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Der Schutz von Kindern durch die UN-Kinderkonvention

Ralph Alexander Lorz

/ 23 Minuten zu lesen

Die Kinderkonvention der Vereinten Nationen ist das Ergebnis eines jahrzehntelangen Entwicklungsprozesses. In seinem Verlauf verdeutlichte sich die Notwendigkeit einer eigenständigen Anerkennung von Kinderrechten.

I. Der Weg zur UN-Kinderkonvention

Die Kinderkonvention der Vereinten Nationen (The United Nations Convention on the Rights of the Child) ist wie die meisten großen multilateralen Konventionen nicht plötzlich entstanden, sondern das Ergebnis eines jahrzehntelangen Entwicklungsprozesses, der von der ersten politischen Anerkennung einer Notwendigkeit von Kinderrechten über verschiedene Kodifikationsschritte hinweg zu ihrer heutigen rechtlichen Verdichtung geführt hat. Der Beginn dieses Prozesses läßt sich auf das Jahr 1924 datieren, in dem die Versammlung des Völkerbundes die so genannte "Declaration of Geneva" verabschiedete, mit der den Mitgliedstaaten des Völkerbundes jene Prinzipien ans Herz gelegt wurden, die die private "Save the Children International Union" im Jahr zuvor aufgestellt hatte. 1948 bestätigte die Generalversammlung der neugegründeten Vereinten Nationen diese Prinzipien in einer leicht modifizierten und erweiterten Fassung. Am 20. November 1959 schließlich verkündete dasselbe Gremium in feierlicher Form eine neuerlich expandierte "Declaration of the Rights of the Child", die als maßgeblicher Ausgangspunkt der späteren Kinderkonvention betrachtet werden kann .

Dennoch dauerte es weitere dreißig Jahre, um diese Konvention zu entwerfen und unterschriftsreif zu machen. Die erste Initiative hierzu ging von der polnischen Regierung aus, die im Jahr 1978 das bevorstehende "Internationale Jahr des Kindes" zum Anlass nahm, die Erarbeitung einer solchen Konvention vorzuschlagen . Zwar fand ihr Vorschlag inhaltlich keinen Widerhall, doch bewirkte er immerhin die Einsetzung einer offenen Arbeitsgruppe durch die UN-Menschenrechtskommission. Diese Arbeitsgruppe benötigte weitere neun Jahre zur grundsätzlichen Ausformulierung des Konventionstextes, was die generelle Problematik bei der Ausarbeitung multilateraler Vertragswerke illustriert :

- Zum ersten sind in eine solche Ausarbeitung typischerweise zahlreiche Beteiligte involviert, im Falle der Kinderkonvention etwa die Delegationen aller dreiundvierzig Mitgliedstaaten der Menschenrechtskommission und die übrigen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen als Beobachter - wenngleich zumindest zu Beginn des Prozesses nur relativ wenige Staaten aktiv mitarbeiteten -, nicht zu vergessen die zahlreichen auf dem Gebiet des Kinderschutzes tätigen Nicht-Regierungsorganisationen, deren Einfluss auf den endgültigen Konventionstext gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, und die weiteren internationalen Organisationen, die sich allerdings in diesem Fall großenteils vornehm zurückhielten.

- Zum zweiten werden Beschlüsse in derartigen Arbeitsgruppen üblicherweise im "consensus"-Verfahren getroffen, d. h. keines der stimmberechtigten Mitglieder darf formell widersprechen, was natürlich oftmals zu einer Einigung auf dem "kleinsten gemeinsamen Nenner" führt. So fiel beispielsweise der vorgesehene Artikel zur Begrenzung medizinischer Experimente an Kindern letztlich der Tatsache zum Opfer, dass die Delegationen sich trotz ihrer Einigkeit im Grundsatz nicht auf eine konkrete Formulierung verständigen konnten.

- Zum dritten wird die Arbeit in solchen zwischenstaatlichen Gremien, selbst wenn sie eigentlich rein fachspezifisch ablaufen sollte, in der Realität immer wieder von der "großen Politik" überlagert, und so überschattete der Ost-West-Konflikt mit den darin begründeten, fundamental unterschiedlichen Menschenrechtskonzeptionen jedenfalls in der ersten Hälfte der achtziger Jahre auch die Beratungen über die Kinderkonvention.

- Zu guter Letzt allerdings haben die in diesem Kontext wirksamen politischen Zwänge auch ihr Gutes: Sie erzeugen unter bestimmten Umständen einen Druck, zum Abschluss zu kommen; im Fall der Kinderkonvention waren dies beispielsweise das 30-jährige Jubiläum der Deklaration von 1959 und die zehnte Wiederkehr des Internationalen Jahrs des Kindes, die man aus Gründen der Optik nicht ohne Präsentation eines fertigen Vertrages verstreichen lassen wollte, weshalb die UN-Generalversammlung pünktlich am 20. November 1989 den endgültigen Entwurf der Konvention verabschiedete.

Freilich fehlte es auch nicht an inhaltlichen Kontroversen, die die Einigung auf einen gemeinsamen Vertragstext in der Arbeitsgruppe verzögerten . Das begann bereits bei der Grundsatzfrage, ob die Konvention sich auf kinderspezifische Rechtsfragen beschränken oder einen Katalog der allseits anerkannten Menschenrechte mit einschließen sollte. Zahlreiche Delegationen hielten letzteres für überflüssig, da diese Menschenrechte ohnedies für Kinder wie für Erwachsene gelten sollten und nicht noch einer ausdrücklichen Bestätigung bedürften. Am Ende fiel die Entscheidung jedoch zugunsten eines umfassenden Rechtekataloges aus, was nicht zuletzt deswegen begrüßenswert erscheint, weil die Anwendbarkeit der allgemeinen Menschenrechte auf Kinder nicht in jedem Einzelpunkt unstrittig ist, wie die nachfolgenden Diskussionen um die Konvention gezeigt haben. So mußte beispielsweise Art. 14 der Konvention, der die Gewissens- und Religionsfreiheit regelt, gegenüber seinem allgemeinen Vorbild, dem Art. 18 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, insoweit zurückgenommen werden, als die islamischen Staaten darauf bestanden, ein Kind könne im Gegensatz zu Erwachsenen seine Religion keinesfalls frei wählen. Drei weitere wesentliche Felder der Auseinandersetzung seien stellvertretend nur kurz skizziert :

