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Editorial | Arbeit - Arbeitsmarktpolitik | bpb.de

Arbeit - Arbeitsmarktpolitik Editorial Brauchen wir eine europäische Beschäftigungspolitik? Arbeitslosigkeit in Europa Möglichkeiten und Grenzen europäischer Beschäftigungspolitik Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten in der Bundesrepublik Deutschland

Editorial

Katharina Belwe

/ 2 Minuten zu lesen

Nicht nur in Deutschland ist Arbeitslosigkeit ein großes Problem, ganz Europa leidet unter struktureller Erwerblosigkeit. Welche Beschäftigungskonzepte könnten europaweit greifen?

Einleitung

"Brauchen wir eine europäische Beschäftigungspolitik?" Diese Frage wird von den einen vehement verneint, von anderen bejaht, Dritte argumentieren vorsichtig abwägend. Anhand der Beiträge dieser Ausgabe, deren Autorinnen und Autoren je unterschiedliche Antworten auf diese Frage geben, sollen sich die Leserinnen und Leser selbst ein Bild davon machen können, welche Wirkungen eine europäische Beschäftigungspolitik hat oder haben kann.

Der EG-Vertrag enthält ein Beschäftigungskapitel, das die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, eine koordinierte Beschäftigungsstrategie zu entwickeln. Es klingt plausibel, die Arbeitsmarktprobleme in den Ländern der EU durch eine gemeinsame, aktive Arbeitsmarktpolitik und durch makroökonomische Politiksteuerung lösen zu wollen. Und es erscheint sinnvoll, gemeinsame Ziele zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in den europäischen Staaten zu formulieren und einzelne Maßnahmen aufeinander abzustimmen. Unterschiedliche Entwicklungen und Ausprägungen der Arbeitslosigkeit in den EU-Ländern setzen jedoch einer europäischen Arbeitsmarktpolitik möglicherweise insofern enge Grenzen, als sie auch unterschiedliche Ansätze zur Beseitigung der überwiegend strukturell bedingten Arbeitslosigkeit erfordern. Kritiker einer koordinierten europäischen Beschäftigungspolitik wie Hagen Lesch warnen daher vor Fehlentwicklungen auf den einzelnen Arbeitsmärkten.

Bei allen nationalen Unterschieden, die vielleicht gegen eine europäische Arbeitsmarktpolitik sprechen, gibt es aber mindestens eine Gemeinsamkeit: So sind in den meisten europäischen Ländern die Arbeitslosenquoten Mitte der siebziger, Mitte der achtziger und Mitte der neunziger Jahre jeweils sprunghaft angestiegen und danach nicht wieder auf ihr ursprüngliches Niveau zurückgekehrt. Michael Neugart veranlasst dieser Befund zu der Frage nach den Ursachen dieser Entwicklung und nach den sich daraus ergebenden Optionen der Politik. Der Autor setzt auf die Wirkungen der Europäischen Währungsunion. Dadurch bedingte flexiblere Arbeitsmärkte würden dazu beitragen, dass sich Wachstumsimpulse eher auf die Arbeitsmärkte übertrügen.

Nach beschäftigungspolitischen Optionen, die im Kampf gegen die anhaltende Arbeitslosigkeit konsensfähig unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion sind, suchen auch Gabriele Kasten und David Soskice. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass nur die Koordination der Geld-, Finanz- und Lohnpolitik langfristig Abhilfe gegen die hohe Arbeitslosigkeit in Europa verspricht und dass sich eine Aufteilung der dementsprechenden Verantwortlichkeiten im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit als konsensfähig unter den Mitgliedstaaten erweisen könnte. Eben dies wird von Hagen Lesch in Frage gestellt, der seinerseits die Dringlichkeit flankierender Flexibilisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen betont.

Ein vierter Beitrag handelt von der Flexibilisierung der Arbeitszeiten in der Bundesrepublik Deutschland. Karin Schulze Buschoff geht es darum, Begriff, Formen und Ausmaß der Flexibilisierung zu präzisieren. Das Ausmaß der Flexibilisierung lässt sich an der Erosion des so genannten Normalarbeitsverhältnisses und der dementsprechenden Zunahme atypischer Arbeitszeitregelungen erkennen. Eine Ausdehnung des Bereiches schlecht bezahlter, ungesicherter und unbeständiger Erwerbsarbeit, die für immer mehr Menschen die Alternative zur Arbeitslosigkeit sein wird, ist die Folge.