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Die Beziehungen der Türkei zur Europäischen Union und die Frage des türkischen EU-Beitritts | EU - Südosteuropa | bpb.de

EU - Südosteuropa Editorial Der Stabilitätspakt für Südosteuropa und die "führende Rolle" der Europäischen Union Die Gemeinschaft Portugiesischsprachiger Staaten und die EU Die Beziehungen der Türkei zur Europäischen Union und die Frage des türkischen EU-Beitritts Wie erfüllen die EU-Bewerberländer die Aufnahmekriterien?

Die Beziehungen der Türkei zur Europäischen Union und die Frage des türkischen EU-Beitritts

Adam S. Jacobs

/ 21 Minuten zu lesen

Ende 1999 kam Bewegung in die Diskussion um die Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union. Das verheerende Erdbeben in der Türkei hat beispielsweise die Konstellationen verändert.

Einleitung

In der nächsten Erweiterungsrunde der Europäischen Union, die frühestens für 2002/2003 vorgesehen ist, wird die Türkei nicht vertreten sein. Auch in einer späteren Etappe, die weitere Mittel- und Osteuropäische Länder (MOEL) wie Rumänien und Bulgarien umfassen könnte, wird sie vielleicht noch nicht zur EU stoßen können. Dabei hatte die Türkei bereits 1963 mit der Sechsergemeinschaft ein Assoziationsabkommen (Ankara-Abkommen) vereinbart, in dem schon die Rede von einem möglichen Beitritt ist; 1987 stellte die Türkei ihren Beitrittsantrag.

Warum erscheint eine Mitgliedschaft der Türkei immer noch ziemlich ungewiss, wo doch auch die ärmeren Staaten unter den MOEL mehr oder weniger eine feste Beitrittszusage haben, und vor allem: Wieso dauerte es so lange, bis die Türkei überhaupt in den Kreis der Beitrittskandidaten aufgenommen wurde? Diese Frage steht in engem Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen "Europa" und der Türkei: Diese spielen neben den wirtschaftlichen und (innen)politischen Basiskriterien für einen Beitritt eine bedeutende Rolle - Beitrittsperspektive und Beziehungen beeinflussen sich hier in deutlicher Weise gegenseitig.

I. Der Weg in die Zollunion

Das am 1. Dezember 1964 in Kraft getretene Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei sah (frühestens) zum Jahre 1981 die Verwirklichung einer Zollunion zwischen den beiden Wirtschaftsräumen vor. Neben den zur Errichtung der Zollunion erforderlichen Schritten bilden auch Finanzhilfen, die der Türkei für die Durchführungsmaßnahmen und die Anpassungskosten zur Verfügung gestellt werden, einen Bestandteil des Abkommens. Die ebenfalls in der Assoziationsvereinbarung (spätestens zum 1. Dezember 1986) vorgesehene Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist nie hergestellt worden .

Mit dem Antrag auf Assoziierung von 1959 bekundete die Türkei sehr frühzeitig ihr Interesse an einer engeren Anbindung an die Gemeinschaft . In Artikel 28 des Assoziationsabkommens heißt es: "Sobald das Funktionieren des Abkommens es in Aussicht zu nehmen gestattet, dass die Türkei die Verpflichtungen aus dem Vertrag zur Gründung der Gemeinschaft vollständig übernimmt, werden die Vertragsparteien die Möglichkeit eines Beitritts der Türkei zur Gemeinschaft prüfen."

Die türkische Wirtschaftspolitik lief in den ersten Jahren des Bestehens des Assoziationsabkommens jedoch dessen effektiver Umsetzung entgegen. Unter Turgut Özal, einem Verfechter der Globalisierung , begann aber für die Türkei im Herbst 1983 eine Phase der Privatisierung, die die Entwicklung einer offeneren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft begünstigte; neue Parteien formierten sich, die Demokratie lebte auf . Der Beginn der Terroraktionen durch die PKK im Jahre 1984 führte dann aber zu militärischen Aktionen von Seiten der Regierung sowie zur Ausrufung des Ausnahmezustandes im Südosten des Landes. Diese Entwicklung belastete die Beziehungen zur EG.

Im Jahre 1987 stellte die Türkei einen Beitrittsantrag zu den Europäischen Gemeinschaften. Das im Dezember 1989 hierzu vorgelegte Gutachten der Kommission fiel negativ aus. Gleichwohl wurde die grundsätzliche Fähigkeit der Türkei zur Mitgliedschaft festgehalten.

Für seine Zustimmung zur Errichtung der Zollunion EU - Türkei wollte Griechenland von der Türkei Zugeständnisse in der Zypernfrage erreichen. Bei der Sitzung des Rats der EU vom 6. März 1995 gab es schließlich sein Zustimmungsvotum. Der Preis dafür war die Zusicherung der Gemeinschaft, Beitrittsverhandlungen mit Zypern auch vor dem Ende der Teilung der Insel aufzunehmen .