- Abtreibung: Es erwies sich als unmöglich, eine Einigung über den Zeitpunkt des kindlichen Lebensbeginns und des daran anknüpfenden Menschenrechtsschutzes zu erzielen, da sich insoweit die Staaten mit freizügigen und die mit restriktiven Abtreibungsregeln unversöhnlich gegenüberstanden. Deshalb beschränkt sich die Konvention nunmehr auf einen Verweis in der Präambel, wonach jedes Kind spezielle Fürsorge und rechtlichen Schutz "both before as well as after birth" genießen soll, ohne dies näher zu spezifizieren. Allerdings fühlte sich eine Reihe von Staaten in dieser Situation dazu veranlasst, ihre jeweilige Position zu Abtreibung und Familienplanung noch einmal im Wege ausdrücklicher Erklärungen bei der Ratifikation der Konvention zum Ausdruck zu bringen.

- Adoption: Islamisches Recht verbietet die Adoption von Kindern. Daher mußte für den einschlägigen Art. 21 eine Formulierung gefunden werden, die hinreichend klarstellte, dass die Vertragsstaaten ungeachtet der einzelnen Vorgaben für die Durchführung von Adoptionen in ihrer grundsätzlichen Entscheidung über die Zulassung von Adoptionen frei bleiben.

- Kriegsdienst: Die dem entsprechenden Art. 38 ursprünglich zugrunde liegende Idee lief darauf hinaus, Kinder unter 18 Jahren vollständig vom Kriegsdienst auszunehmen. Als Kompromiss wurde außerdem diskutiert, Kinder zwischen 15 und 18 Jahren zwar bereits zu den Streitkräften zuzulassen, aber von der direkten Teilnahme an Kampfhandlungen auszuschließen. Beides scheiterte jedoch an der Haltung der Vereinigten Staaten, so dass im "consensus"-Verfahren nur für die unter 15jährigen Kinder eine entsprechende Ausschlussklausel formuliert werden konnte. Andorra, Argentinien, Deutschland, Kolumbien, die Niederlande, Österreich, Spanien und Uruguay haben dies in gesonderten Erklärungen bei der Ratifikation der Konvention ausdrücklich bedauert.

II. Die wesentlichen Inhalte und Neuerungen der Konvention

Dennoch ist die Gesamtbilanz der Kinderkonvention nahezu uneingeschränkt positiv zu bewerten. Sie hat in vielen Punkten Klarstellungen und zum Teil erhebliche Verbesserungen gegenüber dem früheren Rechtszustand auf internationaler Ebene mit sich gebracht. Bemerkenswert erscheint vor allem ihre umfassende Einbeziehung bürgerlicher und politischer ebenso wie wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Menschenrechte in ihrer Anwendung auf Kinder. Im einzelnen ist vor allem auf folgende Rechte hinzuweisen :

- Allgemeine Verbürgungen: Art. 2 statuiert zunächst ein umfassendes Diskriminierungsverbot. Art. 3 enthält sodann das fundamentale Prinzip der gesamten Konvention: die (wohlverstandenen) "besten Interessen" des Kindes sollen grundsätzliche Priorität bei allen das Kind betreffenden Entscheidungen genießen. So vage dieser Maßstab letztlich sein mag , so stellt er doch klar, dass damit das Kindeswohl im Zentrum aller Überlegungen zu stehen hat.

- Identität des Kindes: Auf die in Art. 6 enthaltene Garantie des kindlichen Lebensrechts folgen zwei Artikel, die die Identität jedes Kindes sicherstellen sollen. Neben dem in Art. 7 normierten Recht auf einen Namen und eine Staatsangehörigkeit bestätigt Art. 8 ausdrücklich den rechtlichen Schutz der für die Identität wesentlichen familiären Bindungen. Hintergrund dieses Artikels sind die Geschehnisse unter der argentinischen Militärdiktatur, die Kinder gewaltsam von ihren Familien trennte und ihnen eine andere Identität aufzwang .

- Öffentliche Rechte: Art. 12 spezifiziert die kindliche Meinungsfreiheit und modifiziert ihre in Art. 13 enthaltene allgemeine Garantie dahingehend, dass die Ansichten des Kindes in allen es betreffenden Angelegenheiten entsprechend seinem Alter und Reifegrad Berücksichtigung finden sollen . Die nachfolgenden Art. 14-17 erstrecken eine Reihe weiterer allgemeiner Menschenrechtsgarantien explizit auf Kinder: nämlich die Gewissens- und Religionsfreiheit (mit der bereits erwähnten, durch die Besonderheiten des Islam bedingten Einschränkung hinsichtlich der freien Religionswahl des Kindes), die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, die Informationsfreiheit speziell in Bezug auf die Massenmedien und den Schutz der Privatsphäre, zu dem beispielsweise auch das Briefgeheimnis gehört.

- Kinder und Eltern: Ein großer Teil der Konvention beschäftigt sich naturgemäß mit dem Verhältnis von Kindern und Eltern. Neben der in Art. 18 normierten allgemeinen Regel, dass Kinder soweit wie möglich von ihren Eltern betreut werden sollten, enthält sie verschiedene Artikel, die speziell auf den Fall eingehen, dass dies nicht möglich ist. Dazu gehört neben der bereits angesprochenen Vorschrift des Art. 21 über Adoptionen und der Verpflichtung des Staates zur Bereitstellung entsprechender Betreuungseinrichtungen nicht zuletzt eine ausdrückliche Inpflichtnahme der staatlichen Stellen zur Verhinderung sexuellen Missbrauchs und innerfamiliärer Vernachlässigung von Kindern (Art. 19), wie sie so bisher noch nie in einem rechtsverbindlichen Instrument enthalten war .

