Entwicklungskonzept" vorlegte, war dies die gewissermaßen stadtöffentliche Reaktion auf eine seit langem gewachsene Problemanhäufung im Stadtteil. Seine Geschichte begann mit der raschen Industrialisierung ab Mitte des letzten Jahrhunderts: Im Rahmen gründerzeitlicher Stadterweiteruungen und raschen Bevölkerungswachstums wurden hier Wohnungen für die steigende Zahl der Industriearbeiter errichtet. Der Stadtteil wurde eines der industriellen Zentren - bis Ende der fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts. Dann erfassten Betriebsschließungen die Stadt und das Quartier, die Werkswohnungen wurden verkauft. In der Folge wurden die meisten ehemaligen Industriearbeiter des Quartiers arbeitslos oder verließen es in Richtung moderner Sozialwohnungen und anderer Arbeitsstätten. Die Deindustrialisierung war verbunden mit einer Deinvestition im Bereich der Wohnungsversorgung und mit baulichem Verfall. Der Ausbau der Hochschule auf einem ehemaligen Industrieareal seit 1978 milderte den Schock für die Stadt, wertete einige Straßenzüge am südlichen Gebietsrand auf, bot aber kaum Arbeitsplätze für die un- und angelernten Arbeiter des Quartiers. Es wurde zu einer "ersten Adresse" für verarmte Stadtbewohner und für neuzugezogene Migranten-Haushalte.

Das Gebiet ist räumlich begrenzt durch den Hauptfriedhof und ein Industrieareal, durch ein "Niemandsland" des großflächigen Einzelhandels und einen kleinen Flußgrünzug. Durchschnitten wird es von einer vielbefahrenen vierspurigen städtischen Ausfallstraße. Innerhalb des Stadtteils gibt es noch eine Reihe von Gewerbebetrieben. Beides beeinträchtigt die Freiraum- und Umweltqualitäten. Der Wohnungsbestand im Quartier ist sehr unterschiedlich: Prägend sind Mietskasernen aus der Gründerzeit, Sozialwohnungen aus den zwanziger und dreißiger Jahren - darunter die privatisierte Werkssiedlung, die als die "schlimmste Ecke" im Viertel gilt, und eine Genossenschaftssiedlung mit sehr vielen alten Menschen, die sich hier gewissermaßen eingeigelt haben, sowie Schlicht-Sozialwohnungen der fünfziger Jahre, die von Migranten dominiert werden und unter Türken als "ruhig" gelten. Am Rande finden sich kleinere Gebiete mit freifinanzierten modernen Eigentums- und Mietwohnungen sowie einige Reihenhäuser und Eigenheime.

Der Standard der Altbauwohnungen ist niedrig; viele werden mit Einzelöfen beheizt und sind in schlechtem baulichem Zustand, Modernisierungen gibt es nur in Ausnahmefällen. Viele Wohnungen, insbesondere in den älteren Sozial- und Werkssiedlungen, sind überbelegt; die Wohnfläche pro Bewohner lag im Bezirk 1987 mit 27 qm/Person um acht qm unter dem städtischen Durchschnitt. Die Bewohnerfluktuation ist insgesamt sehr hoch, in den einzelnen Siedlungsteilen aber unterschiedlich . Das Mietniveau ist im Durchschnitt niedrig, allerdings zahlen einige Befragte in nichtmodernisierten Altbauwohnungen mehr als 11-12 DM pro qm. Bisherige bauliche und Wohnumfeld-Verbesserungen wurden von den Bewohnern aufmerksam registriert. Erstmals sind in den letzten zwei Jahren mehr "Ausländer" als Einheimische aus dem Gebiet weggezogen .

Übereinstimmend betonen alteingesessene Bewohner, "früher" sei es hier "angenehmer" oder gar "schön" gewesen, "ein sehr ruhiges Viertel, in dem Deutsche und Italiener zusammenlebten" (sagt ein Italiener). Heute gilt der Stadtteil allgemein als Problemviertel - in der Stadt wie unter den Bewohnern selbst. Er wird als "Klein-Istanbul" bezeichnet und als Ansammlung von Sozialhilfebeziehern und "schlechten Deutschen" angesehen. Das Leben im Viertel wird allerdings sehr unterschiedlich bewertet. Die einen - Deutsche ebenso wie nichttürkische Immigranten und jüngere türkische Familien - betonen die hohe Bewohnerfluktuation, schlechte Stimmung und den Lärm in den Häusern, schmutzige und vermüllte Höfe und Fußwege, berichten von gravierenden Konflikten im öffentlichen Raum. "Nichts wie weg hier . . . Es ist eine Zumutung, dass ich hier überhaupt Miete bezahlen muss", sagt eine seit vierzig Jahren ansässige, nun fortziehende Deutsche. Diese Befragten verleugnen gegenüber Kollegen und Bekannten ihre Adresse, verweisen auf die fehlende Perspektive für die Kinder in der Schule. "Der Lehrer ist hier der Ausländer", sagt ein türkischer Familienvater. Andere betonen die billigen Wohnungen, die relativ verkehrsgünstige Lage des Viertels, die Qualitäten des Zusammenlebens. "Dies ist mein Dorf", sagt eine deutsche Alleinerziehende, die die gegenseitige Hilfe, die Möglichkeit, immer jemand zum Reden zu finden und eine gute Nachbarschaft hervorhebt. Ähnlich eine türkische, geschiedene Frau: "Ich bin hier aufgewachsen . . ., fühle mich hier zu Hause und in einer gewissen Sicherheit." Betont wird von diesen Befragten - zumeist älteren Türken und einigen jüngeren Einheimischen -, "dass so viele unterschiedliche Menschen ohne Probleme zusammen leben".

Dabei werden die Schwierigkeiten und Konflikte heruntergespielt oder ignoriert. Aus der Sicht der Wohnungsverwaltungen oder Sozialarbeiter scheint alles viel klarer - es ist das Problemviertel in der Stadt; Wohnungssuchende lehnen Angebote des Wohnungsamtes dort ohne Besichtigung ab. In der lokalen Presse wird der Stadtteil überwiegend in Zusammenhang mit Drogenhandel, Gewaltkriminalität, Verwahrlosungserscheinungen sowie insgesamt mit sozialer Bedürftigkeit gebracht. Die Vertreter von Wohnungsbaugesellschaften, Schulen, Kirchen, sozialen Einrichtungen und zuständigen Ämtern berichten übereinstimmend von einer dramatischen Imageverschlechterung.

II. Das Problemviertel in Zahlen

- Das Quartier ist ein junger Stadtteil - 23 Prozent seiner Einwohner sind unter 15 Jahren alt (Stadt: 14 Prozent), über 65 Jahre sind lediglich 8,5 Prozent (Stadt: fast 19 Prozent); er hat eine hohe Fluktuation - die Umzugshäufigkeiten sind seit Jahren die zweithöchsten unter 20 Stadtteilen; auch der Anteil der Geschiedenen ist der zweithöchste .