Die letzte Hürde auf dem Weg zur Zollunion, das Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments (EP) vom 13. Dezember 1995, wurde in der Türkei mit Begeisterung aufgenommen. Viele sahen dort schon den baldigen Beitritt zur EU voraus. Eine lang anhaltende Debatte in der Türkei über die kulturelle Identität und außenpolitische Orientierung des Landes hatte ihren (vorläufigen) Höhepunkt und gleichzeitig ihre Lösung gefunden . Dagegen sahen die meisten EU-Mitgliedstaaten in der Zollunion eine (rein) ökonomische Angelegenheit, die keineswegs den Beitritt zur Folge haben musste. Pointiert brachte die ehemalige Vorsitzende der Sozialdemokratischen/Sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament diese Sichtweise zum Ausdruck. Pauline Green formulierte es so: "Turkish politicians are trying to convince people that customs union means that Turkey is almost in the European Union. This is nonsense. As far as we are concerned the customs union stands alone. It means that Turkey is a sort of arms-length partner of the EU." Diese Stellungnahme verkörpert zwar nicht die offizielle Stimme des Europäischen Parlaments, verdeutlicht aber gleichwohl, dass das Parlament der Türkei gegenüber im Allgemeinen kritischer eingestellt ist als die anderen politischen Institutionen der EU und - seiner Funktion entsprechend - jedenfalls weniger diplomatische Rücksicht walten lässt . Das EP hat sich in zahlreichen Resolutionen kritisch zur Menschenrechtsfrage und zur Kurdenproblematik in der Türkei geäußert . Noch im März 1995 kritisierte es den Rat dafür, dass dieser das beabsichtigte Abkommen über die Zollunion gebilligt hatte. Es gab aber im Dezember desselben Jahres selbst seine Zustimmung zu ihrer Realisierung , nachdem einige seiner Forderungen erfüllt worden waren: So wurde der Paragraph 8 des türkischen Anti-Terror-Gesetzes abgeändert und die Verfassung kleinen Revisionen unterzogen; hierdurch wurden zumindest auf dem Papier Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei gestärkt.

Die nun seit dem 1. Januar 1996 geltende Zollunion sieht drei Hauptbereiche vor: den freien Warenverkehr zwischen der EU und der Türkei, die Annahme des EU-Außenzolltarifs und der gemeinschaftlichen Handelspolitik durch die Türkei und schließlich die Angleichung türkischer Rechtsvorschriften. In der Praxis führt die Vereinbarung zu einem wachsenden Handelsdefizit der Türkei gegenüber der EU .

Im Rahmen der Zollunion war für den Zeitraum 1996-1999 eine finanzielle Zuwendung für Ankara von 375 Mio. ECU vorgesehen; hinzu kamen mehr als 750 Mio. ECU in Form von Darlehen der Europäischen Investitionsbank. Die Mittel konnten jedoch bis Ende 1999 nicht freigegeben werden, da Griechenland von seinem Vetorecht Gebrauch machte. Auch die vorgesehene Teilnahme der Türkei an den Gemeinschaftsprogrammen "Sokrates", "Jugend für Europa" und "Leonardo" sowie die Umsetzung des MEDA-Programms (einem Maßnahmenkatalog zur Euro-Mediterranen Partnerschaft) im Hinblick auf die Türkei konnten deswegen bzw. wegen mangelnder Zustimmung des Europäischen Parlaments nicht durchgeführt werden. Dies verursachte auf der türkischen Seite deutliche Missstimmung .

II. Der Europäische Rat von Luxemburg

Der Europäische Rat, der am 12. und 13. Dezember 1997 in Luxemburg tagte, gab den Weg frei für die Aufnahme von Verhandlungen mit neuen Beitrittskandidaten. Als Kandidatenländer wurden in den Schlussfolgerungen des Vorsitzes "elf Bewerberstaaten" aufgeführt, nämlich die zehn MOEL und Zypern, die Türkei tauchte in diesem Zusammenhang nicht auf . Der Europäische Rat bekräftigte jedoch an späterer Stelle, dass die Türkei für einen Beitritt zur EU "in Frage kommt". Hier erinnerte er daran, dass das Beitrittsersuchen nach denselben Kriterien wie im Falle anderer Bewerberstaaten beurteilt würde, kam aber zu dem Schluss, dass die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen nicht gegeben seien. Stattdessen schlug der Europäische Rat eine Vorbereitungsstrategie - die so genannte "Europäische Strategie" - zur "Annäherung an die Europäische Union in allen Bereichen" vor. "Diese Strategie müsste in einer Entfaltung der Möglichkeiten des Ankara-Abkommens, einer Vertiefung der Zollunion, einer Durchführung der finanziellen Zusammenarbeit, einer Annäherung der Rechtsvorschriften sowie der Übernahme des Besitzstands der Union und der von Fall zu Fall zu beschließenden Beteiligung an bestimmten Programmen und Einrichtungen . . . bestehen."

Aus der Sicht der Türkei war dies wohl etwas wenig; sie hatte sich, insbesondere seit dem Beginn der Zollunion, mehr erhofft. Statt einer intensivierten Heranführungsstrategie wie im Falle der MOEL bekam sie (neben der Europäischen Strategie) eine lange Liste mit "Hausaufgaben" vorgelegt, die die bekannten Punkte Menschenrechte, Minderheitenpolitik, griechisch-türkische Beziehungen, die Beilegung von Streitigkeiten, insbesondere über den Internationalen Gerichtshof, sowie die Zypernfrage enthielt.