- Soziale Rechte: Art. 24 garantiert Kindern das Recht auf Gesundheit und stellt einen umfangreichen Katalog von Einzelmaßnahmen zu seiner Verwirklichung auf, die bis zur Verbreitung von Informationen über die Vorteile des Stillens reichen. Ergänzt wird diese Vorschrift in den Art. 26-31 durch Rechte auf soziale Absicherung, einen angemessenen Lebensstandard, auf Bildung sowie auf Sport, Spiel und Ruhe. Die Neuerungen in diesem Bereich sind eher marginaler Natur, als solche aber durchaus bemerkenswert: So statuiert Art. 24 zum ersten Mal eine Sollvorschrift dahingehend, dass auf die Abschaffung "traditioneller Praktiken" wie etwa der weiblichen Genitalverstümmelung hinzuwirken ist. Art. 25 verlangt eine periodische Überwachung aller Betreuungs-, Schutz- und Behandlungseinrichtungen, und Art. 28 bindet schulische Disziplinarmaßnahmen an die Menschenwürde des Kindes.

- Schutz vor Ausbeutung und Gewalt: Eine ganze Serie von Artikeln (32 und 34-36) ist dem unmittelbaren Schutz von Kindern vor ökonomischer, sexueller oder sonstiger Ausbeutung gewidmet , ergänzt durch Art. 33, der - wiederum als Novität - eine besondere Verpflichtung des Staates zum Schutz der Kinder vor der Drogengefahr postuliert . Außerdem thematisiert die Konvention neben der bereits behandelten Frage des Kampfeinsatzes von Kindern in zahlreichen Einzelheiten den Umgang mit straffällig gewordenen Kindern. Art. 37 bestätigt insbesondere den Grundsatz, dass Freiheitsentziehung bei Kindern nur als letztes Mittel und dann auch nur für die kürzestmögliche Zeit angewandt werden sollte. In Art. 40, der längsten und detailliertesten Vorschrift der gesamten Konvention, finden sich darüber hinaus zahlreiche Elemente der ursprünglich unverbindlichen "U.N. Standard Minimum Rules for the Administration of Juvenile Justice" wieder, die damit zum ersten Mal einen verpflichtenden normativen Ausdruck gefunden haben.

Von besonderem Interesse sind bei jedem internationalen menschenrechtlichen Instrument schließlich die verfahrenstechnischen Mechanismen zur Durchsetzung der gewährleisteten Rechte. Hier bleibt die Kinderkonvention insoweit noch dem klassischen Strickmuster verhaftet, als sie den Vertragsstaaten lediglich eine Berichtspflicht auferlegt und zur Entgegennahme und Evaluation dieser Berichte einen Ausschuss für die Rechte des Kindes konstituiert . Immerhin sieht sie jedoch in Art. 45 auch ein besonderes Mitwirkungsrecht aller mit Kinderrechtsfragen befasster Organe der Vereinten Nationen vor und greift darüber hinaus in Art. 42 zu einem relativ originellen Mittel: nämlich zu einer Verpflichtung der Vertragsstaaten, ihre Bestimmungen "durch geeignete und wirksame Maßnahmen bei Erwachsenen und auch bei Kindern allgemein bekannt zu machen". Sie setzt also für ihre Implementation in erster Linie auf den Meinungsdruck, den ihre Verbreitung in der Öffentlichkeit erzeugen mag.

III. Vorbehalte zur Kinderkonvention

Die Kinderkonvention ist inzwischen von mehr als 190 Staaten ratifiziert worden und stellt damit die wohl universellste aller Menschenrechtskodifikationen dar. Hand in Hand damit geht jedoch ein anderes, weniger erfreuliches Charakteristikum: sie weist zugleich auch eine rekordverdächtige Zahl von Vorbehalten auf . Welche Probleme verbergen sich im einzelnen hinter diesem Phänomen?

1. Allgemeine Problematik

Unter einem Vorbehalt versteht man in Anlehnung an die Definition der Wiener Vertragsrechtskonvention jede einseitige Erklärung, die ein Staat in Bezug auf einen völkerrechtlichen Vertrag zusammen mit seiner Zustimmung zu demselben abgibt und mit der er bezweckt, die Rechtswirkungen einzelner Vertragsbestimmungen für sich auszuschließen oder zu ändern . Solche Vorbehalte sind bei multilateralen Konventionen im allgemeinen üblich, gegenüber Menschenrechtsabkommen allerdings besonders verbreitet, was auf den ersten Blick Erstaunen auslöst. Soweit sie von Staaten erhoben werden, deren Bekenntnis zu menschenrechtlichen Verpflichtungen schon im Grundsatz zweifelhaft erscheint, lässt sich dies noch recht einfach damit erklären, dass der Vorbehalt vermutlich dem Ziel einer möglichst unauffälligen Umgehung der mit dem Abkommen eigentlich intendierten Bindungen dient. Aber auch Staaten, an deren prinzipieller Bereitschaft zur Achtung der Menschenrechte keine Zweifel bestehen, legen derartige Vorbehalte durchaus häufig ein. In diesem Fall kommen verschiedene Motivationen in Betracht : Zum einen können solche Vorbehalte dem Versuch entspringen, wenigstens einen kleinen Teil dessen zu retten, was die Staaten klassischerweise als ihre "inneren Angelegenheiten" und damit als ihre ureigenste Domäne betrachtet haben. Zum zweiten können sie auf einem Misstrauen gegenüber den in dem jeweiligen Übereinkommen etablierten Kontrollorganen beruhen, das insbesondere dann zu entstehen pflegt, wenn die fraglichen Organe mit weisungsunabhängigen Persönlichkeiten besetzt werden. Und schließlich zwingt speziell aus der Perspektive mancher Entwicklungsländer der Mangel an materiellen Ressourcen zur tatsächlichen Verwirklichung der Menschenrechte dazu, die Reichweite der zu übernehmenden Verpflichtungen von vornherein zu beschränken. Für alle diese Motivationen liefern die zur Kinderkonvention eingelegten Vorbehalte reichhaltiges Anschauungsmaterial.

