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Big Brother | Medienpolitik | bpb.de

Medienpolitik Editorial Big Brother Medienethik Sicherheit in der digitalen Informationsgesellschaft Angriffe auf Informationstechnik und Infrastrukturen

Big Brother Medienethische Überlegungen zu den Grenzen von Unterhaltung

Thomas Bohrmann

/ 21 Minuten zu lesen

Die umstrittene Sendung Big Brother hat zu kontroversen Diskussionen geführt. Bei diesem TV-Format wird für 100 Tage eine Gruppe von Menschen in einer Wohnanlage von Kameras rund um die Uhr beobachtet.

Einleitung

'Ich würde es nicht mehr machen, nicht ein zweites Mal, und wenn ich diese Konsequenzen wüsste, würde ich es auch kein erstes Mal machen, aber ich bereue es nicht, dass ich es gemacht habe . . .'

Kerstin, Big Brother-Bewohnerin

I. Ein neues 'TV-Format'

Vom 1. März bis 9. Juni 2000 hat der Privatsender RTL 2 die erste Staffel eines neuen TV-Formats mit dem Namen Big Brother ausgestrahlt und diese Sendung auf der dafür eigens eingerichteten Homepage im Internet mit folgenden Worten werbewirksam vorgestellt: 'Junges Fernsehen der Zukunft - konfrontativ und polarisierend, alles andere als korrekt. Authentisch, direkt und offen, ein Stück echtes Leben live - zelebriert für das große Fernsehpublikum. Eine Real-Life-Soap, zu der es kein Drehbuch gibt: intime Bilder der deutschen Gesellschaft 2000. Mit realen Konflikten, wie unser Leben selbst sie spielt. Ein neues TV-Erlebnis - für neugierige, engagierte Zuschauer mit Interesse an hochmodernem Fernsehen.'

Bereits im Vorfeld der Ausstrahlung hat Big Brother für diese konfrontative und polarisierende Diskussion gesorgt. Dabei stand die Frage im Vordergrund, ob eine Fernsehsendung wie Big Brother, bei der Menschen rund um die Uhr von Kameras beobachtet werden, noch den verfassungsgemäßen Schutz der Menschenwürde garantiere und medienrechtlich zulässig sei. Auf der Sitzung der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten am 24. 2. 2000 in Frankfurt/M. haben die Mitglieder über das Programmvorhaben von RTL 2 diskutiert und ihre moralischen wie juristischen Bedenken geäußert . Hier wurden eine Reihe grundlegender Probleme erörtert - etwa die gesellschaftlichen Auswirkungen einer solchen Spielshow, die psychischen Risiken der Teilnehmer und damit die Verletzung der Menschenwürde . Diesen kritischen Anfragen begegnete RTL 2 mittels zweier juristischer Gutachten, die beide die medienrechtliche Zulässigkeit der Sendung Big Brother betonten .

Nach dem Sendestart von Big Brother am 1. März verstummte gleichwohl die öffentliche Kritik nicht, so dass RTL 2 den Landesmedienanstalten eine Änderung der Spielregeln zusicherte. Nach der neuen Regel wurden täglich eine Stunde lang (ab 16. März) im Big Brother-Haus in beiden Schlafzimmern die Kameras ausgeschaltet. Aufgrund der Ergebnisse der juristischen Gutachten und der Modifikation der Spielregeln verfügte die zuständige Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk, nicht rechtsaufsichtlich tätig zu werden. Folgender Beitrag möchte im Rahmen einer medienethischen Analyse das TV-Format Big Brother bewerten sowie implizit die grundsätzliche Frage nach den Grenzen des Unterhaltungsfernsehens stellen.

II. Wozu Medienethik?

Medienethik untersucht Kommunikationsmittel im Hinblick auf ihren ethischen Wert und formuliert normative Handlungs- und Ordnungsanweisungen. Sie wird der Sozialethik zugeordnet, welche sich mit sozialen Gebilden (Strukturen) beschäftigt und diese auf ihren humanen Aspekt hin prüft und gegebenenfalls kritisiert und korrigiert . Ausgangspunkt jeder ethischen Argumentation ist die sittliche Existenz des Menschen, die sich in seiner Autonomie und Rationalität zeigt. In dieser Bestimmung wurzelt die Rede vom Menschen als Person und mithin auch seine unveräußerliche Würde. Das für die Sozialethik grundlegende Personprinzip besagt, dass jeder Mensch als ein mit Würde ausgestattetes Subjekt zu begreifen ist und dass die freie Persönlichkeitsentwicklung weder durch andere Menschen noch durch gesellschaftliche Strukturen behindert oder gar aufgehoben werden darf.

