Einleitung
Am 23. Mai 2000 legte die von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping unter der Leitung des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker eingesetzte Zukunftskommission ihren Bericht vor. Darin plädierte die Mehrheit ihrer Mitglieder für die Absenkung der Friedensstärke der Bundeswehr auf "240 000 Soldaten einschließlich 30 000 Grundwehrdienstleistender pro Jahr bei einer Wehrdienstdauer von zehn Monaten"
Um die gleiche Zeit schlug der Generalinspekteur von Kirchbach in einem "Eckwertepapier" vor, die Bundeswehr auf etwa 290 000 Soldaten - darunter ca. 84 500 Wehrpflichtige - zu verkleinern
Was die Süddeutsche Zeitung als Weichenstellung für die "größte Reform" in der Geschichte der Bundeswehr bezeichnete
Die veränderten Aufgaben erfordern Professionalität
Solange NATO und Warschauer-Pakt-Armeen an der innerdeutschen Grenze einander gegenüberstanden, ließ sich eine nahezu 500 000 Mann starke Bundeswehr mit der Notwendigkeit rechtfertigen, den Gegner abzuschrecken und notfalls die Bundesrepublik und ihre freiheitliche Verfassung gegen einen Angriff zu verteidigen. Der Begriff der Wehrpflicht war damals von seinem Wortsinn her plausibel, ebenso die Praxis, etwas mehr als die Hälfte der Dienstposten mit Wehrpflichtigen zu besetzen, um für eine Mobilisierung im Verteidigungsfall rasch über eine große Zahl gut ausgebildeter Soldaten verfügen zu können. Doch die sicherheitspolitische Situation hat sich seither völlig geändert.
Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juni 1994 kann die Bundeswehr dem Verfassungsauftrag, dem Frieden der Welt zu dienen, im Rahmen der UNO, der OSZE, der NATO oder der WEU auch durch die Teilnahme an internationalen friedenschaffenden und -sichernden Maßnahmen weit außerhalb der deutschen Grenzen nachkommen. Dass dies inzwischen auch dem Truppenalltag entspricht, belegen zahlreiche Einsätze bis hin zur Beteiligung am NATO-Luftkrieg gegen Jugoslawien und an der daraufhin eingesetzten KFOR-Friedenstruppe im Kosovo.
Um auf solche Anforderungen vorbereitet zu sein, wurde die Bundeswehr 1994 aufgegliedert in "Hauptverteidigungskräfte" (HVK), die für die Landesverteidigung bereit stehen, und in "Krisenreaktionskräfte" (KRK) für internationale Einsätze. Um dabei einer Aufspaltung in eine Zwei-Klassen-Armee entgegenzuwirken, wurden Wehrpflichtige grundsätzlich beiden Bereichen zugewiesen. Allerdings gibt es seither bei der Dauer des Wehrdienstes wie auch bei der Besoldung je nach Aufgabenstellung gravierende Unterschiede. So dauert der Grundwehrdienst der Wehrpflichtigen in den HVK nur noch zehn Monate, für die der übliche Wehrsold gezahlt wird. Wer demgegenüber bei den KRK bis zu 23 Monate freiwillig als "längerdienender Wehrpflichtiger" dient, bekommt dies angemessen vergütet. Diese Unterscheidung wird auch bei der kommenden Absenkung der Grundwehrdienstdauer bleiben; aus den zahlenmäßig verkleinerten HVK wird nun die "Militärische Grundorganisation" und aus den wesentlich vergrößerten KRK werden "Einsatzkräfte"
Ausschlaggebend für das Konstrukt der freiwillig Längerdienenden war die Tatsache, dass sowohl zur optimalen Auftragserfüllung wie zum Zwecke des individuellen und kollektiven Selbstschutzes Professionalität gefordert ist. Von dieser ist ein Soldat, der seine Grundausbildung gerade hinter sich gebracht hat, noch weit entfernt. Außerdem darf der Staat aus rechtlichen wie aus ethischen Gründen niemand dazu zwingen, sein Leben für eine andere Aufgabe als für die Landesverteidigung einzusetzen.