Zum Umgang mit Vorbehalten hält erneut die Wiener Vertragsrechtskonvention die einzigen bislang schriftlich kodifizierten Regeln bereit. Ihr Art. 19 bestimmt zunächst allgemein die Zulässigkeit von Vorbehalten und verbietet - wortgleich mit Art. 51 II der Kinderkonvention - alle Vorbehalte, die mit Ziel und Zweck des Vertrages unvereinbar sind, leider ohne diese Generalklausel näher zu konkretisieren . Aus diesem Grund sind in der Literatur verschiedene Konkretisierungsansätze entwickelt worden, von denen im Fall der Kinderkonvention zwei Kategorien potenziell unzulässiger Vorbehalte besondere Aufmerksamkeit verdienen: Vorbehalte, die so generell formuliert sind, dass der betreffende Staat damit faktisch die Definitionsmacht über Umfang und Reichweite seiner vertraglichen Bindungen erhält, und Vorbehalte, die darauf abzielen, ihm ein Unterschreiten des vertraglichen Schutzstandards auf Dauer zu ermöglichen .

Das eigentliche Problem des in der Vertragsrechtskonvention enthaltenen und in der Kinderkonvention nicht weiter modifizierten Vorbehaltsregimes besteht jedoch nicht in der mangelnden Bestimmtheit seines materiellen Standards, sondern in den dort vorgesehenen Rechtswirkungen von Vorbehalten. Schon die Annahme eines Vorbehalts durch einen einzigen anderen Vertragsstaat genügt, um den beitretenden Staat ungeachtet seines Vorbehalts zur Vertragspartei zu machen, wobei nach zwölf Monaten ohne gegenteilige Reaktion sogar von einer stillschweigenden Annahme ausgegangen wird. Und der Einspruch eines anderen Vertragsstaates gegen einen Vorbehalt soll prinzipiell nur im Verhältnis des beitretenden und des widersprechenden Staates zueinander wirken. Die überkommenen Regeln überlassen damit zum einen die Beurteilung von Vorbehalten den einzelnen Vertragsstaaten und beruhen zum anderen auf der Prämisse, dass ein multilaterales Vertragswerk in eine Vielzahl bilateraler Vertragsbeziehungen zerlegt werden kann . Bei Vertragswerken von der Art multilateraler Handelsabkommen mag dies in der Regel der Fall sein. Menschenrechtsverträge sind jedoch typischerweise anders strukturiert: Sie zielen auf die Etablierung eines allgemeinverbindlichen Mindeststandards an Humanität in der Behandlung derjenigen Personen, die der Hoheitsgewalt der Vertragsstaaten unterliegen, und sind daher Überlegungen auf der Basis des Gegenseitigkeitsprinzips nicht zugänglich .

Die Erfahrung zeigt darüber hinaus, dass Vorbehalte zu Menschenrechtskonventionen - aus welchen Gründen auch immer - verhältnismäßig selten auf Protest vonseiten der anderen Vertragsstaaten stoßen. Im übrigen wäre die logische Konsequenz eines entschiedenen Widerstandes dieser Staaten - der Ausschluss des den Vorbehalt anbringenden Staates aus dem Vertrag insgesamt - im Falle von Menschenrechtsabkommen keineswegs wünschenswert oder sogar kontraproduktiv, da es aus menschenrechtlicher Perspektive zunächst darum gehen muss, möglichst viele Staaten überhaupt in die entsprechenden Vertragsregimes einzubinden . Aus diesem Grund haben auch die zahlreichen Vorbehalte zur Kinderkonvention nur vereinzelt Einsprüche der jeweils anderen Vertragsstaaten ausgelöst. Dazu kommt, dass es im Rahmen der Kinderkonvention ebensowenig wie bei den meisten anderen Menschenrechtsabkommen eine Institution gibt, die objektiv und mit rechtsverbindlicher Wirkung über die Zulässigkeit von Vorbehalten entscheiden könnte. So erzeugen die fraglichen Vorbehalte eine Vielzahl rechtlicher Grauzonen, die im Interesse der universellen Anwendbarkeit der Konvention jedoch allgemein in Kauf genommen werden.

2. Typisierung der einzelnen Vorbehalte

Versucht man die zur Kinderkonvention eingelegten Vorbehalte im einzelnen zu kategorisieren, so schälen sich im Wesentlichen folgende Fallgruppen heraus :

- Pauschale Vorbehalte: Am problematischsten sind zweifellos die Generalvorbehalte zugunsten bestimmter nationaler Rechtsordnungen oder -traditionen, die in der Literatur mit gutem Grund für einen Verstoß gegen Ziel und Zweck des Vertrages und damit für unzulässig gehalten werden. Im Fall der Kinderkonvention stammen die entsprechenden Vorbehalte zum überwiegenden Teil aus dem islamischen Rechtsraum, wobei Afghanistan, Brunei Darussalam, Iran, Kuwait, Mauretanien, Oman, Qatar, Pakistan, Saudi-Arabien und Syrien ausdrücklich auf die Prinzipien der islamischen Scharia hinweisen, durch die sie die Geltung der Konvention für sich limitiert sehen wollen, während Indonesien, Malaysia, Singapur und Tunesien allgemeine Vorbehalte zugunsten ihrer nationalen Verfassungsordnungen ohne explizite religiöse Konnotation anbringen. In ihrer Unbestimmtheit besonders krass erscheint die Erklärung der Regierung von Djibouti, die deshalb auch exemplarisch mit ihrem Wortlaut zitiert sein soll: "The Government of Djibouti shall not consider itself bound by any provisions or articles that are incompatible with its religion and its traditional values." Kiribati und erstaunlicherweise Polen verwenden eine ähnliche Formulierung, begrenzen sie aber immerhin auf die nationalen "Gewohnheiten und Traditionen" hinsichtlich der elterlichen Autorität in dem spezifischen Kontext der öffentlichen Rechte von Kindern. Schließlich beansprucht der Heilige Stuhl ebenfalls eine seiner besonderen "religiösen und moralischen Mission" entsprechende Sonderstellung in der Umsetzung der Konvention. Was vonseiten des Heiligen Stuhls angesichts seiner einzigartigen völkerrechtlichen Natur noch hingenommen wurde, rief im Fall der von den genannten Staaten geltend gemachten Generalvorbehalte zum Teil heftigen Widerspruch hervor. Eine Reihe westlicher Staaten - neben Deutschland im einzelnen Belgien, Dänemark, Finnland, Irland, Italien, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, die Slowakei und Schweden - erhob ausdrücklich Einspruch und zeigte damit, dass auch auf dem sensiblen Feld der Menschenrechtsabkommen nicht mehr jede staatliche Verwahrung kritiklos hingenommen wird. In Ermangelung einer zur letztverbindlichen Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorbehalten berufenen Institution bedeutet dies freilich, wie oben schon angedeutet wurde, dass die Reichweite der rechtlichen Bindungen aus der Kinderkonvention für diejenigen Staaten, die solche Vorbehalte eingelegt haben, bis auf weiteres ungeklärt bleibt.