- Es ist ein Arbeiterstadtteil: 1987 waren zwei Drittel der Bewohner Arbeiter (in der Stadt: 38 Prozent). Arbeitslosigkeit sticht hier hervor: 20 Prozent (in der Stadt: 11,6 Prozent) der 20- bis 54-Jährigen waren 1999 arbeitslos gemeldet , das sind ebenso viele Einheimische wie "Ausländer". Auch Jüngere sind um die Hälfte häufiger arbeitslos (14 Prozent der 20-24-Jährigen) als im Durchschnitt. Dennoch: Der Anteil der Erwerbstätigen liegt absolut im Durchschnitt; aber unsere Befragten hatten besonders häufig Niedriglohn- und Teilzeit- bzw. ungesicherte (d. h. "prekäre") Jobs.

- Armut ist das Hauptstrukturmerkmal. Nimmt man die Sozialhilfequote als Hinweis, so bezogen 1998 25 Prozent der Bewohner laufende "Hilfe zum Lebensunterhalt" (gegen 10,6 Prozent der übrigen Stadt). Die Schuldnerberatung im Quartier berichtet von einer drastischen Zunahme von Ratsuchenden während der letzten Jahre. Einkommensdaten haben wir nur aus unserer Untersuchung, wobei wir noch Erwerb aus informellen Quellen (darunter auch "Schwarzarbeit") einbezogen. Es lebten, gemäß der für Europa geltenden Armutsgrenze, die Hälfte der Befragten - 14 von 21 Immigrantenhaushalten (vorwiegend Türken mit Kindern) und sieben von 19 Deutschen (vorwiegend Alleinerziehende und Alleinlebende) - von weniger als 50 Prozent des Durchschnittseinkommens.

- Es ist ein Immigrantenquartier: 54,4 Prozent (und immerhin 45 Prozent im Stadtteil) seiner Bewohner sind "Ausländer", zwei Drittel der Kinder stammen aus Migrantenfamilien. Es gibt hier eine Vielzahl von Nationalitäten; die Hälfte sind Türken, darunter wiederum Kurden, Religiöse, Sunniten und Aleviten. Daneben gibt es noch größere Anteile von (Ex-)Jugoslawen, die auch in ethnische Gruppen zerfallen, von Italienern, Iranern, Spaniern u. a. m. Schließlich leben hier die statistisch nicht erfassten Aussiedler und Asylbewerber.

Alles in allem: Gemessen an den klassischen Problemindikatoren erscheint das Quartier als der größte "soziale Brennpunkt" im Stadtgebiet. Charakteristisch ist nicht nur die hohe Armut, beachtlich ist auch die hohe Quote von Benachteiligten auf dem Arbeitsmarkt: (unqualifizierte) Arbeiter und "Ausländer". Wesentlicher ist, dass Armut und Benachteiligung sich verbinden mit einer umfassenden Abhängigkeit von Institutionen (Sozialamt, Arbeitsamt u. ä.). Hinzu kommt, dass auch von den Erwerbstätigen viele arm sind. Was aber von außen als Gemeinsamkeit in Lage, Benachteiligung und Stigma erscheint, ist intern durch eine hohe Heterogenität gekennzeichnet.

III. "Erwerbs"-Potenziale: vom Umgang mit der Armut

Das Quartier ist erkennbar ein Armutsviertel; eine starke Minderheit unserer Befragten ist jedoch nicht arm. Unsere Befragtengruppe ist mit 42 Haushalten zu klein für repräsentative Aussagen zur Bewohnerschaft, aber sie ist groß genug, um nachzuvollziehen, wie Bewohner eines solchen Viertels mit ihrer Einkommens- und Erwerbslage typischerweise umgehen. Wir untersuchten folgende Potenziale:

1. Erwerbstätigkeit ist in unserer Gesellschaft grundlegend, auch in einem Viertel mit gering qualifizierten Arbeitern mit mäßigen Einkommen und Perspektiven. Die große Mehrheit der befragten Haushalte mit Vollzeit-Erwerbstätigen sind Migranten, vorwiegend Familien mit einem bis sechs Kindern. Oft ist der Vater un- oder angelernter Alleinernährer, und dann herrscht Armut. Die wenigen deutschen Vollzeit-Erwerbstätigen sind entweder durch ein eigenes Geschäft oder durch Hausbesitz und oft durch lebenslanges Wohnen an das Quartier gebunden. Etliche Erwerbstätige haben nur unqualifizierte Teilzeit- oder 630-DM-Stellen, deren Einkommen im Haushalt meist mit Arbeitslosengeld, Rente oder Sozialhilfe kombiniert werden. Hier finden sich alle Haushaltsformen: von Alleinlebenden und Alleinerziehenden bis zur (türkischen) Drei-Generationen-Familie. Auf Grund befristeter Jobs, auf Grund von Arbeitslosen im Haushalt oder Sozialhilfebezug kann die Lage gegenüber der der Voll-Erwerbstätigen als unsicherer, prekärer bezeichnet werden. Nicht nur die starke Verbreitung von Niedriglohn-Jobs und prekärer Beschäftigung, sondern auch das Arbeitsangebot im "ethnischen Gewerbe" - Geschäfte und Betriebe von Migranten mit meist relativ schlechten Arbeits- und Entlohnungsbedingungen - ist charakteristisch für das Quartier. Prekäre und ethnische Arbeitsmöglichkeiten werden besonders häufig informell, durch Beziehungen vermittelt .

2. Informelle Arbeit ("Schwarz"- und Eigenarbeit) kann die Einkommenssituation verbessern, und unser Quartier mit seinen Arbeitsstätten, Hinterhöfen und kleineren Freiflächen hat hier auch ein begünstigendes Angebot. Die Zugänge zu "Schwarzarbeit" und die Höhe der daraus erzielten Einkünfte sind schwer zu ermitteln. Nach unseren knappen Informationen und der spärlichen empirischen Literatur ist sie unter Arbeitslosen und Armen nicht weniger verbreitet als unter Erwerbstätigen - aber auch nicht mehr, wegen des Risikos für Sozialleistungsempfänger und der sozialen Kontrolle in der Nachbarschaft ("Der Neid unter den Leuten ist groß" ). Meist ist es Gelegenheitsarbeit, die nur ein "Taschengeld" ergibt, in unseren Fällen 100 bis 300 DM im Monat. Regelmäßig und vollzeitlich ausgeübt, handelt es sich meist um harte Arbeit mit schlechter Bezahlung, hohem Risiko und fehlender sozialer Sicherung - in jedem Falle also "prekäre" Arbeit. Gelegenheiten finden sich innerhalb und außerhalb des Quartiers. Ein starkes Motiv für "Schwarzarbeit" ist - neben einer Erhöhung der Einkünfte - die Lockerung der Abhängigkeit von der staatlichen Sozialverwaltung. Madeleine Leonard bewertet sie als ein begrüßenswertes Zeichen von aktivem Umgang mit einer schlechten Erwerbs- und Einkommenslage .