Der oberste medienethische Grundsatz, der das Personprinzip für den Medienbereich ausdeutet, lautet: Kommunikationsfreiheit. Darunter versteht man das individuelle Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten (Meinungsfreiheit), das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten (Informationsfreiheit) und schließlich die prinzipielle Freiheit der Massenmedien (Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit) . Sind diese Grundrechte etabliert und gestalten die Medienordnung, kann man von einer 'offenen Kommunikationsstruktur' sprechen. Im Kern wird die Kommunikationsfreiheit durch die in der Bundesrepublik Deutschland garantierten Grundrechte gesichert (Art. 5 Abs. 1 GG). Diese Freiheit der Kommunikation gilt jedoch nicht schrankenlos und kann in zweifacher Weise begrenzt werden: zum einen aus der Sicht einer prinzipiellen Illegitimität medialer Produkte, z. B. bei Volksverhetzung, Kriegsverherrlichung oder Aufforderungen zu Straftaten, zum anderen aus der Sicht des Jugendschutzes. Jugendschützerische Maßnahmen, die sich am Wohl der Heranwachsenden orientieren, zielen darauf, die Verbreitung und Rezeption bestimmter Medienprodukte zu erschweren, einzuschränken oder gänzlich zu verbieten . Als ethisches Kriterium für die Illegitimität medialer Gehalte gilt, dass ein Medienprodukt weder die Würde der Person noch die Demokratie, die ja jedem Menschen seine unveräußerliche Würde zusichert, angreifen darf . Diese Grenzen werden im Grundgesetz und in weiteren Gesetzestexten gezogen (z. B. Strafgesetzbuch, Rundfunkstaatsvertrag).

Medienethik gliedert sich im Wesentlichen in eine Ethik der Information und eine Ethik der Unterhaltung. Medien haben nicht nur eine Informationsfunktion, sondern dienen auch der Entspannung, der spielerischen Selbstverständigung und der sinnlich-emotionalen Ansprache der Rezipienten . Nur eine Medienethik, die beide genannten Themenfelder berücksichtigt und hierzu normative Überlegungen anstellt, wird den Erfordernissen der modernen Mediengesellschaft gerecht. Medienethik benennt aber nicht nur die inhaltlichen Problemfelder ihrer Reflexionen, sondern fragt auch nach den konkreten medialen Handlungsbereichen und den Verantwortungsträgern . Hier lassen sich vier grundsätzliche Ebenen unterscheiden: Rahmenordnung, Produktion, Distribution und Rezeption.

Für die medienethische Bewertung medialer Unterhaltungsprodukte ist eine weitere Unterscheidung von grundlegender Bedeutung, nämlich die zwischen Realität und Fiktionalität. Fiktionale Gehalte, wie Spielfilme verschiedenster Genres, erzählen Geschichten mit ästhetischen Mitteln, wobei die dort agierenden Menschen professionelle Schauspieler sind, die das, was sie in der inszenierten Welt der Fiktion erleben, nicht wirklich erleben. Der Unterhaltungsfilm eröffnet somit beispielsweise einen Raum für den 'geregelten Tabubruch' (Hausmanninger), weil hier bestimmte Arten von Menschenrechtsverletzungen kritisch thematisiert und ästhetisch inszeniert werden können. Bei nichtfiktionalen Unterhaltungsprodukten im Fernsehen wie z. B. Talkshows, Spielshows, Beziehungsshows, Dokusoaps agieren hingegen keine professionellen Schauspieler, sondern 'echte' Menschen. Die mediale Darstellung von Lebenswirklichkeit - auch wenn diese im Akt der Freiwilligkeit geschieht - kann unter Umständen für die agierenden Personen weitreichende, vorher nicht abzusehende negative Konsequenzen für den Alltag haben. Aufgrund der Präsentation realer Akteure müssen hier vonseiten der Produzenten und Distributeure bestimmte Umgangs- und Darstellungsformen beachtet werden, die eine physische und psychische Schädigung der Kandidaten während und nach ihrem Fernsehauftritt ausschließen.

III. Grundidee und Regeln von Big Brother

Bei dem nichtfiktionalen TV-Format Big Brother handelt es sich um ein Spiel, das nach festen Regeln abläuft . Seine Grundidee besteht darin, dass für 100 Tage fünf Frauen und fünf Männer, die sich vorher niemals gesehen haben (1. Regel), in einem Wohncontainer leben. Dabei gilt als leitender Lebensstil 'Back to Basics', da die Bewohner auf Komfort und Luxus verzichten müssen (3. Regel). Die Kandidaten haben während ihres Aufenthaltes im Big Brother-Haus keinen Kontakt zur Außenwelt (2. Regel). Die einzigen Ansprechpartner der Bewohner sind die Mitglieder der Big Brother-Redaktion, die aber nur über Lautsprecher mit den Kandidaten kommunizieren. Täglich sollen die Kandidaten in einem abgeschlossenen Sprechzimmer - unbeobachtet und unbelauscht von den anderen - eine persönliche Stellungnahme über individuelle Erfahrungen, Gefühle und Konflikte abgeben (5. Regel). Zu Beginn einer neuen Woche stellt die Redaktion den Bewohnern eine Wochenaufgabe, die es zu lösen gilt. Im Wohncontainer befinden sich insgesamt 28 Kameras und 47 Mikrophone, die täglich 24 Stunden lang alle Aktionen der Bewohner im gesamten Haus optisch und akustisch aufzeichnen (4. Regel).

Aus diesem Material stellt die Redaktion eine ca. 50-minütige Sendung (mit zwei Werbeunterbrechungen) zusammen, die dann einen Tag später um 20.15 Uhr im Fernsehen ausgestrahlt wird. Am Samstag sendet RTL 2 eine Wochenzusammenfassung, und am Sonntag wird schließlich ein Talkformat präsentiert, bei dem Gäste eingeladen und die Big Brother-Kandidaten zu Talkthemen werden. Neben der täglichen Fernsehpräsenz ist Big Brother auch im Internet zu sehen, wobei hier das Geschehen im Haus synchron verfolgt werden kann.