- Vorbehalte gegen öffentliche Rechte: Ungeachtet der Tatsache, dass sie bereits einen entsprechenden Generalvorbehalt geltend gemacht haben, melden Oman und Syrien darüber hinaus noch einmal spezielle Bedenken gegen die in Art. 14 der Konvention gewährleistete Religionsfreiheit an. In Abwesenheit eines Generalvorbehalts betonen außerdem Algerien, Bangladesh, der Irak, Jordanien, die Malediven, Marokko und die Vereinigten Arabischen Emirate im Vorbehaltswege die islamische Position, nach der ein Kind seine Religion nicht frei soll wählen können, wogegen erneut Belgien und die Niederlande Protest erhoben haben. Algerien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben ferner einen Vorbehalt zu den Artikeln über Meinungs- und Medienfreiheit eingelegt, um Kinder vor ihrer Ansicht nach unmoralischen Einflüssen schützen zu können. Ein solcher Vorbehalt findet sich auch vonseiten der Türkei, dürfte allerdings in diesem Fall eher mit der Kurdenproblematik und den speziellen türkischen Vorschriften gegen "separatistische Propaganda" zu tun haben - und interessanterweise vonseiten Österreichs und Belgiens, die auf die nach der Europäischen Menschenrechtskonvention erlaubten Einschränkungen der Meinungsfreiheit hinweisen und klarstellen, dass die Kinderkonvention insoweit nach ihrer Auffassung keine weiterreichenden Rechte gewähren soll.

- Adoption: Nachdem die Adoptionsproblematik schon im Verlauf der Verhandlungen über die Kinderkonvention einen der wesentlichen Streitpunkte gebildet hatte, durfte man hierzu von vornherein eine Reihe von Vorbehalten erwarten. Neben den islamischen Staaten, die sich trotz der für Art. 21 gefundenen Kompromissformulierung dazu veranlasst sahen, ihre Position in diesem Punkt noch einmal ausdrücklich zu bekräftigen - Ägypten, Bangladesh, Jordanien, Kuwait, die Malediven, die Vereinigten Arabischen Emirate und ungeachtet ihrer Generalvorbehalte erneut Oman und Syrien -, machten auch Argentinien, Polen, Spanien und Venezuela Bedenken gegen einzelne Aspekte der Adoptionsregelung geltend. Kanada legte schließlich - bemerkenswerterweise als einziger Staat - einen speziellen Vorbehalt zugunsten der Traditionen seiner Ureinwohner ein.

- Staatsangehörigkeits-, Einwanderungs- und Ausländerrecht: Die Vorschriften zur Identität des Kindes, zur Familienzusammenführung und zur Behandlung von Flüchtlingskindern ließen offensichtlich bei vielen Staaten die Alarmglocken schrillen und lösten Befürchtungen über eine mögliche Unterminierung der nationalen Zugangsschranken hinsichtlich Aufenthaltsrechten und Staatsangehörigkeit aus, zu deren Zerstreuung das Mittel der Vorbehalte eingesetzt wurde. Die Schwerpunktsetzung variiert dabei von Staat zu Staat: Vor allem kleinere Staaten - Andorra, Liechtenstein, Kuwait, Monaco, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate, aber auch Thailand, Tunesien und die Schweiz - legten Wert auf die Verteidigung ihrer relativ strikten Staatsangehörigkeitsrechte. Die Bahamas, Belgien, die Cook-Inseln, Neuseeland, Singapur und erneut Tunesien betonten - ebenso wie Deutschland - die Eigenheiten ihres Ausländerrechts und insbesondere die darin liegende Möglichkeit zu Ungleichbehandlungen aufgrund der Staatsangehörigkeit. Für Japan, Großbritannien und abermals die Schweiz und Liechtenstein stand die Bewahrung ihrer nationalen Einwanderungsvorschriften im Vordergrund; Mauritius, Thailand und die Niederlande hatten dagegen vor allem Bedenken gegen Art. 22 der Konvention, der die Rechte von Flüchtlingskindern festlegt.

- Strafprozess und Strafvollzug: Die in Art. 37 (c) der Konvention aufgestellte Vorgabe, nach der Jugendliche im Strafvollzug getrennt von den Erwachsenen untergebracht werden sollen, wirft insbesondere in dünnbesiedelten Staaten Probleme auf, was die entsprechenden Vorbehalte Australiens, Kanadas und Islands zu erklären vermag. Aber auch Großbritannien, Japan, Neuseeland, die Niederlande, die Schweiz und die Cook-Inseln haben einen derartigen Vorbehalt geltend gemacht. Im Bereich des Strafprozesses stieß vor allem Art. 40 (2) (b) (v) auf Widerstand, der eine zweitinstanzliche Überprüfung jeder strafrechtlichen Sanktion gegen Kinder zwingend vorschreibt. Erstaunlich ist an dieser Stelle wiederum, dass die Vorbehalte hier in erster Linie aus entwickelten Rechtsstaaten des Westens kommen, die jeweils Besonderheiten ihrer nationalen Strafverfahrensordnungen zu bewahren trachten; die Liste der entsprechenden Staaten umfasst - neben Deutschland - Belgien, Bosnien-Herzegowina, Dänemark, Frankreich, Island, Monaco, die Niederlande, Südkorea, Slowenien, die Schweiz und Tunesien.