Eigenarbeit trägt über selbst erstellte Produkte und Dienste zur materiellen Verbesserung des Lebensunterhalts bei oder ermöglicht wesentliche Einsparungen . Eigenarbeit leisten Familien mit Kindern in größerer Vielfalt und häufiger als andere; maßgeblich sind ansonsten persönliche Fähigkeiten (z. B. zu Textilarbeiten oder Möbelherstellung) und Gelegenheiten (z. B. Verfügung über einen Garten); die materielle Lage hat dabei keine erkennbare Bedeutung. Fast ein Drittel - Gutgestellte und Arme gleichermaßen - leistet viel, deutlich weniger leisten gar keine materiell bedeutsame Eigenarbeit. Bei einigen materiell "Marginalisierten", aber mehr noch bei "Prekären" trägt sie erkennbar zur Verbesserung ihres Lebensunterhalts bei.

3. Sozialleistungen sind nicht nur in Form von Geldzahlungen von Bedeutung; relevant für den Lebensunterhalt sind auch Bildung, Job-Vermittlung, Beratung u. a. m. Sie sind im deutschen Sozialsystem überwiegend von der (bisherigen) Erwerbsposition bestimmt - sie ist in Problemvierteln ungünstig - und können durch Informiertheit und Durchsetzungsfähigkeit verbessert werden. Die Hälfte der befragten Rentner bezieht Armutsrenten bzw. ergänzende Sozialhilfe; charakteristisch für Migranten ist das Zusammenleben mit bzw. die enge Beziehung zu ihren erwerbstätigen Kindern. Von den sonstigen Transferabhängigen sind unter den Deutschen fast alle alleinerziehend oder alleinstehend, unter den Migranten dominieren Familien mit Kindern. Hinzu kommt die erwähnte Gruppe mit prekären Jobs, die verschiedene Sozialleistungen nutzt. Die Befragten sind meist gut informiert über Leistungsanrechte und kennen die einschlägigen Ämter - Sozialamt, Arbeitsamt, Wohnungsamt, Jugendamt -, während die in den letzten Jahren neu geschaffenen Beratungs- und Hilfsdienste weitgehend unbekannt sind. Der gute Informationsstand der Migranten erklärt sich einerseits aus ihrer langen Ansässigkeit sowie ihrer recht intensiven Kommunikation, andererseits aus dem weiten Wirkungskreis eines populären Sozialarbeiters der im Quartier ansässigen "Beratungsstelle für ausländische Mitbürger". Über abschätzige Behandlung auf Ämtern - vor allem dem Sozialamt - wurde zwar häufiger berichtet, besonders von Türken, aber dies erscheint selten als Hinderungsgrund für die Geltendmachung von Anrechten. Durchsetzungsstark sind vor allem Familien mit Kindern und Alleinerziehende , ängstlich bzw. weniger informiert sind eher Alleinlebende und Ältere. Der Lebensstandard der "Transferabhängigen" reicht von gutem Auskommen bei einigen Rentnern über ein Leben an der Armutsgrenze (1998 ca. 1 200 DM pro "Bedarfseinheit" und Monat) bis hin zu Elendsexistenzen mit 800-900 DM pro "Bedarfseinheit".

4. Sparsamkeit ist in Armutssituationen, wo nur strengste Ausgabendisziplin den Haushalt in Ordnung halten kann, Ergebnis eines langen und schmerzvollen Lernprozesses . Ersparnisse bzw. die Fähigkeit zum "Finanzmanagement" machen den entscheidenden Unterschied aus zwischen Armutsgruppen, die ihren Haushalt mit einigem Geschick in einem (prekären) Gleichgewicht halten, und denjenigen, die "von der Hand in den Mund" leben und als ganz marginalisiert erscheinen. Bei den Bessergestellten sind Schulden die Folge von Hausbau oder -kauf. Im Einkaufsverhalten ähneln sich fast alle: Unabhängig vom Einkommen wird selten in "der Stadt", sondern meist bei den nahe gelegenen Billigdiscountern gekauft, aber auch in türkischen Geschäften.

Im Zusammenhang von Erwerbssituation, Finanzlage und Ausgabenzielen ergeben sich charakteristische Umgangsweisen mit der materiellen Situation:

a) Gesichert erscheint eine erste Gruppe von Voll-Erwerbstätigen und Rentnern mit Einkommen von der Armutsgrenze bis deutlich über 2 000 DM pro "Bedarfseinheit" und Monat, mit kleinen bis großen Finanzreserven und entsprechenden Ausgabenzielen (Studium der Kinder, Anschaffung eines Autos, Finanzierung eines Eigenheims oder Geschäfts mit z. T. erheblichen Krediten). In der Mehrheit handelt es sich um Immigranten-Normalfamilien; unter Deutschen war es schwer, überhaupt materiell gesicherte aufzufinden .

b) Die Unsicherheiten der Armutssituation herrschen bei den Nicht-Gesicherten vor: Jede unvorhergesehene Ausgabe und jedes Ereignis, das den Fluss der dürftigen Einkommen unterbricht, macht die knappen Ausgabenspielräume zunichte, soweit sie überhaupt vorhanden sind. Diese Situation hat zwei Ausprägungen:

- Als marginalisiert erscheinen diejenigen mit existentiell einschneidenden Finanzproblemen; fast alle hängen von Sozialhilfe und/oder Arbeitslosenhilfe ab. Gespart werden muss am Essen, an wichtigen Ausgaben für Kinder, an nötigster Kleidung (Schuhe, Wintermäntel). Überwiegend sind die Wohnungen in ärmlichem Zustand, und ihre Bewohner haben erkennbar wenig investiert. Hier finden sich nur sehr kurzfristige Ausgabenziele: "zuerst den Kühlschrank füllen", endlich neue Kleider kaufen, Schulden abzahlen - diese machen der deutlichen Mehrheit zu schaffen, einige haben einen Kontostand "null". Es überwiegen Einheimischen-Haushalte: Alleinlebende, Paarhaushalte und vor allem Alleinerziehende; die Immigrantenhaushalte dagegen sind durchweg Normalfamilien mit Kindern.

- Auch in der zweiten Gruppe wird jede nicht alltägliche Ausgabe als schwierig empfunden und muss genau bedacht werden. Die Einkommen sind nicht wesentlich höher als bei den Marginalisierten (zwischen 800 und 1 400 DM pro Kopf und Monat gegenüber 750-1 300 DM dort). Sie stammen jedoch aus vielfältigeren Quellen, bei der Mehrheit auch aus Erwerbstätigkeit. Die Befragten halten ihre materielle Situation in einem prekären Gleichgewicht. Nur wenige haben Schulden, ebenfalls wenige haben etwas auf dem Bankkonto, das der anderen ist leer. Ihre Finanzspielräume sind kaum größer, aber die Vielfalt der Ressourcen und die Fähigkeiten zur Regelung ihrer materiellen Lage sind besser als bei den Marginalisierten. Es handelt sich fast durchweg um Immigranten-Normalfamilien, Paare sowie einige wenige türkische und einheimische Alleinerziehende.