Die offizielle Reaktion der türkischen Regierung auf die Ergebnisse des Europäischen Rates von Luxemburg verzeichnete zwar einige positive Elemente, in deutlichen Worten wurden allerdings Kritikpunkte geäußert. Bemängelt wurde, dass die Türkei "nicht innerhalb des gleichen Rahmens, mit den gleichen guten Vorsätzen und nach den gleichen objektiven Kriterien bewertet worden" sei wie die anderen Beitrittskandidaten. Die Erklärung fährt an späterer Stelle fort: "Wie in der Vergangenheit weisen wir in unseren Beziehungen die Aufzwingung politischer Bedingungen zurück." Zwar rückte die Türkei in der Erklärung ausdrücklich nicht von ihrem Beitrittswunsch ab, machte aber die weitere Entwicklung der Beziehungen vom Verhalten der EU abhängig .

In der Folge des Luxemburger Gipfeltreffens kam es zu einer deutlichen Abkühlung des Verhältnisses zwischen der EU und der Türkei. Die Verlautbarungen des Europäischen Rates und insbesondere die türkische Reaktion hierauf markieren einen Tiefpunkt in den Beziehungen beider Partner. Der türkische Ministerpräsident Yilmaz machte für das schlechte Verhältnis zwischen der EU und der Türkei insbesondere den damaligen deutschen Bundeskanzler verantwortlich: Die Deutschen verfolgten mit der Osterweiterung der EU erneut eine Stategie des "Lebensraums" .

III. Vor und nach dem Luxemburger Gipfeltreffen

Die Zurückweisung der Türkei durch die Luxemburger Tagung bahnte sich bereits in der AGENDA 2000 vom Juli 1997 an. In diesem Dokument stand die Türkei abseits, da sie nicht zusammen mit den MOE-Staaten, die offenbar die "wirklichen" Beitrittskandidaten darstellten, abgehandelt wird; stattdessen ist ein Abschnitt über die "Beziehungen zur Türkei" zu finden, in dem von einem Beitritt nicht die Rede ist. Die Kommission wiederholt hier frühere Aussagen, die die "grundsätzliche Fähigkeit der Türkei zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union" feststellten. Bemängelt werden jedoch Defizite der Türkei im Bereich der Menschenrechte (es wird auf Fälle von Folter, spurlosem Verschwinden und außergerichtlichen Hinrichtungen hingewiesen) sowie der zu starke Einfluss des Militärs. Verlangt wird u. a. eine intensivere Suche nach einer politischen Lösung bei der Bekämpfung des Terrorismus .

Auch wenn in der AGENDA von den meisten MOE-Ländern größere Anstrengungen in verschiedenen Bereichen gefordert werden, wird keinem die Perspektive einer Mitgliedschaft genommen. Im Fall der Türkei existierte von Anfang an eine solche nicht.

Die ebenfalls in der AGENDA 2000 vorgeschlagene Einberufung einer "Europa-Konferenz", die für die Mitgliedstaaten "und alle europäischen Länder, die für einen Beitritt in Frage kommen", ein (prestigeträchtiges) Gesprächsforum darstellt, zielte offenbar nicht auf die Teilnahme der Türkei ab . Nach den Verstimmungen in Folge des Europäischen Rates von Luxemburg beeilte man sich, die Türkei zur ersten Konferenz im März 1998 einzuladen, doch blieb sie ihr fern . Die Kommission versuchte in ihrer gleichfalls im März 1998 vorgelegten "Europäischen Strategie für die Türkei", das Bewerberland wieder stärker anzubinden. Sie stellte dort lapidar fest, dass die Türkei "somit in den Erweiterungsprozess der Europäischen Union einbezogen" sei.

Das Europäische Parlament stellte in seiner Entschließung vom 3. Dezember 1998 fest: "Das Europäische Parlament . . . bekräftigt, dass die Türkei für einen Beitritt zur Europäischen Union in Betracht kommt, und ist der Ansicht, dass durch ihren Beitritt ein wichtiger Beitrag zu Frieden und Sicherheit in Europa geleistet werden könnte." Es bemerkte aber auch, dass die Türkei "weit davon entfernt" sei, die auf der Tagung des Europäischen Rates in Kopenhagen für alle Beitrittskandidaten vereinbarten politischen und wirtschaftlichen Kriterien zu erfüllen. Die Haupthindernisse für den türkischen EU-Beitritt seien politischer Natur .

Den Bestrebungen seitens der EU, die Beziehungen zur Türkei stärker zu beleben, war längere Zeit kein Erfolg beschieden. Am 13. September 1999 - 21 Monate nach Luxemburg - kam erstmals wieder ein Treffen zwischen einem türkischen Regierungsmitglied, Außenminister Cem, und dem Rat der EU zustande. Das verheerende Erdbeben in der Region um Izmit am 17. August und Erdstöße in Griechenland trugen mit dazu bei, diese Begegnung zu ermöglichen: Die Naturereignisse lösten eine überraschende Welle gegenseitiger Hilfe aus, die zu einer spürbaren Annäherung der Nachbarn führte.