Schließlich müssen die Kandidaten alle zwei Wochen zwei Mitbewohner nominieren, die das Haus verlassen sollen (6. Regel). Dabei werden die Nominierungen im Sprechzimmer abgegeben. Unter den beiden am häufigsten genannten Bewohnern sollen dann die Zuschauer telefonisch bis zum folgenden Sonntag entscheiden, wer endgültig aus dem Big Brother-Haus auszuziehen hat. Gewinner des Spiels ist, wer nach 100 Tagen als Letzter das Haus verlässt. Als Prämie erhält der Gewinner (bzw. die Gewinnerin) 250 000 DM. Jeder Bewohner darf jederzeit den Wohncontainer verlassen (7. Regel). Für die freiwillig ausgeschiedenen Kandidaten rücken neue Spielteilnehmer nach, die dann allerdings nicht den kompletten Hauptpreis für sich in Anspruch nehmen können.

IV. Big Brother im Kontext des Realitätsfernsehens

Big Brother kann man keiner homogenen medialen Gattung zuordnen, wie das beispielsweise bei Spielfilmen (z. B. Horror, Action, Krimi oder Science-Fiction) der Fall ist. Big Brother ist die Synthese aus einer Spielshow, einer Serie im Sinne einer Soap, einer Talkshow und einer Dokumentation. Demzufolge kann man dieses TV-Format als ein Hybridgenre bezeichnen .

Zunächst einmal handelt es sich bei Big Brother um eine Spielshow, da die Sendung nach festen Spielregeln abläuft und die Kandidaten miteinander und auch gegeneinander spielen. Das gemeinsame Spiel besteht einerseits darin, dass die Bewohner jede Woche von der Redaktion eine Wochenaufgabe gestellt bekommen (z. B. Hauptstädte auswendig lernen oder dafür zu sorgen, dass eine Woche lang ein Lagerfeuer brennt), die sie nur kollektiv meistern können; verliert einer, hat auch die ganze Gruppe verloren. Aber letztlich treten alle Bewohner gemeinsam gegeneinander an, da nur einer den Gewinn von 250 000 DM erhalten kann.

Weiterhin entspricht die Erzählform von Big Brother einer Serie im Sinne einer Soap. In jeder ausgestrahlten Folge werden kleine Geschichten aus dem Leben der Bewohner im Big Brother-Haus erzählt, die von der Dramaturgie her als Fortsetzungsgeschichten angelegt sind . Damit wird die Spannung auf den nächsten Sendetag verlegt, auch wenn die offenen Fragen zumeist unbeantwortet blieben.

Big Brother ist ferner eine auf Endlichkeit angelegte Serie, die auf 100 Tage terminiert ist. Da alle zwei Wochen ein Bewohner das Haus verlassen muss, reduziert sich die Gruppe. Somit kann am Ende der Sieger ermittelt werden. Für jede Serie gilt, dass in ihr unverwechselbare Charaktere mit einer eindeutig zugewiesenen Biografie präsentiert werden. Dies trifft auch auf Big Brother zu, da die Kandidaten bestimmten Figuren bzw. sozialen Typen entsprechen, so dass man in diesem Sinne auch von einer gewissen 'Stigmatisierung der Bewohner' vonseiten der Redaktion reden kann. Diese Typisierung und Rollenfestlegung kam in der Pilotsendung am 1. März 2000 sehr anschaulich zur Darstellung .

Ferner enthält Big Brother Elemente einer Talkshow. Bei Big Brother stehen Gespräche über persönliche und alltägliche Inhalte zwischen den Hausbewohnern im Mittelpunkt. Solche Gespräche entstehen entweder spontan oder werden von der Redaktion angestoßen, indem die Kandidaten jeden Abend ein spezielles Diskussionsthema erhalten. Dennoch kann Big Brother nicht als eine klassische Talkshow bezeichnet werden, da weder Talkmaster noch Publikum anwesend sind. Gleichwohl findet an jedem Sonntagabend ein spezieller Studiotalk statt, bei dem die Ereignisse der letzten Wochen kommentiert und mit eingeladenen Gästen diskutiert werden. Hier tritt dann auch ein professioneller Gastgeber als Talkmaster auf, der die Gespräche führt, das Publikum einbezieht, aber auch mit den Kandidaten per Lifeschaltung Kontakt aufnimmt.

Weiterhin ist Big Brother eine Dokumentation, bei der das alltägliche Leben von Menschen bis ins Detail rund um die Uhr beobachtet, also dokumentiert wird. Das gesamte Fernsehformat enthält dann noch das konstitutive Element einer Zuschauerpartizipation, da das Publikum mit Hilfe der telefonischen Stimmenabgabe an dem Spiel direkt teilnehmen kann.

Seit Anfang der neunziger Jahre werden immer mehr Programmformen im Fernsehen platziert, bei denen 'echte' Menschen in verschiedenen Shows und Lebenssituationen zu sehen sind. Es agieren also nicht mehr allein professionelle Schauspieler, sondern verstärkt die Zuschauer selbst, die in die Rolle der Akteure schlüpfen . Innerhalb der Medienwissenschaft bezeichnet man solche Fernsehformate als 'Fernsehen des Verhaltens' oder 'performatives Realitätsfernsehen' . Nach Angela Keppler handelt es sich beim performativen Realitätsfernsehen 'um Unterhaltungssendungen, die sich zur Bühne herausgehobener Aktionen machen, mit denen gleichwohl direkt oder konkret in die Alltagswirklichkeit der Menschen eingegriffen wird' .