- Schutz gegen ökonomische Ausbeutung: Das Argument fehlender materieller Ressourcen zur Umsetzung der in der Konvention garantierten Rechte löste naturgemäß primär aufseiten der Entwicklungs- bzw. Schwellenländer Vorbehalte aus. Prominentestes Beispiel hierfür ist Indien, das einen generellen Vorbehalt bezüglich seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit anbrachte und sich damit in der Gesellschaft Singapurs, Kiribatis, Omans und Tunesiens befindet. Spezielle Vorbehalte kamen außerdem hinsichtlich der Garantie einer kostenlosen Grundschulbildung aus Samoa und Swaziland und in bezug auf die Leistungen der Sozialversicherung aus Malta und - wieder ein Anlass zum Erstaunen - aus den Niederlanden.

Dabei hat sich Deutschland selbst mit Vorbehalten zur Kinderkonvention keineswegs zurückgehalten. Neben den bereits erwähnten Vorbehalten zum Ausländerrecht und zum Strafverfahren hat die Bundesregierung insbesondere einen umfangreichen und international weitgehend einzigartigen Vorbehalt zugunsten des nationalen Familienrechts formuliert, soweit es um die rechtliche Vertretung von Minderjährigen, die elterliche Sorge sowie um die familien- und erbrechtliche Stellung von nichtehelichen Kindern geht. Zurückzuführen ist dieser Vorbehalt ausweislich der amtlichen Begründung auf die Überlegung, dass die in Art. 18 der Konvention als Regelfall vorgesehene gemeinsame Sorge beider Elternteile nicht in jedem Fall den besten Interessen des Kindes entspricht, die Art. 3 zur entscheidenden Richtschnur macht .

3. Die Sonderrolle der Vereinigten Staaten

Eine merkwürdige Sonderstellung nehmen in diesem Zusammenhang schließlich die Vereinigten Staaten ein, die die Konvention als einziger Staat von Bedeutung bisher nicht ratifiziert haben. Zum Teil sind hierfür sicherlich "technische" Gründe verantwortlich: so richtet die amerikanische Verfassung für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge generell so hohe Hürden auf, dass die Teilnahme der USA an multilateralen Konventionen eher die Ausnahme als die Regel bildet . Darüber hinaus fällt das Familienrecht im föderalistischen System Amerikas weitgehend in den Kompetenzbereich der Einzelstaaten, was eine Einigung auf die einheitlichen Standards eines internationalen Abkommens erheblich erschwert. Weiterhin darf als sicher gelten, dass die USA die Kinderkonvention ebenfalls nur mit einer Reihe von Vorbehalten ratifizieren werden; die Trennung Jugendlicher und Erwachsener im Strafvollzug stellt beispielsweise auch im amerikanischen Justizsystem nicht die Regel dar. Hinzu kommt das spezifisch amerikanische Problem der Todesstrafe: Art. 37 (a) der Kinderkonvention verbietet unter anderem die Verhängung dieser Strafe für Taten, die von Jugendlichen begangen worden sind, und befindet sich insoweit im Gleichklang mit Art. 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Zu dem letztgenannten Artikel haben die USA bei ihrem Beitritt zu diesem Pakt einen Vorbehalt angebracht, der ihnen die Aufrechterhaltung ihres überkommenen Rechtszustands ermöglichen sollte, nach dem auch minderjährige Mörder zum Tode verurteilt werden können . Dieser Vorbehalt wird jedoch vom Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen für unzulässig gehalten, was die USA bis heute nicht akzeptiert haben. Es steht daher zu vermuten, dass es nicht zuletzt die Sorge vor einer ähnlichen Erfahrung ist, die die Vereinigten Staaten von der Ratifikation der Kinderkonvention abhält.

Jenseits all dieser Einzelfragen liegt allerdings noch ein relativ fundamentaler Dissens in der Wahrnehmung der Stellung von Kindern durch die Konvention einerseits und dem amerikanischen "legal mainstream" andererseits. Dieser manifestiert sich beispielsweise darin, dass speziell die öffentlichen Rechte - Privatheit, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit -, die im allgemeinen zu den heiligsten Gütern der amerikanischen Verfassungsordnung gehören, in ihrer Anwendung auf Kinder vom U.S. Supreme Court ganz anders gesehen werden als von der Kinderkonvention . Vereinfacht lässt sich dieser Dissens dahingehend umschreiben, dass die Konvention die kindliche Autonomie für amerikanische Begriffe überbetont und die Einbindung von Kindern in ihre Familien vernachlässigt. Zugespitzt könnte man formulieren, dass die Konvention nach einer in Amerika verbreiteten Lesart dem familiären Paternalismus, den Eltern naturgemäß über ihre Kinder ausüben, so sehr misstraut, dass sie ihn zumindest teilweise durch einen staatlichen Paternalismus ersetzen möchte ; und wer die generelle amerikanische Skepsis gegenüber staatlichen Interventionen in das Privatleben der Bürger kennt, wundert sich unter diesen Umständen nicht länger über die zögerliche Haltung der USA zur Kinderkonvention.

