I. Abschnitt
In diesem Beitrag werden drei Thesen zum Verhältnis von Globalisierung und Sozialstaat vorgestellt. Sie basieren auf bestimmten, empirisch und theoretisch gut gestützten Ausgangspunkten, die sich einerseits auf Eigenschaften und Wirkung der Globalisierung, andererseits auf die Unverzichtbarkeit des Sozialstaates und die von ihm ausgehenden Anreizwirkungen beziehen.
Erster Ausgangspunkt: Die Globalisierung ist im Großen und Ganzen ein relativ langsamer und stetiger Prozess, in dessen Verlauf es zu einer Verstärkung der außenwirtschaftlichen im Vergleich zu binnenwirtschaftlichen Aktivitäten kommt. Hinter diesem durchschnittlichen Verlauf des Prozesses stehen jedoch unterschiedliche Entwicklungen auf verschiedenen Ebenen
Zweiter Ausgangspunkt: Die beiden Extrempositionen zur Globalisierung lassen sich empirisch nicht bestätigen. Die Behauptung, die Globalisierung sei im Wesentlichen ein Mythos oder ein Zerrbild der Realität und habe daher so gut wie keine Rückwirkungen auf die nationalen Volkswirtschaften, erscheint auf Basis der empirischen Evidenz ebenso wenig haltbar wie die andere Extremposition, nach der wir bereits in einer globalisierten Welt leben und sich die deutschen Löhne und Sozialstandards schon lange auf dem wesentlich niedrigeren Weltmarktniveau befinden müssten. Die häufig zitierte "Abstimmung mit den Füßen", die Investoren und Arbeitskräfte sofort zu den lukrativsten Standorten zieht und eine nationale Wirtschaftspolitik unmöglich macht, findet zwar statt, aber nur in relativ geringem Ausmaß
Dritter Ausgangspunkt: Der Prozess der Globalisierung ist - zumindest in den fortgeschrittenen Industrieländern und Schwellenländern - ein Positivsummenspiel. Er führt per saldo zu einem Wohlfahrtsgewinn, was aber auch heißt, dass einzelne Personengruppen oder Regionen durch die Globalisierung benachteiligt werden. Die damit verbundenen negativen Begleiterscheinungen wie eine ungleichere Einkommensverteilung und ein erhöhter Verbrauch an Ressourcen werden allerdings durch die positiven Effekte wie Reallohn- und Produktivitätssteigerungen, Verbesserung der Konsummöglichkeiten und Ressourcen schonender technischer Fortschritt mehr als ausgeglichen. Die Globalisierung stellt selbst mehr Mittel zur Verfügung, als benötigt werden, um die Benachteiligten zu kompensieren
Vierter Ausgangspunkt: Die Argumente, die für die Beibehaltung des Sozialstaates sprechen, werden durch die Globalisierung nicht wesentlich entkräftet
Fünfter Ausgangspunkt: Die Globalisierung wirkt sich auf weite Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft aus. Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Globalisierung und Sozialstaat ist es hilfreich, zwischen dem Sozialversicherungssystem und dem Umverteilungssystem des Sozialstaates zu unterscheiden
Sechster Ausgangspunkt: Im Hinblick auf die Interaktion mit dem Sozialstaat liegt ein wesentlicher Effekt der Globalisierung in der Veränderung der Einkommensverteilung durch die Verschiebung der Arbeitsnachfrage
Siebter Ausgangspunkt: Die meisten der gegenwärtigen Probleme im deutschen Sozialversicherungssystem werden im Wesentlichen nicht durch Globalisierung verursacht. Der Handlungsbedarf in der Rentenversicherung geht hauptsächlich auf ein Ansteigen der Risiken und auf demographische Faktoren zurück
Achter Ausgangspunkt: Die Globalisierung wird im Wesentlichen durch zwei Kräfte vorangetrieben. Zum einen senkt der technische Fortschritt die Transaktionskosten; dies gilt sowohl für die reinen Transportaufwendungen
II. Abschnitt
Führt man die oben beschriebenen Ausgangspunkte zusammen, ergeben sich folgende Thesen zum Verhältnis von Globalisierung und Sozialstaat, die danach detailliert begründet werden:
1. Der Schlüsselfaktor zur Nutzung der Vorteile und zur Reduzierung der Nachteile der Globalisierung ist die Bildungspolitik. Hier liegt in Deutschland im Moment noch der größte Handlungsbedarf.