Zum Problem der Wehrpflicht unter veränderten Bedingungen
Schon 1995 hatte Bundespräsident Roman Herzog festgestellt: "Die Wehrpflicht ist ein so tiefer Eingriff in die individuelle Freiheit des jungen Bürgers, dass ihn der demokratische Rechtsstaat nur fordern darf, wenn es die äußere Sicherheit des Staates wirklich gebietet."
Betrachtet man die weiteren Argumente, die gegenwärtig zugunsten der Beibehaltung der Wehrpflicht vorgetragen werden, so sind sie entweder nicht sicherheitspolitischer Art oder nicht hinreichend stichhaltig, um einem Übergang zur Freiwilligenarmee entgegenzustehen. Aus Platzgründen können nur einige von ihnen hier betrachtet werden
Zwar werden heute viele derer, die sich länger freiwillig verpflichten, aus dem Kreis der Grundwehrdienstleistenden angeworben - aber der Preis dafür ist hoch: Der Regenerationsbedarf für alle Laufbahnen der Unteroffiziere und Offiziere lag 1999 bei ca. 27 000 Soldaten. Dieser soll durch etwa 15 000 ungediente Freiwillige sowie 12 000 Erstverpflichtungen aus der Truppe gedeckt werden. Mit anderen Worten: Es werden 135 000 junge Männer zum Dienst einberufen, um 12 000 von ihnen dazu zu bringen, freiwillig und bei besserer Bezahlung länger zu bleiben. In Zahlen ausgedrückt: Die Bundeswehr wendet derzeit über 275 000 DM für jeden einzelnen der benötigten Freiwilligen auf, um ihn zum längerfristigen Dienst in der Armee zu bewegen
Bündnissolidarität
Ein anderes Argument lautet, Deutschland müsse in der Lage sein, den Verbündeten im Angriffsfall beizustehen, weil diese ihm während des Kalten Krieges ebenfalls beigestanden haben. Internationale Verlässlichkeit ist ohne Zweifel eine wesentliche Grundlage des Vertrauens, das ein Land genießt. Sie eignet sich jedoch nicht als Begründung für die Wehrpflicht: Zwei der wichtigsten Verbündeten - die USA und Großbritannien - sind ihren Beistandsverpflichtungen in der Vergangenheit mit Berufsarmeen nachgekommen. Sie konnten dies möglicherweise sogar mit einer größeren Glaubwürdigkeit als Länder mit Wehrpflichtarmeen, die im so genannten Ernstfall vor die schwierige Frage gestellt gewesen wären, ob sie das Leben ihrer ebenfalls nur zur Landesverteidigung herangezogenen "Jungs" für entlegene Regionen aufs Spiel setzen sollten.
Inzwischen weist, wie erwähnt, der Trend auch bei anderen Bündnispartnern in Richtung Berufsarmee. Vor diesem Hintergrund zu behaupten, gerade deswegen müsse Deutschland die Wehrpflicht beibehalten, ist im Sinne der Bündnissolidarität keineswegs einleuchtend, denn kein Partner kann von den anderen mehr verlangen, als er selbst zu geben bereit ist.
Gesellschaftliche Integration
Ein wichtiges innenpolitisches Argument lautet, Wehrpflichtige sorgen dafür, dass die Armee von allen gesellschaftlichen Schichten und Kräften durchdrungen und nicht zu einem gefährlichen Sammelbecken rechtskonservativer oder rechtsextremer Kräfte werde. In diesem Argument kondensieren sich Erfahrungen aus der Weimarer Republik, in der die aus Berufssoldaten bestehende Reichswehr zu einem der Demokratie wesensfremden Staat im Staat wurde. Dass sich dies nicht wiederholen darf und dass demokratiefeindliche Kräfte nicht noch einmal über die Machtmittel des Staates verfügen dürfen, steht außer Frage. Aber hat allein die Wehrpflicht diese Schlüsselfunktion bei der Einbindung der Armee in die Gesellschaft, dass sie aus diesem Grunde weiterhin unverzichtbar ist?