Materiell bietet das Problemviertel Ressourcen von einer Art, die die Betroffenen eher in ihrer Situation festhält, statt ihnen Nutzen zu bringen. Die hier vorfindlichen oder vermittelten Erwerbsmöglichkeiten - prekäre Beschäftigung, ethnische Gewerbe, informelle Arbeit - bieten schlechte Bedingungen, sind unsicher und oft wenig ertragreich. Billiger Einkauf am Ort ist ein gewisser Vorteil für die Mehrheit der Haushalte ohne Auto - erschwert aber den Großeinkauf. Beratungsinstitutionen erleichtern die optimale Nutzung von Sozialleistungen, aber viele Minderheitsgruppen genießen keine gezielte Beratung. Die meisten dieser Vorteile können nur auf Basis guter Sozialbeziehungen genutzt werden; eine Ausnahme bildet hier nur die Eigenarbeit.

IV. Sozialbeziehungen als Ressource

Art und Intensität der Sozialbeziehungen beeinflussen die materielle Lage der Haushalte, entscheiden über soziale Isolierung und sind eine Voraussetzung für gegenseitige Hilfen sowie der Zugang zu informellen Tätigkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner. Konflikte im Quartier und in der Nachbarschaft können die sozialen Beziehungen und potentielle materielle Ressourcen untergraben. Gerade bei Haushalten in schlechter materieller Lage entscheidet dies darüber, ob sich Marginalisierung verfestigt oder ob ein "prekäres" Gleichgewicht erreicht werden kann - "prekär", weil Sozialbeziehungen ständig aktiv aufrechterhalten werden müssen. Dies war bei unseren Haushalten relativ oft der Fall. Eine prekäre Situation kann wegen sozialer Isolierung in Marginalisierung enden - dies traf nur auf wenige unter unseren Befragten zu. Eine stabile materielle Situation hingegen kann durch soziale Isolation nicht bedroht werden. Wir haben drei Bereiche untersucht:

1. Kontakte in Verwandtschaftsnetzen und Freundeskreisen

Fast alle Befragten stellen die zentrale Bedeutung von Familienbeziehungen heraus; dem "Füreinander-da-sein" komme ein zentraler Stellenwert zu. Türkische Haushalte meinen damit ihre gesamte Verwandtschaft - oft konnten wir nicht unterscheiden, wer nun zum Haushalt gehört und wer "nur" verwandt ist. Sie haben - ob materiell gesichert oder schlechtergestellt - mehrheitlich relativ enge, oft tägliche Kontakte zu der zahlreich im Quartier wohnenden Verwandtschaft, und diese vermittelt vielfältige gegenseitige materielle Unterstützung (Kinderbetreuung, Hilfen bei Renovierung und Autoreparatur sowie beim Dolmetschen). Bei geschiedenen bzw. alleinerziehenden türkischen Frauen sind diese verwandtschaftlichen Kontakte dürftig; für sie sind Freundschaften die Hauptstütze, wenngleich hier das Zusammensein und nicht gegenseitige Hilfen im Zentrum stehen. Bei den türkischen Männern verbinden sich enge Freundschaftskontakte zumeist mit Aktivitäten in Vereinen, Moscheen oder regelmäßigen Treffpunkten, überwiegend im Quartier. Auch die Verwandten vieler nichttürkischer Immigrantenfamilien leben im näheren Umfeld; vor allem die Aussiedler haben ein geradezu "dörfliches Ausmaß" an gegenseitiger Unterstützung .

Die deutschen und italienischen Haushalte trennen deutlich zwischen der engeren Familie, Freunden und der weiteren Verwandtschaft, wobei sich stabile und Armutsfamilien unterscheiden. Bei den materiell gesicherten Haushalten bleiben die z. T. beträchtlichen gegenseitigen Hilfen wie Fahrdienste oder Betreuungs- und Pflegeleistungen auf die engste Familie begrenzt; darüber hinaus gibt es eher Freundschaftsdienste zum Erhalt sozialer Kontakte. Beide Kontaktarten liegen überwiegend außerhalb des Quartiers. Die Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen der Armutshaushalte sind hingegen in vielen Fällen sporadisch, angespannt oder konfliktbeladen; oft ist der Partner die einzig verlässliche Bezugsperson, ansonsten gibt es allenfalls Beziehungen zu Angehörigen in gleich schlechter Situation. Enge Freundschaften ergeben nur wenig gegenseitige materielle Hilfen ; Haushalte in prekärer Lage haben recht viele, marginale nur dürftige Freundesbeziehungen.

2. Aktivitäten in Vereinen, Glaubensgemeinschaften und regelmäßigen Treffpunkten

Die Vereinsaktivitäten verdeutlichen die gewandelte Bewohnerzusammensetzung im Quartier seit den siebziger Jahren: Auf der einen Seite klagen die deutschen Sport- und Kulturvereine über Nachwuchssorgen, auf der anderen Seite hat sich eine Vielzahl von Clubs, Initiativen, Vereinen und Treffpunkten vor allem der türkischen Bevölkerung und einzelner anderer ethnischer Gruppen etabliert.

Eine besondere Rolle haben die Moscheen als Knotenpunkt sozialer Netze von türkischen Haushalten. Zwei Drittel der befragten Türken sind - unabhängig von ihrer sozialen Lage - aktiv in ethnischen oder durch die Herkunftsgruppe geprägten Kulturvereinen sowie, im Fall der Männer, in Kaffeehäusern und in Moscheen, dies teils aus "religiöser Verpflichtung", teils auf der Suche nach Kontakten, Hilfeleistung und Zeitvertreib. Für die Arbeitslosen stellt der Besuch der Moschee annähernd den Lebensmittelpunkt dar. Hieraus ergeben sich Freundschaften und in geringerem Maße gegenseitige Hilfen im Garten oder rund ums Auto.

Die Haushalte deutscher und südeuropäischer Herkunft sind überwiegend in Sport- und Freizeitvereinen außerhalb des Quartiers aktiv. Für stabile Haushalte sind diese zwar wichtig, stellen aber keineswegs den Lebensmittelpunkt dar. Gegenseitige Hilfen spielen hierbei keine Rolle. Bei den im Quartier zahlreichen deutschen Rentnerinnen und Rentnern in schlechter materieller Lage strukturieren Vereinsaktivitäten den Alltag; es entstehen zwar keine engeren sozialen Beziehungen, aber sie wirken einer - von ihnen vielfach formulierten - sozialen Isolation entgegen.

Bei anderen deutschen Armutshaushalten sind Vereinsaktivitäten und regelmäßige Treffs in Kneipen oder unter Freunden selten, nicht zuletzt wegen der damit verbundenen finanziellen Belastungen. Vor allem Alteingesessene erleben das deutlich als Mangel, der sie auch ausschließt von Hilfsmöglichkeiten. Die durch Vermittlung städtischer Ämter neu Zugezogenen haben nur vereinzelt Vereins- oder Treffkontakte außerhalb, nicht aber im Quartier.