Das grundsätzliche Verhältnis der beiden südosteuropäischen Staaten zueinander ist durch eine noch nicht überwundene "Erbfeindschaft" bestimmt, ebenso wie durch aktuelle Ereignisse und Geschehnisse der jüngeren Vergangenheit. Die Qualität der Beziehungen der Türkei zur EU wird jedoch von den griechisch-türkischen Beziehungen wesentlich mitgeprägt. Griechenland hat bei deren Ausgestaltung eine im Allgemeinen wenig konstruktive Rolle gespielt, aber auch die Türkei beschwor bei Auseinandersetzungen mit dem Nachbarland oft genug die Möglichkeit des Casus belli herauf. Dies war beispielsweise der Fall, als Griechenland durch die Ratifizierung der Seerechtskonvention im Mai 1995 die Berechtigung erlangte, seine territorialen Gewässer von sechs auf zwölf Meilen auszudehnen, was auf Grund der Vielzahl der griechischen Inseln in der Ägäis zu einer drastischen Reduzierung der türkischen "Manöverfreiheit" führen würde. Durch die Streitigkeiten um die unbewohnte Insel Imia im Jahre 1996, mit denen die Türkei die Debatte um so genannte "graue Zonen" in der Ägäis (neu) entfachte, gelangten die Nachbarn an den Rand eines bewaffneten Konflikts .

Die Beziehungen der Türkei zu Griechenland und zur EU werden außerdem durch die ungelöste Zypernproblematik belastet. Die Ankündigung der Europäischen Union, Beitrittsgespräche mit Zypern aufzunehmen, löste bei der Türkei die Ankündigung aus, dass sie im Falle eines Beitritts der Republik Zypern den Nordteil (die "Türkische Republik Nord-Zypern") annektieren würde.

IV. Zu den Perspektiven des EU-Beitritts

Es herrscht ein überwiegender Konsens darüber, dass es in der Türkei erhebliche Defizite im Bereich der Menschen- und Minderheitenrechte sowie eine allgemeine Schwäche der Demokratie gegenüber dem Militär gibt. Diese Punkte stellen wohl die Haupthinderungsgründe für einen EU-Beitritt dar. Daneben spielen die türkisch-griechischen Beziehungen und die Rolle der Türkei im Zypern-Konflikt ebenfalls eine Rolle, wenn es darum geht, die Eignung der Türkei als Beitrittskandidat zur EU zu beurteilen. Neben den politischen Kriterien werden natürlich auch wirtschaftliche Gesichtspunkte ins Feld geführt, um auf die mit einem Beitritt verbundenen Schwierigkeiten insbesondere finanzieller Art hinzuweisen.

Bei der Überlegung, ob ein Beitritt in Frage kommt, spielen aber neben der politischen und wirtschaftlichen Reife auch andere, weniger klar definierbare und wohl auch schwerer zu rechtfertigende Argumente eine bedeutsame Rolle. Es sind vor allem diejenigen, die sich gegen einen Beitritt der Türkei aussprechen, die auf unterschiedliche kulturelle, religiöse und politische Traditionen hinweisen. Gerade das Argument der unterschiedlichen Traditionen mag auf Gehör stoßen, da die (West-)Europäer selbst nach dem Ende des Kalten Krieges ihre Identität in politischer, historischer und vielleicht sogar kultureller Dimension neu formen mussten, und eine hieraus folgende Unsicherheit zu stärkeren Abgrenzungstendenzen führen kann. Die Befürworter eines Beitritts verweisen im Gegenzug auf die strategische Bedeutung der Türkei und auf die Wichtigkeit, das Land durch die Mitgliedschaft stärker an die westliche Demokratie zu binden, um die Stabilisierungsfunktion der Türkei für die gesamte Region zu erhalten und zu fördern. Auch diese Sicht gründet auf einer längerfristigen Perspektive; anders als bei den Beitrittsgegnern, die auf Traditionsunterschiede zwischen den Ländern hinweisen, ist der Blick hier auf die Zukunft gerichtet: Ein wirklich "strategischer" Blick, denn nur in der Zukunft können sich auch die Vorteile eines Beitritts zeigen. Eine Annäherung der Türkei an die EU würde, so lautet ein weiteres Argument derjenigen, die eine reelle Beitrittsperspektive verlangen, die Situation in Bezug auf die Menschenrechte verbessern, indem die Türkei sich bei Kritik nicht mehr so leicht in die Floskel der "Einmischung in die inneren Angelegenheiten" flüchten könnte.

Als Gegner eines Beitritts sollte man indes nicht polemisch argumentieren und beispielsweise behaupten, dass das geringe Interesse der Türkei daran, sich in der neuen Heimat (Deutschland) zu integrieren, "als EU-Bürger . . . vollends erlahmen" würde. Das starke Bevölkerungswachstum (prognostizierter Anstieg auf 90,9 Mio. im Jahre 2025 gegenüber derzeit ca. 63,5 Mio.) ist für diese Autoren dann auch der deutlichste Ausdruck für die Unvereinbarkeit der Kulturen . Das Argument der unterschiedlichen Kulturen, das auch in den Reihen prominenter christlich-demokratischer Politiker herangezogen wurde, um die Nichteignung der Türkei für die Mitgliedschaft in der EU zu untermauern, hat seit dem Regierungswechsel in Deutschland deutlich an Tragweite verloren. Für diese Politiker ist Europa ein zivilisatorisches Projekt, vielleicht ein "christlicher Club", und folglich könne die Türkei nicht Vollmitglied werden .