Vor der Wiedervereinigung umfasste der Anteil von Wehrdienstleistenden mehr als fünfzig Prozent der Truppe und dauerte der Grundwehrdienst 15, zeitweilig sogar 18 Monate. Nach ihrer Grundausbildung waren diese Soldaten in den regulären Truppendienst integriert. Aber war es wirklich in erster Linie den Wehrpflichtigen zu verdanken, dass die Bundeswehr demokratisch eingebunden blieb und rechtsextremistische Vorkommisse meist sehr schnell aufgedeckt wurden? Falls ja, wäre zu fragen, ob das in der heutigen Bundeswehr mit einem knapp unter vierzig Prozent liegenden Anteil von Wehrdienstleistenden, die in zehn Monaten (demnächst nur in sechs Monaten, da sich die restlichen drei Monate mehr oder weniger auf zwei spätere Stippvisiten erstrecken werden) kaum mehr als ihre Ausbildungskompanien kennenlernen, noch geleistet werden kann.
Erheblich bedeutsamer für die zivilgesellschaftliche und demokratische Einbindung der Bundeswehr dürften bisher andere Faktoren gewesen sein, die allerdings auch bei einer reinen Freiwilligenarmee beibehalten werden sollten: die parlamentarische Kontrolle einschließlich der Tätigkeit der Wehrbeauftragten; die Ausbildung der Offiziere durch zivile Lehrkräfte an den Bundeswehruniversitäten, auch wenn dort der Stellenwert des obligatorischen erziehungs- und gesellschaftlichen Anleitstudiums schon vor Jahren zurückgedrängt wurde (was rückgängig zu machen wäre); die Politische Bildung und Innere Führung; die Tatsache, dass die meisten derer, die sich für zwei bis fünfzehn Jahre als Zeitsoldaten verpflichten, schon frühzeitig ihr ziviles Fortkommen im Auge haben und sich auch dafür ausbilden lassen; das Privatleben der meisten Berufs- und Zeitsoldaten außerhalb der Kaserne einschließlich der Möglichkeit, sich dort politisch oder gesellschaftlich zu engagieren.
Was die befürchtete Ausbreitung rechtskonvervativer oder rechtsextremer Gesinnung in der Truppe angeht, so ist der Umgang mit Waffen und damit der Dienst in einer Armee für dieses Potenzial grundsätzlich attraktiv. Untersuchungen zeigen, dass politisch eher rechts stehende junge Männer "zum Bund" gehen, während eher linksorientierte - sofern sie die freie Wahl zwischen den Diensten haben - soziale Dienste bevorzugen. Die Anziehungskraft einer Berufsarmee ist für Anhänger der Rechten möglicherweise größer. Anders als bei der Wehrpflicht, von der nur straffällig gewordene Rechtsextremisten ausgeschlossen werden können, wäre es in einer Freiwilligenarmee jedoch möglich und geboten, schon bei den allfälligen Eignungsprüfungen diejenigen "herauszufiltern", die nicht in die Armee einer Demokratie gehören.
Eine neue Dimension der Wehrgerechtigkeit
Mitte Juli 2000 wurden die ersten Frauen gemustert, die ab Anfang 2001 in allen Einsatzbereichen der Bundeswehr Dienst leisten wollen. Dass nicht länger nur Ärztinnen, Sanitäterinnen und Musikerinnen zur Bundeswehr dürfen, verdanken die jungen Frauen einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. Januar 2000. Danach kann der "vollständige Ausschluss von Frauen vom Dienst mit der Waffe" nach Art. 12a, Abs. 4 GG "nicht als eine Ausnahmemaßnahme angesehen werden, die durch die spezifische Art der betreffenden Beschäftigungen oder die besonderen Bedingungen ihrer Ausübung gerechtfertigt wäre"
Nach der Verkündigung des Urteils erklärte Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping, die Wehrpflicht für Männer stünde hierdurch nicht zur Disposition. Da auch die Zukunftskommission in ihrer Mehrheit die Wehrpflicht beibehalten will, stellte sie in ihrem Bericht nur fest, der neugefasste Art. 3, Abs. 2, Satz 2 GG spreche dafür, "Frauen auch weiterhin keinen Pflichtdienst aufzuerlegen"