2. Die Globalisierung erfordert größere Anstrengungen zur Einkommensumverteilung. Wichtigstes Instrument dazu ist wiederum die Bildungspolitik.
3. Die sozialen Sicherungssysteme sollten in Richtung einer steuerfinanzierten Grundsicherung für alle Bürger reorganisiert werden. Ergänzt werden sollte dieses System durch die Möglichkeit, sich freiwillig - entweder bei privaten oder staatlichen Institutionen - höher zu versichern.
Zu These 1: Schlüsselfaktor Bildungspolitik.
Die These, dass Bildungspolitik der Schlüsselfaktor im Sozialstaatsgefüge zur Nutzung der positiven wie zur Bewältigung der negativen Globalisierungsfolgen ist, ergibt sich aus der steigenden Bedeutung der Qualifikationsanforderungen im Zuge der Globalisierung und des technischen Fortschritts
Um die Vorteile der Globalisierung nutzen zu können, ist es aber auch notwendig, dass das Bildungssystem genügend hoch qualifizierte Arbeitskräfte hervorbringt, denn die Nachfrage nach diesem Personenkreis wird auf absehbare Zeit weiter steigen. Hinzu kommt, dass unabhängig von der Globalisierung die Wissensintensivierung der Produktions- und Dienstleistungserstellung zunehmen wird.
Deutschland ist bildungspolitisch allerdings relativ schlecht auf die Herausforderungen der Globalisierung und Wissensintensivierung vorbereitet. Legt man z. B. OECD-Bildungsindikatoren zugrunde, schneidet Deutschland von Jahr zu Jahr schlechter ab, während es noch vor 40 Jahren in fast allen Bereichen an der Spitze stand
Im Folgenden soll kurz die Stoßrichtung skizziert werden, in die Reformen des deutschen Bildungssystems gehen sollten, um den Anforderungen aus der Globalisierung und Wissensintensivierung bei der Herstellung von Gütern und Dienstleistungen gerecht zu werden
Reform der beruflichen Bildung
Den geringsten Reformbedarf gibt es wohl im System der beruflichen Bildung. Dieses ist bislang noch der qualitativ am besten funktionierende Teil unseres Bildungssystems, was auch an der Marktnähe der dort vermittelten Fähigkeiten und Kenntnisse liegt
Ein weiteres Problem der beruflichen Bildung, insbesondere im Bereich der dualen Ausbildung, ist der immer wieder auftretende Lehrstellenmangel. Daher erscheint es angebracht, die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen zu erhöhen. Eine Ausbildungsplatzabgabe ist allerdings der falsche Weg. Sie ist administrativ viel zu aufwändig, da man sie gerechterweise nur bei den Unternehmen erheben kann, die ausbildungsfähig sind, nicht jedoch beim Kioskbesitzer an der Ecke. Des weiteren besteht die Gefahr, dass sich insbesondere kleine und mittlere Betriebe absichtlich "ausbildungsunfähig" machen, indem sie keine Ausbilder mehr beschäftigen. Sinnvoller erscheint es, die ausbildenden Betriebe zu belohnen, indem man ihnen z. B. die Möglichkeit einräumt, die von ihnen gezahlten Ausbildungsvergütungen mit der Steuerschuld zu verrechnen.