Im Unterschied dazu ist es natürlich gerechtfertigt, auf neue finanzielle Bürden für die EU und ihre jetzigen Mitgliedstaaten hinzuweisen, wenn dies sachlich geschieht. Eine Schätzung der Nettokosten der türkischen Mitgliedschaft für die EU geht von einem jährlichen Betrag von 9,8 Mrd. ECU aus . Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner (in Kaufkraftstandards) betrug in der Türkei im Jahre 1998 32 Prozent des EU-Durchschnitts und liegt damit zwar höher als beispielsweise in Bulgarien oder Rumänien, aber deutlich niedriger als in einigen anderen MOEL. Stellt man dann die Bevölkerungszahl von etwa 63,5 Mio. in der Türkei in Rechnung, so würde sich ein großer Finanzbedarf für die Strukturfonds der Gemeinschaft ergeben, insbesondere wenn man sich das hohe Bevölkerungswachstum und die Umstrukturierungserfordernisse der türkischen Wirtschaft vor Augen hält, die zu einem ernst zu nehmenden Problem der Arbeitslosigkeit führen könnten. Unter der Prämisse, dass 42 Prozent der arbeitenden türkischen Bevölkerung im landwirtschaftlichen Sektor arbeiten (gegenüber fünf Prozent in der EU), wäre auch die Durchführbarkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik in ihrer jetzigen Form nicht gegeben. Diese Betrachtungen haben jedoch nur begrenzten Wert, wenn man bedenkt, dass die Union ohnehin vor ihrer nächsten Erweiterung dringender Reformen in ihren großen Politikfeldern bedarf, es also nicht unproblematisch ist, (allein) aus dem herrschenden Status quo in der EU auf die Eignung eines Landes als Beitrittskandidat zu schließen.

Da die EU aus der Zollunion EU-Türkei weit mehr profitiert als ihr Partner , könnte man aus ihrer Sicht durchaus mit dem existierenden Zustand zufrieden sein und eventuell noch zusätzliche Kooperationsmöglichkeiten in Erwägung ziehen, die jedoch nicht den Beitritt zum Ziel haben.

Die Befürworter eines Beitritts argumentieren natürlich anders. Sie verweisen darauf, dass ein dem Aufnahmebegehren freundlich gesonnener Kurs der EU die Stellung der europäisch orientierten und demokratischen Kräfte in der Türkei stärken würde. Interessant ist auch die Behauptung, dass die strategische Bedeutung der Türkei seit dem Ende des Kalten Krieges "als westlicher Brückenkopf in einer destabilisierten Region" eher noch gestiegen sei. Dies entspricht im Wesentlichen auch der türkischen Sicht: Die Türkei, die nach dem Ende der Ära der Ost-West-Konfrontation Schwierigkeiten hatte, ihre neue Rolle und ein neues Selbstverständnis zu finden, war dennoch davon überzeugt, dass sie weiterhin eine wichtige Stellung in der Verteidigungsarchitektur der Region spielt, obwohl sie den Eindruck gewann, dass ihre NATO-Partner dies nicht in der gleichen Weise wahrnahmen.

Die USA, die an Demokratie in der Türkei interessiert sind, aber vielleicht noch mehr an Stabilität, drängen auf einen Beitritt der Türkei zur EU. Die EU räumt umgekehrt eher dem Kriterium der Demokratie den Vorrang vor der Sicherung der Stabilität ein . Die Befürworter des türkischen Beitritts orientieren sich nun zuallererst an den strategischen Argumenten, die für diesen sprächen. Dazu passt es dann, wenn vor allem die USA auf einen Beitritt der Türkei drängen. Durch die Perspektiven auf einen Beitritt könnten aber gleichzeitig die demokratischen Kräfte in der Türkei gestärkt werden und damit europäischen Forderungen entgegengekommen werden.

Beim Treffen des Europäischen Rates in Helsinki im Dezember 1999 wurde indes "nur" der Status der Türkei als Beitrittskandidat verhandelt. Dies erscheint sechsunddreißig Jahre nach Unterzeichnung des Assoziationsvertrages fast schon skurril. Während die Kommission für die Verleihung des Kandidatentitels an die Türkei plädierte, verhielt sich das Europäische Parlament auch in seiner neuen Zusammensetzung abwartend und konnte sich bis zuletzt nicht dazu durchringen, den Staats- und Regierungschefs der EU diese klare Perspektive zu empfehlen, obwohl sehr deutlich erkennbar war, dass die Fortentwicklung der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU für viele Jahre in entscheidendem Maße durch diesen Beschluss des Europäischen Rates bestimmt werden würde. Letztendlich aber nahm der Europäische Rat in Helsinki die Türkei in den Kreis der Beitrittskandidaten auf - eine Entscheidung, die zu diesem Zeitpunkt im Grunde unausweichlich geworden war, wenn man sich die Konsequenzen eines ablehnenden Bescheids realistisch vor Augen führt.