3. Nachbarschaft im Haus und der unmittelbaren Wohnumgebung

Die meisten deutschen und südeuropäischen Befragten betonen sehr entschieden eine Verschlechterung der vormals intensiven Nachbarschaftsbeziehungen seit Ende der achtziger Jahre mit dem Beginn der vermehrten Zuwanderung. Zwar kennen sie sich z. T. auch heute noch recht gut in ihrem näheren Wohnbereich aus und halten fest an gewohnten Kontakten - diese bestehen aber nur noch zu einzelnen "alten" Bewohnern. Die italienischen Befragten sehen sich in der Nachbarschaft isoliert und berichten von vielfältigen Konflikten. Bei den meisten überwiegt mittlerweile die Haltung "Nix wie weg hier". Für einen Teil der verbliebenen deutschen Armutshaushalte ist Nachbarschaft der entscheidende Bezugspunkt überhaupt; häufiges Beisammensein verbindet sich mit Hilfen beim Einkauf, bei Krankheit, Übernahme der Treppenhausreinigung u. ä. m. - der andere Teil ist auch in dieser Hinsicht sozial weitgehend isoliert.

Während deutsche Haushalte insgesamt nähere oder flüchtige Kontakte im Haus haben, gaben die Türken nur flüchtige bis keine Kontakte an, auch und gerade in nur von Türken bewohnten Häusern und auch bei Haushalten in schlechter Lage. Die negative Beurteilung von Nachbarschaft erklärt sich für uns aus der sozialen Kontrolle der älteren und oft "religiösen Leute", die sich auf Lebenswandel und Erscheinung bezieht . "Wo es Türken gibt, gibt es auch Klatsch", sagt der Vater von zwei Töchtern.

4. Konflikte

Die partiellen bzw. nur geringen nachbarschaftlichen Hilfen im Quartier haben zwei weitere Ursachen: einmal die wachsende Fluktuation unter den Hausbewohnern, verbunden mit den von fast allen Befragten genannten Konflikten in der Hausgemeinschaft. Neben den typischen Problemen in Miethäusern wie "(nächtlicher) Lärm" und "mangelnde Sauberkeit" spielt die unterschiedliche Nationalität wegen sprachlicher Barrieren eine gewisse Rolle. Zum anderen schürt auch das Verhalten privater wie öffentlicher Vermieter Konflikte, z. B. wegen unterschiedlicher Miethöhen oder mangelnder Instandsetzung. Offener Streit oder Gewalttätigkeiten werden eher über "die anderen" im Haus berichtet, dennoch gibt es einen hohen "Regelungsbedarf", weil sich die Lebenssituationen verändert haben (z. B. auch durch Arbeitslosigkeit); langjährig eingeübte Arrangements wirken nicht mehr. Die Bewohner beziehen sich ständig auf Hausordnung und Zusammenlebensregeln - gegenüber den anderen; Verstöße bei sich und Freunden werden geduldet.

Konflikte im Außenraum haben eine andere Wirkung. Polizeieinsätze, Belästigungen und auch handgreifliche Auseinandersetzungen im eigenen Umfeld gelten als alltäglich - zwei Drittel der Befragten berichten davon, ein Teil weiß es vom Hörensagen, ein Viertel der Befragten war selbst betroffen. Viele meiden daher bestimmte Bereiche des Quartiers, in denen sie selbst unangenehme Erlebnisse gehabt haben oder die sie als "schlechte Ecken" bezeichnen. Das verbindet sich oft mit pauschalisierenden Bemerkungen - etwa "Türken und Russen können sich nicht leiden"; häufig ergibt sich daraus eine negative Sicht des Zusammenlebens im Quartier überhaupt - ungeachtet der Tatsache, dass im konkreten Fall auch engere Beziehungen zu einzelnen Bewohnerinnen und Bewohnern der abgelehnten Gruppe bestehen.

5. Sozialbeziehungen und soziale Lagen

Vielfältige Sozialbeziehungen tragen zur Erhaltung von Aktivitäten bei. Sie vermitteln emotionale Unterstützung, erhalten die Selbstachtung und verbinden sich häufig mit gegenseitigen Diensten und materiellen Hilfen . Anders ist dies, wenn sie nur auf Leute in (gleich) schlechter Lage und pessimistischer Haltung beschränkt bleiben - dann lähmen sie Initiative und Qualifikationen. Folgende Wirkungen auf die soziale Lage haben wir in Erfahrung gebracht:

- Haushalte in prekärer Lage leben in materieller Armut, aber nutzen vielfältige Ressourcen: Erwerbsarbeit (überwiegend eben "prekäre"), unterschiedliche Sozialleistungen, informelle Arbeit - und sie haben Sozialbeziehungen, die Unterstützung vermitteln. So halten sie ihre Lage im Gleichgewicht, so dass einschneidende Ereignisse nicht gleich zum sozialen Absturz führen. Die "prekären" Haushalte gehen sehr aktiv mit vielfältigen Ressourcen um, typischerweise auch dann, wenn sie sich nicht aus dem sozialen Umfeld des Quartiers anbieten, sondern "außerhalb" erschlossen werden müssen.

- Davon unterscheidet sich eine Gruppe, die in der Kombination ihrer Ressourcen weniger aktiv ist als die "Prekären". Ihre Sozialbeziehungen und - soweit vorhanden - ihre Erwerbstätigkeit und selbst die Nutzung von Einrichtungen beschränken sich weitgehend auf das Quartier; es stützt sie, aber sie bleiben darin gefangen. Diese Beschränkung untergräbt ihre Fähigkeit, den Anforderungen der "Normalgesellschaft" außerhalb des Viertels zu genügen: Aufgrund ihres Auftretens, der Sprache, Erscheinung werden sie bei wichtigen Gelegenheiten wie Job- oder Wohnungssuche abgewiesen; sie fühlen sich "in der Stadt" häufig als Fremde. Es nimmt nicht wunder, dass nach unseren bisherigen Erkenntnissen die meisten dieser gefangenen Prekären der dominierenden Gruppe der Türken angehören und eine relativ positive bis neutrale Einstellung zum Viertel haben. Es gibt aber auch vereinzelte "gefangene prekäre" Haushalte von Deutschen und Südeuropäern.

- Marginalisierte leben dauerhaft am Rande der Erwerbsgesellschaft - immer schon, oder nach einem sozialen Absturz. Die ständige Not hat ihr Selbstwertgefühl und ihre Fähigkeiten zur Erschließung neuer Ressourcen zerrieben; ihre Kontakte beschränken sich auf Personen in gleich schlechter Lage; Passivität ist ihre Grundhaltung. Das Quartier bietet ihnen nicht Ressourcen zur Lebensbewältigung, sondern unterminiert sie. Damit ist ihre Chance auf einen Wiedereinstieg in die Normalgesellschaft auf null gesunken. Unter unseren Befragten zählen dazu einzelne türkische Haushalte, die das Quartier noch relativ positiv sehen. Die Mehrzahl der Marginalisierten sind deutsche (und wahrscheinlich südeuropäische ) Kleinhaushalte. Vereinzelung und Konfliktängste führen zum Hass auf das Problemviertel, dem sie ihrer Einschätzung nach nicht mehr entkommen können.