Da unter den Politikern vernünftigerweise kaum jemand der Ausweitung der Wehrpflicht auf Frauen das Wort redet, wird ein Vorschlag wieder hervorgeholt, der schon die von Helmut Schmidt eingesetzte Wehrstruktur-Kommission Anfang der siebziger Jahre beschäftigte: die allgemeine Dienstpflicht. Doch schon damals wurde festgestellt, dass deren Einführung den Staatshaushalt zusätzlich belasten würde, ohne der Sicherheit des Landes zu dienen. Dieses Argument gilt unter den Vorgaben des EuGH-Urteils noch mehr. Wollte man die Wehrpflicht dahingehend ausweiten, müssten die Frauen in sie einbezogen werden. Wenn man dann nicht zugleich die Dauer des Wehr- und des Zivildienstes auf wenige Monate zusammenstreichen will, um zu erreichen, dass alle einen dieser Dienste durchlaufen - d. h. irgendwie beschäftigt werden -, müssten mehrere hunderttausend Plätze für die weiblichen Dienstleistenden geschaffen werden. Um auch sie zu erfassen, zuzuweisen und zu verwalten, wäre eine gigantische Ausweitung der Bürokratie nötig. Zugleich aber wäre eine Zunahme der Arbeitslosenquote zu erwarten, da dann insbesondere im Sozial- und Gesundheitswesen in noch stärkerem Maße auf billigere Zivildienstleistende anstatt auf Fachkräfte zurückgegriffen würde. Daher kann davon nur abgeraten werden.
Vom Zwang zum Angebot: Statt allgemeiner Wehr- oder Dienstpflicht freie Berufswahl und freiwilliges Dienstjahr
Den Folgeproblemen der Verwirklichung einer auch die Frauen einbeziehenden Wehr- oder Dienstgerechtigkeit kann man nur entgehen, indem man auf jede Form des "Zwangsdienstes" verzichtet, d. h. die allgemeine Wehrpflicht aussetzt und dem in Art. 12, 1 GG garantierten Recht auf freie Berufswahl uneingeschränkt Geltung verschafft. So wie Polizei und Bundesgrenzschutz für ihren Bedarf den Arbeitsmarkt abschöpfen, sollte dies künftig auch die Bundeswehr tun. Und weil es ab diesem Zeitpunkt keinen zivilen Ersatzdienst mehr gibt, müssen dann die einzelnen Sozial- und Gesundheitsdienste ebenfalls darauf zurückgreifen.
Spätestens bei dieser Schlussfolgerung taucht die Frage auf, was aus dem Gesundheitswesen und anderen Bereichen der Sozialarbeit wie der Altenpflege wird, wenn es keine Zivildienstleistenden mehr gibt. Befürworter von Pflichtdiensten bezweifeln, ob für alle gegenwärtig von Zivildienstleistenden verrichteten Dienste professioneller Ersatz beschafft werden kann, oder sie befürchten, dass dies nur zu einem Preis möglich wäre, der vom Staat oder der Gesellschaft nicht aufgebracht werden könne. Modellrechnungen zu den Folgen des Wegfalls des Zivildienstes zeigen, dass rein rechnerisch etwa drei Zivildienstleistende durch zwei Hauptamtliche ersetzt werden müssten, um im Sozial- und Gesundheitswesen keine Lücken aufkommen zu lassen, also 138 000 Zivildienstleistende durch 92 000 Hauptamtliche. Das wäre auch ein bemerkenswerter Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit
Manche Anhänger der Wehrpflicht wie der allgemeinen Dienstpflicht tragen durchaus plausible und gute Gründe dafür vor, jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich für ein Jahr im Dienst für die Gesellschaft zu engagieren. Sie erhielten so Chancen, Einblicke in Lebensbereiche zu nehmen, mit denen sie sonst nicht in Berührung kämen, könnten soziale Kompetenz entwickeln und hätten Nutzen für das spätere Berufsleben. Dies alles bräuchte weder dem Einzelnen noch der Gesellschaft verloren zu gehen, wenn der Dienst statt auf Zwang auf freiem Willen beruhte. Daher sollte die Aufhebung der "Zwangsdienste" mit der Einführung eines Anreizsystems für die freiwillige Übernahme von öffentlichen Aufgaben einhergehen.