IV. Bilanz

Die geschilderte Vielzahl von Streitpunkten, Vorbehalten und einschränkenden Erklärungen könnte in Verbindung mit dem relativ schwachen Durchsetzungsinstrumentarium der Kinderkonvention zu dem Schluss verleiten, der Konvention eher eine symbolische als eine spezifisch rechtliche Rolle zuzumessen und sie vorwiegend als eine Sammlung wohlmeinender Absichtserklärungen zu verstehen. Eine solche Betrachtung würde jedoch glücklicherweise zu kurz greifen: Zum einen hat die im Vorigen vorgenommene Typisierung der verschiedenen Vorbehalte gezeigt, dass sich die gegen die Konvention vorgebrachten Bedenken im Wesentlichen auf eine begrenzte Zahl von Einzelfragen konzentrieren und den Großteil ihrer Inhalte unberührt lassen. Zum anderen ist gerade die Wichtigkeit dieser Inhalte nicht zu unterschätzen: Die Kinderkonvention stellt den ersten umfassenden Versuch dar, den Katalog der allgemeinen Menschenrechte, der sich über Jahrzehnte hinweg ohne spezifische Rücksichtnahme auf die Belange von Kindern entwickelt hat, den besonderen Bedürfnissen und Gefährdungen der Kinder anzupassen. Sie rückt damit speziell diese Bedürfnisse und Gefährdungen in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit und stellt gleichzeitig zum ersten Mal ein differenziertes Instrumentarium von Richtlinien und Leitvorgaben zum Umgang mit ihnen bereit. Hervorhebung verdient außerdem die Tatsache, dass es gelungen ist, Staaten, die sich den globalen Menschenrechtsverträgen bislang weitgehend verweigert haben, über diese Konvention in ein internationales Menschenrechtsregime einzubinden. Schließlich wird auch die Arbeit des mit der Konvention eingesetzten Kinderrechtsausschusses ungeachtet der fehlenden Rechtsverbindlichkeit seiner Äußerungen das ihre dazu beitragen, das Bewusstsein für die menschenrechtlichen Belange von Kindern weiter zu schärfen. Die Kinderkonvention mag nach alledem erst ein erster Schritt sein, dem weitere folgen müssen. Sie markiert jedoch zugleich einen weiteren Meilenstein in der Fortentwicklung der Menschenrechte, deren Geschichte zeigt, dass es sich dabei immer um einen langwierigen "uphill struggle" gehandelt hat, in dem sich Erfolge nur Stück für Stück erreichen lassen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Der Text der Konvention findet sich im Internet unter http://www.unhchr.ch/html/menu3/b/k2crc.htm.

  2. Alle diese Dokumente sind im Appendix zu Sharon Detrick (Hrsg.), The United Nations Convention on the Rights of the Child. A Guide to the "Travaux Préparatoires", Dordrecht u. a. 1992, S. 641 ff., abgedruckt.

  3. Vgl. Gabriele Dorsch, Die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, Berlin 1994, S. 53 ff.

  4. Vgl. Nigel Cantwell, The Origins, Development and Significance of the United Nations Convention on the Rights of the Child, in: S. Detrick (Anm. 2), S. 19 ff., 22 f.

  5. Für detaillierte Nachweise hierzu vgl. G. Dorsch (Anm. 3), S. 92 ff.

  6. Näheres bei N. Cantwell (Anm. 4), S. 26 f.

  7. Aus der immer weiter anschwellenden Literatur zur Kinderkonvention sei insoweit nur exemplarisch auf folgende Werke für nähere Informationen verwiesen: Sharon Detrick, A Commentary on the United Nations Convention on the Rights of the Child, The Hague 1999; A. Glenn Mower, The Convention on the Rights of the Child: international law support for children, Westport/Connecticut 1997; Bea Verschraegen, Die Kinderrechtekonvention, Wien 1996; Eugeen Verhellen, Convention on the Rights of the Child: background, motivation, strategies, main themes, Leuven 1994; Philip Alston (Hrsg.), Children, Rights, and the Law, Oxford 1993.

  8. Zu seiner möglichen Konkretisierung vgl. Jaime Sergio Cerda, The Draft Convention on the Rights of the Child: New Rights, in: Human Rights Quarterly, 12 (1990), S. 115 ff., 119; kritisch dagegen Michael S. Wald, Children's Rights: A Framework for Analysis, in: University of California at Davis Law Review, 12 (1979), S. 255 ff., 261 ff.

  9. Vgl. Joachim Wolf, Vom weichen zum harten Recht - Entstehung der Kinderkonvention und Stellenwert im internationalen Recht, in: Deutsches Kinderhilfswerk (Hrsg.), Dokumentation der am 17. 9. 1990 in Bonn durchgeführten Fachtagung "Die UN-Konvention der Rechte des Kindes", S. 9 ff., 22 (zit. in: G. Dorsch (Anm. 3), S. 154).

  10. Speziell zur Problematik des Reifegrades als Maßstab der möglichen Freiheitsausübung vgl. B. G. Ramcharan, Equality and Nondiscrimination, in: Louis Henkin (ed.), The International Bill of Rights, New York 1981, S. 246 ff., 253; Walter H. Bennett, Jr., A Critique of the Emerging Convention on the Rights of the Child, in: Cornell International Law Journal, 20 (1987), S. 1 ff., 44.

  11. Zu den vorausgehenden Bemühungen insbesondere der Nicht-Regierungsorganisationen Cynthia Price Cohen, Freedom from Abuse: One of the Human Rights of Children, in: University of Dayton Law Review, 11 (1986), S. 601 ff., 616 ff.

  12. Vgl. z. B. Marc J. Bossuyt, La convention des Nations Unies sur les droits de l'enfant, in: Revue Universelle des Droits de l'Homme, (1990), S. 141 ff., 142.

  13. Näheres hierzu findet sich bei Kristina Schellinski, Ausbeutung von Kindern - Herausforderung an das gesamte VN-System, in: Gerhart Baum/Eibe Riedel/Michael Schaefer (Hrsg.), Menschenrechtsschutz in der Praxis der Vereinten Nationen, Baden-Baden 1998, S. 139 ff.

  14. Allerdings beschränkt sich diese Vorschrift auf solche Suchtstoffe, deren Missbrauch auch bei Erwachsenen international bekämpft wird, und spart damit vor allem Tabak und Alkohol aus. Kritisch hierzu W. H. Bennett (Anm. 10), S. 12 f.

  15. Die Sitzungsberichte des Ausschusses finden sich im Internet unter http://www.unhchr.ch/html/menu2/6/crcnote.htm.

  16. Sowohl die aktuelle Liste der Vertragsstaaten als auch eine Übersicht der diversen Vorbehalte finden sich im Internet unter http://untreaty.un.org (TREATY I-IV-15).