- Auch unter den materiell gesicherten Stabilen finden sich einige Haushalte mit dürftigen oder gar keinen Sozialbeziehungen. Die Mehrzahl der gesicherten deutschen und Südeuropäer-Haushalte orientieren sich ganz nach draußen. Fast alle lehnen das Quartier mit oft recht scharfen Formulierungen ab. Das gilt auch für einen Teil der Türken: "Hier leben meistens Ausländer, aber sie leben so weiter wie dort, wo sie hergekommen sind. Aber hier . . . hat die industrielle Revolution stattgefunden. Aber die Ausländer bringen mit sich alles, was zu ihnen im Dorf gehört hat, Kleider, Kultur, Sprache. Kurz gesagt, sie passen sich dem Leben hier nicht an, deshalb kommt es zu Konflikten", sagt ein türkischer Familienvater, der vor allem um die Zukunft seiner Kinder fürchtet.

Insofern kann von den meisten "stabilen" Haushalten im Quartier keine stabilisierende Wirkung auf ihre soziale Umwelt erwartet werden: Sie haben ihre Beziehungen dazu weitgehend abgebrochen. Auch ein Teil der "stabilen" Türken tendiert hinaus, hat aber vor Ort meist noch gute Sozial- und Vereinsbeziehungen; der andere Teil steht positiv zum Quartier. Sie könnten im Gebiet tatsächlich stabilisierend wirken wegen ihrer Arbeitsmoral, ihren rigiden Ordnungsvorstellungen und der engen sozialen Kontrolle. Aber "die Türken" werden von anderen Bewohnergruppen vielfach als "Festung" wahrgenommen. Das betrifft besonders die nichttürkischen Immigrantengruppen, die sich im Viertel an den Rand gedrängt und in ihren eigenen Integrationsbemühungen beeinträchtigt sehen.

V. Maßnahmen der Stadtpolitik

Auf die negativen Auswirkungen des ökonomischen Strukturwandels reagierte die städtische Politik zuerst Mitte der achtziger Jahre mit Sanierungsmaßnahmen in Teilen des Gebiets. Dadurch sollten die Gemengelagen von Gewerbe- und Wohnnutzungen sowie die starken Verkehrsbelastungen, wesentlich aber die Verbindung von Hochschule und Stadtteil reguliert werden. Ein erster Zielkonflikt kristallisierte sich heraus, einerseits den "Umfeldanforderungen" der Hochschule und andererseits den Bedürfnissen der angestammten Arbeiterbevölkerung und der zugezogenen Immigranten gerecht zu werden. Fachleute sprechen von Verdrängungsprozessen der Bewohnerschaft durch Einrichtungen im Umfeld der Hochschule, durch Modernisierungen und studentische Wohnungsnachfrage. Im eigentlichen Quartier entstanden Inseln der Armut und Vernachlässigung. Eine Milieuschutzsatzung ließ sich politisch nicht durchsetzen.

1987 wurde von Bürgerinnen und Bürgern sowie Mitarbeitern verschiedener Initiativen und Institutionen ein Stadtteilarbeitskreis gegründet, dessen primäres Ziel die Verbesserung der Lebenssituation und die Beseitigung der "krassen Unterversorgung an Angeboten" für Kinder und Jugendliche im Stadtteil war. Dennoch haben sich die sozialen Probleme in den neunziger Jahren weiter zugespitzt. Auf Initiative des Sozialdezernats wurde schließlich 1997 ein Stadtteil-Entwicklungskonzept aus der Taufe gehoben. Mit der Eröffnung eines Stadtteilladens Anfang 1998 (vier Sozialarbeiterinnen), einer auf ABM-Basis eingestellten Sozialarbeiterin der im Quartier vertretenen Wohnungsbaugesellschaft, Koordinationsstellen bei der Stadt sowie der Einrichtung eines "Runden Tisches" mit Vertreterinnen und Vertretern der städtischen Verwaltung (Jugend, Planung, Soziales, Wohnen etc.) und anderer im Quartier tätiger Einrichtungen (Volkshochschule, Kulturzentrum, Kirche etc.) begann eine engere gegenseitige Abstimmung und die Initiierung von Teilprojekten in den Bereichen Wohnumfeldverbesserungen (z. B. Kinderspielflächen), Beschäftigung (z. B. Qualifizierungsmaßnahmen für Jugendliche ohne Schulabschluss sowie für ausländische Jugendliche und junge Frauen), Mieterbeteiligung (z. B. Einrichtung eines Mieterbeirats), Jugendhilfe (z. B. offene Freizeitangebote, Cliquenbetreuung) und Migranten (z. B. Sprachkurse).

Die Aktivitäten sollen "im sozialen Bereich effektive und wirksame Hilfe bieten und durch gezielte und intensive Beratung vorhandene Selbsthilfepotenziale (der Bewohnerinnen und Bewohner) erkennen und fördern" . Städtische Initiativen der Lokalen Agenda 21 bringen zusätzliche Impulse im Bereich lokale Ökonomie, Beschäftigung und Qualifizierung. Neben kommunalen Mitteln und deren öffentlichen Trägern für soziale Einrichtungen werden für städtebauliche Teilprojekte (z. B. Entwicklung von Grün- und Freiflächen) auch Landesmittel der "Einfachen Stadterneuerung" eingesetzt. Die Aufnahme in das Bundesprogramm "Soziale Stadt" wird weitere Mittel bringen und gilt als Anerkennung der bisherigen Aktivitäten. Das Quartier erhält die Chance, aus der Ecke des "vergessenen Stadtteils" herauszutreten.

Die kommunalpolitischen Entscheidungsstrukturen und das Handeln der Verantwortlichen vor Ort verändern sich aber langsamer als die Entwicklung und Veröffentlichung von Konzepten. Die Akteure können ihre zielgruppen- und ressortspezifische Sicht- und Handlungsweise nur schwer ablegen. Am "Runden Tisch" lassen sich zwar erste Vereinfachungen von Entscheidungsabläufen erkennen, aber die Zuständigkeiten der jeweiligen Ämter und Organisationen bestimmen noch immer die Problemwahrnehmung und -bearbeitung.

Ein weiteres Problem liegt in der Projekthaftigkeit von Initiativen im Quartier. Projekte verlieren viel Zeit und Kraft im Kampf um die Fortsetzung ihrer Finanzierung; manche waren erfolgreich und laufen dennoch aus. Die gerade "aktivierte" Bevölkerung sieht sich durch solche "Strohfeuer-Politik" betrogen. Nachteilig sind Befristungen für ein bis zwei Jahre, z. B. bei ABM-Projekten. Die Kompetenz der bisherigen Stelleninhaber geht den Projekten verloren - "das Rad muss immer neu erfunden werden". Das führt zu Reibungsverlusten gegenüber den lange im Quartier tätigen Einrichtungen - Parallelaktionen, Konkurrenzen, fehlende Informationsübermittlung.