Big Brother muss einerseits als eine weitere Sendung im Kontext des performativen Realitätsfernsehens betrachtet werden, andererseits aber auch als Weiterführung. Bis jetzt wurde der Alltag immer nur in Ausschnitten medial zur Sprache gebracht bzw. ins Bild gesetzt. Der neue Akzent bei Big Brother liegt in der Totalität und Abgeschlossenheit des Alltags. Diesem - künstlichen - Alltag können die Kandidaten nicht entfliehen, da der Wohncontainer sie räumlich aneinander bindet und weil zudem die Kameras als ständige Begleiter keine Rückzugsmöglichkeiten ins Private erlauben.

Sendungen des Realitätsfernsehens spiegeln einen gesellschaftlichen Wandel in bestimmten Bereichen wider, bei dem das Private immer mehr aus der intimen Lebenswelt heraustritt und sich im öffentlichen Raum präsentiert . Das Individuum der Moderne inszeniert sein Selbst in einer körperorientierten und konsumzentrierten Erlebnisgesellschaft und Multioptionsgesellschaft . Hinter dieser Entwicklung steht der Prozess der Individualisierung, der mittlerweile alle gesellschaftlichen Schichten und Milieus erfasst hat. Darunter verstehen die Soziologen Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim die Befreiung aus traditionellen Kontrollen, den Verlust traditioneller Sicherheiten, aber auch - und das ist für die persönliche Identitätsgewinnung besonders wichtig - die Suche nach neuen Bindungen und Lebensformen, nach sinnhaften Lebensstilen und Sozialkulturen . In der individualisierten Gesellschaft ist das Subjekt in seinen Entscheidungen immer wieder auf sich selbst zurückgeworfen und muss sich auf dem Markt der Lebensmöglichkeiten behaupten und zurechtfinden, sich dabei aber auch selbst inszenieren und sich den anderen von der besten Seite zeigen.

Die Medienwelt bietet vor allem der jungen Generation ein umfangreiches Angebot an Identifikationsobjekten sowie eine Bühne für die Darstellung und zum Teil auch schrille Inszenierung seines Selbst . Die Faszination, die Big Brother besonders in der jüngeren Altersgruppe (bis 30 Jahren) ausübt, liegt genau in diesem Umstand begründet, denn das Format bietet einerseits den Kandidaten eine Inszenierungsfläche im öffentlichen Raum und andererseits den Zuschauern identitätsstiftende Modelle für die eigene alltagsweltliche Gestaltung.

V. Medienethische Problemfelder

Nach der Darstellung und Einordnung des TV-Formates Big Brother stellt sich die Frage, wie diese Sendung medienethisch zu bewerten ist. Auch wenn die juristischen Fachgutachten zu anderen Ergebnissen gekommen sind, missachtet nach folgender Interpretation Big Brother die Würde der Kandidaten und Rezipienten. Sowohl Produzenten als auch Distributeure sind ihrer Verantwortung hier nicht nachgekommen. Zentrale medienethische Problemfelder können u. a. anhand von vier thesenartigen Punkten vorgestellt werden: (1) Bei Big Brother handelt es sich um eine eingeschränkte Freiheit der Kandidaten. (2) Die Teilnehmer werden unter kommerziellen Gesichtspunkten für Zwecke des Senders instrumentalisiert. (3) Bei Big Brother kommen manipulative Werbemaßnahmen vor, die die Rezipienten nur schwer durchschauen können. (4) Big Brother präsentiert zu Unterhaltungszwecken ein in der Gesellschaft geächtetes Sozialverhalten (d. h. Mobbing).

An erster Stelle ist zu fragen, ob die Freiheit der Kandidaten, die vonseiten der Produzenten immer wieder ins Feld geführt wird, wirklich gewährleistet ist. Für die medienrechtliche Zulässigkeit des TV-Formates sprechen die Gründe, dass die Bewohner das Haus jederzeit wieder verlassen können, sie über das Projekt umfassend informiert worden sind und sie während ihres Aufenthaltes im Big Brother-Haus die Gelegenheit haben, unbeobachtet und unbelauscht mit einem Psychologen zu reden . Die propagierte Freiheit bei Big Brother scheint jedoch eingeschränkt zu sein. Damit sich Menschen für die Teilnahme an einem solchen Projekt aus freien Stücken entscheiden, ist eine vollkommene Transparenz des Spiels vonnöten. Die Kandidaten müssen also wissen, was sie erwartet.

Gemäß den internen, nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Spielregeln haben jedoch die Big Brother-Produzenten die Möglichkeit, in das Spiel einzugreifen: 'Big Brother hat das Recht, die Regeln jederzeit zu ändern, um redaktionellen und technischen Erfordernissen Rechnung tragen zu können.' Mit dieser Bestimmung erhält das gesamte Spiel ein großes Stück Ungewissheit. Die Kandidaten haben keinen Überblick über das, was mit ihnen geschieht; sie werden zum Spielball der Redaktion. Kandidaten können sich erst dann frei für die Teilnahme an einem solchen Projekt entscheiden, wenn ihnen die Spielregeln ein gewisses Maß an Situationssicherheit bieten. Diese Bedingung scheint gemäß der zitierten Regel bei Big Brother nicht gewährleistet zu sein. Für die Teilnahme am Spiel ist weiterhin entscheidend, dass die Kandidaten jederzeit das Projekt abbrechen und den Wohncontainer verlassen können. Um von dieser Regel aber Gebrauch zu machen, ist die Information über sämtliche Ereignisse um das Big Brother-Spiel notwendig. Aufgrund der totalen Abgeschlossenheit von der Umwelt ist den Teilnehmern dieses Wissen jedoch verwehrt.