Reform des Schulsystems
Die Klagen von Eltern, Schülern, Hochschulprofessoren und Wirtschaft über das deutsche Schulsystem sind Legion. Monatelanger Unterrichtsausfall selbst in Kernfächern, ideologische Glaubenskriege um Gesamtschulen auf dem Rücken der Kinder, mangelnder Einfluss der Eltern sowie demotivierte und im internationalen Vergleich relativ alte Pädagogen sind nur einige Stichworte, die die Misere im deutschen Schulsystem beschreiben. Nach Angaben der OECD
Die drängenden Probleme des deutschen Schulsystems erfordern schnell den Einsatz von mehr Finanzmitteln. Mehr Geld allein garantiert aber noch keine höhere Effizienz im Schulbereich
Die Stärkung der Stellung von Schulen sowie Eltern bzw. Schülern im Bildungsbereich erfordert aber auch eine Reduktion des Einflusses der Bürokratie auf die Schulen. Der Staat muss sich in einem solchen stärker wettbewerbsorientierten System auf die Setzung und Überwachung von Mindeststandards konzentrieren. Dies gilt insbesondere für die Ausbildung der Lehrer sowie für die Lehrpläne und Prüfungen.
Ein in diesem Zusammenhang häufig geäußerter Einwand lautet, dass Wettberwerb im Bildungsbereich fehl am Platze sei, weil es dabei um die Ausbildung und Formung von Menschen ginge und mehr Konkurrenz nur zu mehr Druck bei Schülern und Lehrern führen würde. Es käme im Wesentlichen darauf an, die Schulen besser mit Lehrkräften und Lehrmaterial auszustatten, wodurch sich die Mängel weitgehend beheben ließen. Obwohl eine bessere Ausstattung der Schulen in der momentanen Situation durchaus angebracht ist, verkennt diese Argumentation im Wesentlichen zwei Dinge. Zum einen zeigen empirische Untersuchungen, dass es langfristig keinen gesicherten Zusammenhang zwischen einer Erhöhung der Ressourcen und dem Output des Schulsystems gibt
Alles in allem erscheint eine Kombi-Strategie, die kurzfristig die personelle und finanzielle Ausstattung der Schulen verbessert und auf lange Sicht die Effizienz im Schulsystem durch die Einführung von Wettbewerb erhöht, als geeignet, die Misere im deutschen Schulsystem in den Griff zu bekommen.
Reform der deutschen Hochschulen
Der gegenwärtige Zustand der deutschen Hochschulen kann nur als desolat bezeichnet werden. Seit 1977 haben sich die Studentenzahlen verdoppelt, es wurden jedoch weder die Mittel im erforderlichen Umfang erhöht, noch hat sich die Qualität der Lehre entsprechend verbessert. Dies hat zu einem im internationalen Vergleich relativ hohen Durchschnittsalter der Studenten (nicht der Absolventen) im Erststudium in Westdeutschland geführt (25,3 Jahre). Solange die Universitäten sich beinahe vollständig über staatliche Zuwendungen finanzieren, Anreize zur Verbesserung der Forschung und insbesondere der Lehre fehlen und die Opportunitätskosten eines Studiums für Studenten relativ gering sind, wird sich an der desolaten Situation wenig ändern. Wie im Schulbereich erscheint es unerlässlich, dass auch an den Hochschulen verstärkt Wettbewerbselemente eingeführt werden
Die Universitäten sollten weitgehend autonom und mit umfassenden Kompetenzen und Gestaltungsmöglichkeiten ausgestattet werden. Sie sollten in der Auswahl der Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeiter und Studenten möglichst freie Hand bekommen. Eine Verteilung der Studenten nach dem Gießkannenprinzip auf die Hochschulen ist damit sicher nicht vereinbar. Ebenso müssen die Universitäten das Recht erhalten, Studiengebühren zu erheben. Dies würde zum einen die Effizienz der Hochschulen steigern, weil Studenten als Kunden auftreten und für ihr Geld eine entsprechende Gegenleistung fordern würden. Sie hätten auch die Möglichkeit, mangelnde Leistungen von Hochschullehrern mit einem Professoren- oder gar Hochschulwechsel finanzwirksam zu sanktionieren. Bislang verbleibt nur die Möglichkeit des Protests, der zumeist ungehört verhallt. Zum anderen würden Studiengebühren einen Beitrag zur Hochschulfinanzierung leisten. Dazu muss die Studiengühr aber in voller Höhe direkt den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden und nicht in den Staatshaushalt fließen. Bei 1000 Mark Studiengebühr pro Semester kann bei 1,8 Millionen Studenten ein Aufkommen 3,6 Mrd. DM pro Jahr erzielt werden, falls alle weiterhin immatrikuliert bleiben.