Mindestens ebenso langwierig sind aber auch Veränderungen in "den Köpfen". Die Mitarbeiter in städtischen Ämtern, sozialen Einrichtungen und Initiativen haben über ihre jeweilige Klientel bzw. ihr Aufgabenfeld z. T. sehr umfangreiches Expertenwissen, aber es mangelt oft an Einsichten in soziale und räumliche Zusammenhänge. Manche räumliche Planungen gehen an den konkreten Bedürfnissen der Bewohner vorbei. Projekte im Bereich Bildung und Qualifizierung berücksichtigen den familiären Hintergrund ihrer Zielgruppe nicht ausreichend. Den Koordinatoren des Stadtteil-Entwicklungsprojekts wird "mangelnde Bodenhaftung" zugeschrieben. Die Expertinnen und Experten nehmen das Quartier hauptsächlich als defizitär wahr - als "Stadtteil mit besonderer Bedürftigkeit". Fähigkeiten der Bewohner und Ressourcen des Quartiers für die Armutsbewältigung werden zu wenig erfasst. So ist zwar vielen Sozialarbeitern klar, dass auf absehbare Zeit bestimmte Bewohner keine Chance haben werden, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen - aber deren informelle Tätigkeiten und ihre Bereitschaft, alle möglichen Gelegenheiten zu nutzen, ihr "Sich-so-Durchwurschteln", trifft bei Sozialarbeitern eher auf Unverständnis und Ablehnung.

Ein Grundproblem in der Lokalpolitik ist die Skandalisierung von "Zuständen" im Quartier. Die Presse neigt zu Sensationsberichten, und selbst gutgemeinte Berichte über Armutsverhältnisse und Projekte tragen zum Stigma des Problemgebiets in der Stadt bei. Die Konzentration der Mittel und der Anstrengungen dort bringt es immer wieder ins Gespräch. Da hilft auch keine beschönigende Umbenennung in "Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf". Andere Alt- und Neubauquartiere im Stadtgebiet mit ähnlichen Problemlagen bleiben hingegen eher im Schatten. Das erspart ihnen vielleicht solche Stigmatisierung, aber die hier tätigen sozialen Einrichtungen fühlen sich dann missachtet und sehen ihr eigenes Gebiet auch kommunalpolitisch als benachteiligt.

VI. Fazit

Das Quartier leidet unter dem klassischen Defizit westdeutscher Altbau-Problemviertel: Als ehemalige Arbeiterviertel haben sie ein einstmals großes Erwerbsangebot verloren, Bewohnergruppen in stabiler Beschäftigung bzw. gesicherter sozialer Lage wandern ab, und nichts spricht dafür, dass dies zu verhindern wäre - und es würde im Übrigen wenig nützen: Die Mehrheit der "stabilen" Bewohner grenzt sich entschieden gegen die "sonstige" Bevölkerung ab. Un- und Angelernte bleiben im Viertel, die Zahl der Arbeitslosen ist sprunghaft gestiegen. Die Stadtpolitik hat dies zu Recht als Kernproblem verstanden. Qualifikationsangebote und kleine Beschäftigungsprojekte sind sicher nützlich; aber das Ziel, dadurch geordnetere Arbeits- und Lebensverhältnisse zu schaffen, ist so nicht realisierbar. Auch eine Verbesserung der Wohnverhältnisse bringt wenig - in unserem Quartier etwa gibt es ein beachtliches Angebot guter, moderner Sozialwohnungen, ohne dass dies die allgemeinen Lebensverhältnisse merklich gebessert hätte. Ein großer Fortschritt ist immerhin die Koordinierung der Vielfalt hilfeorientierter Projekte.

Die Politik versteht es bisher zu wenig, an den Fähigkeiten anzusetzen, die sozial Schwache und Migranten durchaus besitzen. Die Bewohner in prekärer sozialer Lage kombinieren mehr oder minder geschickt die - oft sehr problematischen - formellen und informellen Erwerbsmöglichkeiten mit Sozialleistungen und institutionellen Hilfen sowie mit gegenseitigem Tausch von Hilfen, eingebettet in recht enge Sozialbeziehungen. Das Quartier stützt diese Fähigkeiten teilweise mit einigen prekären Arbeitsmöglichkeiten, oftmals billigen Mieten, sozialen Diensten und einer manchmal funktionierenden Nachbarschaft. Als Stütze wirkt es hauptsächlich für die dominierende Migrantengruppe der "Türken", die nur hier eine eigene Sub-Gesellschaft entwickeln kann. Auch einige Deutsche und Südeuropäer in prekärer Lage können hier eng und kostengünstig in Familiengruppen und Nachbarschafts-"Bastionen" zusammenleben. Diese Fähigkeiten und Stabilisierungs-

potentiale sind sicher positiv zu werten, aber sie haben etwas Einschließendes. Die Ressourcen der dominierenden Migrantengruppe haben wir möglicherweise unterschätzt - ihre Eigenarbeit, die in Moscheen und Cafés vermittelten gegenseitigen Hilfen, die Beziehungen zwischen den verschiedenen Teilgruppen der "Türken-Community". Andere Migrantengruppen (Aussiedler, Südeuropäer) haben wir bisher nur in zu geringer Zahl interviewen können.

Die Mehrheit der Deutschen, der nichttürkischen Migranten und der Minderheitsgruppen unter den Türken erleben hauptsächlich die Nachteile des Quartiers. Konflikte, Unordnung und Vereinzelung werfen diese Haushalte auf ihre eigenen Fähigkeiten zurück. Wo diese ausreichen zur Stabilisierung der eigenen Situation, versuchen die Betroffenen wegzuziehen. Die Marginalisierten aber haben unzureichende eigene Fähigkeiten und bleiben an ein Viertel gebunden, das sie mehrheitlich ablehnen und das - außer bei Angehörigen der dominierenden Migrantengruppe - zu sozialem Rückzug und Passivität beiträgt. Allerdings hatten wir zu bestimmten, sozial definitiv "Ausgegrenzten" - verbitterten Einzelgängern, Alkoholiker- und "Chaos"-Haushalten - zu wenig Zugang und wissen über sie noch zu wenig. Deutlich wurde aber jetzt schon: Das Problemviertel besiegelt soziale Marginalisierung - aber deren Ursachen liegen nicht im Problemquartier, sondern in der Erosion einfacher Beschäftigungsverhältnisse und in der Demontage von Sozialleistungen. Diese haben lokale Politikprogramme bisher nur mühsam und nur teilweise kitten können.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die zweijährige Hauptuntersuchung, die neben dem innerstädtischen Altbauviertel einen weiteren Stadtteil, ein randstädtisches Neubauviertel, mit einbezieht, ist vor kurzem angelaufen. Unsere bisherigen Ergebnisse gründen wesentlich auf 42 qualitativen Bewohnerinterviews, Expertengesprächen und der Analyse von Sekundärmaterialien.