So wusste die Bewohnerin Manu beispielsweise nichts von den zum Teil herabsetzenden Kommentaren über ihre Person im Internet (Chat); sie konnte auch nicht wissen, dass auf dem Big Brother-Gelände am 9. April (Auszug des Bewohners Zlatko) Plakate mit entwürdigenden Aufschriften hochgehalten und vom Sender RTL 2 in Großaufnahme mehrmals gezeigt wurden - eine Kommentierung dieser Szenerie in dem anschließenden Talk blieb aus. Im Falle der Kandidatin Manu ist der Veranstalter RTL 2 seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen, die der Sender immer wieder betont hat . Zwar hat Manu die von draußen kommenden Schmährufe gehört (unter diesen in der darauffolgenden Woche auch merklich gelitten), doch ein umfassendes Wissen über ihr Image in der realen Welt blieb ihr vorenthalten. Möglichst vollständige Informationen sind für autonome Entscheidungen aber unverzichtbar.

Ein weiteres Moment, das Freiheit und Selbstbestimmung einschränkt, ist der in Aussicht stehende Gewinn von 250 000 DM am Ende der Spielshow. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Menschen gerade aufgrund dieser hohen Summe Einschränkungen ihrer Persönlichkeitssphäre zustimmen. Die Teilnahme an dem Gewinnspiel kann besonders jenen Menschen reizvoll erscheinen, die sich in einer sozialen oder finanziellen Notlage befinden. Das gibt zwar auch Dieter Dörr in seinem Gutachten zu bedenken, doch geht er davon aus, dass das Auswahlverfahren von RTL 2 eine Teilnahme unter solchen Bedingungen ausschließt . Im Falle der Bewohnerin Sabrina, die laut Zeitungsberichten mit einer großen Schuldensumme in das Big Brother-Haus einzog, hat das Auswahlverfahren anscheinend versagt. Über Sabrinas Motivationen, bei dem Spiel mitzumachen, kann hier nur spekuliert werden, doch ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass die in Aussicht stehende Prämie und der anschließende 'Medienruhm' nicht unbedeutend für eine solche Entscheidung gewesen sein mögen .

Ein zweiter ethischer Problemkreis bei Big Brother betrifft die Instrumentalisierung und Kommerzialisierung der Kandidaten. Zwar wissen die Kandidaten, dass aus dem zur Verfügung stehenden Filmmaterial ausgewählt werden muss, doch sie wissen nicht, welche Bilder die Redaktion verwendet und was die ausgestrahlten Aufnahmen beim Zuschauer vermitteln sollen. Natürlich wird im Journalismus immer ausgewählt, die mediale Berichterstattung kann niemals die ganze Wirklichkeit abbilden. Bei Big Brother liegt aber der Verdacht nahe, dass die ca. 50-minütigen Sendungen ein bestimmtes Image der Kandidaten präsentieren wollen, welches mit den Senderinteressen kompatibel erscheint. Hier kann von einer bewussten Inszenierungspraxis von RTL 2 gesprochen werden. Dabei wird das ausgestrahlte Filmmaterial allein nach dem Prinzip der Quotenträchtigkeit ausgewählt.

Diese Bilderselektion kann man besonders gut in der Woche nach den Nominierungen erkennen. Wenn zwei Kandidaten auf der Nominierungsliste stehen, wird jene Person besonders positiv dargestellt, von der sich die Redaktion eine hohe Einschaltquote bzw. eine gute Geschichte im Haus erhofft. Beispielsweise wurde in der Woche nach der Nominierung von Thomas und Zlatko (am 12. März) der Bewohner Thomas hauptsächlich nur noch als 'Stallbursche' gezeigt und von den anderen Bewohnern als 'Chicken-Tom' tituliert. Zlatko wurde in vielen positiven oder komischen Situationen dargestellt, während Thomas kaum noch im Bild zu sehen war . In einer Reportage über Big Brother (WDR, 10. 4. 2000, 22.30 Uhr) erzählte Thomas nach seinem Auszug, dass das medial gezeigte Selbst nicht mit seinem realen Ich kompatibel gewesen sei . Auch nach der Nominierung von Jana und Jona (am 26. März) wurden beide Kandidatinnen anhand der gesendeten Bildauswahl kontrastiert und unterschiedlich bewertet. Die Rezipienten sahen Jana in vielen Situationen, in denen sie sich gegen ihre Nominierung aktiv zur Wehr setzte und sie einige der anderen Kandidaten massiv wegen ihrer Wahl kritisierte (besonders am 19. und 20. Tag). Jona hingegen wurde eher als passives und hilfsbedürftiges Mädchen dargestellt. Am 2. April haben sich die Zuschauer schließlich gegen Jana entschieden.