V. Ausblick

Die Bedrängung der kurdischen Minderheit, eingeschränkte Meinungsfreiheit, Berichte von Folter und vom "Verschwinden" von Personen gehören zum türkischen Alltag und prägen mit das Bild der Türkei.

Die Defizite, die die Türkei im Bereich der Menschenrechte vorweist, stellen sicher, dass sie derzeit nicht die politischen Kriterien des Europäischen Rates von Kopenhagen und des Amsterdamer Vertrages erfüllen kann. Auch Befürworter eines Beitritts räumen ein, dass sie - nicht zuletzt wegen wirtschaftlicher Aspekte - erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Lage sein wird, die notwendigen Bedingungen zu erfüllen. Die Kommission stellte richtig fest, dass "die alleinige Verantwortung für die Verbesserung der Lage, was die Stärkung der Demokratie und den Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte anbetrifft" , bei der Türkei liege. Dadurch, dass die Türkei sich aber nur mit der Perspektive der Vollmitgliedschaft statt einer (um Zusatzelemente erweiterten) Zollunion zufrieden geben will, drängt sie die EU weit stärker, nach Möglichkeiten für einen Beitritt zu suchen .

Eine der nächsten Belastungsproben für die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei wird - neben dem Komplex des türkischen Beitritts - sicherlich der vorgesehene Beitritt Zyperns zur Europäischen Union werden. In diesem Zusammenhang kann man sich fragen, wie lange die Türkei bei ihrer unnachgiebigen Haltung in der Zypernfrage bleiben wird: Die "konstruktive Mitwirkung" der Türkei lässt hier jedenfalls schon sehr lange auf sich warten.

Die von Griechenland gehandhabte Obstruktionspolitik gegenüber der Türkei, die es im EU-System gut durchsetzen konnte, hat sich nicht als erfolgreiche Strategie erwiesen. Der Versuch, die Türkei durch die Verhinderung der Freigabe vertraglich vereinbarter Finanzhilfe zu bestimmten Zusagen an die griechische Seite zu bewegen, hat dies deutlich genug gezeigt. Nicht nur zur Fortentwicklung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei ist ein Wandel im griechisch-türkischen Verhältnis, wie er sich in den letzten Monaten zaghaft zeigt, absolut notwendig, sondern auch um die Stabilität der Region zu gewährleisten.

Die Sicherstellung der Stabilität in diesem geographisch großen und strategisch wichtigen Raum kann der EU jedenfalls nicht gleichgültig sein. Für die Befürworter der türkischen EU-Mitgliedschaft stellt dies ein wichtiges Argument für den Beitritt dar. Ferner erhofften sich diese durch die Eröffnung einer reellen Beitrittsperspektive eine Stärkung der westlich orientierten Kräfte in der Türkei. Die Aufnahme in die EU würde dem Land zweifellos - dies zeigt vor allem die Süderweiterung der EG um Spanien und Portugal - wirtschaftlich und politisch zugute kommen.

Trotzdem bleibt die Frage im Raum stehen, ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, diese positiven Ziele zu erreichen, ohne die Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU ins Auge zu fassen. Soll die Europäische Union ihren Ausdehnungsbereich bis nach Asien hinein vergrößern, und hat dies mit dem Einigungsgedanken Jean Monnets und Robert Schumans noch etwas zu tun? Wenn diese Fragestellung nicht mehr zeitgemäß erscheint, dann müsste man andererseits auch die im Assoziationsabkommen anvisierte Möglichkeit des Beitritts für gegenstandslos erklären können. Das Problem besteht indes eher darin, dass die EWG in den sechziger Jahren zwar der Türkei diese Perspektive eröffnete, es aber sowohl versäumte, rechtzeitig an die Konsequenzen zu denken, als auch dieses Land im Grunde im Glauben an den Beitritt beließ. Jetzt, da die Zollunion verwirklicht ist, die Türkei ökonomisch enger mit der Gemeinschaft verbunden ist als jeder andere Drittstaat, und die Erweiterung um die MOEL nur noch eine Frage der Zeit ist, kann sich die EU in ihren Beziehungen zur Türkei kaum von diesem über die Jahrzehnte gereiften Wunsch lösen.

Bei der Frage nach einem Beitritt der Türkei wird man mit der Frage konfrontiert: Wo endet Europa? Man mag dabei - neben der rein geographischen Sicht - an strategisch-militärische Aspekte denken; manche werden kulturelle Kriterien in den Vordergrund stellen wollen, für andere wiederum ist es einfach die Frage nach der ökonomischen und finanziellen Realisierbarkeit eines Beitritts, die entscheidend ist. Die Kandidatur der Türkei ist aber sicherlich auch schon deswegen eine Herausforderung, "weil sie Europa dazu auffordert, seine Identität neu zu definieren" .

Fussnoten

Fußnoten

  1. Dies wird u. a. auf den Widerstand der Bundesrepublik Deutschland zurückgeführt, vgl. etwa Faruk Sen, Die Türkei auf dem Weg vom multikulturellen Osmanischen Reich in die multikulturelle Europäische Union, in: Südosteuropa, 11 (1997), S. 600-609, hier S. 608.