Wie könnte dieses aussehen? Statt der Einberufung der jungen Männer zum Wehr- oder Zivildienst sollte allen jungen Menschen angeboten werden, nach Abschluss ihrer allgemeinbildenden Schule, frühestens mit 18 Jahren, für ein Jahr in eine Diensteinrichtung der eigenen Wahl einzutreten. Da diejenigen, die an einem solchen einjährigen Dienst teilnehmen, während dieser Zeit vorwiegend in dem jeweiligen Tätigkeitsbereich ausgebildet werden, sollte bei der Werbung für die Dienste wie auch bei der Besoldung der Gesichtspunkt der Ausbildung ausschlaggebend sein. Darüber hinaus könnte ein Bonus für künftige Lebensabschnitte erworben werden:
- Die Attraktivität dieses Dienstjahres sollte darin liegen, dass es quasi als Berufsfindungsjahr für eine breite Palette von Berufen ausgestaltet wird, die im weitesten, aber nicht unbedingt im arbeitsrechtlichen Sinne als öffentliche Dienstleistungen anzusehen sind - von der Bundeswehr bis zum Kindergarten, von der Feuerwehr bis zum Entwicklungsdienst, von der Altenpflege bis zum Umweltschutz, von der Polizei bis zum Katastrophenschutz wie auch bei internationalen Organisationen.
- Alle, die einen solchen Dienst ableisten, erhalten während dieses Jahres eine Vergütung, die tarifrechtlich der Eingangsstufe der Ausbildungsvergütung für den öffentlichen Dienst entspricht. Gegebenenfalls erhalten diejenigen, die schon einen beruflichen Abschluss vorweisen können, aber vielleicht als Arbeitslose dieses Jahr zur beruflichen Umorientierung benutzen wollen, einen Zuschlag, der dafür sorgt, dass sie nicht schlechter gestellt sind, als wenn sie in ihrem erlernten Beruf tätig wären.
- Am Ende des Jahres kann in dem Tätigkeitsbereich eine dem Ausbildungsstand entsprechende (Teil-)Abschlussqualifikation erworben werden.
- Alle, die einen solchen Dienst abgeleistet haben, erhalten einen Bonus bei der Zulassung zu weiterqualifizierenden Ausbildungswegen wie auch bei der Berechnung der Altersrente.
- Wer beabsichtigt, später hauptberuflich eine der Tätigkeiten aus dem Spektrum der einjährigen freiwilligen sozialen Dienste auszuüben, erhält dieses Dienstjahr dann - gegebenenfalls auch als Ausbildungsjahr - angerechnet.
Wer nicht bereit ist, ein Jahr lang auf irgendeine Weise einen Dienst für die Gesellschaft zu leisten, käme auch nicht in den Genuss der späteren Vergünstigungen. Da aber jede und jeder selbst entscheiden kann, ob sie oder er dieses Angebot mit den darin enthaltenen persönlichen Herausforderungen, Belastungen, aber auch Erfahrungen und Fortbildungschancen wahrnimmt, erübrigt sich bei diesem Modell die bei allen Pflichtdiensten zwingende Frage nach einer Dienstgerechtigkeit.
Es sind auch keine Nachteile für die Selbstrekrutierung der beteiligten Institutionen zu befürchten - eher im Gegenteil: Wenn die Anhänger der Wehrpflicht heute auf den nicht unerheblichen Teil von Zeit- und Berufssoldaten verweisen, die vorher Wehrdienstleistende waren, so kann bei dem hier vorgeschlagenen Verfahren das Bundesverteidigungsministerium damit rechnen, dass alle diejenigen, die sich für ein Jahr zur Bundeswehr verpflichten, wirklich an der militärischen Ausbildung interessiert sind. In ihrem Kreis könnte deshalb mit mindestens demselben Erfolg - und sehr viel geringeren Kosten! - auch um Längerdienende geworben werden. Für die Heil- und Pflegeberufe ist Ähnliches zu erwarten, da auch jetzt schon mancher Zivildienstleistende sich während seiner Dienstzeit dafür entscheidet, hieraus einen Beruf zu machen.