Rainer Laux von RTL 2 weist aber den Vorwurf der Zuschauer-Beeinflussung durch die ausgewählten Bilder zurück und macht auf das Internet aufmerksam, in dem schließlich alle Bilder zu sehen seien . Doch auch im Internet ist eine weitgehende objektive Rezeption kaum gegeben, da die User nicht die Bilder aller Kameras gleichzeitig anschauen können, von der verzerrten Bildqualität einmal ganz abgesehen. Trotz der Internetpräsenz beruht die Wirkung von Big Brother bei den Zuschauern letztlich auf dem Erfolg der täglichen Fernsehsendung. Wie sehr sich die Kandidaten dem Interesse des Senders - nämlich hohe Einschaltquoten mit den damit verbundenen Werbegeldern zu erzielen - beugen müssen, wird besonders in dem inoffiziellen Regelbuch deutlich. Danach behält sich Big Brother vor, eine Nominierungsrunde zu annullieren . Das heißt, dass der gesamte Ablauf des Spiels fest in den Händen der Redaktion bleibt, sie somit direkt in das Geschehen im Haus eingreifen und darüber entscheiden kann, über welche Kandidaten die Zuschauer per Telefon abstimmen sollen und über welche nicht. Kandidaten, die für die gruppendynamische Entwicklung im Sinne des Senders wichtig sind, können somit mit dem 'Schutz' der Produzenten rechnen. Die Bewohner werden auf diese Weise zu Objekten des übermächtigen, sprichwörtlichen Big Brother .

Die Unterhaltungsshow Big Brother verfolgt ein rein kommerzielles Interesse. Gewinnstreben und Wettbewerb sind zweifellos unverzichtbare Elemente für das marktwirtschaftlich organisierte Fernsehen. Bei Big Brother überlagert jedoch der ökonomische Imperativ das gesamte Spiel. Man kann sich dem Eindruck nicht ganz verschließen - und das ist der dritte kritische Punkt -, dass das Leben im Wohncontainer letztlich so inszeniert wird, dass Big Brother an vielen Stellen wie eine große Werbeveranstaltung wirkt, die die (zumeist jungen) Zuschauer zum Kauf bestimmter Produkte anregen soll. Natürlich ist Werbung unverzichtbarer Bestandteil einer funktionierenden Wettbewerbsgesellschaft und unter sozialethischen Gesichtspunkten prinzipiell gegen jede Beschneidungsversuche zu verteidigen , doch gilt als grundlegendes werbeethisches Prinzip die Trennung von Programm und Werbung und die damit einhergehende Kennzeichnungspflicht von Werbung.

Diese Differenzierung ist bei Big Brother aber fraglich. Wenn eine Werbemaßnahme als solche nicht gekennzeichnet und Konsumentensouveränität eingeschränkt wird, kann von einer ethisch illegitimen Form der Manipulation im Sinne getarnter Werbung gesprochen werden . Am 76. Tag hielt Jürgen beispielsweise während seines persönlichen Statements im Sprechzimmer den Wagen einer Modelleisenbahn der Marke Roco (Modellspielwaren Schweiz) sichtbar in die Kamera. Dieser ca. 50 Sekunden dauernde Auftritt wirkte wie ein Werbespot mit einem Präsenter. Allerdings wird eine ethisch illegitime Produktplatzierung in diesem Fall schwer nachzuprüfen sein, da Fernsehsender und Markenartikelhersteller hierüber keinerlei Informationen veröffentlichen.

Auch der Auftritt von Verona Feldbusch (am 18. und 19. Mai) glich einem Werbeauftritt für den Spinat mit dem 'Blubb', für den sie seit geraumer Zeit in den Medien Werbung macht. Für diesen Auftritt erhielt sie von ihren Sponsoren eine bestimmte Summe, die sie - wie in der letzten Sendung am 9. Juni bekannt wurde - dem zweiten und dritten Sieger der Show übereignete. Im Wohncontainer hat Verona Feldbusch an die weiblichen Bewohnerinnen T-Shirts verschenkt, auf denen in großen Buchstaben 'blubb' zu lesen war. Unter ethischen Gesichtspunkten ist dieser Auftritt deshalb problematisch, da hier in leicht verfremdeter, aber dennoch in deutlich erkennbarer Form Werbung für ein bekanntes Produkt gemacht wird.

Neben diesen drei Einwänden stellt sich bei Big Brother noch ein viertes grundsätzliches Problem. Dieses TV-Format präsentiert nämlich ein Verhalten, das in unserer Gesellschaft geächtet ist. Eines der Spielprinzipien ist das Mobbing: Das Spiel verlangt von den Bewohnern, dass sie sich für oder gegen Menschen entscheiden und ihre Sympathien bzw. Antipathien bei den alle zwei Wochen stattfindenden Nominierungen öffentlich kundtun. Im Mittelpunkt der Bewertung steht dabei die individuelle Performance der Mitkandidaten, d. h. ihre Persönlichkeit. Obwohl die Kandidaten von dieser Spielregel vor dem Einzug in das Big Brother-Haus in Kenntnis gesetzt worden sind, konnte man bei allen Nominierungen und der sich anschließenden Bekanntgabe der Ergebnisse emotionale Regungen wie Ratlosigkeit, Betroffenheit, Frustration, Ärger, Wut etc. feststellen. Den Kandidaten fiel es teilweise sehr schwer, die offene Ablehnung im Hinblick auf ihre Person zu ertragen und zu verarbeiten (z. B. Jona). Auch wenn Mobbing zum Alltag einer Konkurrenz-Gesellschaft gehört und viele Menschen unter den Antipathien anderer leiden, ist medienethisch zu fragen, ob ein solches Prinzip als konstituierendes Element einer Unterhaltungsshow eingesetzt werden darf. Da Big Brother nicht auf Konfliktlösung, sondern eher auf Konfliktsteigerung zielt, wird dieses TV-Format von seinem Grundansatz her auch keine positiven Modelle für gelingende Formen des zwischenmenschlichen Zusammenlebens anbieten. Diese Frage nach den Grenzen im nichtfiktionalen Unterhaltungsbereich ist um so drängender, weil mittlerweile auch andere Shows des performativen Realitätsfernsehens Mobbing zum unterhaltsamen Prinzip erklärt haben .