  2. Der türkische Antrag begehrte sogar bereits die Vollmitgliedschaft. Vgl. Ministry of Foreign Affairs, Relations between Turkey and the European Union, http://www.mfa.gov.tr/grupa/ad/adc/tr-ab.htm, 3. 7. 1998.

  3. Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, abgedruckt in: Assoziierungsabkommen und Protokolle EWG - Türkei sowie andere Basisdokumente, Luxemburg 1992.

  4. Vgl. Andrew Mango, Turkey and the Enlargement of the European Mind, in: Middle Eastern Studies, Vol. 34, No. 2, April 1998, S. 171-192, hier S. 188.

  5. 1960, 1971 und 1980 hatte das Militär jeweils für eine gewisse Zeit die Herrschaft in Ankara übernommen.

  6. Das bedeutete, dass die EU ein (kleines) Zugeständnis in der Zypernfrage machte, die Türkei aber keines.

  7. Vgl. S!!!!!!,efik A. Bahadir, Die Zollunion der Türkei mit der Europäischen Union - ein Schritt auf dem Weg zur Vollmitgliedschaft?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 11-12/97, S. 33-40, hier S. 33.

  8. Zit. in S. A. Bahadir (Anm. 7), S. 35.

  9. Vgl. auch Andrea K. Riemer, Die Türkei: Ein großer ''Regional Player'' mit geopolitischer Relevanz: Mythos oder Realität?, in: Südosteuropa, (1997) 11, S. 562-599, hier S. 576.

  10. Vgl. die empfindliche türkische Reaktion auf solche parlamentarischen Aktivitäten: Gündüz Aktan, The European Parliament and Turkey, in: Perception. Journal of International Affairs, Dec. 1998-Feb. 1999, S. 71-84.

  11. Angeblich auch unter dem Druck von Regierungen der EU-Mitgliedstaaten; vgl. Heinz Kramer, The EU-Turkey Customs Union. Economic integration amidst political turmoil, in: Mediterranean Politics, Vol. 1, No. 1, Summer 1996, S. 60-75, hier S. 70.

  12. 1997 betrug das Defizit 11,1 Mrd. ECU, 1998 fiel es aber wieder leicht auf 9,2 Mrd. ECU. Vgl. Europäische Kommission, Regelmäßiger Bericht 1999 der Kommission über die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt, http: / / europa.eu.int / comm / enlargement / turkey / rep_10_99 / index.htm, 13. 10. 1999.

  13. Vgl. etwa Bahri Yilmaz, Kranker Mann am Bosporus? Die politischen und wirtschaftlichen Interessen der Türkei, in: Internationale Politik, (1999) 1, S. 66-70, hier S. 69. In diesem Zusammenhang sei auf im Rahmen des Assoziationsabkommens früher zugesagte Finanzhilfen in Höhe von 600 Mio. ECU verwiesen, die hauptsächlich wegen griechischer Einwände nicht ausgezahlt wurden.

  14. Vgl. Europäischer Rat, Tagung am 12.-13. Dezember 1997. Schlussfolgerungen des Vorsitzes, EU-Nachrichten, Dokumentation Nr. 7 vom 17. 12. 1997, S. 3.

  15. Ebd., S. 7.

  16. Erklärung der türkischen Regierung zum Gipfel von Luxemburg am 14. Dezember 1997 in Ankara, abgedruckt in: Internationale Politik, (1998) 1, S. 122-123.

  17. In diesem Zusammenhang sollte man jedoch betonen, dass der Europäische Rat - an alle Bewerberstaaten gerichtet - festgestellt hatte, dass die Einhaltung der politischen Kriterien ''eine unabdingbare Voraussetzung für die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen'' sei; bei den wirtschaftlichen Kriterien und der Annahme des Acquis zeigte er sich kompromissbereiter.

  18. So erwog offenbar die türkische Regierung im Juni 1999 eine ''Revision der Zollunion'' für den Fall, dass ihr nicht der Status eines offiziellen Beitrittskandidaten angeboten würde (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. Juni 1999, S. 2).

  19. Vgl. Semih Vaner, Die Türkei: Die Größe der Einsamkeit, in: Europäische Rundschau, (1999) 1, S. 95-105, hier S. 103.

  20. Vgl. Europäische Kommission, AGENDA 2000 - Eine stärkere und erweiterte Union, Bulletin der Europäischen Union, Beilage 5/97, Luxemburg 1997, S. 62.

  21. Das Wort Minderheit(enproblem) oder Kurden(problematik) taucht nicht auf, was auf ein vorsichtiges Agieren der Kommission hindeutet.

  22. Vgl. Barbara Lippert, Die Erweiterungspolitik der Europäischen Union, in: Werner Weidenfeld/Wolfgang Wessels (Hrsg.), Jahrbuch der Europäischen Integration 1997/98, Bonn 1998, S. 37-50, hier S. 47 f.

  23. Auch der Einladung zu den Folgekonferenzen ist sie nicht gefolgt.

  24. Europäische Kommission, Europäische Strategie für die Türkei. Erste operative Vorschläge, KOM (1998) 124 endg., S. 1. Die Vorschläge zur Umsetzung der Strategie sind den verschiedensten Sektoren zuzuordnen.