  17. Zu den Einzelheiten dieser Definition vgl. Liesbeth Lijnzaad, Reservations to UN-Human Rights Treaties - Ratify and Ruin?, Dordrecht u. a. 1995, S. 29 f.

  18. Näher hierzu Bruno Simma, Reservations to Human Rights Treaties - Some Recent Developments, in: Gerhard Hafner/Gerhard Loibl/Alfred Rest/Lilly Sucharipa-Behrmann/Karl Zemanek (Hrsg.), Liber Amicorum Professor Seidl-Hohenveldern - in honour of his 80th birthday, The Hague 1998, S. 659 ff.; vgl. L. Lijnzaad (Anm. 17), S. 77 ff.

  19. Vgl. im einzelnen nochmals L. Lijnzaad (Anm. 17), S. 80 ff.

  20. So z. B. Thomas Giegerich, Vorbehalte zu Menschenrechtsabkommen: Zulässigkeit, Gültigkeit und Prüfungskompetenzen von Vertragsgremien. Ein konstitutioneller Ansatz, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 55 (1995), S. 713 ff., 772.

  21. Vgl. Alfred Verdross/Bruno Simma, Universelles Völkerrecht - Theorie und Praxis -, Berlin 1984³, S. 469; und umfassender Lilly Sucharipa-Behrmann, The Legal Effects of Reservations to Multilateral Treaties, in: Austrian Review of International and European Law, 1 (1996), S. 67 ff.; Catherine Redgwell, Universality or Integrity? Some Reflections on Reservations to General Multilateral Treaties, in: British Yearbook of International Law, 64 (1993), S. 245 ff.

  22. Hierzu nochmals umfassend T. Giegerich (Anm. 20), S. 743 ff.

  23. Vgl. Monika Bauer, Vorbehalte zu Menschenrechtsverträgen, Dissertation München 1994, S. 235 ff.

  24. Eine Ausnahme bildet insoweit lediglich das Regime der Europäischen Menschenrechtskonvention. Vgl. dazu das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 29. 4. 1988 im Fall Belilos, abgedruckt in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 48 (1988), S. 522 ff., mit Anmerkung von Stefan Oeter, ebd., S. 514 ff. Der UN-Menschenrechtsausschuss beansprucht in seinem "General Comment", Nr. 24 vom November 1994 - abgedruckt in: International and Comparative Law Quarterly, 46 (1997), S. 390 ff. - eine ähnliche Kompetenz für sich, ist damit aber international noch nicht durchgedrungen.

  25. Rechtstechnisch ist zwischen Vorbehalten im eigentlichen Sinn und bloßen (Interpretations-)Erklärungen zu unterscheiden, die nach dem Willen des erklärenden Staates die Rechtswirkungen des Vertrages lediglich klarstellen und nicht wirklich ändern sollen; vgl. hierzu M. Bauer (Anm. 23), S. 24 ff. Die Grenze zwischen diesen beiden Kategorien verläuft jedoch fließend und bleibt daher in diesem Artikel unbeachtet, da es hier nur um eine modellhafte Typisierung der gegen die Kinderkonvention vorgebrachten Bedenken geht.

  26. Vgl. William A. Schabas, Reservations to the Convention on the Rights of the Child, in: Human Rights Quarterly, 18 (1996), S. 472 ff.

  27. Näher hierzu G. Dorsch (Anm. 3), S. 305 ff. Vgl. allgemein zur Transformation der Kinderkonvention in das deutsche Recht Ralph Bethke, Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und seine Umsetzung in der Bundesrepublik Deutschland, München 1996.

  28. Vgl. Louis Henkin, Foreign Affairs and the United States Constitution, Oxford 1996², S. 178.

  29. Vgl. Edward F. Sherman, Jr., The U. S. Death Penalty Reservation to the International Covenant on Civil and Political Rights: Exposing the Limitations of the Flexible System Governing Treaty Formation, in: Texas International Law Journal, 29 (1994), S. 69 ff., 72 ff.; M. Christian Green, The "Matrioshka" Strategy: US Evasion of the Spirit of the International Covenant on Civil and Political Rights, in: South African Journal on Human Rights, 10 (1994), S. 357 ff., 361 ff.; William A. Schabas, Invalid Reservations to the International Covenant on Civil and Political Rights: is the United States still a party?, in: Brooklyn Journal of International Law, 21 (1995), S. 277 ff., 281 ff.

  30. Vgl. etwa zu Art. 13 der Konvention (Meinungsfreiheit) Fraser v. Bethel School District, 478 U. S. 675 (1986); Hazelwood School District v. Kuhlmeier, 484 U. S. 260 (1988), zum Recht der Schulleitung zur Inhaltskontrolle von Schülerzeitungen und Reden auf Schulversammlungen; zu Art. 14 (Religionsfreiheit) Wisconsin v. Yoder, 406 U. S. 205 (1972), zum Recht der Eltern auf Schulbildung ihrer Kinder entsprechend ihrer Religion; zu Art. 15 (Versammlungsfreiheit) City of Dallas v. Stenglin, 490 U. S. 19 (1989), zu einer Sperrstundenverordnung; und zu Art. 16 (Privatheit) Vernonia School District 47J v. Acton, 115 S. Ct. 2386 (1995), zum Recht einer Schule, die Schüler stichprobenweise Drogentests zu unterziehen.

  31. Vgl. Bruce C. Hafen/Jonathan O. Hafen, Abandoning Children to Their Autonomy: The United Nations Convention on the Rights of the Child, in: Harvard International Law Journal, 37 (1996), S. 449 ff., bes. 483 ff.

Dr. iur., Privatdozent, LL.M. (Harvard), Attorney-at-Law (New York), geb. 1965; wiss. Assistent an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Mannheim.

Anschrift: Universität Mannheim, Juristische Fakultät, Schloß Westflügel, 68131 Mannheim.

Veröffentlichungen (u. a.): (Mit-Hrsg.) Umwelt und Recht, Stuttgart u. a. 1991; Interorganrespekt im Verfassungsrecht, Tübingen 2000 (i. E.).