Fussnoten

Fußnoten

  1. Im Gespräch mit Christoph Süß, Magazin quer, Bayerischer Rundfunk (BR), 15. 6. 2000, 20.15 Uhr.

  2. Der Erfinder von Big Brother ist der niederländische Fernsehproduzent John de Mol, der mit seiner Produktionsgesellschaft Endemol Entertainment mittlerweile eine Reihe von erfolgreichen Unterhaltungssendungen im europäischen Fernsehmarkt platziert hat (z. B. 'Traumhochzeit'). Das erste Land, das Big Brother ausstrahlte, waren dann auch die Niederlande. Inzwischen wurden die Rechte für das TV-Format an zahlreiche internationale Fernsehanstalten verkauft. Seit Juli 2000 ist Big Brother auch auf dem US-amerikanischen Fernsehmarkt zu finden.

  3. http://www.bigbrother-haus.de/regeln/facts/Konzept/c_index.html.

  4. Vgl. Pressemitteilung 3/00 der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten vom 24. 1. 2000.

  5. Vgl. ebd. Der Fragenkatalog ist auch im Internet abrufbar unter: http://www.alm.de/aktuell/presse/p240100.htm.

  6. Vgl. Dieter Dörr, Big Brother und die Menschenwürde. Die Menschenwürde und die Programmfreiheit am Beispiel eines neuen Sendeformats, Frankfurt/M. 2000; Hubertus Gersdorf, Medienrechtliche Zulässigkeit des TV-Formats 'Big Brother'. Rechtsgutachten im Auftrag der RTL 2 Fernsehen GmbH  Co. KG, Universität Rostock, Gerd Bucerius-Stiftungsprofessur für Kommunikationsrecht, Februar 2000.

  7. Ein weiteres Rechtsgutachten, das der Marburger Verfassungsrechtler Frotscher im Auftrag der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk erstellt hat, kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Big Brother nicht die Menschenwürde angreife. Vgl. Werner Frotscher, 'Big Brother' und das deutsche Rundfunkrecht, München 2000.

  8. Vgl. zur Einordnung und Systematisierung der Sozialethik: Thomas Hausmanninger, Sozialethik als Strukturenethik, in: Hans-Joachim Höhn (Hrsg.), Christliche Sozialethik interdisziplinär, Paderborn u. a. 1997, S. 59-88; Walter Kerber, Sozialethik, Stuttgart u. a. 1998; Wilhelm Korff, Sozialethik, in: ders./Lutwin Beck/Paul Mikat (Hrsg.), Lexikon der Bioethik, 3. Bd., Gütersloh 1998, S. 377-388.

  9. Vgl. Udo Branahl, Medienrecht. Eine Einführung, Opladen 1992, S. 17.

  10. Thomas Hausmanninger, Kritik der medienethischen Vernunft. Die ethische Diskussion über den Film in Deutschland, München 1992, S. 536.

  11. Vgl. Joachim von Gottberg, Jugendschutz in den Medien, hrsg. von der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen e. V. (FSF), Berlin 1995.

  12. Vgl. Thomas Bohrmann, Ethik - Werbung - Mediengewalt. Werbung im Umfeld von Gewalt im Fernsehen. Eine sozialethische Programmatik, München 1997, S. 197-199.

  13. Vgl. zum Ansatz einer Ethik der Unterhaltung: Thomas Hausmanninger, Grundlinien einer Ethik medialer Unterhaltung, in: Werner Wolbert (Hrsg.), Moral in einer Kultur der Massenkommunikation, Wien u. a. 1994, S. 77-96.

  14. Vgl. Bernhard Debatin, Verantwortung im Medienhandeln. Medienethische und handlungstheoretische Überlegungen zum Verhältnis von Freiheit und Verantwortung in der Massenkommunikation, in: Wolfgang Wunden (Hrsg.), Freiheit und Medien. Beiträge zur Medienethik, Bd. 4, Frankfurt/M. 1998, S. 121-125.

  15. Die Regeln sind im Internet abrufbar unter: http://www.bigbrother-haus.de.

  16. Vgl. Lothar Mikos u. a., Im Auge der Kamera. Das Fernsehereignis Big Brother, Berlin 2000, S. 105.

  17. Vgl. Lothar Mikos, Fernsehen im Erleben der Zuschauer. Vom lustvollen Umgang mit einem populären Medium, München 1994, S. 166-169.

  18. L. Mikos u. a. (Anm. 16), S. 81.

  19. So wurde beispielsweise die Kandidatin Jana in einem kurzen Videoclip als 'Telefonsexanbieterin' und 'Erotikdarstellerin' vorgestellt und der Kandidat Alex als überzeugter 'Machosingle'.

  20. Folgende Sendungen lassen sich hier beispielhaft nennen: 'Traumhochzeit' (RTL), 'Verzeih mir' (SAT 1), 'Nur die Liebe zählt' (SAT 1), 'Herzblatt' (ARD), 'Geld oder Liebe' (ARD).