  25. Europäisches Parlament, Entschließung, A4-0432/98, 3. 12. 1998.

  26. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert, vgl. Resolution on EU/Turkey Relations adopted by European Parliament on 6 October 1999 in Strasbourg, abgedruckt in: Bulletin Quotidien Europe, Brüssel, 28. 10. 1999, sowie Entschließung des EP zum Europäischen Rat von Helsinki vom 16. 12. 1999 (PE 282.377).

  27. Ankara spricht von ''grauen Zonen'', um die Frage nach den Hoheitsrechten an einigen ägäischen Inseln neu aufzuwerfen. Vgl. Ekavi Athanassopoulou, Blessing in Disguise? The Imia Crisis and Turkish-Greek Relations, in: Mediterranean Politics, Vol. 2, No. 3, Winter 1997, S. 79-101, hier S. 86.

  28. Erwin Faul, Eine Aufnahme der Türkei untergräbt die Legitimität und innere Sicherheit der EU, in: Internationale Politik und Gesellschaft, (1997) 4, S. 446-450, hier S. 450.

  29. Vgl. ebd., S. 449 f. ''Griechisch-römischer Kulturfundus, das (okzidentale) Christentum, Renaissance und Aufklärung bilden einen spannungsreichen Gesamtzusammenhang, mit dem islamisch geprägte Länder, wie die Türkei, im Ursprung nur Bezüge zur Mittelmeerantike, aber nicht die späteren Momente gemeinsam haben, denen sie vielmehr in einem über tausendjährigen kriegerischen Antagonismus gegenüberstanden. Was hingegen die einzigartige kulturelle und zivilisatorische Weltbedeutung Europas ausmacht, war und bleibt eine okzidentale Gemeinschaftsarbeit. Dass es sich dabei nicht um eine Angelegenheit der kulturellen Nostalgie, sondern um Folgewirkungen von größter Tragweite handelt, zeigt sich auf Schritt und Tritt, am dramatischsten in der Gegenläufigkeit der Bevölkerungsdynamik.''

  30. Vgl. A. Mango (Anm. 4), S. 171, sowie Meltem Müftüler-Bac, The Never-Ending Story: Turkey and the European Union, in: Middle Eastern Studies, Vol. 34, No. 4, Oct. 1998, S. 240-258, hier S. 245. Hiermit soll jedoch nicht behauptet werden, dass es überhaupt keine Diskussion über kulturelle Verschiedenheiten geben soll oder kann. Vgl. auch Heinz Kramer, Die EU-Mitgliedschaft der Türkei ist wichtig für Europas Stabilität und Sicherheit, in: Internationale Politik und Gesellschaft, (1997) 4, S. 443-446, hier S. 446.

  31. Berechnung des Zentrums für Türkeistudien in Essen für das Jahr 1996, vgl. S. Vaner (Anm. 19), S. 103.

  32. Umso mehr, als die zur Begleitfinanzierung vorgesehenen Gelder nicht oder nur mit Verzögerung freigegeben werden und die EU der Türkei gegenüber einen derart großen Handelsüberschuss erwirtschaftet (s. Anm. 12).

  33. Annette Jünemann, Deutsche Mittelmeerpolitik im europäischen Rahmen. Defizite im Nahen Osten und in der Türkei, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 17/99, S. 11-19, hier S. 17.

  34. Vgl. H. Kramer/F. Müller, Relations with Turkey and the Caspian Basin Countries, zit. in: John Roper, The West and Turkey: Varying Roles, Common Interests, in: The International Spectator, Vol. 34, No. 1, Jan.-Mar. 1999, S. 89-102, hier S. 100.

  35. "Die Türkei ist ein beitrittswilliges Land, das auf der Grundlage derselben Kriterien, die auch für die übrigen beitrittswilligen Länder gelten, Mitglied der Union werden soll." (Europäischer Rat, Tagung am 10.-11. Dezember 1999. Schlussfolgerungen des Vorsitzes, EU-Nachrichten, Dokumentation Nr. 4 vom 13. 12. 1999). Wichtig für die Türkei war ja die gleichberechtigte Behandlung mit den anderen Interessenten. Dies sicherte der Europäische Rat ihr in seiner Entscheidung nun ausdrücklich zu.

  36. Europäische Kommission, Gesamtdokument 1998. Fortschritte der einzelnen Bewerberländer auf dem Weg zum Beitritt, Bulletin der Europäischen Union, Beilage 4/98, Luxemburg 1999, S. 33.

  37. Wie die Euro-Mediterrane Partnerschaft und die bereits erwähnte Europäische Strategie.

  38. Vgl. Gulnur Aybet, Turkey and European Institutions, in: The International Spectator, Vol. 34, No. 1, Jan.-Mar. 1999, S. 103-110, hier S. 108.

  39. H. Kramer (Anm. 30), S. 444.

  40. Vgl. S. Vaner (Anm. 19), S. 98.

Dipl.-Phys., geb. 1967; 1995-1998 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Berlin

Anschrift: Langkostr. 20, 81737 München.