  2. Vgl. Ulfert Herlyn u. a., Armut und Milieu. Benachteiligte Bewohner in großstädtischen Quartieren, Basel u. a. 1991; Christine Mussel, Bedürfnisse in der Planung der Städte, Kassel 1992.

  3. Wenn wir im Folgenden von Türken sprechen, sind Kurden und andere ethnische Gruppen dieses Landes immer mit eingeschlossen.

  4. Vgl. Rolf Keim, Wohnungsmarkt und soziale Ungleichheit, Basel u. a. 1999.

  5. Vgl. Nihat Alkin, Dokumentation Quartierprojekte, hrsg. vom Ausländerbeirat der Stadt . . ., o. J. (1999).

  6. Die Zurechnung der Zahlen zu verschiedenen statistischen Einheiten - den drei Wahlbezirken (1999 knapp 7 000 Ew.), mit denen sich unser Quartier weitgehend deckt, dem Bezirk (8 600 Ew.) oder dem Stadtteil (15 000 Ew.), für die es am meisten Daten gibt - wird hier nicht weiter erläutert, da es nur um einen Eindruck der Größenordnung geht. Sie stammen aus Blättern der Statistikstelle der Stadt seit 1. 1. 1998 sowie aus deren Sonderheften Nr. 37, 38 und 39 zu den Bundestags-, Kommunal- und Landtagswahlen; z. T. eigene Berechnung.

  7. Der Prozentsatz darf nicht verwechselt werden mit der Arbeitslosenquote, die sich auf "abhängige Erwerbspersonen" bezieht; nach N. Alkin (Anm. 5) liegt diese hier bei fast 30 Prozent.

  8. Vgl. Lydia Morris, Is there a British Underclass?, in: International Journal of Urban and Regional Research, (1993) 3, S. 408 f.

  9. Dies entgegen Thesen aus früheren Untersuchungen, nach denen Arbeitslose wegen des Fehlens von gewinnträchtigen Kontakten zum Arbeitsplatz und wegen geringeren Besitzstandes weniger Schwarzarbeit leisten, vgl. Raymond E. Pahl/Claire Wallace, Arbeitsstrategien von Haushalten in Zeiten wirtschaftlicher Rezession, in: Jürgen Krämer/Rainer Neef (Hrsg.), Krise und Konflikte in der Großstadt im entwickelten Kapitalismus, Basel u. a. 1985.

  10. U. Herlyn (Anm. 2), S. 205.

  11. Vgl. Madeleine Leonard, Informal Economic Activity in Belfast 1994, Aldersshot 1994, die einzige gründlichere Untersuchung von "Schwarzarbeit" in einem Armutsviertel. Empirische Informationen zu "Schwarzarbeit" in vier Armutsvierteln in Hannover finden sich auch bei U. Herlyn u. a. (Anm. 2, S. 201 ff.); einige Hinweise aus dem Duisburger Problemviertel Bruckhausen finden sich bei Gertrud Tobias/Johannes Boettner, Von der Hand in den Mund, Essen 1992, S. 31 ff. und 73 f.

  12. Umfang und Wert sind umständlich zu erheben, und der Erhebungsaufwand steht in keinem Verhältnis zu ihrer messbaren Bedeutung. Vgl. James Cécora, The role of "informal" activity in household economic behaviour, Berlin 1991. Systematisch haben wir nur die Arten von Eigenarbeit bei allen nicht-türkischen und einigen türkischen Haushalten erhoben, nicht aber ihre materielle Bedeutung.

  13. Schon Klaus Lompe u. a., Die Realität der "neuen" Armut, Regensburg 1987, S. 170 ff. und 195 f., bemerkten deren höheren Grad an Durchsetzungskraft gegenüber Ämtern und an Aktivität zur Sicherung des Lebensunterhalts überhaupt.

  14. Vgl. hierzu G. Tobias/J. Boettner (Anm. 11), S. 59 ff.

  15. Wir befragten Rentner, Haus- oder Geschäftsbesitzer und Studierende/Jungakademiker.

  16. Zu den intensiven Sozialbeziehungen unter Aussiedlern und ihr räumlich enges Zusammenleben vgl. Hans-Joachim Bürkner, Kleinräumliche Segregation von Aussiedlern in der Bundesrepublik Deutschland, in: Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft, (1998) 1, S. 55-69.

  17. Wir haben nur drei Haushalte von Italienern/Spaniern sowie zwei Aussiedlerfamilien und eine deutsch-nordafrikanische Familie interviewt; von der Dominanz "der Türken" setzte sich auch ein Haushalt von Irakern ab. Die Einsichten über Italiener wurden ergänzt nach Josef Eckert/Mechtilde Kißler, Südstadt, wat es dat?, Köln 1997, S. 204 ff. und 287 ff.

  18. Ähnlich die Einsichten in der Untersuchung von Netzwerken Alleinerziehender: Gabriele Niepel, Soziale Netze und soziale Unterstützung alleinerziehender Frauen, Opladen 1994.

  19. Dabei ist zu bedenken, dass die Mehrzahl unserer Interviewten Türken bzw. Kurden jünger waren oder moderne und nichtreligiöse Einstellungen betonten. Ältere türkische Frauen, häufiger traditionell oder religiös gebunden und auf soziale Kontrolle orientiert, waren in den Interviews unterrepräsentiert. J. Eckert/M. Kißler (Anm. 17, S. 367) stellten fest, Nachbarschaft sei eine v. a. von türkischen Frauen neu aufgebaute Beziehung als Ersatz für am Ort nicht vorhandene Verwandtschaft - die aber von jungen Frauen wegen sozialer Kontrolle nicht gewünscht werde.

  20. Vgl. Martin Diewald, Soziale Beziehungen: Verlust oder Liberalisierung? Soziale Unterstützung in informellen Netzwerken, Berlin 1991.

  21. Aus Interview-Anfragen und Expertenaussagen wissen wir, dass es auch viele marginalisierte Haushalte mit südeuropäischer Herkunft gibt.

  22. Integriertes Stadtteilentwicklungskonzept Quartier, Stadt . . . 1997, S. 2.

Dr. rer. pol., geb. 1962, Mitglied der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung.

Veröffentlichungen: Wohnungsmarkt und soziale Ungleichheit. Über die Entwicklung städtischer Polarisierungsprozesse, Basel u.a. 1999; (zus. mit R. Neef) Armut und Milieu - Zum Einfluss von Problemvierteln auf die Lebensbedinungen der Bewohner, in: W. Tessin u.a. (Hrsg.): Stadt und soziale Ungleichheit, Opladen 2000.

Dr. phil., geb. 1946; akad. Oberrat für Stadtsoziologie am Soziologischen Seminar der Universität Göttingen.

Veröffentlichungen u. a.: (Hrsg. zus. mit H. Häußermann) Stadtentwicklung in Ostdeutschland, Opladen 1996; Formen und soziale Lagen der Schattenwirtschaft in einem Transformationsland: Rumänien, in: Berliner Journal für Soziologie, (1999) 3.