Nachteile für finanzschwache Bevölkerungsschichten können dabei leicht vermieden werden, wenn man allen Studenten einen staatlichen oder staatlich verbürgten Kredit in Höhe der Studiengebühren anbietet und die Rückzahlungsmodalitäten entsprechend gestaltet
In einem öffentlichen Kreditsystem wären weitere unterstützende Elemente vorstellbar. Ein erstes könnte ein niedriger Kreditzins sein. Zweitens könnte bei schneller Rückzahlung ein Teil der Schulden gestrichen werden. Drittens könnte die Rückzahlungsverpflichtung so lange reduziert werden, bis der Schuldner ein überdurchschnittliches Einkommen erzielt. Viertens könnten die Schulden teilweise verfallen, wenn auch längere Zeit - z. B. 20 Jahre - nach Studienende dieses Einkommensniveau nicht erreicht wird.
Ebenso unabdingbar wie Studiengebühren ist ein regelmäßiges Ranking der Universitäten durch die Studenten und den Wissenschaftsrat, das öffentlich bekannt gegeben werden muss. An amerikanischen Universitäten ist es gang und gäbe, dass die studentischen Beurteilungen der Professoren im Internet abrufbar sind. Bundespräsident Roman Herzog konstatierte hierzu in seiner Berliner Rede: "Ein Ranking" seien die Deutschen "erstens den Studenten schuldig, die bereits vor dem Studium wissen müssen, wo sie ihre Zeit und ihre Anstrengungen investieren sollen. Das sind die Hochschulen zweitens auch den öffentlichen Geldgebern schuldig. Und drittens kommt das Ranking so oder so: Wenn sich die Hochschulen ihm verweigern, kommt es eben von außen, zum Beispiel von den Medien."
Zu These 2: Mehr Anstrengungen zur Umverteilung durch Bildung
Theoretische Überlegungen zeigen, dass Globalisierung und technischer Fortschritt zu einer ungleicheren Einkommensverteilung in den Industrieländern führen sollten, und empirisch ist dies in der Tat evident. Besonders stark davon betroffen sind dabei diejenigen Länder, in denen die Kräfte des Marktes relativ ungebremst auf die Einkommensverteilung wirken (z.B die USA und das Vereinigte Königreich). Dort, aber auch in Deutschland, hat die Lohnspreizung in den letzten Jahren zugenommen. Das Umverteilungssystem eines Sozialstaates wird somit vor neue Herausforderungen gestellt. Es muss den gering Qualifizierten, die zu den Verlierern der Globalisierung zählen und die ihre Verluste weder alleine tragen können noch sollen, entsprechende Hilfestellung leisten.
Vertretern einer reinen Marktlehre mag eine solche Umverteilung als Sündenfall erscheinen. Eine Gesellschaft, die es der großen Mehrheit ihrer Mitglieder erlaubt, nicht zuletzt aufgrund der politisch gewollten und geförderten Globalisierung hohe wirtschaftliche Vorteile zu ziehen, sollte im Gegenzug aber bereit sein, denjenigen unter die Arme zu greifen, die durch diese Maßnahmen benachteiligt sind. Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil die Globalisierung den Charakter eines Positivsummenspiels hat und mehr Mittel bereitstellt als benötigt werden, um die Verlierer zu kompensieren
Eine zentrale Herausforderung für das Umverteilungssystem besteht darin, das klassische Steuer-Transfer-Instrumentarium weniger und dafür andere Instrumente verstärkt zu nutzen. Denn zum einen ist es den Bürgern nur schwer zu vermitteln, dass sie im Zuge der Liberalisierung mehr wirtschaftliche Freiheiten erhalten und Eigenverantwortung tragen sollen, wenn man ihnen im Erfolgsfall die Früchte ihrer Arbeit durch höhere Steuern wieder streitig macht. Zum anderen gehen vom Steuer-Transfer-Instrumentarium erhebliche negative Anreizwirkungen und Mitnahmeeffekte aus.