  21. Eggo Müller, Television Goes Reality. Familienserien, Individualisierung und 'Fernsehen des Verhaltens', in: Montage/AV. Zeitschrift für Theorie und Geschichte audiovisueller Kommunikation, 4 (1995) 1, S. 86.

  22. Angela Keppler, Wirklicher als die Wirklichkeit? Das neue Realitätsprinzip der Fernsehunterhaltung, Frankfurt/M. 1994, S. 8.

  23. Ebd., S. 8 f.

  24. Vgl. Kurt Imhof/Peter Schulz (Hrsg.), Die Veröffentlichung des Privaten - Die Privatisierung des Öffentlichen, Opladen 1998; Christoph Kuhn, Der Fernsehpranger. Verlust des Privaten, in: Mut. Unabhängiges Forum für Kultur, Politik und Geschichte, (2000) 395, S. 48-55.

  25. Vgl. Gerhard Schulze, Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfrut/M. - New York 1992; Thomas Müller-Schneider, Die Erlebnisgesellschaft - der kollektive Weg ins Glück?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 12/2000, S. 24-30.

  26. Vgl. Peter Gross, Die Multioptionsgesellschaft, Frankfurt/M. 1994.

  27. Vgl. Ulrich Beck/Elisabeth Beck-Gernsheim, Individualisierung in modernen Gesellschaften. Perspektiven und Kontroversen einer subjektorientierten Soziologie, in: dies. (Hrsg.), Riskante Freiheiten. Individualisierung in modernen Gesellschaften, Frankfurt/M. 1994, S. 10-39; Elisabeth Beck-Gernsheim, Individualisierungstheorie: Veränderungen des Lebenslaufs in der Moderne, in: Heiner Keupp (Hrsg.), Zugänge zum Subjekt. Perspektiven einer reflexiven Sozialpsychologie, Frankfurt/M. 1993, S. 125-146.

  28. Vgl. L. Mikos u. a. (Anm. 16), S. 46-54.

  29. Vgl. D. Dörr (Anm. 6), S. 67-75.

  30. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. 6. 2000, S. 41. Das inoffizielle Regelwerk wurde am Ende der gesamten Sendung in Auszügen von der Presse veröffentlicht. Ob diese Regeln und die Verträge der Kandidaten auch den juristischen Gutachtern vorlagen, kann den Expertisen selbst nicht entnommen werden.

  31. Diese Fürsorgepflicht hat RTL 2 besonders am 46. Tag verletzt, indem eine Szene ausgestrahlt wurde, bei der sich Manu in angetrunkenem Zustand im Garten übergeben musste. Solche Bilder diskreditieren eine Person, die sowieso schon ein angeschlagenes Image hat, noch mehr.

  32. Vgl. D. Dörr (Anm. 6), S. 73 f.

  33. Hubertus Gersdorf betont in seinem Gutachten, dass die von den Kandidaten beim Casting (Vorstellung, Auswahl) zu ihrer Person gemachten Angaben von einem Privatdetektiv überprüft werden; vgl. H. Gersdorf (Anm. 6), S. 9. Allerdings führt Rainer Laux, Delegated Producer von Endemol, in einer Stellungnahme zur Kandidatin Sabrina aus, dass ein Casting nichts mit einer polizeilichen oder detektivischen Untersuchung zu tun habe; vgl. http://www.big-brother-haus.de/news/053 . . ._left/16_Statement_Sabrina/c_index.html. Auf-grund dieser beiden sich widersprechenden Informationen über das Big Brother-Casting ist kritisch zu fragen, welche Informationen RTL 2 den Gutachtern zum Auswahlverfahren vorgelegt hat.

  34. Vgl. L. Mikos u. a. (Anm. 16), S. 102 f.

  35. Vgl. dazu auch folgende Aussage: 'Das Problem ist, dass im Haus den ganzen Tag die Kameras laufen und abends nur ein paar Minuten ausgestrahlt werden. Da ist es für Endemol sehr leicht, einen Menschen so zu zeigen, wie sie ihn haben wollen. Was im Fernsehen läuft, hat mit der Situation im Haus wenig zu tun - da wird die Meinung der Leute vor dem Bildschirm gesteuert.' Stern vom 13. 4. 2000, S. 46.

  36. Vgl. Big Brother: Das offizielle Buch zur Fernsehserie, Bd. 1, Die ersten 50 Tage, Halbzeit, Stuttgart 2000, S. 7.

  37. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung (Anm. 30), S. 41.

  38. Ob die Redaktion von dieser Sonderregel tatsächlich Gebrauch gemacht hat, kann hier nicht gesagt werden.

  39. Vgl. Th. Bohrmann (Anm. 12), S. 78-83.

  40. Zum Manipulationsbegriff in der Werbung vgl. ebd., S. 50-57.

  41. Vgl. 'Inselduell' (SAT 1), 'Expedition Robinson' (RTL 2).

Dr. theol., Dipl.-Soz., geb. 1965; wissenschaftlicher Assistent am Institut für Moraltheologie und Christliche Sozialethik, Universität München; Forschungsschwerpunkte: u. a. Medien- und Werbeethik.

Anschrift: Institut für Moraltheologie und Christliche Sozialethik, Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München
E-Mail: thomas.bohrmann@kaththeol.uni-muenchen.de

Veröffentlichungen u. a.: Ethik - Werbung - Mediengewalt. Werbung im Umfeld von Gewalt im Fernsehen. Eine sozialethische Programmatik, München 1997; Grundlagen der Werbeethik, in: Ethica, (1999) 7.