Angesichts der von Globalisierung und Wissensintensivierung ausgehenden Veränderungen ist die Bildung von Humankapital wohl das Instrument der Wahl zur Eindämmung der Einkommensspreizung. Denn die Ausstattung mit Humankapital und die Höhe des Einkommens sind positiv miteinander korreliert
Entsprechend der Lohnspreizung nach dem Bildungsstand führt eine Höherqualifizierung von weniger gut ausgebildeten Arbeitskräften tendenziell zu einer gleichmäßigeren Einkommensverteilung. Empirische Kosten-Nutzen-Analysen zeigen, dass der größte Nettoeffekt erreicht wird, wenn man dabei möglichst früh ansetzt, d. h. bereits in der vorschulischen Bildung und in der Erstausbildung
Zu These 3: Steuerfinanzierte Grundsicherung für alle Bürger
Das soziale Sicherungssystem kann bei entsprechender Ausgestaltung im Vergleich zu einer reinen Marktwirtschaft per saldo Wohlfahrtsgewinne erzeugen. So gehen von der Einkommenssicherung bei Krankheit, bei Verlust des Arbeitsplatzes oder im Alter positive externe Effekte aus (z. B. Verringerung von Kriminalität). Des weiteren steigt die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, zu investieren und im Schumpeter'schen Sinne innovativ zu sein, wenn man im Falle eines Fehlschlages nicht mit völlig leeren Händen dasteht. Damit lässt sich im Sozialversicherungssystem ohne weiteres die Sicherung eines Existenzminimums begründen, das zu einem menschenwürdigen Leben ausreicht. Da der Staat in Deutschland letztlich für das Existenzminimum aufkommen muss, rechtfertigt dies auch die Erhebung einer entsprechenden Steuer von jedermann, der über Einkommen oberhalb des Existenzminimums oder über entsprechendes Vermögen verfügt.
Zusätzliche, staatlicherseits erzwungene Abgaben und entsprechende Versicherungsgegenleistungen lassen sich hingegen schwerer begründen, wenn man nicht jegliche Umverteilung als Versicherung gegen das "Risiko" einer ungleichen Einkommensverteilung interpretiert
Ordnungspolitisch wäre ein Sozialversicherungssystem vorzuziehen, das auf eine steuerfinanzierte Grundsicherung für jeden Bürger setzt
Dabei ist es zunächst unerheblich, ob diese zusätzliche, variable Absicherung innerhalb des relativ risikoarmen staatlichen Sozialversicherungssystems oder durch die etwas stärker risikobehaftete private Versicherung erbracht wird. Je mehr diese zusätzliche freiwilige Höherversicherung allerdings privatwirtschaftlich organisiert wird, desto stärker muss der Staat auf ordnungspolitischer Ebene tätig werden. So muss ein entsprechender Ordnungsrahmen z. B. sicherstellen, dass die freiwilligen Beiträge der Menschen für ihre soziale Absicherung nicht hochgradig riskant angelegt werden, dass sich die privaten Versicherungen nicht nur die Rosinen (d. h. die guten Risiken) aus dem Kuchen picken können (Kontrahierungszwang, Verbot von Gentests), und dass eine mit wirkungsvollen Sanktionsmitteln ausgestattete Versicherungsaufsicht die Einhaltung solcher Regeln kontrolliert.
III. Abschnitt
Die zentrale Botschaft dieses Beitrages lautet: Globalisierung verspricht Wohlstandsmehrung, aber sie garantiert sie nicht. Sie erfordert einen stärker gestaltenden Staat. Er muss zum einen dazu beitragen, dass Unternehmen und Konsumenten in Deutschland die Vorteile der Globalisierung besser nutzen können als bisher. Er muss zum anderen dafür sorgen, dass die von der Globalisierung Benachteiligten ihre Verluste nicht alleine zu tragen haben. Erreicht werden sollten diese Ziele durch eine Grundsicherung zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins, durch eine Stärkung der Ordnungspolitik, insbesondere im Bildungsbereich, und durch eine Verringerung staatlicher Eingriffe auf prozesspolitischer Ebene.